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Zum Schluß f-rvert« der Ka«zl«r de« Reichstag auf, sich mit großer Mehrheit zu den Grundlage« dieses Regicrungsprogramms zu bekennen. Wenn die Reichsrcgieru«g nicht im Besitz eines klaren Ver trauensvotums des Reichstages sei, wäre der Zu sammentritt der Haager Schlnßkonferenz ernstlich in Krage gestellt. Wenn die Finanzschwierigkeiten d«S Reiches bald über wunden werden sollen, müssen alle Fraktionen ihr« Beden ken zurückstellen. Auch die RetH»regt«rung hat sich unter Zurückstellung gegensätzlicher Auffassungen einmütig auf da» Programm geeinigt. Nur so kann da» Aufbauwerk der letzten Jahre vor schweren Störungen betoahrt und und erfolgreich weitergeführt werden. Hierzu braucht di« ReichS- regterung das Vertrauen d«S Reichstag». Auf Vorschlag de» Präsidenten wurde der Beginn der Aussprache auf Freitag 1 Uhr vertagt. Deutsches Reich. — Berlin, den 13. Dezember 1929. 0 Der Abzug der Engländer aus Wiesbaden. Don nerstag nachmittag 2 Uhr erfolgte das Etnholen der englischen Flagge von dem bisherigen Hauptquartier, dem „Hotel Hohenzollern". Damit hat die englische Besetzung deutschen Bodens ihr Ende erreicht. Zum letzten Male trat beim Anrücken der Fahnen-Kom- pagnie die Wache unter das Gewehr, und zum letzten Male schritt der General, der sich schon am Vormittag von den deutschen Behörden verabschiedet hatte, di« Front der Kompagnie ab. Nach einem langen Trommel wirbel intonierte die Kapelle die National-Hymn«. Di« Truppen präsentierten, und langsam wurde die Flagge niedergeholt. Der Feierlichkeit wohnten auch viele französische Generäle und die Rheinland-Kom mission bei. * * * ° Miiuche«. In d«m Prozeß d«S bah«risch«« Minister präsidenten Dr. Held gegen das „Bayerische Vaterland" ist «in Vergleich zu stand« gekommen, durch den d«r Be klagte anerkennt, oatz Dr. Held sowie Geheimrat Bayer»« do«rser sich stet» für die unzertrennliche Verbundenheit der Pfalz mit Bayern und dem Reiche eingesetzt habe«. Auslands-Rundschau. Oberhaus gegen Regierung. Im englischen Oberhaus brachte Lord Salisbury «ine Entschließung ein, die feststellt, daß die von der Regierung verfolgte Politik, wie sie in dem neuen englisch-ägyptischen Vertragsentwurf zum Ausdruck kommt, die Sicherheit der britischen Verbindungslinie nach den überseeischen Besitzungen gefährde. Nachdem auch noch der frühere Oberkommissar Lord Lloyd für den Antrag eingetreten war, wurde dieser mit 46 gegen 13 Stimmen angenommen. Nach der Annahme eines Antrages Lord Birkenheads gegen die Wieder herstellung der diplomatischen Beziehungen zu Moskau ist das das zweite wichtige außenpolitische Gebiet, auf dem das Oberhaus die Regierung scharf zensiert. * * * -i- Wien. Bundespräsident Miklas hat auf Grund -er neuen Verfassung die Regierung Schober im Amr bestätigt. Brüssel. In der belgischen Kammersitzung kam es am Mittwoch zu stürmischen Szenen, als der ivallo- uische Abgeordnete Hubin den bekannten flämischen Natio nalisten Ward Hermanns beschuldigte, die bekannten Ut rechter Dokumente gefälscht zu haben. Paris. Der König von Spanien hat dem fran zösischen Kriegsminister Maginot das Großkreuz für Mi litärverdienste verliehen. Hützlick» gefärbter Zahnbelag. »Ein Kummer waren stets meine gelben Zähne. Nachdem tch alle Hilfsmittel angewandt hatte, versuchte ich es mit Chlorodont und die Wirkung war erstaunlich. Heute erfreue ich mich gesunder weißer Zähne." Gez. E. Jacobi, Landsberg a. d. Warthe. Meder Sturmsignale. D4e dänische Küste erneut bedroht. Kaum ist der mehrtägige Sturm über Dänemark »bg«flaut, als schon wieder ein neuer .Sturm droht. Dementsprechend sind die Sturmsignale für die West küste Jütlands, das Kattegatt und die Ostsee gehißt worden. Die Temperatur ist in Dänemark kaum noch über Null, während von Island schon Frost gemeldet wird. Unter den