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6! (M 4-» -2- ' 2 8^ K' ^LZ> s 2 iS « Z s- » S 3 8, «u 2. S - ^ n -^ --, ^K 3 S- 3 -. s 2 <s -»«s 2 l» ^ ? s -» Nr. LLÄ — v. Jahrgang Dienstag de« I4. Mai 1VIO KlhßfchkKolkMltung Erscheint täglich nachm, mit «luSnahme der Tonn, und Festtage. «näaab« Ä.r Mt .Die Jett in Wort und Md- dtertellit-rllch- WchLndPe.S°L.L'L 2" «n,aab. ».- Ohne illuitrierte Beilage diertels ».80 I. LL^H. " »crnsp-eche- »»«. suv L4-cryvyert^ Liecyt uno Avetyeir 3»-«°-«-».»^^^ Unabhängiges Tageblatt Inserat« werden die «gespaltene Petitzeilc oder deren Raum mtt »S Rellamen mit L« 4 die Zeile berechnet, bei Wiederholungen entsprechenden Rabatt. «uchdruckere«, Redaktion und «eschüft-ftellei DreSdeu. Villacher Strafte 4». - Fernsprecher »SS« OIs dsstsn ^vfvi8Lt>im§8-6or>bor>8 ^ pfunci IS unct 20 ^fsnniks, unsntdstirlloi, auf Nslssn unlt ^uuHüßisn, sntisltsn 8>s bsl: <äer!ing s; stocßstrosi, llresäen. ^lscisnlsßsn In ullsn Stsrittsllsn. 1151 Das Erbe Eduard vn. Leipzig» den 22. Mai 1910. Nachdem die zahlreichen unter dem aussöhnendcn Ein« druck des Allbezwingers Tod geschriebenen und mehr auf den persönlichen Ton gestimmten Nekrologe verklungen sind, erscheint es angebracht, das politische Erbe des Ent schlafenen zit sichten und einer eingehenden Prüfung zu unterziehen. Nicht nur in: Sinne des Geschichtsschreibers, der vergangene Daten festhält und der Nachwelt über liefert, sondern mehr noch im Sinne des Politikers, der aus der Vergangenheit die Gegenwart zu erklären und zu verstehen sucht und im Werdegang der Dinge einen Finger- zeig für die weitere Entwickelung sieht. Ein Ringen von mehr als zwei Jahrhunderten mit allen Seemächten der Welt brachte dem britischen Volke da/? unbestrittene Uebergewicht zur See. Tapferkeit und Aus dauer und ein nicht zu leugnendes seemännisches Geschick paarte sich bei diesem Jnselvolk mit der blinden Fortuna, die dem Sterne Albions stets freundlich war. Eine goldene, oftmals aber mehr widerwärtige Rücksichtslosigkeit sorgte immer für eine gute Gelegenheit und für eine möglichst egoistische Ausnutzung derselben. Wohl niemals hat das Prinzip des grundsatzlosesten Opportunismus einen rück sichtsloseren Anhänger gefunden als England im Anfang des 19. Jahrhunderts. Im Besitze der Macht änderte es seine Taktik, verbarg die cäsarischc Willkür so gut als mög lich und gerierte sich als guter Freund und Friedensstifter bei allen Händeln, die jemals in der Welt ausgefochten wurden. Daß England ein selbstloser Makler gewesen wäre, wird selbst derjenige nicht behaupten wollen, der auch dem Gegner die Berechtigung einer energischen Ver- tretung seiner Interessen nicht übel nimmt. England hat cs meisterhaft verstanden, sein Geschäft zu machen und sein Schäfchen zu scheren, ohne jemals die Sache auf die Spitze zu treiben und eine Gewaltpolitik zu inaugurieren, wie sie zu Zeiten der Etablierung der Seemacht beliebt wurde. Trotz aller Höflichkeit setzte es im letzten Grunde feinen Willen am Ende des 19. Jahrhunderts auf diplo matischem Wege ebenso durch wie im 17. und 18. Jahr hundert durch die Gewalt der Waffen. Das zeigte sich mit unerfreulicher Deutlichkeit bei dem Kampfe um Faschoda, wo es den französischen Hauptmann verjagte und die fran zösische Flagge fein verpackt nach Frankreich schickte. Wenn es trotzdem zu einem Kriege mit Frankreich nicht gekommen ist, so ist das wohl verständlich: Der tiefe Graben, der England vom Festlande trennt und die drohende Ueber- macht seiner Panzer reden eine überzeugende Sprache und stimmen die Staatsmänner versöhnlich und nachgiebig. England selbst lag nichts an einem Kriege mit Frankreich. Nachdem es seinen Zweck erreicht hatte, konnte ihm eine weitere Demütigung des Gegners von heute nicht er- wünscht sein. Denn wer weiß, ob der Gegner von heute nicht morgen schon in einer neuen Kombination benutzte Freundschaftsdienste leisten und die Kastanien aus dem Feuer