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247 Frankreich Paris, 23. Januar. Zur Feier des Namenstages des Königs Alfons fand heute bet dem spanischen Botschafter ein officielleS Diner und Empfang statt. Dem Diner wohnten die Minister Herzog D^cazes, Walton und Admiral von Montaignac mit ihren Damen, Fürst und Fürstin von Hohenlohe, Graf und Greisin v. Apponyi, Ritter Nigra, der Seine-Präfect und der Polizei-Präfect und einige spanische Granden bei. Zur Sowie erschienen der Marschalt Mac Mahon und die Herzogin v. Magenta, die sämmtlichen hier anwesenden Prinzen und Prinzessinnen von Orleans, die Mitglieder des diplomatischen Corps, die Spitzen der Behörden und zahlreiche Notabilitäten der Pariser Gesellschaft. Gegen 11 Uhr waren die Salons der Botschaft so überfüllt, daß die Emulation kaum noch möglich war. Die Königin Isabella, welche noch immer das Zimmer hüten muß, hatte sich durch ihren ersten Kammerherrn vertreten lassen, der König Franz von Assisi durch den Herzog Banos. — Gambetta will nächsten Dienstag in dem Saal der Rue de Flandre (La Billette) eins Rede halten. Die Bonapartisten wollen, um die Candidatur des Herzogs De'cazes unmöglich zu machen, in Brüssel Documente veröffentlichen, die ihn bloßstellen sollen. De'cazes tritt im 8. Arrondissement von Paris als Gegner des Bonapartisten Raoul Duval auf. — In den Vogesen wird Alles aufgeboten, um Buffet ungeachtet der geringen Aus sichten, die er Hat, durchzubringen. Großbritannien. London, 23. Januar. Die Königin ordnete die Fertig stellung ihrer Jacht in Portsmouth auf den 25. März zur Ueberfahrt nach dem Continent an. — Der Afrika-Neisende Lieutenant C a m e r o n wird nach Ostern hier erwartet. — Die Negierung strebte kürzlich den käuflichen Erwerb der Delagoabay von Portugal an; da sie hier abgewiesen wurde, so beabsichtigt sie, dem Vernehmen nach, die Wallfischbay, die näher bei England liegt und einen besseren Hafen hat, in ihren Besitz zu bringen. — Aus Sealkote vom 21. d. telegraphirt der Special-Corre- spondent der „Times": Gestern früh um 2 Uhr verließ der Pritt von Wales, begleitet von dem Gouverneur, dem Herzog von Sutherland, Sir B. Frere, und den meisten Mitgliedern seines Ge folges, Lahore mittelst Specialzuges. Wazirabad wurde um 1iz Uhr erreicht, und von da begab sich die Gesellschaft in Wagen nach Seal kote. Sieben Meilen vor Jamu wurde er vou dem Maharajah em pfangen, und eine glänzende Cavalcade geleitete ihn nach der Stadt am Fuße des Himalayagebirges, dessen mit Schnee bedeckte Koppen einen schönen Hintergrund bildeten. Am Flusse verließ die Gesellschaft ihre Equipagen und bestieg Elephanten. Die Ufer waren mit Cavalerie besetzt, und von da waren aus dem ganzen nahezu drei Meilen langen Wege Reiter und Fußvolk in malerischen Uni formen aufgestellt. Am Abend wurde ein prächtiges Feuerwerk ab gebrannt. Es ist hier sehr kühl; das Thermometer zeigte heute früh 29 Grad. Spanien. Madrid, 23. Januar. Gestern fand eine Revue über 18,000 Mann aller Waffengattungen statt. Der König wurde bei seinem Erscheinen überall mit Acclamatiön begrüßt. Zu Deputir- ten von Madrid sind gewählt: Der ehemalige Minister Angulo, General Pavia, dec Colonieen-Minister Lopez de Ayala, Bankier Bayo, Canovas del Castillo, der Minister des Innern Romero y Robledo und Marquis v. Sardoal. Die Ministeriellen behaupten, die Regier ung habe eine bedeutende Majorität in den Cortes. (Vgl. auch Telegr. Corresp.) Von der französischen Grenze wird unterm 20. Januar geschrieben: Die carlistischen Douanen von Val Carlos und Doncharinea in Navarra bringen monatlich über 1 Million Realen ein, circa 300,000 Außerdem erhalten die Carlisten über diese beiden Orte Lebensmittel, Stoffe und selbst Material zur Fabrikation von Patronen u. s. w. Daher soll Martinez Campos die Ab- sicht haben, von Osten her in daS Baztanthal einzudringen und nach einander Elizondo und die Grenzorte zu nehmen, um so den Car listen jede Verbindung mit Frankreich abzuschneiden. Dazu wäre eS nöthig, daß Moriones gleichzeitig von Westen auS Lastaola-Vera u. s. w. angreifen ließe, um die carlistischen Streitkräfte zu theilen. Doch General Moriones scheint davon nichts wissen zu wollen, viel leicht, weil in Navarra Martinez CampoS commandirt und er Be fehle von ihm annehmeu müßte, sobald er Lastaola und damit Na varra erreicht hätte. General