Nachwirkungen des letzten Sturmes hat '.mmer noch die Stadt Nyköbing in Westisland zu leiden, deren niedriger gelegenen Teile unter Wasser gesetzt worden sind, nachdem verschieden« Dämme gebrochen waren. Das Wasser steht stellenweise auf den Straßen eineinhalb Meter, so daß ein Fährnotverkehr einae- richtet werden mutzte. * Ei« Zweimaster ausgebrannt. Der Zweimaster „Julia" fing nach Berichten aus Portsmouth zehn Meilen südöstlich von den Shoals- Inseln Feuer und brannte bis auf die Wasserlinie voll kommen aus. Die sechs Mann der Besatzung suchten Zuflucht in einem Rettungsboot und wurden später von einem Dampfer ausgenommen. Gin verirrtes Sprengkommando. Uebersatt auf ei« Kaffeehaus. In einem Wiener Hotel befaßte sich eine Ver sammlung mit dem Prozeß gegen den jüdischen Stu« denten Halsmann, der unter der Anklage stand, seinen Vater in den Zillertaler Alpen umgebracht zu haben. Ein rechtsgerichteter Verband hatte beschlossen, dies« Versammlung zu sprengen, irrte sich jedoch im Lokal und drang in das benachbarte Cafö „Produktenbörse" ein, und zwar zu einer Zeit, als die Versammlung im Hotel längst beendet war. Etwa 50 Pers»««« stürzt«» sich auf Vie ahnnng»« tose« Kaffcehansbesucher, Vie i« ihrer Angst, um rasch auf Vie Straße zu km««»«», Vie K«,sterscheibe« el»- M«gen. Die Hilferufe der bedrohten Gäste riefen auf der Straße großes Aufsehen hervor. Die Rettungsgesell schaft leistete fünf Verwundeten die erste Hilf«. Bet den Verletzungen handelt es sich zum Teil um Schnitt wunden, die auf das Einschlagen der Fensterscheiben zurückzuführen sind, zum Teil um Kopfverletzungen durch Hiebe mit Gummiknüppeln. Als die Wache ein- traf, waren die Schuldigen bereits verschwunden. Mit Gasbomben gegen Meuterer. Heftige Kämpfe mit de« aufständischen Zuchthäuslern in Auburn. Die Mepterei in dem amerikanischen Zuchthaus Auburn, dessen über 1500 Insassen meist Schwerver brecher sind, hatte recht ernsten Charakter angenommen, so daß die Truppen scharf vorgehen mußten, denn die Behörden wollten den Aufruhr möglichst schnell unter drücken, da eine Wiederholung der blutigen Szenen des letzten Sommers vermieden werden soll und man be- sürchtet, daß, falls nicht sofort durchgegriffen wird, die Meuterei auch noch auf die bis jetzt ruhig gebliebenen Gefangenen übergreifen wird. Di« belagernden Trupp«» rücke« mit Tränengas bomben gegen das Zuchthaus vor. Nach kurzen, aber erbitterten Kämpfen gelang eS den Truppen zunächst, den Widerstand der aufrührerischen Zuchthäusler z» brechen und die Haupträdelsführer festzusetzcn. Bei den Kämpfe« wurden ein Zuchthäusler und ein Wärter ge tötet. Die Ruhe im Zuchthaus ist wieder hergestcltt. Der als Geisel festgehaltene ZuchthauSdirektor könnt» befreit werde«. Bei dem Slppell, der nach dem ersten Angriff der Truppen veranstaltet wurde, fehlten insgesamt 11 Wächter, die vermutlich von den Ausrührern als Gei seln festgehalten werden. Der erste Erfolg der Truppen war jedoch nur ein Scheinerfolg, denn bald gelang es einer Gruppe v»« Zuchthäuslern, der man offenbar nicht genügend Auf merksamkeit geschenkt hatte, einen Terl ihrer Mit gefangenen erneut au^nwiegeln und zum Ausharren zu bewogen. Etwa 200 Mann haben sich abermals im Südwestflügel des Gebäude- verbarrikadiert. Starke Truppenavteilunge« -reife« ve« Süvwest« flügel erneut mit Tränengasbomben an. ES wird ver sucht, die Stahltnren mit Sanerstoffbrennern z« äst' nen. Die Zuchthänsler, die sich des gesamten Waffe«« lagers bemächtigt haben, haben ein wilveS Feuer am die Truppen eröffnet. Die Truppen hab«» Verstärk««- erhalt«» und versuche« die Barrikade« z« stürme« Der Aufstand ist nach heftigem Kampf en-gülti- niedergeschlagen worden. Im Verlauf des Schluß kampfes wurden 8 Zuchthäusler und ein Wärter ge tötet. Vereitelter Fluchtplan. Ein Schwerverbrecher im französischen Gesäng- nrs Limoges, dem