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Sächsischer Landes-Anzeiger : 29.01.1893
- Erscheinungsdatum
- 1893-01-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-189301298
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18930129
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18930129
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-01
- Tag 1893-01-29
-
Monat
1893-01
-
Jahr
1893
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 29.01.1893
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Beilage zu Nr. 24.-13. Jahra. Die jeden Wochentag Abend erscheinend« Leitung Sächsischer Lande» - Anzeiger Chemnitzer General - Anzeiger) kostet monatlich 88 Psg. in Chemnitz frei Hau». Mit dem Atra-Beiblatt Lustige« Bilderbach monatlich 35 Psg. in Chemnitz frei Hau». Außerhalb Chemnitz Zutrag. invnatl.1S Pf. Wei den Postanstalten ist der Anzeiger nur mit dem Extra-Beiblatt Lustiges Bilderbuch zu beziehen für Sb Psg. monatlich. (Nr. SKS0 zur Postliste.) Gin chinesischer Roman ln Amerika. Aus Denver wird dem „Milwaukee Seebote" geschrieben: Denver zeigt den Typus einer echt amerikanischen Stadt, insofern, als man von ihr sagen darf: „Wer zählt die Völker, nennt die Namen, die gastlich hier zusammenkamen?" Ein Gang durch irgend eine der be lebten Geschäftsstraßen läßt diesen internationalen Charakter der Stadt erkennen. Da stolzirt der blaublütige Dankes, da lungert der schnaps- nasige Irländer, da schreitet bedächtig der blondhaarige Deutsche, da funkelt uns das dunkle Auge des Italieners entgegen, da kriecht der knutengewohnte russische Bauer einher, da glänzen die weißen Zähne des Niggers, da verkauft ein Syrier seine orientalischen Maaren, da hansirt der Slavonier mit Mausefallen, da wandelt mit einem Ge sichte wie aus Erz gegossen der Indianer, da entdecken wir bei ge nauerem Beobachten Schweden und Franzosen, Spanier und Kanadier, Brasilianer und Egypter, kurz, Menschen aller Gattungen, aller Rassen, aller Religionen. Ohne Ausnahme aber streifen sie bald das ihrer Nationalität Eigenartige mehr oder minder vollständig ab; sie suchen Amerikaner zu werden und sich den Verhältnissen der neuen Heimath anzupaffen. Denn sie hegen fast ausnahmslos die Absicht, hier zu bleiben und Amerika zu ihrem zweiten Vaterlande zu machen. Ihre Kinder werden bereits in Sprache und Lebensanschauung amerikanisch; die dritte Generation zählt sich möglicherweise schon zu den „Uankee's". So entsteht ans einem Gemisch von hundert Nationalitäten eine neue, kräftige Nation; und ihr gehört die Zukunft. Nur Einer widersteht diesem Verschmelzungsprozeß. Aus seinen Schlitzaugen nach allen Seiten scheu um sich blickend, schleicht er aus zolldicken Filzsohlen durch die Straßen, von seinem Hinterhaupts baumelt ein ellenlanger, pechrabenschwarzer Zopf hernieder; ein blauer Kittel hüllt sackartig den Oberkörper ein: es schlottern die weiten Beim klcider um die dünnen Beine; eine Unglücksfigur; ein breites, häßliches, gelbes Gesicht, unsympathisch und ausdruckslos. Das ist der Sohn des himmlischen Reiches, der Chinese. Er mag in ca. 500 Exemplaren in Denver vertreten sein, fast ausschließlich als Wäscher. Für den Kaukasier ist es kaum möglich, einen Chinesen vom anderen zu unterscheiden, jedenfalls gehört bedeutende Uebung dazu. Die Leutchen arbeiten von früh bis spät, sparen sich das Essen vom Munde ab, leben wie Hunde, uni nur so bald als möglich ein Sümmchen zusammenzuscharrcn, welches ihnen