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Aus Stadt und Land. —* Im Park der Groszen Kunstausstellung konzertiert am 22. d. M. die Kapelle des 2. Schlesischen Dragonerregiments in Oels, Dir. Stabstrompetec Fitting. Am Donnerstag, den 20. Juni, spielt die Kapelle des 1. «Königs-) Hnsarenregimentö Nr. 18 „König Albert" in Großenhain. Dir. Stnbstrompeter Carl Beck, während vom ^ Freitag ab das Mnsikkorps des Kaiser!. II. Seebataillons- ^ Wilhelmshaven. Dirig. Rich. Atvthe, in der Ausstellung ! konzertiert. Das snr den nächsten Sonnabend snr die In , Haber von Dauerkarten geplante Nosenfest hat die bebörd- ! liche Genehmigung nunmehr gefunden und wird, günstige ! Witterung vorausgesetzt, gewiß sehr besucht werden. Coswig. Am 17. d. M. wurde der Sparsassenkassierer, > frühere Fabrikbesitzer Bartbold, verbastet. Bei einer nner- j warteten Revision der Coswiger Sparkasse ergab sich ein ! Fehlbetrag von 27.70 Mk. Ter Kasnerer B. war inzwischen ! flüchtig geworden, lind bei einer zweiten Revision erhöhte j sich der Fehlbetrag durch nicht abaesührte 'Beträge ans ! 4001,08 Mk. Leipzig. In der Nähe des Carl Heine-Kanals spielten - am Sonntag vormittag einige Knaben mit den dortielbü - besindliche» Lowries. Cin 2Ijäbriger Arbeiter ans Ceuiu nitz bei Gera, der gerade vorüberging, wurde von den > Jungen geärgert, und als er ihnen drohte, liefen sie davon. Der Arbeiter warf ihnen seinen Schiri» nach und traf einen von den Knaben iin Genick. Dieser stürzte kurz daraus tot zusammen. Der Arbeiter ist in Hast genommen worden. Gaschwitz. Ein Unglücksfall mit tätlichem Ansgange ereignete sich beute nachmittag ans dem hiesigen Bahnhose. Der auf demselben beschäftigte 77 Iabre alte Maurer Wil helm Reh ans Sestewitz wurde beim Ueberschreiten der Ge leise voll einer Nangiermaschine ersaßt und überfahren. Reh erlitt eineil Schädelbrnch, außerdem wurden ihm beide Beine abgefahren. Leipzig. In der am Freitag stattgehabten Versamm lung der Mitglieder der Lrtstrantenkasse wurde die Grün- ! düng des Sanitätsvereins einstimmig beschlossen, ebenso ! wurden die Statuten genehmigt und ein Vorstand einge- ^ seht, dessen Mitglieder die Vereinsgeschäfte eiitschädignngs- j los führen. Zwickau. Nach viertägiger Verhandlung vor der Straf- ^ kainmer des hiesigen Königlichen Landgerichts wnrde Frei- ! tag abend das Urteil in der erneuten Verhandlung gegen : die beiden ehemaligen Direktoren der verkrachten Aktien gesellschaft 2 P i n il e r e i m a s ch i n e n s a b r i k I. H. ! Popp in Werda», die Ingenieure Hennig und Teich j niaiin und deil Vorsitzendeil des AnfsichtsratS Rechtsanlvalt Dr. Vierling, verkündet. Hennig und Teichmann wurden ^ abermals wegen Gründnngsbetrngs, Bilanzverschleierung in zwei Fällen. Untreue in drei Fällen, unterlassener Kon- knrsanmeldnng und unordentlicher Fühlung der Handels- bücher, und zlvar Hennig zu l Jahr 1 Monaten Gefängnis s und 1000 Alk. Geldbuße, Teichmann zu 1 Jahr 0 Monaten ! Gefängnis und 1-100 Mk. Geldbuße verurteilt. Dagegen ! erfolgte diesmal Freisprechung von der Anklage der Glän ligerbegünstignng. Bei Teichmann gilt 1 Jahr der Strafe als durch die Untersuchungshaft verbüßt, bei Hennig, der die in der ersten Verhandlung ihm anferlegte Strafe an- getrete» hatte, wird die Freiheitsstrafe als ganz verbüßt angesehen und ihm weiter auch 700 Mk. der Geldstrafe dar auf in Anrechnung gebracht. Tr. Vierling wnrde wegen Gründnngsbetrngs zu 0 Monaten 2 Wochen Gefängnis und zu 300 Mt. Geldstrafe verurteilt. Tie Freiheitsstrafe ^ gilt als verbüßt. In der ersten Verhandlung war gegen > ihn ans 1 Monate Gefängnis erkannt worden, weil er da j mals auch der Teilnahme an der Bilanzverschleierung für > schuldig befunden worden war. Zwickau. Nack, amtlichen Erklärungen habeil die