holen kann, die wahrscheinlich ein bißchen heiß und für den englischen Magen erst später genießbar sein werden. Dallu parant alii! Kriege mögen andere führen! Das war der Grundsatz der englischen Politik, seitdem der Drei- Mächte-Standart perfekt und der Ring um die Kolonien geschlossen war. Rußland führte Englands Schwert im Kampfe gegen Japan und Frankreich sollte 1906 die konti nentale Hegemonie Deutschlands zerstören, um dieses in feiner Expansion auf dem Weltmeere, auf dem Weltmärkte zu hindern. Um die Schmach von Faschoda zu verwischen, schenkte ihm England Marokko, das ihm gar nicht gehörte und das ihm voraussichtlich starke Leibschmerzen bereiten mußte. Marokko war der Knochen, der einen doppelten Zweck erfüllen könnte, indem er Deutschland und Frank- reich in einen Krieg hetzte und gleichzeitig Englands Machi nationen verdeckte. Die Kalkulation Eduards war falsch, weil er die deutschen Bajonette nicht genügend berück sichtigt und die staatsmännische Klugheit eines Rouvier unterschätzt Hatte, der die in diesem Exempel für Frankreich schlummernde, immense Gefahr mit scharfem Blick erkannt hatte. Das war die einzige Niederlage, die König Eduard im Verlaufe seiner kurzen, aber außerordentlich regen Amtstätigkeit erlitten hat. Er war ja auch derjenige, der es verstand, aus dem blutleeren Schatten des britischen Königtums einen tat- sächlichen König zu machen, in dessen Händen das Geschick der Nation ruhte. Bezeichnend in dieser Hinsicht ist die Tatsache, daß das liberale und durch und durch kon- stitutionelle Albion die Rettung aus dem Dilemma, in das Oberhaus und Unterhaus geraten waren, vom König erwartete. Früher lag die gesamte politische Tätigkeit, die auf die großartige Steuerkraft des Landes, und die geniale, klug verdeckte Ausnutzung der Neichtllmer der Kolonien gestützte Macht des Staates ganz in der Hand der von diesem politisch gereiften, auf Erwerb und Gewinn bedachten Volke gewählten Vertretung. Sie konnte auch unbedenklich für die Erweiterung der Herrschaft und die Bereicherung der Nation eingesetzt werden. Mußten doch die Kulturvölker des europäischen Kontinents in diesem Zeiträume die Wunden der Napoleonischcn Epoche aus heilen und um ihr Bestehen kämpfend, sich neue, schwere Wunden schlagen, außerstande, der britischen Ueberflutung irgendwo einen starken Damm entgegenzusetzen. Damals hat England seine Rücksichtslosigkeit im goldensten Lichts gezeigt und den Ring um seine Kolonien geschlossen, Millionen Menschen und Quadratmeter Land geraubt, während das Festland für seine Hütten känipftc. In diesen schicksalsschweren Stunden hat England seine Weltherrschaft gegründet, die neben den unterirdischen Schätzen des Mutterlandes das Fundament des NeichtumeS und der Kraft des britischen Volkes bilden. Freilich, die Weltherrschaft erheischt eins fast über mäßige Anstrengung des kleinen Jnselvolkes und birgt ernste Gefahren. Denn je gewaltiger das Imperium sich ausdehnt, um so schwieriger wird die Beherrschung der fremden Völker, um so rücksichtsloser werden die Interessen der anderen Kulturvölker verletzt, um so schwerer lastet der Druck des britischen Uebergewichtes. Noch hat die britische Staatsweisheit einigen Platz zur Betätigung überschüssiger Kraft gelassen und durch Grenzverträge Streitigkeiten vor zubeugen gesucht. Noch herrscht dem Worte nach der Grund satz des Freihandels, der den fremden Nationen die Be teiligung an dem Gewinn zu gestatten scheint, den der Austausch der Güter und deren Verfrachtung gewährt. Wie lange wird diese friedliche Stille, beruhend auf der er drückenden Uebermacht Englands und auf dem den übrigen Völkern noch gewährten Spielräume im Mittbewerb um die Schätze der Erde, dauern? Schon werden Stimmen laut, viele und gewichtige Stimmen sagen, die die Schließung der vielgerühmten offenen Tür verlangen und für den Schutzzoll plädieren. Sie alle verkennen die Wichtigkeit, welche dieser offenen Tür