gestattet, in's Himmlische Reich zurnckzukehren und dort „wie Herren" zu leben, d. h. bei ge nügendem Reis nach Herzenslust zu faullenzen. Um dies zu er reichen, ist ihnen keine Arbeit zu schwer, kein Lager zu hart, keine Hütte zu dreckig- In erbärmlichen Buden leben sie, zusammen gepfercht wie die Häringe in einer Tonne. Es ist kaum „leben" zu nennen; den einzigen Genuß gewährt das Rauchen von Opium; betäubt auf ihr schmutziges Lager zurückkehrend, träumen sie von den Herrlichkeiten des Reiches der Mitte. Aber selbst in diesen Kreisen spielen sich Romane ab, wie sie in der feinsten amerikanischen Gesell schaft kaum interessanter Vorkommen könnten. Liebe und Leidenschaft fordern auch unter den schlitzäugigen Mongolen ihre Opfer. Es sei mir vergönnt, die neueste Sensation aus unserem Chinesen-Viertel zu erzählen. Nahe der Brücke, welche am Fuße der Blake-Straße über den Cherry Creek führt, lebt Tom Kec, einer der Reichsten unter den Seinen. Er hatte sich durch langjährige Arbeit in den Minen von Fairplay etliche Tausend Dollars erworben und kam dann nach Denver, um sein Vermögen als Inhaber einer Wäscherei zu ver mehren. Vor einem Jahre etwa verkaufte er das Geschäft und bezog sein jetziges Heim, das er mit allen Kostbarkeiten schmückte, die eines Chinesen Herz erfreuen. Aber damit nicht genug, Kee erinnerte sich eines schlitzäugigen süßen Mägdeleins, welches er dereinst am Ufer des gelben Flusses spielen sah. Sein Herz sehnte sich nach derGeliebten seiner Jugend und er beschloß, sie in seinen Besitz zu bringen. Ein Freund, der nach China zurückkehrte, übernahm das Amt des Brautwerbers und es gelang demselben auch, das holde Kind für 1500 Doll, von seinen Eltern zu kaufen und für weitere 500 Doll, nach Denver zu senden. Tom holte die Sonne seines Daseins vom Bahnhofe ab, führte sie in sein Heim und fühlte sich glücklich wie ein Gott. Que Win, so hieß die himmlische Schöne, war anfangs recht zärtlich mit ihrem Gatten, obwohl derselbe bald sechzig Jahre zählte, aber alle ihre Grundsätze fielen zusammen, als sich ihr ein junger Herr, namens AZ S Khkninitztr StiltrMliztigtl. Sonntag, den 29. Januar 1893. Anzeigenpreis: «gespaltene CorpuSzell« (ca. 9 Silben fastend) oder deren Raup» iS Pfg.— Bevorzugt» Stelle («gespaltene Peiitzcile ca. tl Silben fastend) oder deren Raum Sv Pfg. Bei wiederholter Aufnahme entsprechend billiger. — Anzeigen könne« nur bis Bormittag angenommen werden^ da Druck und Verbreitung der großen Auslage längere Zeit erfordern, «erlag«.Anstalt von Alexander BledL Buchdrnckerei, Lheuinih, Theaterstrahe 5 Chavattervildev von der Gestaden der deutschen Meere. Vortrag des Herrn Schnldircktorr Gesell im „KanfmSnnIsche» Verein" zu Chemnitz, am W. Januar >893- Wo sich, wie bei dem seit vielen Jahren im Verein eingeführten und beliebten Redner, scharfe Beobachtung und liebevolles Sichver- senlen in die Erscheinungen der uns umgebenden Natur so innig vereinigen mit sprachlicher Gewandtheit und anschaulicher Redeweise, — wo der Vortragende so seinen Gegenstand durchdringt und be herrscht, da dürfen die Zuhörer auch ans einen besonderen Genuß gefaßt sein. Und dieser ward ihnen am Donnerstag zutheil. Es war ganz eigenthümlich, wie Herr Direktor Gesell sein Publikum zu Packen, zu fesseln und zu interessiren, wie er in ihm die Sehn sucht zu entfachen verstand nach den Reizen und Schönheiten der nordischen Meeresgestade. Wer sie schon besucht und gefehen, in dem wurden tausend liebe Erinnerungen