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Sächsischer Landes-Anzeiger : 14.12.1892
- Erscheinungsdatum
- 1892-12-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-189212145
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18921214
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18921214
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1892
-
Monat
1892-12
- Tag 1892-12-14
-
Monat
1892-12
-
Jahr
1892
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 14.12.1892
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Nr. 2SV. - Mittwoch. 14. Dezember 18SS. —18. Jahr«»««. Beilage zu Sächsischer Landes- Anzeiger Verlag vo» Alexander Wiehe in Chemnitz» Theaterstraße 8. (Chemnitzer General-Anzeiger). Deutscher Reichstag. IS. Sitzung vom IS. Dezember 1892. 12'/« Uhr. Am BunvesrathStisLe: Reichskanzler Graf Capri»!, die Staatssekretäre von Bötticher, von Marschall und von Maltzah», sowie zahl reiche hohe Ossiziere. Das HanS ist gut besetzt, ebenso die Tribünen- Zur Verhandlung stehen zunächst Interpellationen von Mitgliedern des Hauser. Die Abg'. Buht und Marqnardsen (natlib.) habe» die folgende Interpellation eingebracht: Die in dem soeben beendeten Prozeß Ahlwardt vernommenen militärische» Sachverständigen habe» sich zwar schon entschieden für di« gute Qualität unserer nenen Infanterie-Bewaffnung ausgesprochen; nichtsdesto weniger erscheint cS münschenSwertd, wenn von der höchste» autoritative» Stelle ans eine Bekräftigung und eine Bestätigung dieses UrthcitS erfolgt. Die Unterzeichneten richte» deshalb an den Herrn Reichskanzler die Anfrage, ob derselbe bereit ist, dem Reichstage in diesem Betreff eine Miltheitnng zu inachcn? Abg. v. Marquardsen lnatlib.) begründet die Interpellation unter Berufung aus die Auslassungen des Staatsanwalts in dem Ahlwardt- Prozeß und en,e ZeiinngSniittheilung, wonach künsiig die. Anfertigung von Ärmecgewchrc» Privatfabriken nicht mehr übertragen werde» soll. Das Ver trauen der Soldaten in die Güte seiner Waffe kann natürlich durch solche Meldungen leicht erschüttert werden, und doch ist dies ebenso uothweudig, wie die Zuversicht ans zuverlässige Führung. ES erscheint deshalb dringend ge boten, der Agitation, welche immer neue Benurnhignng und Erregung schaffen will, mit einem Schlage ein Ende zu mache». Reichskanzler Gras Caprivi: Ich bin zur sofortigen Beantwortung der Interpellation bereit. DaS neue Gewehr unserer Infanterie ist im Modell nnd in der Ausführung durchweg gut, »nd entspricht in jeder Be ziehung allen Anforderungen, welche an eine moderne kriegsbrauchbare Waffe nur gestellt werde» können. Der Gedanke, eine Acndernng in der Herstellung cintretcn zu lassen, ist der Militärverwaltung »och nie in den Sin» gekommen, nnd auch »ach dem von dem Herrn Vorredner erwähnte» Prozeß liegt hierzu nicht der mindeste Anlaß vor. DaS Zündnadelgewchr wurde s. Z. noch viel schärfer nnd abfälliger kritisirt, als »nier »eneS Gewehr, nnd i» der Stunde der Gefahr hat es sich lnrchanS bewährt. Sie sehen also, was von solchen Urtheile» ans Laienkreisen zu halte» ist. Unser neues Gewehr ist allerdings ungleich subtiler, als sein Vorgänger, und kommt die Waffe in die Hände von Ungeübten, so erleidet sie leicht Schädigungen. TaS ist ganz selbstverständlich und nicht etwa ans böse Absicht oder schlechtes Fabrikat zurückznsühren. Die Entwendung der in dem Ahlwardt'schen Prozesse vorgebrachten