durch s den Kohlenabbau in der hiesigen Gegend bemerkbaren j Bodensenkungen keinerlei bennrnhigenden Charakter. Freibcrg. Wegeil vorsätzlichen Totschlags, an seinem eigenen 0 Monate alte Kinde verübt, wurde vom Schwur gerichte der Spitzmanrer Reiche ans Possendors zu acht Jah ren Zuchthaus und zehn Jahren Ehrverlust verurteilt. Werdau. Das diesjährige Vogelschießen findet vom 7. bis l l. August statt. Crottendorf i. C. Sonnabend hat der hiesige Polizei- wachtmeiner Schramm den Kafsenbeamten Tietze ans Bern den bei Wechselbnrg durch Beilbiebe ans den Schädel gelötet ^ und 7700 Mk. l l Pf. ans der Kasse geraubt. Die Tat s scheint zwischen 7 und M8 Uhr abends verübt worden z» sein: es ist nicht verständlich, was der unglückliche Kassierer um diese Stunde noch im Bureau zu tun batte, lieber die Cnrdeckung der Mordtat entnehmen wir de» „Dresdner Nachr.": Cs war für Sonnabend abend 8 Uhr eine Sitzung des Sparkassenansfchnsfes einbernsen worden, bei welcher j Kassierer Dietze als Protokollant anwesend zu fein hatte. ! Das Sitzungszimmer befindet sich im Restaurant zum ! .Deutsche» Hanse". Als eine Stunde nach festgesetztem Be j ginn der Kassierer noch nicht zugegen und alles Suchen nach ! ihm seitens eines ansgesa»dten Boten vergeblich war, begab ! sich der Gemeindevorstand persönlich nach dein Gemeinde amt, um dort Nachforschungen z» halten. Das Amtsge bände war jedoch verschlossen. Die Gattin des Wachtmeisters wurde bei ihren CItern betroffen. Nunmehr holte der Gm ineiudevorslaud noch einige Ansschnßmitglieder herbei, und man war eben im Begriffe, durch ein Fenster einznsleigeu, als der Wachtmeister znrückkehrte und die Haustür öffnete. 'Ans einige geäußerte Bemerkungen hin entfernte er sich plötzlich. Man durchsuchte nun das ganze Annsgebände und sprengte die verschlossene Tür zum Aktenzimmer ans. Dort waren Blntspnren zu bemerken, inan sah, daß ans dem Fußboden eine Blutlache ansgetrocknet worden war. Man ging den Spuren nach und fand schließlich im verschlossenen Abort den Leichnam des Gemeindekassierers. Die sofort eingeleitete Verfolgung des Mörders ist bisher erfolglos geblieben. Durch die amtlichen Untersuchungen wnrde fest gestellt, daß die Mordtat mit einem Beil ansgeführt worden war, welches mit Blut bedeckt in einem illegal gesnnden wnrde. Nach dem Ergebnis der weiteren Untersuchung ist der Mord im Aktenzimmer verübt und der Leichnam von dort erst die Treppe hinauf in den Abort getragen worden. Die Befragung der Gattin des Mörders bat ergeben, daß sie von ihrem Manne, der sehr aufgeregt gewesen, znin Verlassen des Hauses ansgesordert worden ist. Am 'Abend des Mordes in der zehnte» Stunde ist der Flüchtige in einer etwas abseits stehenden Ziegelei von Crottendorf eingekehrt und hat dem nichts Böses ahnenden Ziegelmeister vorge geben, er befinde sich ans der illeise nach Karlsbad. Gegen Mitternacht hat er bei einem Bruder i» Scheibenberg vor gesprochen, und später ist er auch zwischen Walthersdorf und Nenamerika gesehen worden, wo seine Spur sich ver liert. Schramm ist 10 Jahre alt, l,7I Meter groß, von kräftiger Gestalt und trägt knrzgeschorenes Haar mit etwas Glatze. Bekleidet war er mit seiner Diennnnisorm. Der ermordete Kassenbeamle ist der Sohn des Gemeindevor- slands »iid Landn'uts von Bendon, war 2«! Jahre alt und wurde im Dkl ober vorigen Jahres von Ebrensriedersdorf nach Crottendori berufen. Cr wollte gestern seine Ver lobung feiern. Bärenstci» i. Crzg. In der an Misere Gemeinde an grenzenden Stadt Weipert sprangen die in den OOei Jahren stehenden Posamentenverleger Baierschen Cheleme in selbst mörderischer Absicht in de» an der Schmiedeberger Straße gelegenen sogenannten Schützt»ich. Wählend die Frau als Leiche heransoezogen winde, gelang es. den Mann noch