wach; und wer noch nicht dort geweilt, in dem wurde sicher die Lust rege, bei einem nächsten Sommerausflng die Schritte dahin zu lenken. Der Redner ging von dem Worte des Altmeisters Goethe aus: „Die Natur ist das einzige Buch, das auf allen Blättern einen großen Gehalt offenbart —" und erklärt seine volle Zustimmung zu diesem ebenso frappanten als tiefsinnigen und lieben Wort. Einzelne Blätter dieses Buches, meinte er, seien freilich von ganz besonderer Schön heit, und dabei wies er mit nachdrücklicher Bedeutung auf die Alpen im Süden und auf die deutschen Meere im Norden hin. — Indem er versprach, in seinen weiteren Ausführungen gelegentlich Ver gleiche zwischen beiden anstelle» zu wollen, ging er zu seinem eigent lichen Thenia über und behandelte es in fesselnden scharfumrissenen und farbigen Schilderungen von der ästhetischen, wie von der praktischen Seite. Er verfolgte dabei folgende» Jdeengang. Der Zug nach den Alpen ist stärker, als der nach der See; trotzdem geben Viele der letzteren den Vorzug. Jedenfalls findet die eigentliche Gesundheitspflege am MccreSufer mehr ihre Rechnung, Foo Wong, näherte, aus dessen schöngeschlitzten Augen das Feuer der Jugend leuchtete. Sie vergaß, daß Tom Kee sie über Alles liebte, vergaß die 2000 Doll., die sie ihm gekostet, sie war wie berauscht von Liebesglück — und brannte letzthin mit dem verführerischen Foo Wong durch nach dem himmlischen Reiche, nach China's gesegneten Fluren. Daß Foo Wong eine Menge von Schulden hinterließ, sei nur nebenbei bemerkt, denn das pflegt ja auch die Gewohnheit un serer Jünglinge zu sein, die durchbrenne». Nun aber sitzt der alte Tom Kee in seiner einsamen Klause und grämt sich ob der Untreue seiner ihm so theuren Que Win. Er wird keine Anstalten machen, die Treulose zurückzubringen; er weiß, sie würde doch nicht bei ihm bleiben. „Ein Weib ist schwerer zu hüten, als ein Sack voll Flöhe" Tom Kee weiß das. Er ist ein Philosoph und tröstet sich mit seiner Opiumpfeife, welche ihm Stunden glückseliger Vergessenheit bringt und süße Erinnerungen an Que Win, die treulose Schöne. Mancher „mslioan man" könnte von ihm lernen. Kirchliches. Ernst Moritz Arndt s Urtheil iiver die Jesuiten. Angesichts der neueren Bestrebungen, unserem Volke die „Seg nungen" der Thätigkeit des Jesuitenordens, dieser Janitscharen der römischen Priesterherrschaft, aufzuhalsen, verdienen Worte eines Mannes dem deutschen Volke in's Gedächtniß gerufen zu werden, dessen Name jedes deutsch-patriotische Herz höher schlagen läßt. Ernst Moritz Arndt sagt in seinen „Erinnerungen aus dem äußeren Leben", Leipzig 1840, S. 354 ff.: »Ich spreche Mahnungen, Wünsche und Gelübde aus, welche jeder deutsche Mann, der seinem Vaterlande noch bei den Enkeln und Uv enkeln einen guten Klang wünscht, gewiß warm im Herzen trägt, für Einigung, Belebung, Begeisterung deutschen Muthes und deutscher Gesinnung — und eben lodert, wie Einige meinen, eine neue Flamme auf, welche nicht blos mit Dampf und Gestank, sondern mit Brand und Verwüstung das Vaterland bedrohen könnte. Ich meine nicht so, ich fürchte diese Flamme nicht, wenn man sich durch den Dampf, den sie verbreitet, nur die Augen nicht trüben läßt, sondern ihr gerade und besonnen in das Funken sprühende Gesicht schaut.