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Die „Soziale Woche- Frankreichs. PariS. den 18. Jn't 1VU. Die französischen Katholiken schicken sich an, ihre dies jährige soziale Woche mit einem äußerst praktischen Pro gramm in St. Etienne vom 31. Juli bis 6. August zu be gehen. Das Patronat hat der Erzbischof von Lyon, Kar dinal Couilliä, übernommen. Den früheren Veranstaltun gen entsprechend, steht eine Hauptidee zur Tagesordnung, die von doktrinärer, wie von sozialer und praktischer Seite in erschöpfender Weise studiert wird. Parallel dem Haupt kursus finden noch fakultative Nebenkursc statt, die ver schiedene zugehörige Fragen vom theoretischen und prakti schen Standpunkte aus behandeln. In dem Briefe, worin der Kardinal-Erzbischof von Lyon daS Protektorat annimmt, heißt es: „Lyon und St. Etienne sind Glieder der gleichen Diözesanfamilie, aber jede von den beiden Städten zeigt eine besondere Physiog nomie. St. Etienne ist das Zentrum eines großen Indu striegebietes, worin die intelligenteste und praktischste Tätigkeit herrscht. Fabrikdirektoren, Ingenieure, Tausende von Arbeitern produzieren hier jene wunderbaren Dinge, die unserem Heere und der Marine notwendig sind und vielen anderen noch zu gute kommen. Dann hat St. Etienne außer seiner Minenindustrie die Industrie -ec Posamenterien. eine delikate Industrie, die ihren Ruf be wahrt und ihr Monopol sichert, obwohl sehr viele Ausstände ihr schaden. Das Milieu, worin sich die Soziale Woche abspiclt, bietet das höchste Interesse und eS werden daher mit größter Sympathie die Abänderungen eures Pro- grams ausgenommen die den Arbeitern des Gebietes be sondere Lektionen für die ihnen besonders am Herzen lie genden sozialen Bedürfnisse bieten Es gibt kein geeig neteres Zentrum, um die sozialen Probleme zu behandeln, I besonders jene der Arbeit, die ihr in besonderer Weise zum ! Gegenstände eurer Studien gemacht habt." § Das Programm umfaßt folgende Themata: Die menschliche Person und das wirtschaftliche Regime — Ma- ! terialismus und Kapitalismus, Berichterstatter Lorin. § Ueberblick über die verschiedenen Produktionsnuthoden und ihre steigende Kompliziertheit, Berichterstatter Cretinon. Der Warenaustausch und der gerechte Preis, Berichterstatter Abb6 Desbuqoi. Die Gerechtigkeit im Lohnvertrage, das notwendige und das persönliche Element des Lohnes, Be richterstatter Professor Antoine. Das moderne Produk- tionsregime in Beziehung zu den christlichen Prinzipien, Abbs Calippe. Dis soziale Pflichr in der Verwendung de? Geldes, Desladres. Der Gesetzentwurf über den Mindest lohn in der Heimarbeit von Fay. Die Soziale Woche schließt mit einer großen znsainmenfassendc r Ansprache von Jean Carolle, Direktor des sozialen Sekretariates von Paris. Die Kongreßteilnehmer sind von verschiedenen Fabriken zum Besuche der Werke eingeladen, wie auch der Kongreß an die Fabrikbesitzer Einladungen znin Besuche der Vorträge ergehen ließ. Unter den nebensächlichen Vor trägen nimmt die im Gebiete von St. Etienne stark ent wickelte Frauenarbeit einen großen Raum ein. Vermischtes. V Die Geheimnisse des Belgrader F e st u n g s b r u n n e n s. Ein Stück grausiger serbischer Vergangenheit