Wcselcr Schriftstücke ist ei» kleiner, gemeiner Diebstahl. Diese Schriftstücke, von welchen in gewisse» Kreise» so viel Aussehens gemacht worden ist, waren durchaus nicht geheimer Natur. Sie lagen in einer offenen Mappe und wurden daraus entwendet. In dem vorliegenden Verzcichniß der Gcwehr- Reperaturc» könnte für einen Leie» die Zahl der Reparaturen an Kammern und Schlössern, nnd die Zahl der AbzugSfchler aussallen, aber dieselben be weisen in der That nichts gegen die Güte der Gewehre. DaS zeigt sich bei neue» Massen nicht selten, nnd jedenfalls wären im Kriege diese als rcparatnr- bedürstig erkannte» Gewehre weiter benützt worden. Die Anklagen, welche unserer Gewehre wegen gegen die Militärverwaltung erhoben worden sind, kan» ich mithin nur als gewissenlose Verlenmdiulgen bezeichnen, welche ans das Schärfste zn brandmarke» sind. (Bravo!) Kgl. sächsischer KriegSminister v. d. Planitz: ES ist auch be> hanptet worden, daß bei dem kgl. säcksiscken Armeekorps besonders schlechte Ersahlungcn mit den Loewe scheu Gewehren gemacht worden sind. Wir stehen der Sacke ganz objektiv gegenüber, den» wir haben mit der Firma Loewe direkt gar nichts zn Ihn». Wir haben s. Z. die Gewehre bei der preußische» Militärverwaltung bestellt und habe» einen Theil Loewe'scher Gewehre mit bekommen. Als die Anklagen gegen die letzteren anstanchten, habe» wir ein Verglcichöschießc» mit je 200 Gewehren ans Staatsanstaltcn nnd anS der Locwc'jchcn Fabrik angcstellt. Jedes Gewehr wurde mit 50 Schnß versehe», 25 für gewöhnliches Schieße» nnd 25 für Schnellfeuer. Das Ergebniß war, daß die Gewehre der Loewe schc» Fabrik mit denen der Staatssabrik völlig gleich lcistnngssähig waren. Bei de» Uebnnge» waren von sechs Neserve- bataillone» fünf mit Loewe'sch.e» Gewehre» versehen nnd es sind nie Klagen vorgckommen. Die Behauptung der „Nenen Deutschen Zeitung" in Leipzig, daß nach zwei Schießen 250 Gewehre defekt geworden waren, reduzirte sich bei der Untersuchung daraus, daß au 1b Gewehren kleine Reparaturen noth- wcndig geworden waren- Eine Untersuchung sämmtlicker Loewe'scher Gewehre ergab »nr 187 meist ga»z unerhebliche Reparaturen. Das deutsche Infanterie- gewcür ist völlig dicnstbranchbar, und die Loewe'sche» Gewehre stehen denen der StaatSanstalteu nicht nach. Die Nation kann sich also aller Sorge» in dieser Hinsicht entschlagcu. (Bravo!) Eine Erörterung der Interpellation wird von keiner Seite beantragt, die Angelegenheit ist also damit erledigt. Abg. Graf Mirbach (Ions.) begründet hieran? die folgende Inter pellation: Billige» es die verbündeten Negiernngc», daß die denlichen Dclc- gicrtea bei der Münzkonferenz in Brüssel sich de» ans die Belämpsuug der Silbcrentwerthnug gerichteten, nahezu eimnüthigc» Bestrebungen aller ans der Konferenz vertretene» Staaten gegenüber ablehnend verhalte»? Die Ein sllhrnng der Doppelwährung ist sür die so schwer leidende deutsche Land wirthschafc eine unbedingte Nothsache, den» das einzige Mittel, das wir bisher zur BckSmpsmig de; PrcisdrnckS hatte», die Zölle, haben wir durch di« Handelsverträge zn>» Theil ausgcgcbc». So, wie bisher, kann cs nicht wcitcr- Da der Setzer in gestriger Nummer einen Theil der Erzählung in un richtige Reihenfolge gestellt hatte, wird heute der betreffende Theil nochmals geordnet wiederholt; die geehrte» Leser werde» gebeten, dieses Setzcrvergehen gütigst zu entschuldige». (AIS technische