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Mes« vttbr«1ietste unvartestsch» «iiglich« Zeitung koste« Monatlich 28 Pfg. In Chemnitz frei ins Haus. Mit dem Exirabeiblatt Lustiges Bilderbuch lostet der tägliche „Anzeiger" monatlich 88 Pfg. (j„ Chemnitz frei i»S Ha»S); außerhalb Chem nitz Zulragc» monatlich 15 Pf. Bei der Post ist der Anzeiger nur mit dem Extra-Beiblatt« Lustiges Bilderbuch zn beziehen für 88 Pfg. monatlich. (Nr. 5580 1V. Nachtrag znr Postliste.) Tkleg» Adresse: Generalanzeiger. Fernsprechstelle Nr. 138. Sächsischer Sandes. General für Chemnitz zeige? «n- Umgegend. «»zeiget, preis: »sestztftt» LorvuSzeil« (ea.9 Silben fassend) oder bereu Rani» 15 Pfg. — Bevorzugte Stelle (Sgestzalten« Petitzeile ca. 11 Silben fassend) SO Pfg. Bei wiederholter Auf« nähme billiger. — Anzeigen können nnrbisVormillagioUhr angenommen werden, da Druck und Verbreitung der große» Anslag« längere Zeit erfordern. Ansgabe: Wochentags Abends (mit Datum des nächsten Tage-). — Die Anzeigen finden ohne Preisausschlag zngleichVer breitung durch die Chemnitzer Eisenbahn-Zeitung. 286. — 12. Jahrgang. — 1 Verlags-Anstalt: Alexander Wiede, Chemnitz, Theaterstraße ö. j Freitag, 9. Dezember 1892» Amtliche Anzeigen. . Morgen Freitag, von Vormittags S Uhr ab, soll Im ÄnktionS- saale dcS JnstizgevandcS hier, eine größere Parti« Pfandstncke, 'wmcntlich Möbel, fournirt und lackirt, Sopbas, Spiegel, Bitter, Uhren, 1 Pianrsorte, goldene Ringe, Nock- »nd Hosenstoffe. Kleider, Wäsche, 3t Meter schnarzer Lasting, 1 Tcvpich, 1 Bd. Allegorien und Embleme, ca. 160 Bit., 1 Bd. Deckers Fürsll. Vanmeistcr, l Bd. Vanornamente Berlins, ca. 100 Blt., von Lessing, Nähmaschine», 1 Teigthe ilmaschine, l EckenanSstoßmalchine, 1 Trahlschlicßmaschine, 1 Heftmaschine, t Prügmaschine, 1 Stange, Ladentaseln »nid gicgale, 1 Schanseastergestelle, Tafelwagen, 1 Doppclpnlt, 1 Copirpresse, 3 Backtröge, Mehlgcsäße, 2 Kuchcuschragcti, Seinmeitrvget, Hängelampen, Fonrnite, Farben und Maler-Utensilien, 3000 St. Zigarren, 2 Handwagen, 1 neue Senfmühle mit 2 Schwungrädern, 180 Sack Ccment, 4 Packete Lein wand. 1 Pferd, 4 Hühner und l Hahn, 1 Gans n- V. in. znr öffentliche» Versteigern«« gelangen. Aktuar Berger, Gcr.-Vollz. bei dem Kgl- Amtsgericht Chemnitz. Chemnitzer Stadt-Anzeiger. LIe griimde auI-reS Blattes werde» «rluLt. u»S wtchttgr BeacbeudeNe» ttNltgft mNgildeNe«. Chemnitz, den 8. Dezember 1892. — Dampf- und Spinnerei-Maschinenfavrik inCheumitz (vormals Theodor Wiede's Maschinenfabrik). In der am 6. d. ab gehaltenen 20. ordentlichen Generalversammlung, an welcher 20 Aktionäre mit 2328 Stimmen theilnahmen, wurde die Bilanz und das Gewinn- und Verlust-Conto einstimmig genehmigt. Die aus scheidenden Anfsichtsrathsmitglieder Herr Direktor Klemperer und Herr Rechtsanwalt Di. Bon di in Dresden wurden Per Accla- mation wicdergcmählt. Für den vom Aufsichtsrathe und Vorstande vorgcschlagcne» Sanierungsplan fehlte die nöthige -/« Majorität und fand deshalb ein Vermittelungsvorschlag ans den Aktionärkreisen: von der Zuzahlung abzusehen, dahingegen 6 Stück alte Aktien L M. 300 in eine neue Aktie ü M. 