wurde kürzlich, wie man aus Belgrad mel det, aus dem tiefen Schachte der Erde ans Tageslicht ge zogen. In der inneren Festung befindet sich von alters- her ein artesischer Brunnen, der, 200 Meter unter der Straßenhöhe gelegen, den Zweck hatte, die Festung bei enger Einschließung mit Trinkwasser zu versorgen. Seit längerer Zeit nun strömte daS Wasser einen pestilenzartigen Geruch aus, so daß der Zugang zu dem alten Türken brunnen gesperrt wurde. Jüngst ging nun das Festungs bauamt daran, den Brunnen zu reinigen, wobei man grau sige Entdeckungen machte. Aus den Wassern des Tief» brunnens zog man ganze Knäuel verwester Leichs heraus, die wohl schon jahrelang in dem Wassergrabe geruht haben mochten. Das Wasser ist so verpestet, daß von einer Reini gung des historischen Brünens Abstand genommen und der Entschluß gefaßt wurde, den Brunnenschacht zu verschütten. Man spricht davon, daß die Leichen noch aus der Zeit des Königs Milan herrührcn. „König Milan soll zahlreiche Widersacher, deren er sich nicht anders zu entledigen wußte, durch Vertraute zu dem Brunnen locken und hinabstoßen lassen." — So melden natürlich die Belgrader Zeitungen unter dem heutigen Regime der Karageorgcvice. Ob nicht vielleicht die Leichen in den Brunnen zu einer späteren als Milans Zeit gekommen sind? . . . Denn Milan ist schon gar zu lange nicht mehr König. v Ein Medizindoktor — Chauffeur. Ein jolcher Chauffeur befindet sich in Petersburg; sein Standplatz ist die KonjuschenSkagasse. Man braucht in Petersburg nur jemanden fragen, wo der „Doktor-Chauffeur" ist und allsogieich wird man ihm das „Doktorsauto" zeigen. Was diesen jungen Mann bewogen hat, seinen früheren Beruf als Arzt aufzugeben und Chauffeur zu werden, ist ein Geheimnis. Bemerkenswert ist, daß dieser junge Mann eine schöne Karriere vor sich hatte, weil er bei Professor Metichnikoff in der Pasteuranstalt Assistent war und sich eines sehr guten Namens als Arzt erfreute. 5ckkamm 4 kMermevel. vreräen l.kmäl,3U88ll-. 27 86681p. 18 lMIMIiole!) ?i«-NL>8olis 81p. 2 von 4 fig. SN. 2t2 ZOO Zonten Axai-elten. U kaucOtabake II« «n« «n L'r« «usiksli« » s»sr ürl. NLALÄK ! schulen, nsu and antiquarisch, 1826 , immer Neubeiten, kaust man voiteilhait bet nä-bsl neu. Ratba»s LLVLUL.A. Moritzstr. ^- Katalane nratis. :: Zittau, Nardsirasie 9, kath. Asyl. lilslol »ml roiokm tiil Imlilielio lim! plolm /ilbeiton Altar- u. Fahncnbilder, Kreuz wege, Porträts, Diplome »sw. Polychrom. Vergolden. Oogr. 1373. - Fl. i'ornrul 7785 11«,»»^!«, i Itiotsobolst.!-. 16, 1., Leica Stkrscbidlstr. 8tiiudigvs IlIUtjULII!, ^-iDgcig, roivbbaltiAos Okgsr anerkannt vor/.üchiobsr Lineal uud kianinos in allon 8til- und Loieartau. Lillig-sts kraiso. (ZüustiK-o LodinK-unj-sn. Verbaut. lauseki. Ulkte. Oo- spiolto Instrumenta stets am La^-vr. 8psrlallkä>: ,Vukortipa>ng moderner kianinos, eu zVobnunAS-LinriebtuuMu passend, bei billigster kroisbarvobnunA. 1>6 tiratis/usrabe» bei Einkäufen hierüber Spezial-Offerte in all- meinen Geschäften erhältlich. 