- Das arme verkommene Volk in Italien und Rom will im 19. Jahrhundert die gutmüthigen Deutschen wieder wie die Dummen und Albernen hänseln, als welches es sie immer ausgelacht hat. Unter dem gleißenden Mißbrauch des herrlichen Verses: „Man muß Gott mehr gehorchen, denn den Menschen" fangen selbst einige deutsche Nacht-Raben und Eulen au,-mit ihre» heiseren Kshleu-Lm-ch Hasen Dampf zu schreien- und hätten gar nicht ungern, daß Aufruhr und Empörung um einiger fanatischen Plattlinge willen, die den alten ultramontanischen Teufel im Leibe haben, unseren vielköpfigen deutschen Leib wieder zergliederten und daß die lauernden Welschen über Alpen und Ardennen herbei liefen, die Zerspalten«, und Zwieträchtigcn nach ihrer Weise zu schützen und mit einander zu befrieden ... Ich meine, die deutschen Herrscher haben die Wärnie italienischer Priesterherzen genug gefühlt... Wehe Jedem, der über dem Kleinen, über unauflöslichen Fragen, die den Erdenfrieden nun nicht mehr stören sollten, über einem bischen Pfaffenehre und Pfaffenhoffart das heilige Vaterland vergißt. Ich meine, wir brauchen nur unsere deutsche Reichsgcschichte vom Jahre des Heils 1070 bis zum Jahre 1650 ein bischen zu durch blättern, um mit blutigen Thränen zu empfinden, welchen Jammer uns die mit Himmel und Seligkeit, wie es heute wieder am Tage ist, verzierten Greuel der Gregore, Jnnocenze und Urbane und die süßen Loyoliten eingetragen haben. O die süßen, freundlichen, Mordlisten lächelnden Jesuiten, wie sie sich wieder mit leisen Katzcnfüßcn bei uns einschleichen möchten! Aber wie? Sollen wir uns von diesen Mördern der letzten deutschen Majestät und Herrlichkeit zum hundertsten und tausendsten Male etwas vorlächeln und vor lügen lassen? Was sie sich doch einbilden! Wie sie uns dummen- und gutmüthigen Deutschen doch das allerkürzeste Gedächtniß zu trauen! Wie? wir sollten vergessen haben, wie sie uns zuerst mit den Spaniern in die Burgundischen Lande kamen und beinahe ein volles Jahrhundert hindurch mit ihren Hinterlisten und Mord brenner««! in dem alten Francien und Lotharingien von Dünkirchen U abgesehen davon, daß man von unserem engeren Vaterland aus eher dort sein kann. Die Reise nach dem Norden bietet ja bekanntlich nicht all zuviel Reize; doch ist sie nicht so öde, wie man oft annimmt, wenn man nur die Augen öffnet. Drei Dinge von landschaftlicher, Volks wirthschaftlicher und gewissermaßen auch von historischer Bedeutung fallen dem Beobachter auf dieser Fahrt auf: Die Sanddistrikte mit ihren einförmigen Wäldern, mit ihren herrlichen, goldgelben Lupinen feldern, die lediglich den Beruf haben, für künftige Getrcidepflanz unge» den Dünger zu beschaffen, und mit den prächtigen rothen Haidckornfeldern. Der Menschenschlag dieser märkischen Gegenden aber ist zäh und kräftig wie das Holz seiner Wälder. — Hinter den Sandstrccken folgt ein sich vom Rhein nach Osten herüberziehendes Hügelgcbict mit Hunderten, ja Tausenden von Seen und mit herrlichen Buchenwaldungen, und nach dieser Seenplatte kommt die große nieder deutsche Ebene niit ihren reichen Torf- und Weidcgebieten. Hier aber fühlt der Wanderer bald den weichen und doch kräftigen Hauch der Seeluft. Sowohl die Nord-, wie die Ostsee waren ursprünglich lediglich von germanischen Völkern umrahmt. Nach Wasser und Luft, nach Pflanzen-, Thier- und Menschenwelt aber sind die Gebiete beider Meere verschieden. — Die Nordsee, als ein ziemlich offenes Meer, ist reicher an Salz; sie hat über drei Prozent Mineralgehalt, die Ostsee dagegen, als ein Binnenmeer, muß sich mit neunzehntel bis ein und ein drittel Prozent begnügen. In Hinsicht auf die Schiff fahrt ist die Ostsee sicherer als die Nordsee; auch