Volltext Seite (XML)
Wann kommt die Saager Konferenz? Meiitmegsverfchievorcheitsn Mischen Paris und London. Der deutsche Botschafter in Paris, v. Hoesch, hatte »ine weitere Unterredung mit Briand, in der beson ders die technische Vorbereitung der -weiten Haager Konferenz erörtert wurde. Das „Echo de Paris" glaubt, daß vor allem die Festlegung des Datums besprochen worden sei. Zwei Meinungen ständen sich hier gegen über: Die eine sei dafür, daß die Konferenz in der zweiten oder dritten Woche des Dezember stattfinde, während die andere Anfang Januar Vorschläge. Das Blatt macht dann Stimmung für die Verschiebung der Konferenz bis zum Januar. Fünf oder sechs Wochen seien nicht zu viel Zeit, um zuerst einmal die Schwierigkeiten zu lösen, die noch der vorherigen Regelung bedürften. Eine Konferenz vor der Volksabstimmung habe außerdem noch den Nachteil, daß Deutschland dann die Lage ausnützen und sagen könnte, „nehmt euch in acht, denn wenn ihr uns Schwierigkeiten macht, so tragt ihr die Verantwor tung für das Ergebnis der Volksabstimmung". Man wird kaum in der Annahme fehlgehen, daß auch Briand die Verschiebung der zweiten Haager Kon ferenz wünscht. In London dagegen wünscht man ihre Beschleunigung. Wie der diplomatische Berichterstatter Ves „Daily Telegraph" wissen will, würde die britische Regierung den 7. Dezember vorziehen und sei der Auffassung, daß die Konferenz in jedem Fall nicht später als am 15. Dezember zusammentreten müßte. Auf deutscher Seite werden gegen den Zusammentritt am 7. Dezember keine Einwände erhoben. Wie ver lautet, ist sogar von deutscher Seite ern Datum vorge schlagen worden, daß noch wenige Tage vor diesem Tage liegt. Was die Saar-Verhandlungen betrifft, so meint das Pariser „Journal", die Saar- fragc sei zur Verhandlung am 28. Oktober 1929 bereit gewesen, wenn nicht die Ministerkrise dazwischenge kommen wäre. Jetzt gäbe es jedoch keine Gründe für eine weitere Hinauszögerung mehr, und man könne annehmen, daß die Verhandlungen bereits in dieser Woche beginnen würden. Das Za oder Aein hängt vom Zentrum ah. Der Zentrumsführer Prälat Kaas hat sich in einer neuen Rede in Trier nochmals mit der poli tischen Lage beschäftigt und dabei ausgesührt: „Solange wir noch nicht wissen, unter welchen Bedingungen die Haager Konferenz ausgehen wird, solange wir nicht klar sehen, welches das Schicksal der deutschen Saar sein soll, solange die Gegenseite sich noch in Schweigen hüllt und von uns Vorschläge erwartet, kann ich als verantwortlicher Führer der Zentrumspartei, die vermöge ihrer Schlüsselstellung km Parlament das Ja oder Nein in ihren Händen hält, heute schon nach der «inen oder arkderen Seite keine definitiv« Entscheidung fällen." Keine Verschiebung -er Flottenlonferenz. Der Generalsekretär des Völkerbünde-, Str Eric Drummond, ist bei seinen Bemühungen, den Zusam- znentritt der MarinekonferenK zu verschieben, bisher er folglos gewesen und dürft« kaum noch Erfolg haben. Die englische Regierung ist der Ansicht, daß die Kon ¬ ferenz viel wichtiger fei als die Ratstagung d«S Völker bundes und daß man mit Rücksicht auf die lange Reise, insbesondere der japanischen Delegierten, das Konferenzdatum nicht mehr ändern könne. Außerdem glaubt man in England, daß di« Haager Konferenz kaum noch im Dezember zum Abschluß kommen könne, so daß auch mit Haager Verhandlungen noch im Januar zu rechnen sei. Da alles dies "noch ungewiß sei, könne man auf den Genfer Wunsch vorläufig nicht eingehen. I« ve« übrigen Städten ««d blemeindcn, in denen eine Vertretung zu wählen war, war die Wahlbeteiligung ebenfalls Aemlich rege. Auch hier waren all« Vorkehrungen getroffen, etwaige Zwischen