8ell»i»»nn Kakao- u. Schokolade-Fabriken Grenadirrstraßc und Filialen. M'I» L» r» neu u. gebr., billigst. Direkte Ver- l tretung: Dresden. König-Albert- j Straße 29, nahe Albcrkplag. und Arbeit auszuruhen. In: Gegenteil — ihm war die Arbeit ein Bedürf nis; er fühlte die Kraft des Schaffens und Wirkens in sich und wollte sie benützen. > > » Heute wurde nun der Wunsch, von hier fortzugehen, in ihm so recht lebendig. Cr war fest entschlossen, den Freiherr» bei nächster Gelegenheit davon in Kenntnis zu setzen und sich dann durch keine Ueberredung und keine Versicherung halten zu lassen. Vor einigen Tagen war jenseits im Tale ein Einbruch verübt worden, das hatte ihn ordentlich ängstlich gemacht. Wie, wenn sie's hier einmal, probierten? Leicht würde es den Spitzbuben freilich nicht werden, in die Rotburg einzubrechen, aber wenn's ihnen gelänge, die Ernte verlohnte sich fürwahr der Mühe. Die Uhr der Rotburg schlug zehn. „Hin!" murmelte Lenhardt auf stehend, „icb träume mich da in Mord und Totschlag hinein, daß ich ganz ängstlich werde. Ich denke, ich lege mich nieder." Er nahm das Licht — er schrocken stellte er es wieder hin. Wiederholt wurden ein paar heftige Schläge mit dem Messingklopfer gegen die Hauspforte geführt. Lenhardt murmelte ein Stoßgebet, in dem Glauben, daß seine bösen Träume Gestalt und Wirklichkeit annehmen würden. Unschlüssig stand er still. Da — die Schläge Wiederbolten sich, lauter und dringender Er durfte nicht zögern; wer wußte denn überhaupt, was geschehen sollte? Vielleicht war's nicht einmal auf einen Einbruch abgesehen, irgend ein Unglücklicher bedurfte der Hilfe — ein Menschenleben war in Gefahr. Während Lenhardt noch überlegte, wiederholten sich die Schläge un unterbrochen Jetzt zögerte er nicht mehr. Ruhig und besonnen nahm er seinen Schlüsselbund, das Licht und dann den Revolver von der Wand, und eilte hinaus, um zu öffnen. Die Tür war mit mächtigen Schlössern und Riegeln versehen; es dauerte mehrere Minuten, ehe jedes Hindernis beseitigt war. Als aber die Türe sich öffnete, fuhr ein scharfer Windstoß daher und blies das Licht in den Händen des Mannes aus. In demselben Augenblicke sagte eine Stimme' „Endlich, Lenhardt. Ich dachte, du hättest in dem verwünschten Nest dein Gehör der- loren! Geschwind, schaffe Licht! Der Herr ist da — nun hat deine Einsam keit ein Ende." Der Angeredete war so überrasclst, daß er keine Antwort fand, viel iveniger der Aufforderung Folge leistete. Er stand wie erstarrt. „Bekommen wir Licht, Franz?" fragte eine andere Stimme in unge duldigem Tone. Jetzt kam Leben in Lenhardt. Einige Minuten später stand er mit einer großen Blendlaterne auf der Schwelle und leuchtete mit gesvannter Erwar tung in die Nacht hinaus. Vor der Türe stand eine Equipage. Der Diener öffnete den Wagenschlag und eine Mannesgestalt stieg auS. „Fräulein Malvine, stützen Sie daS Kind — ich werde es in das HauS tragen," sagte der Mann. Vorsichtig hob er dann eine Gestalt auS dem Dagen Noch eine Frau stieg aus, mit Schachteln und Taschen beladen. Im nächsten Augenblicke war der Besuch unter Dach und Fach. „Gnädiger Herr, ich wünschte, Sie hätten mich benachrichtigt," stammelte Lenhardt wie zur Entschuldigung. „Ich fürchte, Sie werden nicht alles zur Aufnahme von Damen bereit finden." 6» lliliä tlr; Men;. Roman von H. v. Remagen. Aeuilleion'Beilagr der Sächsische» «volkszritunO