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Beiblatt zum Werfer Grenzbeteu Druck und Verlag von Otto Meyer, Adorf sVogtl.) Mr. 72 Sie ringülWeilserllärimg der Landtagswahlen. Die Begründung der Entscheidung des Staatsgerichtshofcs. Neichsgerichtspräsidcnt Dr. Simons hat der mtfsehenerregcnden Entscheidung des Staatsgerichts- hoscs für das Deutsche Reich, durch die die sächsischen Landtagswahlen vom 31. Oktober 1326 sur ungültig erklärt und die sächsische Negierung zur Herbeiführung von Neuwahlen verpflichtet wirb, un wesentlichen folgende Begründung beigegeben: „Die von der sächsischen Regierung angezweifelte Zuständigkeit des Staatsgerichtshofev zur Entschei dung in dieser Frage ist gegeben, denn es liegt eine Berfassungsstreitigkcit innerhalb eines Landes im Sinne des Artikels 1g der Neichsversassung vor. Die sächsische Regierung ist Achteten Klage muh das And durch die Negierung vertreten werden. Die sozialdemokratische Fraktion ist zur Klage aktiv legitimiert, denn wenn es sich darum handelt, zu entscheiden, ob der gegenwärtige Landtag zu Recht besteht oder nicht, hat jede Fraktion im sächsischen Landtage, die berufen ist, an der politischen Willensbildung nntzuwirken, ein Recht, zu wissen, ob sie auf rechtlicher Basis arbeitet oder nicht. Der StaatS- gerichtshof pflichtet -er Meinung -cs Wahlprüfungs- Ansschusses im sächsischen Landtage nicht bei, wonach der Landtag trotz der Ungültigkeitserklärung des Paragraphen 14 Absatz 8 des sächsischen Landeöwahl- gesetzcs zu Recht arbeite. Dieser Paragraph verstößt, wie der -ritte Z^ilsenat des Reichsgerichts festgestellr hat, gegen Artikel 17 der Reichsverfassung. Die in Frage kommende Bestimmung dieses Artikels 17 ist fundamental für redes Landtagswahlgesetz, und wer sie verletzt, fuhrt eme grundsätzliche Fehlerhaftigkeit des Wahlverfahreus ein. " des Wahlverfahrcns führt bettanden'ba^ der Landtag, so wie er Dcr"andtA ^"tigkeit null und nichtig sind, w fehlerhafter Weise ins Leben getre- ^'.^er solange er am Leben blieb, ist * g A in Ordnung. Wenn alle worden ist, daß die Wahlen ungültig seien, so <5 fucht heißen, daß alles, was entstanden ish m Iv-? Landtag ungültig sei, sondern nur. daß nicht dauern kann, sobald durch Richterspruch die Ungültigkeit festgestcllt ist. Daraus folgt, daß die Regierung in Sachsen verpflichtet neue Wahlen in Sachsen herbeizufnhren." -i- Stellungnahme -er Regierung. Sitzung des sächsischen Staatsministeriums. Am Sonnabend trat das sächsische Staatsministe rium zu einer Sitzung zusammen, die sich mit der durch das Urteil des Staatsgcrichtshofes geschaffenen Lage beschäftigte. In der Sitzung ist festgestellt worden, daß das Urteil mit der Zustellung an die Beteiligten wirksam wird. Das Kabinett war sich darüber einig, daß schon mit Rücksicht auf die Verabschiedung des Haushalts planes für das Rechnungsjahr 1929 3K die Wahlen so rasch als möglich stattfinden müßen. Infolgedessen sind die Verwaltungsbehörden angewiesen worden, die erforderlichen Vorbereitungen schon jetzt zu treffen. Die Festsetzung des Wahltcrmins bleibt vorbehattcu. * Sächsische preffestimmen zum Leipziger Weil. Zu dem Urteilsspruch des Staatsgerichtshofs schreibt der „Dresdner Anzeiger": „Lie Ent scheidung des Staatsgerichtshofs ist außerordentlich überraschend gekommen. Ueberraschung besteht nicht nur in den Kreisen der Regierungsparteien, sondern auch die Sozialdemokraten werden an einen solchen Ausgang der Angelegenheit nicht recht geglaubt haben. Der Staatsgerichtshof ist das höchste deutsche Gericht, dem man ohne weiteres zugestehen mutz, daß es feine Entscheidungen nach peinlichster Prüfung aller juristi- schen Gesichtspunkte fällt- iän gegenüber muß man mit einer