MorioneS sucht also auf andere Weise in Besitz der nöthigen Trupprn zu kommen, um in Guipuzcoa operiren zu können. Einerseits heißt eS, daß seine ununterbrochenen, nach- drücklichen Vorstellungen in Madrid durchgesetzt hätten, daß man ihm eine Brigade zur Verstärkung sende. Von anderer Seite wird jedoch versichert, daß Moriones diesem Verstärkungsversprechen nicht recht traue und daß er daher dem General Loma den Befehl ertheilt habe, die Stellungen von Balmaseda einfach aufzugeben und nach Bilbao zu rücken, um von dort aus mit ihm gemeinschaftlich vorzugehen. — Ferner wird gemeldet: General Loma hat seinen Vormarsch an getreten und einen Theil des von den Carlisten occupirten Gebietes, ohne auf Widerstand zu stoßen, besetzt. Die Carlisten zogen sich in die Verschanzungen von Berron und des Monte Celadilla zurück, ver- folgt von dem Feuer der königlichen Artillerie, welche ihnen große Verluste bereitete. General Quesada hat auf seinem gleichfalls an getretenen Vormarsch nach vierstündigem Feuergefecht die Trancheen von Subijana und Morillas besetzt. Diese Bewegungen gelten als Einleitung wichtigerer Operationen. Asten. Die japanische Post bringt einen Bericht über die Eröffnungs feier der neu errichteten Mädchenschule in Tokio, welche unter dem besonderen Schutze der Kaiserin von Japan steht und der sie auch eine namhafte Dotation zugewendet hat. Gelegentlich der Er öffnungsfeier, welcher die Kaisern beiwohnte, hielt der Unterrichts minister eine längere Ansprache, die mit den Worten schloß: „Es ist unser ernster Wunsch, daß Jene, welche in künftigen Zeiten in diesen Räumen ihre Ausbildung erhÄten, in ihrem weiteren Lebenslaufe als tugend hafte Frauen ihren Gatten zur Seite stehen und als pflichtgetreue Mütter ihre Kinder erziehen möget«. Die Mütter find es, denen das Land eine rechtschaffene Bevölkerung und durch sie Wohlstand und Frieden danken soll." Die Erwiederung der Kaiserin lautete: „Das Gefühl der reinsten Freude war es, das mich beim Empfange der Nachricht überkam, daß diese der Förderung des weiblichen Unter richtes gewidmete Schule in's Leben treten sollte. Ihr Bau ist nun vollendet, ihre Eröffnung vollzogen. Mein lebhafter Wunsch ist es, daß diese Institution in segensreicher Weise gedeihen und dem Lande in vollem Maße die herrlichen Flüchte weiblicher Erziehung zu führen möge." Deutscher Reichstag. Berlin, 25. Januar. (37. Sitzung, eröffnet 12^ Uhr.) Erster Gegenstand der Tagesordnung ist erste und zweite Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betr. die Feststellung eines NachtrageS zum Haushalts-Etat des Deutschen Reichs für daS Jahr 1876. Derselbe enthält die Berechnung der Matricularbeiträge, eine Nach forderung für die Weltausstellung in Philadelphia von 550,000 sowie 75,000 für die Brüsseler Ausstellung für Gesundheitspflege und RettungSwesen. — Abg. vr. Bamberger lenkt die Aufmerk samkeit des HauseS daraus, daß es bereits Praxis zu werden scheine, für Weltausstellungen recht bedeutende Kosten zu fordern und dann immer noch mit Nachforderungen hervorzutreten. Deutschland Wird; sich bei künftigen Ausstellungen wohl zu überlegen haben, ob eS sein Budget damit belasten soll. Schließlich bittet Redner, in der Auswahl der Agenten in Philadelphia recht große Vorsicht ihren Beamten zu empfehlen und die Mängel des Berichts über die Wiener Ausstellung in dem Bericht über die bevorstehende Ausstellung nicht wieder er scheinen zu lassen, d. h. namentlich die commercielle Seite des Re sultats der Ausstellung mehr zu berücksichtigen. Im Uebrigen möge uns die Vorsehung noch recht lange vor einer -Weltausstellung in Berlin bewahren! — Minister Delbrück: Von den mir zugehenden oft unangenehmen Nachrichten sind sietS die von einer bevorstehenden Weltausstellung die allerunangenehmsten, weil ich mich gegen Aus gaben sträube, von denen ich nicht weiß, ob und was sie nützen. Die verbündeten Regierungen haben denn auch die Betheiligung des Reiches erst nach sehr sorgfältiger Prüfung beschlossen. WaS die vom Vorredner gewünschte Verbesserung deS Berichts bezüglich der commer- ciellen Resultate der Weltausstellung betrifft, so wünsche auch ich, daß darin eine recht hohe Vollkommenheit erreicht würde; eS stehen dem aber sehr große Schwierigkeiten entgegen, namentlich, weil die An knüpfung neuer Handelsbeziehungen in der ersten Zeit sehr geheim