ist ihre Färbung reicher und mannigfaltiger und ihr Fischreichthum weit größer; besitzt sie doch 67 Fischarten. Interessant und reich an wechselnder Färbung sind an beiden Meeren die Wolken-Bildungcn und Züge und die Dämmerungserscheinungen. An der Küste selbst finden wir zunächst eine breite Linie von Sand, der zuweilen wunderbar fein, häufig aber mit allerlei Gerölls vermischt ist. Dann folgen die Dünen, d. i. Sandanhäufungen von oft 40—50 Meter Höhe, in ihrer Gestalt zuweilen sehr veränderlich. Mitunter findet man auch ebenso hohe Lehmanschwellungen, die von Seeuferschwalben bewohnt find. bis Trier deutsche Freiheit, Wissenschaft, Glück und Macht abfingen und erwürgten? wie sie zu derselben Zeit im Herzen unseres Reiche» die Flammen schürten, die von Wien bis Stralsund und vom Neckar bis zur Eider unser Vaterland» in Blut und Schande verzehrten und unter den Säbeln der Fremden unsere letzte Herrlichkeit unter Schutt und Asche begruben? wie sie unter Ludwig XIV. von Frankreich — doch wohin? Ich denke, es ist der Erinnerungen schon zu viel für ein deutsches Herz. Doch, indem ich mir auch den Spruch verbete „Man soll Gott mehr gehorchen, als den Menschen" und menschlichen Rücksichten, spreche ich hier vor katholischen und evangelischen Christen meinen Abscheu kühn aus: Die Jesuiten sind der Fluch unserer Ge schichte, sie mögen mir mit ihrem Pater Lorenz in Lüttich oder' ihrem Pater Rothhah» — ein Name bösester Bedeutung — in Rom kommen! Ich hoffe, wir Deutsche lassen uns im neunzehnten Jahr hundert den Rothen Hahn nicht wieder auf's Dach setzen!—In allem Ernste... ist es meine volle Ueberzeugung, daß dieser böse Wurm... wenn man ihn mit dem Licht der deutschen Ehre, Wissenschaft, Frömmigkeit und Tapferkeit begegnet, endlich in seinem eigenen Gestank und Dampf ersticken wird. Doch will ich hierbei zugleich eine andere Ueberzeugung aussprechen, daß ich den Staat noch will geboren werden sehen, in welchem ein gesetzliches und edelsinniges Königthum und eine in sich .abgeschlossene, fest zufammengekettete und zusammcngeklettcte Priesterschaft .neben einander bestehen können. Bis jetzt hat die Erfahrung der Geschichte dies verneint. Ich glaube, es giebt viele Wege und auch Fußpfade zum Himmel, die aber zuletzt freilich alle in den Einen engen Weg zusammcnlaufen müssen, wovon der Heiland geredet hat; aber das Maß der Enge und Weite desselben ist offenbar ein ganz anderes, als das des gesperrten, engen Weges der Hohenpriester und Pharisäer. Ich spreche nicht von frommen Priestern, sondern von jenen, die sich fromm geberden und schreien, der Himmel leuchte allein in Rom, und nur von Rom aus könne Deutschland erleuchtet werden . . . Das Christenthum und Evangelium wird wohl bleiben in seiner unvergäng lichen Schönheit und Wahrheit, und wachsen von Ewigkeit zu Ewig keit; aber eine herrschsüchtige Priesterschaft . . . wird mit dem Staate immer zusammenstoßcn, weil sie begehrt, was er begehren muß und sie nicht begehren soll. „Mein Reich ist nicht von dieser Welt," sprach der Meister und Dcniüthigste, aber was sprechen und wollen biss Lorvi Lorvorurn Ooi?" > . ^ AilS Ray <md Fem. — Iteberlistet. Um die Mitte dieses Jahrhunderts wohnte am Ostrande der wildreichen Nostocker Haide auf dem Hofe Ballhagen der alte Pächter A., der mit des Fuchses auch r»»ssot» Jagkktst vcrband. Die Gelgenhcit zum Wirvcr«. ,E- nur zu günstig; nicht selten konnte er von der Stube aus einen feisten Bock erlegen. Eines