1000 umzuwandeln, einstimmig Annahme. Das solcher Gestalt rcduzirte Aktienkapital beträgt M. 1116 000. Die seitens der Verwaltungs-Organe vorgeschlagene Aenderung der Firma in „Theodor Wiede's Maschinenfabrik, Aktien gesellschaft", wurde durch allscitige Zustimmung genehmigt. Der Vorstand berichtete auf bezügliche Anfragen, daß das Unternehmen znr Zeit befriedigend beschäftigt sei. — Stadttheater. Fürst und Bürger, das vieraktige histor ische Schauspiel unseres Mitbürgers Professor Anton Ohorn, wurde gestern bei gut besuchtem Hanse wiederholt und erweckte sichtlich das allseitigste Interesse. Diese Wiederholung gelang den Darstellern weit besser als die kürzlich stattgefundene erste Aufführung, zumal einige der Rollen durch andere Besetzung lebendigere Wirkung erzielten. Daß der protestantische und patriotische Grundzug dieses historischen Schauspiels, in welches bekanntlich ein Stück sächsischer Geschichte ver flochten ist, gerade unser Publikum ganz besonders interessirt, zeigte der reiche Beifall, welcher jedem Akte folgte. — Wegen plötzlicher Er krankung der Hofschauspielerin Fräulein Pauline Ulrich findet morgen Abend an Stelle der Erst-Aufführung des Lustspiels „Nach Madrid" eine Wiederholung des Lustspiels von N. Benedix „Das Gefängniß" statt. Vorher wird die lästige Oper „ Gringoire" aufgeführt werden. — Korzalöki-Konzert. Auf das heute Donnerstag im „Elysium" stattsindende zweite Konzert des jugendlichen Pianofortc- Virtuosen Raoul Koczalski sei angelegentlichst nochmals hin- gewiesen. Die Vorträge des genialen Knaben sind von musik verständiger Seite als hochbedcutsam anerkannt worden; alle Musik freunde werden daher auf den Besuch dieser Konzertveranstaltung des Wnnderknaben, dem in voriger Woche auch König Albert mit Interesse zugchört hat, aufmerksam gemacht. —e—. I. Natnrhcilverein. In dem gestern Abend im Saale der „Linde" abgehaltenen 7. Vortragsabende sprach Herr Oberst a. D. Spohr aus Gießen über „Das Vcrhältniß der Naturheil- mcthode zur Chirurgie." Der Name des durch seine zahlreichen fach wissenschaftlichen Arbeiten auf dem Gebiete der vorbeugenden Gesund- hcilspflegc in den weitesten Kreisen bekannten, der Persönlichkeit nach aber dem hiesigen Publikum unbekannten Redners hatte genügt, den Vortragsabend trotz der Nähe des Weihnachtsfestcs zu einem besonders zahlreich besuchten zu gestalten. Daß sich die Er schienene» auch in ihren Erwartungen nicht getäuscht fanden, das be wies der Be.fall, welcher den klaren Ausführungen des greisen Herrn Vortragenden wiederholt gespendet wnrdc. Auf dieselben näher ein zugehen, müssen wir uns bei der Umfänglichkeit des behandelten Themas versagen, da jeder auch noch so ausführliche Auszug doch nur ein schwaches, verzerrtes Bild der sehr lehrreichen Darstellung bieten ivürde. Auf Grund der in mehreren Feldzügen gesammelten Erfahrungen kam der gediente Militär in seinein mit zahlreichen Bei spielen belegten Vortrage unter Verwerfung aller Antiseptica (außer den reinen Wasser), aller Betäubungs- und Abstumpfungsmittel zu dem Schluffe, daß sich die Unterlassung des operativen oder chirur gischen