lebend ans lUer zu bringen. Cr ging davon 'and nürzte sich von der Bahnüberführung an der Preßmtzer Straße ans die Schienen hinab. An den hierbei erhaltenen schweren Verletzungen starb auch B. nach einer Stunde. Görlitz. Der Dergeant Nitsche vom hiesige» Infan- terie Regiment erschoß sich mit dem Dienslgewehr ans Furcht vor Strafe. V D e I' p r o t e st anli s cli e S ch l o s s e I' I e h r - ling W ä ch tler i » B a m b e r g ging zur Dhrenbeichte, sowie zur Kommunion in die tatholnche Pfarrkirche in Kro- nack, und wußte den Kaplan über seine Religionszugehörig keit völlig zu täusche». Wächtler hatte sich deshalb vor der Strafkammer des Landgerichts wegen Religionsvergehens zu verantworte». Der Staatsanwalt beantragte vier Wochen Gefängnis. Das Gericht nahm aber lediglich gro ben Unfug an und erkannte ans eine Woche Hast . e C i n b e in e r t e n s w e r I e r T e I e g r a m m - Wechsel hat zwischen der sranzösischen und italienischen Freimaurerei siattgesnnde». Die italienischen . . . Brüder haben den französischen Minijlerpräsidente» Combes für scine „energische, mutvolle Haltung" gegenüber dem Vati kan gedankt. Der italienische Großmeister Ferrari nennt in diesem Telegramme die italienische Manrerei „die lang jährige Vorkämpfern! des antikatliolischen Gedankens". Dies Letztere ist besonders für jene beherzigenswert, welche immer noch nicht von den antikirchlichen Zwecken der Frei maurerei überzeugt sind. Combes bat nun in Crwidernng dieses Telegramms dem Großmeister Ferrari folgende De- gegen die „Pfaffen", die sich den Teufel »in die Not des Volkes scherten. Cr war daher nicht gerade besonders freundlich gegen die Geistlichkeit gestimmt, und daß er gerade im nämlichen Augenblicke einen von den sehr wenig be liebten „Schwarzröcken" vor sich sah, erbaute ihn sehr wenig. „Aber Liese!" fuhr er seine Frau verweisend an. Dann wandte er sich an den Pfarrer und sagte barsch: „Guten Tag! Was wollen Sie?" „Wollen?" sagte Heberlein sanft — „wollen — gar nichts! Nur sehen möchte ich, wie es hier steht, ob vielleicht —" „Wir schon mürbe sind, um unter die Hallnnken von Streikbrechern zu gehen? O nein, Herr Pfarrer, noch lange nicht! Sehen Sie da im Tops die Erdäpfel, es sind noch viel mehr da, und dabei deutete er mit dem Fuß unter das kleinere Bett. Ter Pfarrer sah dort einen Hansen Kartoffeln liegen, der allerdings noch für einige Tage reichen mochte. „Hoho — und Neißig zum Brennen haben wir auch noch", sagte der wüste Geselle lachend, „wir haben das Privilegium, »ns an bestimmten Tagen im Monat zu sammeln. — Na und dann hier, sehen Sie mal, Herr Pfarrer", fuhr er fort, indem er die Tischschnblade anfzog, in der sich eine braune Tüte und ein Päckchen in blauem Papier befanden - hier ist ein halb Pfund Salz und da ein Päckchen Zichorie. Wir können also noch Tage lang Mittag essen und Kaffee kochein" „Aber, mein lieber —" „Ach was — lieber. Daß wir seit Tagen kein Lot Fett, kein Gramm Brot und keine wirklichen Kaffebohnen gesehen haben, tut nichts zur Sache, wir verhungern doch wenigstens nicht — o, wir halten es noch einige Tage ans — und dann kommt ja auch wieder Unterstützung ans der Streikkasse " „Und wieviel beträgt diese —?" „Das geht Sie gar nichts an, Herr Pfarrer", erwiderte der Freche, „ja, das möchten Sie wohl — anshorchen möchten Sie uns — aber das gelingt Ihnen bei mir nicht! Dafür bin ich nicht zu haben." „Sie sollten einen Diener Gottes doch nicht in einem so häßlichen Verdachte —" „Diener Gottes hin, Diener Gottes her!" rief er, sich immer mehr in Eifer arbeitend: „Thron und Altar. Sic können sich denken, daß ich ans beide nicht gut zu sprechen bin. Wenn ich Sie in falschem Verdacht haben sollte, na, so tut es mir leid — aber ich kann's nicht ändern. Also, mit dem