Kritik sehr vorsichtig sein. Heute aber fällt Zurückhaltung sehr schwer. Von Weltfremüheit möchte man reden, jedenfalls aber davon, -aß eben nur juristische, besser noch formal juristische Ansichten den Ausschlag gegeben haben. Politische Entscheidun gen sind ja schliesslich auch nicht die Aufgabe des StaatsgerichtshofeS,- vor ihnen hat er sich sogar ängst lich zu hüten. So hat er also nach bestem Wissen und Gewissen seine Pflicht getan. Die politischen Folgen seines Spruches gehen ihn nichts an." .TA »Dresdner Nachrichten" schreiben: „Die Entscheidung des Staatsgerichtshofes bricht jäh m die ruhige Entwicklung, deren sich unser Land seit Jahren erfreuen durfte, und stürzt es unvermutet in eine unübersehbare Folge von kriseu- ha^cn Erschütterungen. Nötig war das. staatspolitisch gesehen, nicht, im Gegenteil, allen Tei len des sächsischen Volkes wäre besser gedient gewesen, wenn dem jetzigen Landtag und der bestehenden Ne gierung ein normales Ende beschicden gewesen wäre, un- wenn der vom Staatsgerichtshof festgestellte Feh ler in der Wahlrechtsordnung, wie das ja vorgesehen war, bei der nächsten Wahl ausgeschaltet worden wäre." Zu der Haltung des Staatsgcrichtshofes schreiben die „Leipziger Neneste Nachrichten: „Im Mst-stsW, Nsn 26. MT-ttrz LG2G GS. LnheH. vorliegenden Falle wäre auch eine Würdigung der Beweggründe der Antragsteller zweckmäßig gewesen. Statt dessen hat sich der Staatsgerichtshof darauf beschränkt, lediglich nach f o r m a l j u r r st i s ch e n Erwägungen seine Entscheidung zu fällen. Er wird sich dann aber nicht wundern dürfen, wenn» weiterhin die Meinung Anhänger gewinnt, -aß für die Behandlung schwieriger staatsrechtlicher Fragen von großer politischer Bedeutung eine Zusammensetzung des Gerichtshofes wünschenswert wäre, die den prak tischen Bedürfnissen des Lebens gleichermaßen Rech nung trägt wie den Erfordernissen des reinen Rechts." Ist das Exporhörderung? Wo bleibt der Reichszuschuß für Sie Leipziger Messe? Durch die Verabschiedung des Notetats hat die Frage des Neichszuschusses für die Auslaudspropa- ganda der Leipziger Messe weitere Verschärfung ersah-« reu. Das R e i ch s w i r t sch a f ts mi n i st e r i u m hat es versäumt, die anteilmäßige Fortzahlung des bisherigen Rcichszuschusses von MOMO Mark mit in den Note tat aufnehmen zu lassen. Wäre das geschehen, so hätte das Meßamt, da der Notetat all gemein die Auszahlung eines Fünftels der Jahres umsätze vorsieht, am 1. April 160 000 Mark erhalten müssen. Wichtige Maßnahmen der Exportwerbung hätten damit finanziert werden können. Die vorläufige Einstellung des Reichszuschusses schasst nuumehr eine sehr bedenkliche Lage. Die Ver schlechterung -es deutschen Außenhandels im Fcbrnar hat soeben gezeigt, wie dringlich heute eine umfassende Exportförderung Deutschlands ist. Dazu steht aber die Art, wie das Reichswirtschaftsministerium den Zuschuß an die Leipziger Messe behandelt, in augenfälligem Widerspruch, da sie praktisch die Drosselung des wirk samsten Organs der deutschen Exportwerbung, -er Auslandspropaganda der Leipziger Messe, darstellt. Auch die Bemühungen znr Arbeitsbeschaffung durch Exportaufträge werden hierdurch empfindlich ge schädigt. Die Sorge um die Folgen des Vorgehens des Reichswirtschaftsministeriums sind in den beteiligten Wirtschafts- und Arbeitnehmerkreisen um so größer, als auch im Entwurf des endgültigen Reichshaushalts für 1929/30, im Gegensatz zum Vorjahre, der Reichs, zu schuß für die Leipziger Messe nicht speziell ausgcworfen erscheint, sondern durch einen all gemeinen Dispositionsfonds für den Reichs-Ausstel lungs- und Messe-Kommissar ersetzt ist. Wieviel Leipzig davon bekommen soll, wird bisher völlig im unklaren gehalten. Auf