fälle im Keime zu ersticken. Zu irgendwelchen nen nenswerten Störungen ist es, soweit die Berichte vor liegen, nicht gekommen. Auch im Freistaat Sachsen und Hessen, wo eben falls Kommunalwahlen stattfanden, ist die Beteiligung stärker als bisher. Vor Beginn der Saarverhandlnngen. Die Zusammensetzung der französischen Delegation. Im französischen Ministerrat berichtete der Außen minister Briand über die laufenden internationalen Verhandlungen, insbesondere über seine Besprechungen mit dem deutschen Botschafter von Hoesch. Er erklärte, daß die Saarverhandlungen noch im Laufe der Woche beginnen würden, vermutlich Mitte der Woche. Da es sich hierbei um kein« Enquete, sondern um inter nationale Verhandlungen handeln werde, die für Frankreich von besonderer Bedeutung seien, habe er beschlossen, mit der Führung der Abordnung den Arbeitsminister Pernot zu betrauen. Der Mintsterrat billigte den Beschluß und gleich zeitig die Liste der anderen Angehörigen der Saar- aboronung, in der alle wichtigen Ministerien durch einen oder zwei Beamte vertreten sind. Vorsitzender ist Arbeitsminister Pernot, stellvertretender Vor sitzender: der Präsident der staatlichen Saarminen und Vorsitzender des Verwaltungsrates des Internationalen Arbeitsamtes, Arthur Fontaine, technische Beiräte: 1. Theodor Tissier, Präsident des Staatsgerichtshofes zur Schlichtung zwischen Streitigkeiten zwischen Staat und Privatpersonen, 2. Serruys, Direktor im Handelsmini sterium. Es gehören der Delegation dann noch eine Reihe weiterer Mitglieder an, die den einzelnen Ministerien entnommen sind. Ser Verlauf de- Wahlfonntags. UeberaN reg« Beteiligung. Für den Wahlsonntag waren vom Berliner Polizei präsidium umfangreiche Vorkehrungen getroffen wor den. Polizeistreifen in Kraftwagen durchfuhren fortge setzt di« Straßen, ebenso wurden auch die Straßen posten erheblich verstärkt. Um eine ruhige Abwicklung der Wahl zu gewährleisten, wurde außerdem in der Nähe jeden Wahllokals ein Posten der Schutzpolizei aufgestellt. In Berli« fetzte schon in den Vormittagsstunden eine ziemlich starke Wahlbeteiligung ein. Berlin hat rund 3,3 Mil lionen Wahlberechtigte. Zugelassen für Groß-Berlin sind 21 Stadtwahlvorschläge mit 394 Bewerbern, 261 Kreiswahlvorschläge mit 3140 Bewerbern und 331 Be zirkswahlvorschläge mit 4377 Bewerbern, insgesamt also 613 Wahlvorschläge mit 7911 Bewerbern. Von den Wahlberechtigten der Reichshauptstadt sind rund 1,4 Millionen Männer und 1,8 Millionen Frauen. Die Wahl ist im allgemeinen ruhig verlaufen. Immerhin mußte eine Reihe von Personen wegen Be leidigung politisch Andersdenkender und Uebertretung polizeilicher Vorschriften zwangsgestellt werden. Belgien- Vorbehalte. B. I. Z.-Bericht unterzeichnet. Wie der Brüsseler Sonderberichterstatter des ,^emps" meldet, Haden die beiden belgischen Delegier ten im Organisationsausschuß der Bank für internatio nalen Zahlungsansgleich Franck und van Zeeland im Einvernehmen mit der belgischen Regierung den Be richt und die übrigen Schriftstücke unterzeichnet. Dabei habe« sie schriftlich die belgischen Borbchalte bezüglich des Sitzes der Bank unterhalt und somit der belgi sche« Regierung das Recht Vorbehalten, die Krage vo« neuem a«s der Haager Konferenz anfzurolle«. Die nunmehr von allen Mitgliedern des Orga nisationsausschusses ordnungsmäßig unterzeichnete« Schriftstücke sind dem Vorsitzenden der Haager Konfe renz, Jaspar, bereits übergeben worden. Sind Sannnhochfthulen nötig? Eine RedeSteigerS. Bei der Eröffnung der Bauern-Volkshochschule in Neiße hielt der preußische Landwirtschaftsminiftcr Dr. Steiger eine Rede, in der er die Frage aufwarf, ob neben den ländlichen