Ver hungern bat es noch Zeit, und das Unterstütznngsgeld reicht gerade so weit, daß wir auch ferner noch leben können. So — und nun gehen Sie, Herr Pfarrer und erzählen Sic das denen, die Sie hergeschickt haben und wenn Sie wissen wollen, mit wem Sie's zu tun haben — mein Name ist Apollonins Hartmann — ich habe die Ehre!" „Aber Polio — um aller Heiligen Willen!" jammerte die Frau. „Wer mich geschickt hat, Verblendeter", sagte Heberlein, „dem brauche ich nicht erst zu sagen, was ich hier erfahren habe, er hat es selbst mit an gesehen und angehört — denn er ist allwissend und allgegenwärtig! Und wahrlich, ich sage dir, er läßt sich nicht spotten! Er wird dich treffe» mit seinem gewaltigen Arm und auch dich zur Erkenntnis bringen und ich will von Herzen wünschen, daß cs nicht durch Leid und Trübsal geschehe." — o:> -- „Versteht sich -- so schlimm ist die Sache nicht", aiitwortete .Klingen- biel, „ich bi» doch keine zarte Jungfer und wenn ich auch selbst nicht rauche, so wäre eS doch schlimm, wenn ich keine» Dnalm vertragen tönnte. Bitte, nehme» Sie doch Platz", nnterbrach er sich da»», rückte Ullrich de» zweiten Stuhl heran und nahm selbst aus demjenigen am Tische Platz. „Ja. der D.nalm", sagte er dann, „ach, wissen Sie, es wird so viel gegnalmt liier zu Lande und wir, die wir den Leute» die Angen offen und klar Hallen wollen, haben die schwere Mütze der D.nalm beizt ihnen sonst die Angen". „Nun. ick, sollte aber doch meinen, die Bewegung wäre hier grade sehr schön im Fluß der Streit „Ach, gehen Sie doch es fehlt an der Organisation die meiste» haben keine Atmung, was sie wollen, und der größte Teil derjenigen, die es wissen, sind von den verwerflichste», selbstsüchtigste» Motiven geleitet „Aber du lieber Gott wo finden Sie das denn nicht? Das ist eben das Unkraut unter dem Weizen!" „Aber schlimm ist es sehr schlimm na und dann überhaupt der Streit! .Könnte es den» datzi» kommen, daß Militär gerufen werden muß. wen» es nicht a» der Organisation haperte? Unsere 'Arbeit ist eine schwere, vielleicht eine undankbare, aber wir sind ichon mit dcin lleinen Erfolge zu frieden -" „Wir? darf ich fragen, wer ?" fragte Ullrich bescheiden. „Nenn Freunde und ich, die Sezession der Zeche. Unser Vorsitzender ist cin junger Rechtsanwalt. Wir wollen für den wissenschaitlichen Sozialismus wirken in Wort und Schrift „Ah", sagte der andere verwundert, „das ist ja herrlich! Könnte ich nicht einmal „Ja", sagte Klingenbicl bedenklich „so lange das Militär hier ist. könne» wir keine Sitzungen abhallen, »nd wenn die bewaisneten Gäste fort sind, sind Sie auch nicht mehr bei uns aber halt ich lade ein oder zwei Freunde, darunter meinen Rechtsanwalt, mal einen Ab-.»d Gerber ein, die können ja die Nacht hier bleiben - und da können Sie sie kennen lernen". „Prächtig!" rief Ullrich, „das nehme ich mit Freuden an". Bald daraus schieden sie als innige Freunde. 10. Ter nächste Tag verlief in Rntze. Mit dem frühesten Morgen, »m I Uhr. rückten die zur Besetzung der Bergwerke bestimmte» Truppen ans dem Städtchen »nd bezogen ihre Posten. Aber auch die in der Stadt Znrückgeblie benen hatten keineswegs Festtag. Im Gegenteil, es wnrde eine Hanptwache errichtet und an den beiden Hanptansgängen Torwachen. Patrouillen und Ablösungen gingen zweistündlich hin und wieder, es wurden fortwährend Appells mit allen möglichen Gegenständen, immer aber feldmarschmäßig, ab gehalten. Man war eben kriegsbereit. Ansammlungen von Menschen wur den auseinander getrieben, und so wußte der Einzelne nicht recht, was er tun sollte. Am Abend vor dem Eintrefsen der Bataillone batte das Streikkomitee eine Versammlung einbernsen gehabt und in dieser die Parole ansgegeben, sich nicht den Geschossen der kleinlalibrigen Gewehre aiisznsetze». Das Mili-