es bereits mehrere Male gelungen war, auszubrechen, hatte sich Nachschlüssel verschafft und während des Spazierganges auf dem Gefängnishof mit anderen Gefangenen in Verbindung gesetzt. Ek wurde beschlossen, lange Stricke anzufertigen, um einen Teil der etwa 200 Gefangenen an der Mauer herab zulassen. Die übrigen Gefangenen sollten die sieben Wärter erdrosseln. In letzter Minute kam der Plan durch die Auffindung eines Strickes in einer der Zellen ans Tageslicht. Smter Wochenspiegel Begin nenve Weihnachtsfrenve. — Der Fünfuhrlave« schluß am Heilige« Abend. — Die siinfundfünf-ig- jährige Heiratsschwindlerin. — Allerhand Torheiten Es liegt Tannenduft in der Luft, würziger, wundersamer Weihnachtsduft, und der vergräm teste Mensch hat ein Fünkchen Hoffnung angezündet, wartet auf eine kleine Freude. Freilich, das Freude bereiten ist heute furchtbar schwer, und je weniger lei stungsfähig der Geldbeutel ist, um so stärker muß da her- sprechen. Was früher kleine Aufmerksamkeit«« waren, sind heute für viele Tausende bereit» groß« Geschenk«, aber wo das Herz gibt, bleibt di« Freud« die gleich«. Ein besonder» große» und schöne» Geschenk wned« vom Reichstag mit dem Fünsuhrladenschlußa« Heiligen Abend einem ganzen Berufsstand gegebe» Viele Kaufleute und Ladeninhaber haben Sorge, da- ihnen dadurch das Weihnachtsgeschäft erheblich geschmä lert werden könne. Wer aber di« müdegehetzte« Verkäufer und Verkäuferinnen am Heiligen Abend wirklich einmal gesehen hat, der gönnt ihnen diese Freude. Damit au» diesem Geschenk kein Nachtest für die Geschäftsinhaber entstehe, ist es allerdings notwendig, daß nicht die Besorgungen auf den aller letzten Tag verschöbe« werden. Wer rechtzeitig uu» in Ruhe seinen Weihnachtsbedars deckt, wird auch mei stens vorteilhafter kaufen. Wenn alle Rücksicht nehme« KsiistreKub« kür LV»mv» unä Ltünelvr. Q1I»vv, Vrieat, Kvstrivlt«. OröKte Zu8ivuiil. ^ieärici8te Prei8e. Vn« »nun «I« i Wilt heiraten Roman von Eduard W. Maybach copvriedt bx OrelverSCo., kerlivdivs Nachdruck verboten Z3. Fortsetzung. Schumann, den allmählich die Ruhe verließ, erklärte, das sei ihm verhältnismäßig gleichgültig. Es handle sich hier um ein Los, das Herr Schmidt an Fräulein Vallen tin weitergegeben hatte. Das Los habe gewonnen. „Bodaure," sagte der Oberfinanzrat kurz und zuckte die Achseln, „ich hatte Veranlassung, dieses Los sofort an Herrn Schmidt zurückzugeben. Ich muß mich leider also auch für den Gewinn als unzuständig bezeichnen." Mit diesen Worten erhob sich der Oberfinanzrat, damit das Zeichen zur Beendigung des Gespräches gebend. Der Lotteriekollekteur erhob sich gleichfalls, versuchte indessen noch einmal einzuwenden: ,^Herr Schmidt besitzt aber das Los doch nicht. . „Das ist mir vollkommen gleichgültig." „Aber es handelt sich um einen sehr hohen Ge winn . . ." „Bedaure", sagte der Oberfinanzrat, und damit hatte er den Besucher zum Zimmer hinauskomplimentiert. Schumann schüttelte den Kopf, während er in sein Geschäft zurücksuhr. So etwas hatte er noch nicht er lebt. Hunderttausend Mark, und keiner wollte sie haben. Seinetwegen mochten sie das Geld verkümmern lassen — eine Schande war es, und ihm taten nur die 5000 Mark leid, mit denen er schon so bestimmt gerechnet hatte. Zu Hause angelangt, setzte sich der verärgerte Mann hin und' machte an die Lotteriedirektion einen Bericht, daß der Gewinn von 100000 Mark ans das Los Nr. 353 535 nicht zur Auszahlung gebracht werden könne, da der mutmaßliche Losinhaber den Besitz des Loses be streite und anderweitige Angaben über einen berechtig ten Besitzer des Loses derzeit weder zu erlangen noch Lu erwarten seien. 