Eingriffs so lange empfehle, als für den Verwundeten oder Verletzten keine direkte Lebensgefahr hierdurch entstehe und erkannte dankbar an, daß sich auch die neuere Chirurgie immermchr diesem Standpunkt nähere. Dies aber thnnlichst beschleunigen zu helfen, sei Sache jedes einzelnen seiner Hörer, indem man sich unter Umständen weigere, als lebendes Versuchsobjekt zu dienen. —6. „Patcnlirter Gliiystoff". In neuerer Zeit ist unter dem Namen „patcntirter Glühstoff" ein Heizmaterial in den Handel gebracht worden, bei dessen Anwendung trotz seiner schätzbaren Eigenschaften Vorsicht geboten ist. Dasselbe besteht aus gereinigter Buchenholzkohlc und ist dasselbe Material, mit dem die „Karbonatron- öfen" geheizt werden, vor deren Benutzung Seitens verschiedener Be hörden wiederholt gewarnt worden ist. Diese Puchenholzkohle hat die schätzbare Eigenschaft, i» glühendem Zustande in kurzer Zeit sehr be deutende Wärmemengen abzugeben. Die aus dieser Kohle gefertigten sogen. „Glühkörper" sind daher zur Heizung von Schnell-Brat-Appa- ratcn, Plättglocken u. s. w. verwendet worden. Beim Glühen der Kohlenkörper entsteht aber das sehr giftige Kohlenoxydgas. Wenn für raschen Abzug dieses Gases gesorgt wird durch Leitzing n-ch dem Schornstein, Oeffnen der Fenster» Aufstellen der Bratapparate im Freien —, so kann eine Gefahr für die in der Nähe befindlichen Personen nicht entstehen. Wenn aber solche Apparate in geschlossenen Räumen längere Zeit benutzt werden — z. B. Plättglockcn, in denen Kohlenkörper glühen —, so sind die in diesen Räumen Befindlichen der Vergiftung durch Kohlcnoxydgas ausgesetzt. Die Vergiftung äußert sich durch Uebelscin, Athembeklemmung, Kopfschmerzen, Schwindel, Erbrechen, Bewußtlosigkeit. Bei wiederholt angestellten Versuchen hat sich der Verfasser dieser Notiz von dem Auftreten der angegebenen Vergiftungserscheinungen — allerdings bei Anwendung einer größeren Anzahl von Glühkörpern in einem nicht großen geschlossenen Raume — an sich selbst überzeugt. In jedem Falle ist bei Anwendung von Apparaten, welche mit diesem Glühstoff geheizt werden, in geschlossenen Räumen besondere Vorsicht zu beobachten, namentlich für Zufuhr frischer Luft zu sorgen. Wenn das nicht möglich ist, soll man solche Apparate überhaupt nicht verwenden. —t. Die Bernfösenerwehr wurde gestern Abend in der zwölften Stunde nach einem Grundstück an der Hartmannstrahe ge rufen, konnte jedoch nach kurzer Zeit wieder ins Depot zurückkehren. —* Unfall. Gestern Nachmittag kam ein mit Eis beladener zweispännigcr Wagen in Folge der Glätte auf der äußeren Dresdner straße in's Rutschen und stürzte in den Straßengraben. Hierbei wurde ein Straßenbanm abgebrochen. Der Wagen wurde dann mit 4 Pferden aus dem Graben herausgczogen. —* Beim Kartenspiel waren am Mittwoch früh 2 Gäste in einer Schankwirthschaft an der Mühlcnstraße in Streit gerathen, der bald in Tätlichkeiten überging und sich bis auf die Straße fortpflciiizte. Der Eine der Streitenden ergriff schließlich vor dem Andern, der ihm mit Erstechen drohte, die Flucht und suchte bei einem Schutzmann Schutz vor seinem Verfolger. Der