solcher ungewissen Grundlage wird der planmäßige Ausbau der Exportförderung naturgemäß praktisch unmöglich. Man hofft, daß -er Reichstag hier noch rechtzeitig die exportwirtschaftlich notwendigen Aenderungen vornehmen wird. Eine Warnung GrzesinskiS. Drohung mit der Auflösung radikaler Organisationen. Der preußische Innenminister Grzesinski wendet sich in einer im „Amtlichen preußischen Pressedienst" veröffentlichten „letzten Warnung" gegen das Treiben radikaler Organisationen. Er mahnt die in Frage kom menden Organisationen, die ihnen nahestehenden Par teien und die Presse, durch Abkehr von dem gerade in den letzten Tagen vielfach wieder beobachteten ver hetzenden und die auch von ihnen für erforderlich gehaltene Autorität des Staates untergrabenden Ton auch ihrerseits zu einer Befriedung des öffentlichen Lebens beizutragen. Am Schluß heißt es: Wenn dieser letzte Versuch, die politische Betätigung der Staatsbürger im Rahmen der Gesetze gegen Beein trächtigung zn schützen und die Ausartungen deS Politi sche» Kampfes durch Anwendung gewaltsamer Mittel zu unterdrücke», »»gehört Verhallen sollte, werde ich zum Besten der friedlichen und friedliebende» Bevölkerung gegen di« radikalen Organisationen mit allen mir zu Gebot« stehende» Mitteln rücksichtslos einschreite«. Tadei wnrd« ich auch vor der Auflösung solcher Brrbände und Ber einigungen nicht zurückschrecken, die gleichzeitig die Form politischer Parteien haben. * Gleichzeitig hat der preußische Innenminister an die Polizeibehörden einen Erlaß gerichtet, wonach Matz, nahmen zu treffen sind, die geeignet sind, dem Trei ben der radikalen Elemente wirksam entgegenzutreten. gegen die Schuldlüge mitzukämpfen. Er fordert seins Landesverbände aus, bei den Landesregierungen dahin Zu wirken, daß, wo es noch nicht geschehen ist, dis Aufklärung über die Kriegsschuldlüge den höheren! Schulen zur Pflicht gemacht wird. In einer zweiten Entschließung heißt es: Der Deutsche Philologenver band erklärt sich dagegen, daß unter der Wirkung der Reparationslastsn das Kulturbedürfnis des deut schen Volkes eingeschränkt, oder durch die Einführung sogenannter billiger Schulformen an Stelle der grund- ' ständigen höheren Schule geschmälert wird. " Waldecks Anschluß au Preuße« rechtsgültig. Der Staatsgerichtshof für das Deutsche Reich hat in der Klage der Waldeckschen Partei „Wirtschastsbund" gegen das Land Waldeck und die Waldecksche Landes vertretung auf Ungültigkeit der Waldeckschen Wahl beschränkungen, der Landtagswahlen und aller von diesem Landtag erlassenen Gesetze, insbesondere auch des Gesetzes über den Anschluß Waldecks an Preußen, dahin entschieden: „Sämtliche Klageanträge der Wal deckschen Partei „Wirtschastsbund" werden zurückge- wiesen." " Dresden. Der Reichsminister des Innern, Severing, hat seinen Beitritt zum Ehrenpräsidium der diesjährigen Jahresfchau „Reisen und Wandern" erklärt. AuMndS-MndschM. Bürgermcisterwahl in Toudcru. -4- Bei der am Sonnabend in Tondern vorgenom- menen Bürgermeistecwahl wurde der bisherige deutsche Bürgermeister Thomson wiedergewählt. Er erhielt acht Stimmen der Deutschen, während die siebers dänischen und sozialdemokratischen Stimmen weiß ab gegeben wurden. Darauf wurde der dänische Bank direktor Andresen mit vier Stimmen der Dänen zum stellvertretenden Bürgermeister gewählt. Kriegszustand über Nanking verhängt. --- Am Freitag kam es in Nanking zu Straßenun ruhen. Linksgerichtete Kuomintangmitglieder und Kom- munisten erschienen im Regierungsgebäude und ver langten den sofortigen Rücktritt und Neubildung der Regierung mct Einschluß der linken Gruppen. In Nanking, Peking und Tientsin wurden Verhaftungen vorgenommen. Ueber Nanking ist der Kriegszustand verhängt