Fachschulen auch Bauernhof schulen nötig seien. Er beantwortete diese Frage mit „Ja" und führte zur Begründung u. a. aus: Unsere Fachschulen, die zu einer Zeit entstanden, in der — angesichts der herrschenden Verhältnisse in der Volks und Weltwirtschaft — eine Besserung der Lage der Land wirtschaft lediglich durch die Steigerung der landwirtschaft lichen Produktion, also durch Verbesserung der Produkt- tionstechnik möglich war, haben diese chr Lehrziel der tech nischen Durchbildung des bäuerlichen Nachwuchses naturge mäß auch mit in die Nachkriegszeit übernommen. Aber der Landwirt der Nachkriegszeit sollte nicht mehr bloß bäuerlicher Produzent sein, sondern auf seiner Scholle faß alle Funktionen eines modernen Unternehmens ausübe«. Gegenüber diesen veränderten Verhältnissen war — und ist vielfach heute noch — der deutsche Bauer innerlich ungerüstet. Die großen Volls- und weltwirtschaftlichen Zu sammenhänge, in die er hineingerissen ist, sind ihm meist unbekannt, er fühlt sich in der neuen Welt unsicher. Zur wirtschaftlichen Not kommt eine seelische und geistige Not. Da türmt sich groß und verantwortungsschwer die hohe Auf gabe der Bauernhochschule auf: Im ständigen rauschenden Strudel des national- und weltwirtschaftlichen Geschehens l muß sie den Bauer verantwortungsbewußt Einblick nehmen lassen in das komplizierte Räderwerk der Wirtschaft. Sie muß ihm den Platz in der Volkswirtschaft anweisen, der ihm auf Grund seiner physischen, soziologischen und kul turellen Bedeutung zukommt. Volkswirtschaftslehre, Staats« bürgerrunde, Gesvllschaftslehre sind Unterrichtsfächer, die dre künftig« Mitarbeit des ,ungen Bauern im öffentlichen Leben bestimmen und richten sollen. * Koburg. Die beiden Direktoren der Pereinsbank Koburg G. m. b. H. sind fristlos entlassen worden, weil sie 150 000 Mark verspekuliert haben. Mx Wiks harkte« Roman von Eduard W. Maybach copyliM by QreinerLLo., Berlin IE 6 d. Fortsetzung. Nachdruck verboten „Was ist denn los, um Gottes willen?" fragte sie, „ist am Ende etwas passiert?" „Gewiß ist etwas passiert," erwiderte der Oberfinanz rat, „und zwar steht die Frage tm engsten Zusammen hang mit dir!" „Mit mir?" Die Gegenfrage kam nur sehr zögernd heraus. „Ja, mein Kind", sagte die Mutter und begann zu weinen. „Du hast uns einen großen Schmerz angetan, und es wird gut fein, wenn du gleich alles offen und ehrlich emgestehst!" Lia hatte jede Fassung verloren. Jetzt begann auch noch ihre Schwester: „Ja, Lia, ich verstehe dich nicht, mir hätte so was bestimmt nicht^passieren können . . ." „Aber laßt uns doch nun erst einmal der Reihe nach vorgehen", fiel der Oberfinanzrat seiner älteren Tochter ins Wort. „Set ehrlich, Lia, seit einiger Zeit interessierst du dich im besonderen Maße für einen Hersn, von dessen Existenz wir hier alle nichts wissen." Lia schoß das Blut tn den Kopf. Also man wußte zu Hause schon von Felix Schmidt. Berlin war eine Kleinstadt. Aber von wem konnte die Nachricht stammen? Lre yatte sich zu keinem Menschen ausgesprochen, und in das Herz konnte man ihr doch nicht sehen. . . „Ich" . . ., fügte sie zögernd und mit leiser Stimme, „ich habe wohl einen Herrn rennengelernt, mit dem ich mich em paarmal getroffen habe. Aber es lag bisher gar kein Anlaß vor, euch davon Mitteilung zu machen." „Anlaß genug," sagte der Vater, „wenn du bereits so wert gegangen tust, chm das Einverständnis zu einer Eheschließung zu geben." „Das habe ich mit keiner Silbe getan", verteidigte NW will Lia. und ein gewisser Trok beaann in ibr boch- zupeigen. «ane ycy oer maisch schon rn solchem Aus maße ihrer Herzensangelegenlseit bemächtigt? „Das hat sie also doch wenigstens nicht