20. Kapitel. Es vämmert . . . Otto Birkenbusch begann tn der mißlichen Affäre seines Teilhabers nachgerade die Geduld zu verlieren. Die leise Schadenfreude, die er zu Anfang nicht hatte unterdrücken können, war einem ehrlichen Mitleid mit dem Pech des Kompagnons und langjährigen Freundes gewichen. Otto schimpfte und fluchte über die Langweiligkeit, mit der die Geschichte in Eisenach vonstatten ging. Irgend etwas muhte denn doch geschehen. Hatte Felix in der Alkohollaune etwas verbrochen, was so große Unannehmlichkeiten nach sich zog, oder warum zum Teufel unternahm er nicht selbst in Eisenach energische Schritte zu einer endlichen Freilassung? Der Mitinhaber von Bergers Kaffeegeschäst und den ange- schlossenen dreißig Filialen war doch schließlich kein Land streicher, den man mangels unzureichender Ausweispapiere aufs Geratewohl im Kittchen festhielt. Schließlich ließ sich Otto bei Rechtsanwalt Mengelberg melden, den er als den besten Freund seines Kompagnons kannte und der obendrein als Anwalt einen ausgezeichnet ten Ruf genoß. Diesem trug er den geheimnisvollen Fall vor und bat ihn um seine Hilfe. Konrad Mengelberg war aufs unangenehmste überrascht von den Nachrichten, die er da erhielt. Felix war in Not, da mußte ihm aber auch noch tn der gleichen Stunde geholfen werden. Warum war er noch nicht früher über das Pech des gemeinsamen Freundes unterrichtet worden? Es war keine Phrase, was Konrad Mengelberg von dec Notwendigkeit sofortiger Hilfe gesprochen hatte. Er be sorgte sich in aller Eile für den nächsten Tag einen Ver treter und fuhr mit dem Nachtschnellzug nach Eisenach. Hier erbat sich Rechtsanwalt Mengelberg zunächst eine Unterredung mit dem Untersuchungsrichter. Nachdem er Informationen über die Felix zur Last gelegte Tat erhalten hatte, machte er den Untersuchungsrichter in höflichen Worten darauf aufmerksam, daß Herr Felix Schmidt Mit inhaber eines sehr großen und angesehenen Berliner Unter nehmens >et, daß sein Einkommen, vorsichtig geschützt, sich zwischen zehn- und sünszehntausend Mark im Monat be wege, daß die geschäftliche Situation seines Hauses absolut über jeden Zweifel erhaben sei, und daß schon sehr dring liche Beweismomente vorliegen mußten, wenn man einer solchen Persönlichkeit einen einfachen Eisenbahndiebstahl zu- muten sollte. Ueberdies kenne er, der Rechtsanwalt, Felix Schmidt schon seit Jahren und Jahren. Der Untersuchungsrichter bedauerte demgegenüber, auf die soziale Stellung des Beschuldigten keinerlei Rücksicht nehmen zu können. Das seien Momente, die das erkennende Gericht bet der Zumessung des Strafmaßes berücksichtigen müsse. Für die Untersuchung selbst sprechen nur Tatsachen, und zunächst stünde doch unwiderlegt fest, daß der Reisepaß des Be schuldigten in dem von dem Attentäter im Stiche ge lassenen Handgepäck gefunden worden sei. „Der Reisepaß kann gestohlen gewesen sein", wandt« der Rechtsanwalt ein. „Der Beschuldigte hat bisher noch nichts davon er wähnt", war die achselzuckende Antwort des Untersuchungs richters. Im übrigen sei dies natürlich noch nicht da» einzige Beweismaterial. Der Beschuldigte habe sich tat sächlich in dem fraglichen Zug befunden, was aber da- Verdächtigst« von allem sei, blieb die Tatsache, daß er über Ziel und Zweck seiner von Berlin aus unternommene« Reise unter auffallenden Umständen beharrlich jede Aus sage verweigere. Der Rechtsanwalt bedankte sich bei dem UntersuchungS- richtex für die Audienz und ließ sich seinen „Mandanten ins Sprechzimmer kommen. Er nahm an, daß Felix durch irgendein persönliches Moment bisher sich nicht habe entschließen können, stw dem Untersuchungsrichter gegenüber über Zweck und Zan seiner Reise »nd über die anderen mit dieser mpstqchex Angelegenheit tn Verbindung stehenden Umstände auszu sprechen. Aber nun, da Felix als Freund zum O^unm sprechen konnte, war es sicher die Sache eines Augenblicks alle Tatsachen tu Erfahrung zu bringen, die Konrad als Rechtsanwalt daun schon in geeigneter Form an oa Untersuchungsgericht würde meitergeben können. ' - (Fortsetzung folgt.)