Vorfall halte eine Menge Menschen herbeigezogen. —i—. Gebildete Flegel. Gestern Abend in der 12. Stunde wurde ein ruhig daherkommender älterer . Mann auf dem Neumarkte von einer Anzahl offenbar angeheiterter junger Herren in empörendster Weise angerempelt und, als er sich dies unter Hinweis ans einen infolge der Glätte leicht möglichen Unfall höflichst verbat, noch mit Beleidigungen überhäuft und mit Thätlichkeiten bedroht. In ge wissen, übrigens gebildet sein wollenden Kreisen scheinen nach allge meinen Wahrnehmungen derartige Flegeleien in neuerer Zeit zum guten Ton zn gehören, ein nicht gerade erfreuliches Zeichen. —* Gestohlen wurden aus der Flur eines Hauses der Augustus- burgerstraße weg 4 Paar Holzschuhe, Werth 3 Mk. 60 Pfg.; aus verschlossenem Hofraum eines Grundstücks der Rudolfstraße 1 Faß Petroleum, Werth 20 Mark, und aus der Trockenstube einer hiesigen Färberei eine Anzahl Fraucnstrümpse. —iU. Altchcmnitz. Von dem in hochherziger Weise gestifteten Legat des Herrn Kommerzienrath Rößler hier sollen die Zinsen nächsten Sonntag, von dem Hungcr'schen Legat aber kommenden Montag an arme, würdige Personen zur Vertheilung gelangen. Der Vertheilung selbst wird an beiden Tagen eine kirchliche Feier vvraus- gchen. — Da mit Ende d. I. 2 Hausbesitzer und 1 Gartengutsbesitzer aus dem Gemeinderathe ausscheiden, so macht sich eine Ersatz-Wahl nothwcndig. Auch ist eine Ergänzungswahl von 2 Ausschußpersonen aus der Klasse der Unansässigcn auf 2 Jahre vorzunehmen. Der Wahlakt findet nächsten Montag Nachmittag von 4—8 Uhr in den Flügclbauten der Kirchschnle statt. Außer den ordentlichen Ansschuß personen ist zu jeder der vorgenannten Klassen zugleich ein Stellver treter mit ans den Wahlzcttel zu schreiben. Dev Jndcnflintei» Pvozetz. (Achter Berhaudlnngslag). Der Andrang LcS Publikums zn den Verl>andl»»gen ist Tag für Tag ein gewaltiger, und es kargt auch nicht mit Aeiißernngen des Beifalles oder Mißiallens, Erscheinungen, die vom Gerichtspräsidenten bereits durch Unser lcgnng von Geldstrafe» de» betreffende» Personen als nicht statthaft bezeichnet worden sind. Ob der Reichstag in Folge der Wahl Ahlwardts zum Ncichs- tagsabgeorducte» die Sistirnug des Prozesses beschließen wird, was geschehen kan», wenn ei» bezüglicher von 15 Abgeordneten Unterzeichneter Antrag gestellt wird, »mb abgcwartet werde». Ahlwardts Freunde operieren am meisten mit dem am Montag verlesenen Wcseler Bericht, nach welchem bei einer Laud- wehrübung eine beträchtliche Zahl Loewc'scher Gewehre schadhaft geworden ist. Der militärische Sachverständige hat allerdings betont, daß hieraus nicht ans die Kriegsbranchbarkcit der Massen geschlossen werden könne, doch hat der Präsident des Gerichtshofes vom Faktum Kcnntniß genommen. Den weit verzweigten Zeugenvernehmungen bis in alle ihre Einzelheiten zu folgen, ist für alle am Prozeß Vethciligle eine sehr schwere Aufgabe; eS ist kein Wunder, wenn unter solche» Umständen auch inauchmal Nervosität sich geltend macht, und die Geister heftig anfcinanderplatze». Ebensowenig, wie das Ende der Verhandlung, ist auf die Gestaltung des UrtheilS abznsehen- Der