getan", warf setzt schluchzend die Mutter ein. „Wir werden sa sehen," begann der Vater von neuem, „inwieweit die Informationen, die ich erhalten habe, rich tig sind. Darf ich vielleicht fragen, liebe Lia, was der Herr, für den du dich in so hohem Maße zu interessieren scheinst, von Beruf ist?" In Lia begann wieder der Trotz wachzuwerden. Soll ten sie doch alle ein wenig zappeln! „Er ist nur ein kleiner Angestellters, erklärte sie nunmehr kurz, obwohl sie selbst nicht an diese Worte Felix Schmidts glaubte. „Da haben wir's sa," schrie setzl der Vater heraus und hieb mit der flachen Hand auf den Lisch, „stimmt ganz genau, nur ein kleiner Angestellter." Bedrückt von dem Ausmaße, das die Sache allem Anschein nach angenommen hatte, begann nun Lia ein zulenken: „Ich habe eben nur gesagt, was der fragliche Herr mir auf meine Frage nach seinem Berufe erklärt hat. In Wirklichkeit glaube ich in diesem Punkt seinen Worten nicht. Ich kenne zwar die Gründe nicht, aus denen heraus er sich als ein kleiner Angestellter ausgibt." „Aha", fiel jetzt Ria ein. „Laß sie nur aussprechen", gebot der Oberfinanzrat. „Aber seinem ganzen Aeußeren nach ist er eine Per sönlichkeit, die etwas ganz anderes vorstellt, ich weiß nur noch nicht genau, was!" „Aber ich", erklärte der Oberfinanzrat das Wort. „Er ist nämlich ein abgefeimter Hochstapler." Da füllten sich Lias Augen plötzlich mit Tränen. Das Zimmer drehte sich um sie herum. Was war geschehen, aus welchen Gründen zog man mit solch heftigen Waffen gegen Felix Schmidt zu Felde? Eine Weile weinte das hübsche Mädchen still vor sich hin, ohne ein Wort zu sagen. Dann stand sie auf und erklärte: „Ich kann für den Augenblick nur lagen, daß es sich hier um eine pure Verleumdung handelt. In Wirt lichkeit ist er ein durchaus edreniverter Mann" ^cuml verließ sie oen vraum uno oegao sich seist schluchzend aus ihr Zimmer. Der Oberfinanzrat war aufs äußerste erregt über die Erkenntnis, daß seine Tochter trotz der ihr gemachte« Enthüllungen an diesem obskuren Individuum sesthtelt. Er war sonst von seinem jüngsten Kinde an ein vev- ständiges und ruhiges Verhalten gewöhnt. Es folgte eine lange Debatte mit Frau Hete und Ria, wie man in die dunkle Angelegenheit Licht bringen könne. Frau Hete ergriff dabe: die Partei ihrer Tochter. Man müsse schonend gegen ein so junges Mädchen vor gehen, das sichtlich vor einer sehr bitteren Enttäuschung stehe. Im übrigen bliebe doch noch immer die Möglich keit eines Mißverständnisses nach irgendeiner Seite hi« offen. Man müsse nach der Rückkehr der Frau von Bredersdorf erst mehr in Erfahrung brringen. Insbe sondere den Namen des mysteriösen Menschen. Schließlich einigte man sich auf die Formel, daß man jetzt nicht weiter in Lia dringen werde, daß sie aber am nächsten Morgen zu Tante Martha nach Karlsruhe ab reisen solle, ohne sich vorher noch irgendwie mit del" mysteriösen Herrn in Verbindung zu setzen. Mit dieser Botschaft begab sich die Mutter allein w Lias Zimmer. Das arme Kind hatte sich weinend auf das Bett ge worfen und schluchzte, daß es der Mutter förmlich ins Herz schnitt. Es war nicht leicht, dem aufs äußerste erregten Mäd chen beizubringen, was man beschlossen hatte. Schließ lich aber war sie selbst vernünftig genug, herauszufühlen, daß Distanz hier fürs erste das beste Mittel zur Auf klärung des geheimen Mißverständnisses sei. So sagte sie schließlich zu, sie wolle bereits morgen vormittag zu Tante Martha nach Karlsruhe abreisen, gleichzeitig ver sprach sie, sich zuvor auf keinen Fall mehr mit dem so sehr verdächtigen Herrn, dessen Namen sie einstweilen nicht nennen wollte, in Verbindung zu setzen. (Fortsetzung folgt.)