Bezeichnung für die Formirung der Satz- Zeilen zu „Spalten" und derSpalten z» Seiten gebraucht derSetzer de» Ausdruck: „Umbrechen"; wen» beim Umbreche» des Satzes »nu ein Versehendes Setzers passirt, so könnte inan eigentlich solch umfangreichen „Drnckiehtcr" auch „Satz- Verbrechen" nennen.) Die Ncdaction. Um ein Abendbrot. Ein Stück Berliner Lebens von B. W. Zell. (Fortsetzung.) Nachdruck verboten. Jetzt aber entdeckte das scharfe Auge des Spähenden eine gleiche dunkelrothe Rose, wie Elfriede sie trug, im Knopfloch des Japaners. Seine Lippen preßten sich aufeinander — hatte sie ihm dieselbe ge schenkt oder gar — was das Wahrscheinlichere — dm Strauß von ihm angenommen? Titus' Faust ballte sich — er wollte nicht mehr hilischen und mußte cs doch. Da sah er, wie ihre Blicke trotz der anregenden Unterhaltung fortwährend wie suchend den Saal durch irrten, um immer wieder auf der Eingangsthür haften zu bleiben — suchte, wartete sie aus ihn? Dieser Gedanke ließ allen seinen Groll vergessen, rasch durchschritt er den Raum und stand plötzlich vor ihr. Ein halb unterdrückter Freudenlaut entfuhr ihren Lippen, das bleiche Gcsichtchcn erschien einen Augenblick wie mit Blut übcrgossen, und dann reichte sie ihm mit strahlendem Blick die Hand hin. „Ich glaubte schon, Sie kämen heut gar nicht!" In diesen Worten und dem Blick vcprieth sick ibr ganzes Fühlen. Des Japaners Antlitz war noch um eine Nüance gelber geworden. „Vergessen Sie nicht, daß der nächste Tanz mir gehört," sagte er in leidlichem Deutsch und trat zurück. Titus aber hatte über diesen Empfang die Welt um sich her vergessen; seine Hand hielt die ihre noch fest, und er schwieg minntenlang, weil sein ganzes Sein sich in den Augen konzcntrirte. Er trank ihre» Anblick wie ein Verdurstender den Labetrnnk, der neues Lebe» durch seine Adern gießt. „Von wem sind diese Blumen?" war endlich die erste Frage. Sie schaute, als hatte sie des Straußes vergessen, zum Gürtel nieder. „Ach, die Rosen — sie find herrlich, nicht? Der Japaner gab sie mir. Da kommt er auch schon selber, denn der Tanz beginnt -- weshalb kamen Sie auch so spät? Um wieviel lieber hätte ich diesen Walzer mit Ihnen getanzt I" Mit diesen Worten und einem letzten, sinnüen'ickeiidi"' '"'ick trat sie mit ihrem Partner an. Titus setzte natürlich den Tanz anS: cs wäre ihm geradezu un möglich gewesen, eins dieser andern jungen, lachenden Mädchen in den Arm zu nehmen. Er blieb ruhig sitzen, erwiderte halb gedanken los Wolfs frohen Gruß, der mit seiner Dame vorbcischwcbte, und folgte dann mit verzehrenden Blicken Elfriede, die im Arme ihres Tänzers leichtbeschwingt dahinflog. Daneben bemühte er sich, seine Bedanken ein wenig zu-ordnen, sich klar daWrr zu Mtzei«. wir cs gehen- Wie groß die Unzufriedenheit schon geworden, ersieht mal» ja deutlich au» verschiedenen Ereignissen der letzten Zelt. Reichskanzler Graf Caprivi: Mir will es nach den eben ge hören Ausführungen fast scheinen, als ob man in bestimmten Kreisen bestrebt ist, den Antisemitismus und den Bimetallismus vor eine» Wage» zn spannen. (Beifall nnd lebhafter Widerspruch.) Die verbündeten Regierungen würden sich dadurch auch i» keiner Weise beeinstnsse» lassen. Sie halten »ach wie vor lnisere deutsche Wälmmg für eine sehr gute nnd sie beabsichtige» nicht, die Initiative zu einer Aendernng zn ergreifen. Dementsprechend lautet selbstverständlich die Jnstricktion für unsere deutschen