Zeuge Krähahn, ans den der Angeklagte besonderes Gewicht legt, ist noch immer nicht anfziifindcn gewesen, nachdem nunmehr in Hamburg, Rostock und Budapest nacki ihm rechcrchirt worden ist- Der Angeklagte AhlWardt theilt mit, Krähahn Halle sich — wie er erfahren — in Berlin ans und habe am letzte» Sonntag noch in der Restau ration von Wartenberg in der Müllerstraßc Billard gespielt. Krähahn halte sich bei seiner gleichnamigen Schwägerin — Reinickendorferstraßc 52 — ans und werde dort sicher zn erlangen sein. PräsidenttiObKrähhahn irgendwo Billard gespielt hat oder nicht, das ist uns hier sehr gleichglltig; ich will aber doch sofort einen Gcrichtsbotcn per Droschke »ach der angegebenen Wohnung fahren lassen, um zu beweisen, daß auch diese Behauptung wieder »»wahr ist. Der Vertheidigcr, R.-A. Hertwig, hatte vorher um Vertagung der Verhandlung um zwei bis drei Tage ersucht, damit inzwischen Krähahn anfgefundc» würde. Ans den Vorwurf des Vorsitzenden, der hierin wieder lediglich eine» VerschleppnngSvcrsuch erblicken wollte, antworlete der Ber- thcidiger: Im Prozeß Heintze sei die Verhandlung sogar vertagt worden, »m eine» in Amerika sich anshaltenden Zeugen vernehmen zu können. Im ferneren Verlause der Sitzung fragt der Präsident: Herr Locwe, hat Ihre Fabrik durch die Veröffentlichung der Ahlwardt'schcn Broschüre Schaden gehabt? Loewe: Unzweifelhaft, zahlenmäßig angeben kann ich denselben aller dings nicht. Präsident: Sind infolge Erscheinens der Broschüre AnftrSgesür Ihre Fabrik z»rücktzeaa»gen? Loelve: Nein, das nicht; aber vielleicht sind — da- kann ich ja nicht lkß ^ AMrüg« deshalb sticht Meist worden. Präsident: Uns liegt ein Schreiben vom Answärligc» Amt vor, wonach die chinesische Negierung im Begriff war, einen Ihne» ertheilten Auf trag zurückznziche», was sic dann aber infolge der bekannte» Veröffentlichung des Reichsanzeigers nnterlikß. Locwe: Die chinesische Negierung, für die wir schon zahlreiche Lieferungen gehabt haben, fragte bei uns an und verlangte von »ns Erklärungen über die in der Ahlwardt'schcn Broschüre mitaelheille» Thatsache». Wir wiese» de» chinesischen Gesandten die Unwahrheit der Ahlwardt'schcn Beschuldigungen nach, und daraufhin versicherte »nS die chinesische Regierung, daß wir nach wie vor ihr volles Vertrauen besäßen. Präsident: Der Gerichtshof wird sich jetzt znr Berathnng über die gestern vom Nertheidiger gestellten neuen Bcweisanträgo znrückziehcn. Angeklagter: Ich habe noch Etwas zn sagen: Was die srühcr er wähnte Zintgrass'sche Expedition anbetrifft, so war sic eine staatliche, und sie war die erste Gelegenheit, bei welcher die Löwe'sche» Gewehre thatstichlich im Kriege erprobt wurden, wobei sich ja dann auch ihre Unbrauchbarkeit und Kriegsuntüchligkeit heranSstelste. Ich möchte daher bezüglich ter Beschaffenheit der Gewehre der Zintgraff'iche» Expedition Beweis geführt sehen. Präsident: Angeklagter, wen» Sie Zeitungen lesen, dann werden Sie finden, daß auch die sranzösischsn Soldaten in Dahomcp sich über die ans das Klima znrückzusührenden schlechten Erfahrungen mit ihre» Gewehre» beklagen. UebrigenS ist das