worden. In den Arbeitervierteln ging dis Polizei gegen Demonstranten vor, die Politische Ge fangene aus der Kommandantur befreien wollten. Paris. Der französische EtaatSrat hat die Wahl der Autonomrsten Rlcklrn und Rosse zum Generalrat vom 14. Oktober vorigen Jahres für ungültig erklärt, da beide nicht die Berechtigung besäßen, sich als Kandidaten aufstellen zu lassen. Fochs Leichenbegängnis. Tas Programm endgültig festgelegt. Der französische Ministerrat hat die Beisetzungs feierlichkeiten für Marschall Foch geregelt. Am Sonn- tag früh wurde der Sarg von der Wohnung des Mar» schalls nach dem Triumphbogen übergeführt, wo er neben dem Grab des unbekannten Soldaten auf einem Katafalk ausgestellt wurde. Montag abend findet di« Ueberführung nach der Kirche Notre Dame statt. Die Beerdigungsfeierlichkeiten beginnen am Dienstag um 9 Uhr mit einer Trauermesse in Gegenwart des Prä sidenten der Republik, der Vertreter der auswärtigen Staats oberhäupter, des diplomatischen Korps, der Kammer, zahl reicher Militärpersonen und anderer geladener Gäste. Uw 11,15 Uhr findet die Beisetzung im Jnvalidendom neben der Gruft des Marschalls Turenne statt. Ministerpräsident Poincare wird eine Ansprache halten. Eine Trauerparad« folgt. Zum Zeichen des Volkstrauertages werden die staat lichen Theater nicht spielen. Entsprechend dem letzten Wunsche des verstorbenen Marschalls Foch, auf Kranz- und Blumenspenden zu ver zichten, hat feine Wiiwe oie vom König von Norwegen und der amerikanischen Legion übersandten Kränze am Freitag abend am Grabe des unbekannten Soldaten nieder- legen lassen. Die Stadt Paris wird die Straßen, durch die der Trauerzug fahren wird, schmücken. Alle Kande laber werden mit Trauerflor verhüllt sein und angezündet werden. * „Platz des Marschalls Foch". Der Platz Rond Point, der die Pariser Pracht-' straße Champs Elysäes zwischen dem Triumphbogen und der Place de la Concorde unterbricht, wird vor aussichtlich den Namen „Platz des Marschalls Foch" erhalten. Deutsches Reich. — Berlin, den 25. März 1929. ° Roch immer deutsche Kriegsgefangene i« franzö sischen Zuchthäusern? Im bayerischen Landtag ist eine kurze Anfrage eingebracht worden, die sich auf Presse meldungen bezieht, wonach sich in französischen Zucht häusern noch deutsche Kriegsgefangene befänden, die seinerzeit ihren Familien als vermißt gemeldet worden seien. Die bayerische Regierung wird ersucht, un verzüglich beim deutschen Auswärtigen Amt Schritte zur völligen Klärung der Angelegenheit herbeizu führen. ° Der Deutsche Philolsgenverband gegen di- Kricgsschuldlügc. Der Gesamtvorstand des Deutschen Philologenverbandes nahm auf einer in Berlin ab gehaltenen Sitzung eine Entschließung an, in der es u. a. heißt: Der Deutsche Philologenverband richtet an alle seine Mitglieder die dringende Bitte, bei jeder sich bietenden Gelegenheit nach Kräften im Kamps General Sarrail Der ehemalige Oberkommandierende der alliierte« Orientarmee. Dem Marschall Foch ist ein anderer bekannter französischer Heerführer ins Grab gefolgt: General Sarrail, der ehemalige Oberkommandierende der alliierten Orientarmee. General Sarrail, der 1856 in Carcassonne ge- borden wurde — also im 73. Lebensjahre stand — war gleich Foch, Joffre und Castelnau Südfranzose. Er stand im Jahre 1914 an der Spitze des 6. Armee korps und wurde bei Kriegsausbruch mit der Führung der 3. französischen Armee betraut, die westlich vorr Verdun manövrierte. Im August 1915 wurde ihm der Oberbefehl über die alliierten Truppen im Orient übertragen. Er organisierte die Front von Saloniki und bereitete den Angriff auf Monastir vor. Ende 131« wurde er durch den gegemvärtigen Komman danten der Rbeinlandarmee, Guillaumat, ersetzt und