als Ventil zukommt und die große Bedeutung, welche die offene Tür in dieser Eigenschaft gespielt hat während der ganzen langen Periode, in welcher England seinen ge- waltigen Kolonialbesitz erwerben und erhalten konnte, ohne in kriegerische Verwickelungen zu geraten. Wohl würde keine Macht der Erde sich einzumischen erlauben, wenn Eng land den Freihandel aufheben würde, aber es würde die übrigen Mächte englischen Aspirationen gegenüber vor sichtiger machen. Wahrscheinlich würden die Mächte, die heute selbst über eine Flotte verfügen, die England gefähr lich werden könnte, der englischen Kolonialpolitik nicht mehr so wohlwollend indifferent gegenüberstehen, wie dies im Laufe des letzten Jahrhunderts der Fall war. Man sieht, die Erbschaft des verstorbenen Britcnkönigs ist glänzend, aber auch so, daß nur eine geschickte Hand, ein schlauer Kopf sie rationell verwalten kann. Der Kampf zwischen dem Ober- und Unterhause und das Prinzip des Freihandels sind zwei Faktoren, an denen ein König seine Kraft erproben, aber auch moralisch verbluten kann. Bis her hat man von dem neuen König Georg nur wenig ge hört, kaum mehr, als daß er ab und zu mit seinem russischen Vetter, mit dem er eine große Aehnlichkeit besitzt, ver- wechselt wird. Und das ist herzlich wenig. /V. H. Tagung des Deutschen Flottenvereins. Der Deutsche Flottenverein hat in den Tagen von Freitag bis Sonntag in Berlin seine diesjährige Haupt versammlung abgehalten. Am Sonntag fand im Plenar sitzungssaale des Reichstages die gut besuchte Vollversamm lung statt. Den Vorsitz führte der Präsident des Flotten vereins, Großadmiral v. Köster. Nachdem er die Ver sammlung begrüßt, wurde ein Huldigungstelegramm an den Kaiser entsandt und ein zweites Telegramm an den Protektor des Vereins, den Prinzen Heinrich. Das Inter esse bei den Versammlungen konzentrierte sich auf die Rede des Präsidenten über die allgemeine Lage sowie auf einen Vortrag des Wirklichen Geheimen Oberbauratcs und Professors R u d l o ff - Berlin über die „Schiffe großen Deplacements". Was den ersten Vortrag anlangt, so widmete der Präsident zunächst der Stätte, an welcher die Versammlung tagte, einige Worte der Anerkennung, in- dem er hervorhob, daß im Reichstage für unsere Marine stets eine wohlwollende Stimmung vorherrschend gewesen sei und daß in ihm letzter Hand die Entscheidung über dis Schaffung einer starken deutschen Flotte gefallen sei. Mit einer gewissen Resignation konstatierte er, daß die Zahl der Mitglieder nicht in der Weise, wie man es erhofft habe, zu- genommen habe, daß es aber am Horizonte des Vereines im allgemeinen im letzten Jahre ruhiger ausgesehen habe, als in dem Jahre zuvor. Er führte dieses in der Haupt- fache darauf zurück, daß der Verein zumeist in stiller Arbeit tätig gewesen sei. Wenn dieser Tätigkeit und namentlich der Werbetätigkeit nicht der erwünschte Erfolg vom Stand- punkte des Redners beschicken war, so lag das nach seiner Ansicht an der vielfach verbreiteten Vorstellung, daß der Flottenausbau durch seine gesetzliche Grundlage unter allen Umständen sichergestellt sei. Mit Genugtuung stellte er fest, daß sich im Auslande gegenüber unserem Flottenbau eine ruhigere Beurteilung geltend mache; er zitierte eine Aeutze- rung einer französischen Zeitung, die von der Versammlung mit lebhaftem Beifall angehört wurde. Herr v. Köster ging nicht vorüber an den aufhetzenden Artikeln, die bei dem englischen Wahlkampfe gegen Deutsch, lands Flotten geschrieben worden sind, aber mit Befriedi- gung verzeichnete er es, daß auf die Angriffe von englischer Seite eine Entgegnung in für uns wohlwollendem Sinne erfolgt sei. So lange Seebeuterecht und Blockade noch nicht abgeschafft seien, habe man trotz aller nationalen Ab machungen mit Kriegen zu rechnen. Als sehr bedeutungs- voll bezeichnete Herr v. Köster das abgelaufene Jahr inso- fern, als drei Schiffe der Nassauklasse bereits in Dienst ge stellt seien und ein