doch ganz nebensächlich; es handelt sich doch nur darum, festzustcUen, ob Herr Löwe dem Staate absichtlich unbrauchbare Ge wehre geliefert hat, damit derselbe im Kriege nntcrliege. — Mit dieser Frage hat die Zintgrass'sche Expedition nicht» z» lhu». Bevor der Gerichtshof sich zur Berathnng über die gestrigen Beweis«»- träge dcS VcrtheibigcrS znrückzieht, bemerkt noch Vertheidigcr NcchtS- An walt Hertwig: Er ist außer dem Herrn Grase» Hoheuthal anch die Gräfin Hoheuthal nIS Zeugin geladen- Die Letztere ist — angeblich wegen Kranlhcit — nicht erschienen. Z 214 der Strafprozeß-Ordnung schreibt nun vor, daß die BcweiSausnahme sich ans alle geladene» Zeugen zn erstrecke» hat. Ich erkläre daher, daß ich nicht ans die Vernehmung der Zeugin Gräfin Hoheuthal verzichten werde. Ter Gerichtshof zieht sich nun endlich zn längerer Berathnng über die obenerwähnten Veweisauträge zurück. Nach IVsstündiger Berathnng erscheint er wieder. Präsident: Die soeben angestellten Ermittelnuge» nach dem Arbeiter Krähahn sind erfolglos gewesen- Nertbeidiger: Bevor der Präsident die mündlichen Verhand lungen vielleicht plötzlich schließen könnte, möchte ich 7 neue Beweis-Anträge stellen. Präsident: Ich lau» doch nicht plötzlich schließe», ohne Ihnen dar Wort zn gestatte». Vertheidigcr: Ich bin ans alle Evcninalitätc» gefaßt. Präsident (in großer Erregung): Der Herr Vertheidiger hat eS fort gesetzt versucht, den Gerichtshof bloßzustellc», als ob dieser,der Prozeßordnung zuwiderhandclte. Es hat sich wegen dieses Vorgehens dcr Mitglieder dcS Gerichtshofes eine große Auslegung bemkchiigt. Ich muß sage», so wie dieier Herr Vertheidigcr anfgetretcii ist, ist »och niemals ein Vertheidiger ausgetreten. Vertheidiger: Die letzle Bemerknng des Herr» Präsidenten fasse ich als eine Anerkennung meiner Thätlgkeit als Vertheidigcr ans. — Dan» aber beantrage ich die Hanptverhandlnng aufznhebcn und der königl. Staatsanwalt« schast die Akten zurückzilgeben, bis der Krähahn ermittelt ist. I. Staatsanwalt: Ich begrüße diese» Antrag derBertheidigung Inso fern, als er den Beweis dafür liefert, daß von Seiten des Angeklagten »nd des Verthcidigcrs eine Verschleppung beabsichtigt ist. Natürlich widerspreche ich dem Anträge aber mit aller Entschiedenheit. Präsident: Ich frage den Herrn Staatsanwalt, ob er beantragt, die protokollarischen Aussagen dos Krähahn z» verlese»? 1. Staatsanwalt: Nein, ich Hobe kein Interesse daran. Präsident: Und Sie, Herr Vertheidiger? Vertheidiger: Diese Anssage» sind für »ns ohne Interesse. Wir wollen Krähahn mündüch höre», weil er noch Manches über die jüdischen Maihcnschostc» gegen Ahlwardt anssage» kölittte. Dcr Präsident verliest hierauf die Protokolle über die vor dem Untcr- snchnngsrichtcr gemachten Anssagen dcS Krähahn. Dieselbe» gipfeln darin, daß Krähahn Ivo» seinem Fenster ans gesehen hat, wie in einer Loewe'sche» Fabrik die Blciplombeu von dem verschlossene» Transportwagcn genommen und andere Gewehre hineiugclegk worden seien. Geld habe er von Lichtcn- stein oder sonst von jüdischer Seite nicht erholte». I» Ergänzung dieser Aussage wird ein Theil dcr Anssage, die