Tages war nun dem Forstmeister zu Gclbensande berichtet, daß A. große Mengen Hirschfleisch, theils ge pökelt, theilS sauer gekocht in seiner Speisekammer stehen habe. Zwei Revierjäger werden sogleich mit der Durchsuchung der Wohnung be ordert, sie finden auch richtig die vorxorr» äslioti, nehmen das Fleisch und die Felle an sich und packen Alles auf ihren Wagen. Dabei tritt der alte A. treuherzig an sie heran mit den Worten: „Sei möten jo dauhn (thun), wa» Ehres Amtes is, un ick möt drägen, wat dornah kämmt; öwer dat brunkt (braucht) jo uns' Fründschaft nich to hinnern. Kamen Sei rin und eten S'n Happen Frühstück mit mi! De Weg nach Gelcnsann is noch lang." Das liebenswürdige Anerbieten wird nach einigen Zögern angenommen. Arglos kehren dann die Jäger heim und melden mit großer Genugthnnng, daß sie den alten Fuchs nun endlich in der Falle hätten. Aber wer malt ihren Schreck, als der Forstmeister bei näherer Untersuchung statt Hirschfleisch gepökeltes — Schweinefleisch in den mitgebrachten Kübeln findet und als die vermeintlichen Hirschfelle sich als Schaffelle ent puppen! — eine Metarmorphose, die der alte A. während des guten Frühstücks hatte vornehmen lassen. Nachdem den übertölpelten Jägern ein heilloses Donnerwetter um die Ohren geflogen ist, befiehlt der Forstmeister: „Sofort bringt Ihr Alles wieder zurück! Der ver fluchte Kerl ist ja im Stande, uns noch obendrein den allerschönsten Prozeß an den Hals zu werfen!" Insel Rügen besitzt reiche Krcideufer. — Zu dieser Gestadeumgebnng gehören auch die Walddistrikte. Der Norden ist das gelobte Land der Buchen, während die Esche charakteristisch ist als Zierbaum. Doch an der Westseite der Ostseeküsten fehlt der Wald ebenso, wie fast an sämmtlichcn Nordseeküsten. Die kleinern Pflanzen, die Wald und Flur beleben, besonders auch die Blumen, sind größer, farbenschöner und duftiger als die gleichen Arten in unser» Gegenden. Eigenthümlich sind die vielen erratischen Blöcke, die in der Eis zeit aus Norwegen und Schweden herangeschwcmmt worden sind. Von ihnen sind viele Straßen und vor allem mächtige Dämme und Ufermvlen gebaut. — Das Thicrlebcn dort ist nicht sehr mannigfaltig» aber deshalb doch zahlreich und interessant. — Was nun die Menschenwelt anlangt, findet man in den Ostsecländern meist Pommern, in den Nordsccgegcnden aber Friesen. Diese sind körperlich mächtiger und kräftiger als jene; beide jedoch sind außerordentlich thätig, einfach, sparsam und fromm; beide besitzen gelegentlich auch ein sehr einnehmendes Wesen. Die Beschäftigung der Bewohner der nordischen Secgestade besteht selbstverständlich in Schiffahrt und Fischerei, auf welch letztere der Redner genauer «»ging. Doch findet man auch Bauern und Landwirthe und — in den Bädern die Wirthe für die Badegäste . . . Nachdem der Vortragende sich nun noch in einigen interessanten, oft von Humor durchwürzten Schilderungen über das Badelcben an der Ost- und Nordsee verbreitet, stellte er zum Schluß noch eine Reihe treffender und fein durchdachter Vergleiche zwischen der Natur und den Bewohnern des Nordens und des Südens an und schloß mit der Bemerkung, daß wir Sachsen als Mitteldeutsche den Beruf >ätten, zwischen den Gegensätzen der "nördlichen und der südlichen Aelt den Ausgleich herzustellern Langanhaltender herzlicher Beifall olgte den reichhaltigen, unterhaltenden und belehrenden AuSführunge es schlagfertigen und gewandten Redners. ».V-
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