viertes Schiff in wenigen Wochen seiner Fertigstellung entgegensetze. Nach Abschluß der gegen wärtig durch den Reichstag festgesetzten Bautätigkeit dürfe man hoffen, daß man auf den Standpunkt des regulären Ersatzes von drei Schiffen jährlich statt, wie gegenwärtig vier, zurückgehen könne. Diese, seine Auffassung — das betonte Herr v. Köster mit besonderer Pointe — werde von dem gesamten Präsidium geteilt. Wiederholt nahm der Vortragende bei seinen Ausführungen Anlaß, hervor- zuhebcn, daß unser Flottenbau lediglich der Sicherung -es Friedens und dem Schutze der nationalen Arbeit dienen soll. Wir trachten nicht danach, die Stärksten auf dem Meere zu sein, aber im Einklang mit unseren stets wachsen den überseeischen Interessen wollen wir von dem guten Willen anderer Seemächte allein nicht abhängen, und das um so weniger, als sich auch in anderen Ländern ein reger Flottenbau und die Hebung der Manneszucht in der Marine geltend mackst. Der Vortragende schloß mit den Worten Roosevelts: „Ein ungerechter Krieg ist zu verabscheuen, aber wehe der Nation, die sich gegen Unbill nicht rüstet, dreimal Wehe der Nation, deren Männer den Kampfesmut, den Kriegergeist verlieren." Was den zweiten Vortrag anlangt, so können wir, dck die Wiedergabe des reichen, vom Vortragenden vorge- brachten technischen Materials über die Aufgabe und den Umfang dieses Berichtes hinausgeht, nur kurz den Ge dankengang zitieren: Redner wies nach, daß seit den 60eck Jahren ein steter Wettbewerb der Völker in Bezug auf die Vergrößerung des Deplacements stattgefunden habe. Diese Entwickelung sei an eine Grenze gebunden, weil die Be weglichkeit der Schiffe durch die Vergrößerung beeinflußt: und beispielsweise hinsichtlich des Tiefganges schon das äußerste Maß erreicht worden sei. Den Vorteilen dieser großen Schiffe ständen erhebliche Nachteile gegenüber und cs sei der Praxis die Entscheidung zu überlassen, mit welchem Deplacement man am besten fahre. Wie die Ent scheidung aber auch falle, das stände fest, daß unsere Marineverwaltung bestrebt sei, unsere Schiffe auf der Höhe zu erhalten. Die bisherigen Erfahrungen mit der Nassau klasse zeigen, daß diese eine glückliche erste Lösung des schwierigen Problems darstelle und ließen hoffen, daß die nachfolgenden Bauten noch wertvoller ausfallen würden, und man so dem Ziele näher komme: Der Vollendung einer achtunggebietenden und dem Frieden erhaltenden Flotte. Aus dem Jahresberichte des Vizeadmirals Weber sei er wähnt, daß die Zahl der Ortsgruppen gegen das Vorjahr um etwa 10 zurückgegangen, dagegen die Zahl der Einzel- und körperschaftlichen Mitglieder um 21000 gewachsen ist. Als ein Mittel, die arbeitende Bevölkerung für den Flotten verein zu gewinnen, bezeichnete er die Abhaltung von national-ökonomischen Vorträgen und empfahl diese dringend. Als Sitz der nächsten Tagung ist Nürnberg in Aussicht genommen. Volikische Rundschau. Dresden, den 23. Mai 1910. — DaS preußische Herrenhaus nahm am Sonnabend die Wahlrechtsvorlage in zweiter Abstimmung nach den letzten Beschlüssen mit 127 gegen 82 Stimmen an. Die Abstimmung erfolgte nach dem Anträge Hcrzberg durch Namensaufruf. Jetzt hat sich das Abgeordnetenhaus zu dieser Vorlage zu äußern. Man kann auf seine Stellung, nähme gespannt sein. — Nach Schluß der 25. Hauptversammlung des Verein» katholischer deutscher Lrhreriuuen ist noch nachfolgende» Telegramm auk dem Kabinett Ihrer Majestät der Kaiserin etngetroffen: „Verein katholischer deutscher Lehrerinnen z. H. Fräulein Pauline Herber. Berlin. Schloß, den 19. Mai. Ihre Majestät die Kaiserin und Königin lassen für übersandten HuldigungSgruß bestens danken und wünschen^ daß die segensreichen Bestrebungen des Verein» stet» Gottes Segen .finden und von guten Erfolgen gekrönt sein mögen. Im Allerhöchsten Aufträge Kabinettsrat v. Behr-PInow." — Bankier Fiirstenberg. bei dem Dernburg in die Lehre ging, wird ins preußische Herrenhaus berufen werden.