Krähahn dem Lichtcnsiein gemacht hat, ans der Broschüre „Ahlwordt'S Ende" verlesen- ES heißt da, Ahlwardt habe dem Krähahn einen leeren Briefbogen vorgelcgt »nd am Schlüsse dessen eigenhändige NamenSuntcrichrift gefordert und erhalle». Später habe Ahlwardt de» Bogen ansgesüllt, aber mit einem andere» Inhalt, als de» Aussagen des Krähahn. Zeuge Brettschueider: Der Krähahn hat später vor Zeugen erklärt, daß er bei Lichtcnstein betrunken gewesen und von ihn, bestochen worden sei. Er nehme jetzt Wort für Wort zurück. Der Gerichtshof ve kündet sodann das Ergcknnß dcr Bcrathnng in Be treff der ncngcstcllten Veweisauträge. Dieselbe» sind sämmtlich abgelehnt worden, da cineslheits die darin unter Beweis gestellten Thatsache» als wahr unterstellt, andcrenthcils durch die stattgehabte Beweisanfnahme bereits wider legt seien. — Die ebenfalls beantragte Vernehmung der Fra» Gräfin Hohen- lhal ist abgclehnt, weil der Gerichtölos die gestern gcthanei, Aciißernng'n glaubt und für genügend hält. Vertheidigcr R.-A. Hertwig: Nack, dcr Begründung dieser Ablehnung und »ach den, ganzen Verhalle» ces Gerichtshofs muß ich cs ablehnen, die Vertheidignng eines Mannes weiter zn führen, dcr vcrnrlhcilt war, bevor die Verhandlungen begannen. Einige Mitglieder des Gerichtshofes springe» ans, der Präsident crgrcifk die Glocke, cs entsteht ei» großer Tumult, der durch Zuruf ans dem Zuhörer« raume verstärkt wird. Der Staatsanwalt ruft laut: Ich beantrage, daß der Vertheidiger wegen größter Ungebühr im Gerichtssaale zn der höchste» znlässtgcn Ordnungs strafe vcrnrlhcilt wird. Nun zieht sich dcr Gerichtshof znr Berathnng zurück. Während der da durch cmstchendcn Panse verläßt der Rechtsanwalt den Sitznngssaal. Im Znhörerraumc bilden sich erregte Gruppen- Na b knrzer Zeit «scheint dcr Gerichtshof wieder und der Präsident ver kündigt: Der Gerichtshos hat gegen den Rechtsanwalt Hertwig ans Charlotten- bürg wegen ungebührlichen Benehmens im Gerichtssaale ans eine Geldstrafe von 100 Mark erkannt. Der Angeklagte nimmt die vom Vertheidigcr gestellten Anträge auf. Dcr Staatsanwalt beanlragt die Ablehnung derselben, da sie theilS zn wenig bestimmt seien, theils nichts Ncncs enthielten, theilS offenbar unr verschleppen wollten. Der Angeklagte erklärt, daß jetzt der Besitz eines Neichstagsmandats ür ihn in dieser Sache doch gar keine» Nutze» bringen könnte und er absolut nicht eine Verschleppung beabsichtige. Der Gerichtshos beschließt, die Sitzung bis Donnerstag >0 Uhr zn ver tagen, damit der Angeklagte sich das vom Vertheidiger mitgenoininene Vcr- theidignngsmaterial wieder verschaffe» kann- StrafkammevVerhaitdlunge» — Chemnitz. 7. 13. Diebische Künstlerin. Die kann» 18 Jahre alle und noch völlig unbescholtene Schauspielerin Therese Cerny, welche das benachbarte Böhmen ihre Heimath nennt, fand am 35. August d- I. an einer in der Oberstube des Gutsbesitzers H. in Oberwiesa hängenden goldenen Uhr so großen Gefallen, daß sie sich dieselbe sammt Kette widerrechtlich am' egeu^tände ist ans 400 Mk- geschätzt worden, ! Der Werth dieser bell 'die Ihr mit« AnrechuW Monate» der Hung-W Mrraiiiit»