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erreichte man eine Anhöhe, von wo ans man durch eine Lichtung den Kampf Platz überschauen konnte. Die erschöpften Pferde verweigerten den Dienst. Es blieb also unseren Reisenden nichts anders übrig, als abzusteigen und den Vorgängen in der Ferne zu folgen. Die Landlente hatten schon einige Tage vorder guer durch die Chaussee einen breiten Graben gezogen, welcher dem ersten Teile der Anstürmenden verhängnisvoll wurde. Dann hatten sie in jedem Hanse Schießscharten an gebracht, die ihnen erlaubten, ihre Angreifer anss 5lorn zu nehmen und die Munition zu sparen. Jede Kugel traf ihren Mann. Die Feinde versuchten ihr Heil nach einer anderen Seite, fanden jedoch überall dieselbe blutige Ausnahme. Nun bemerkte, man, daß der dichteste Hansen sich znrückzog, anscheinend um eine neue Taktik ansznführen. Die andern hingegen zerstreuten sich, diese nach rechts, jene nach links, und Pepa sah mit Entsetzen, daß eine ziemliche Anzahl sich dem Waldessäume näherte und unter den Bäumen verschwand. „O mein Gott!" schrie sie. „Sie kommen ans nns zu!" Die Lage war in der Tat kritisch. Mit den durch die Aufregung des Scharmützels wild gewordenen Soldaten znsammenznstoßen, hieß einfach sein Leben anss Spiel setzen. Es war nicht daran zu zweifeln, daß diese Banditen, wütend über ihren Mißerfolg, an den wehrlosen Reisenden Rache üben würden. Ein Grab ist bald geschaufelt, und der Wald hütet seine Geheimnisse. Diese Gedanken jagte» sich in Pepas Hirn, aber sie gab denselben keinen Ausdruck, um Lnisette nickst zn ängstigen, sondern wollte heimlich dem Fuhrmann einen Wink geben. Dieser rief schon: „Lassen Sie nns fliehen!" Es war die einzige Rettung ans der Not, die größtmöglichste Ent fernung zwischen sich und diesen verdächtigen Gesellen zn lege». Pepa sprang in den Wagen, gefolgt von Lnisette. Und nun begann eine Hetzjagd. Der Kutscher knallte ans die Pferde, die, durch den kurzen Stillstand gekiästigt, ansgrifsen, so gut es die holprigen Wege gestatteten. Es war unmöglich, eine bestimmte Richtung einznhalten .... nur weiter, immer weiter, die erste Allee entlang, die etwas gerader »nd ebener zn sein schien als die übrigen. Gareillas trieb sein Gespann zn rasendem Galopp. Da ... . plötzlich blieben die Pserde stehen. Ein undurchdringliches Gestrüpp gleich einer grünen Mauer wehrte ihnen das Dnrchkonnnen. Es war ei» Augenblick der Todesangst. Sie lauschten .... Als sie garnicksts vernahmen, drang ein Seufzer der Erleichterung ans der Brust der Flüchtlinge. Der Kutscher stieg ab und untersuchte die Umgebung, kam aber sehr niedergeschlagen zurück. Es gab nur einen Weg, denjenigen, welchen man gekommen. „Wenn wir die Nacht nicht hier znbringen wollen," sagte er, „mimen wir zurück." Diese Mitteilung war nicht trostreich. Zurück hieß jedenfalls dem Feinde in die Hände gehen, denn es ließ sich als sicher annehmen, daß derselbe die Nähe des Torfes nicht verlassen hatte, sich vielmehr zn einem erneuten, wenn nickst gar nächtlichen Angriff sammle. „Wird mm Fhr Freund, der Fuhrmann, auch Wort halten? Wir sahen ihn schon seit drei Tagen nicht mehr." „Darüber dürfen Sie sich bernbigen". antwortete die Modistin; „ich weiß, daß auch er seine Papiere in Srdmmg z» bringen hatte, und daß er jetzt bereit ist. Fn längstens einer Stunde wird er hier sein." „Haben Sie ihn verständigt, daß ich ihn erst bei unserer Ankunft ans dem Gute ablohnen kann?" „Das weiß er. und diese Au der Ablehnung ist ja auch die übliche. Wegen der Ueberfälle. denen Sie ansgesetzt sein können, wäre es auch nicht ratsam, viel Geld bei sich zn führen; immerhin müssen Sie snr die vor kommende Bedürfnisse mit einer kleinen Summe vrrsehen sein, und . . . da wir gerade davon reden, so lassen sie mich einige Borsichtsmaßregeln treffen! Fch werde Fhnen eine Gürtelbluse näben, die Sie unter dem.Kleide tragen können." Was Pepa noch an Münze besaß, war nickst genügend für die weile Strecke, die sie noch znrückznlegen halte und ans die man den sonstigen ge wöhnlichen Maßslab an Zeit und Anstvand jenr nicht anlegen tonnte. Tie Putzmacherin war nicht reich: sie baue jedoch einige Ersparnisse, welche sie Frau Mareskat zur Beifügung stellte. Pepa ging gern ans dies Anerbieten ein; bei ibrer Rückkehr konnte sie ja die dreihundert Franken samt den Kosten ibres Unterhaltes während der letziverstossenen Wochen mit Zinsen und Tank wiedererslallen. Ter Fuhr mann erschien zur richtigen Zeit, und es wurde vereinbart, des nächsten Morgens j» aller Frühe abznsahren; bis dahin waren die Vorbereitungen getroffen. Pepa hatte erfahren, daß in zwei Tagen ein Poslschin in See gehen würde. Sie schrieb an ihren Galten, hossend, daß dieser Briei nach Verlaus von achtzehn Tage» in seinen Händen sei. Fhr war eben nicht bekannt, daß kein Schreiben unerbrochen ans dem Lande ging! !>. Kapitel. Gegen Ende Februar hatte Frau Mareskat Paris verlassen. und jetzt schrieb man Anfang April. Auf der südlichen Halbt'ngel bedeutet dieser Monat nickst das sröbliche Erwachen der Nalnr ans ihrem langen Schlafe, den An fang der herrlichsten Fabreszeit . . . Tort ist er im Gegenteil der Vorbote herannahenden Winters es sind die trüben Wrge, wo der beständig graue Himmel seine Schleusen önnet zn endlosem Regen. Tnnkel und unfreundlich war auch das Wetter, als Pepa sich ans den Weg machte. Vor ihr l gen zweihundert Meilen zn dnrchaneren. Wann würde ße ipe Ziel erreichen »nd unter weichen Hemmnissen und Gefahren? Das Herz voll banger Sorge, bestieg sie den Wagen. Nickst an sich dachte sie am meisten, sondern an den Gatten, an die Kinder, deren Wohl vom Erfolge und von der Schnelligkeit ihrer Fahrt ab- bing. So viel Zeit war schon verloren . . . Noch ehe die Reuenden die Stadttore erreichten, wurden sie mehr als zehnmal angrbalien und mußten ebenso oft ihre Pässe vorzeigen. An jeder Straßenecke fürchtete Pepa, wieder znm Rückzüge gezwungen zn werden. Endlick, lag das freie Feld, der weite Horizont vor ihnen. Ter Führer knallte mit der Peitsche, und fort gings in schnellem Laus. Geglm > > Uhr l-t