Vertreter ans dee Brüsseler Konferenz, »nd der bisherige Verlauf der Konferenz hat auch, wir Sie selbst zugeben werden, die Instruktion durchaus gerechtfertigt. Unter diese» Umständen lege ich besondere» Werth darauf, z» konstatiren, daß ein sewiffcr vr. Arendt, der sich bei der Konferenz durch ein Empfehlungsschreiben »es Grafen Mirbach-Sorguitle» eiugcsührt hat, in keinerlei Beziehung zn der Reichsregiermig steht. Die Landwirlhschast würde von einer Aendernng iniserer Währung keine» beiangrcichen Nutzen haben. Wir hoffe», «S werden so bessere Zelten komme». Auf Antrag des Abg. von Schalscha (Ztr.) wird in die Besprechung der Interpellation eingelrete». Abg. Frhr. von P selten (Ztr.) steht keinen Grund für die Aendernng unserer Währung, denn er glaubt nicht, daß die Doppelwährung die Preise der landwirthschastlichcn Produkte steigern wird. Abg. von Kardorsf (freikons.): Ter Herr Reichskanzler sprach von „einem" vr. Arndt. Dieser l)r. Arndt ist preußischer Abgeordneter »nd eine Autorität ans dem Gebiete der Währnngssrage. Derselbe denkt gar nicht daran, als Vertreter der deutsche» NcickSregierimg in Brüstet anszntrctcn, er wünscht nur die Sache zn fördern, welche er als richtig erkannte. Die höchste Pflicht eines jeden deutschen Staatsmannes ist cs allerdings, dafür zn sorge», daß die deutsche Landwirlhschast wieder zn ihrem Rechte kommt und hierzu gehört auch das Anfgcbe» unserer bestehenden Goldwährung. A» der Aufrecht- crhallniig der Goldwährung haben heule nur die Sozialdemokraten ein Interesse, weil sie die Unznsricdeiihcit gebrauche», um mit Erfolg im Lande agiiirc» zn können. ES giebt auch kein besseres Mittel, in» der antiscmiliscken Bewegung ihr Gift zu nehmen, als der Ucbergang zur Doppelwährung. Die Lösung der Währnngssrage ist nicht so schwer, wie behauptet wird; will Deutschland ernstlich die Doppelwährung, so habe» wir sie auch. Will England dann allein seine Geldwähruug nicht ansgcbe», »u», so mag er sie behalten, es ist doch früher auch gcgaugcn. Tie gegenwärtige Haltung des deutsche» Reiches aus der Brüsseler Konserenz wird nichts Anderes erzielen, als Amerika zn Repressivmaßregel» zn veranlasse». Gehen wir zur Doppelwährung über, dann wird die Laiidivirtbschaft ausreichend gekräsligt, um nickt mir die 60 Millionen Mark, welche die neue Militärvorlage erfordert, ansznbringe», sonder» noch weit höhere Summe». (Bravo!) Abg. vr. Bamberg er (freis.): Die heutige Debatte erscheint doch angesichts der obwaltenden Verhältnisse wirklich völlig wcrthlos l Unter solche» Umständen ist das Verfahren der Interpellanten nur zn bedauern. Welchen Sturm der Entrüstung würde es wohl gegeben haben, wen» die Freisinnige» den Versuch gemacht hätte», die eigene Regierung inmilte» internationaler Verhandlungen so z» blamire»! (Beifall nnd Widerspruch.) Eine Inter pellation wie diese sollte sich nicht anf ZeitiingSbcrich e, sondern ans authentische Miltheilnngc» hin stütze». Wäre Letzteres hier der Fall, so würde i» der Interpellation auch von nahezu cinmülhige» Bestrebungen aller ans der Kon ferenz vertretenen Staaten zur Bekämpfung der Silberverwerlhung nicht die Rede sein können. Tie Dinge liegen aber ganz anders, nnd es ist bcdanctlich, daß die Herren sich so wenig darin» gekümmert habe». Die solle» doch nicht Hoffnung ans Pläne, wie die mit der Doppelwährung setze» Mit jeder neue» Münzkonfcrenz sinkt die Sache des BimetalliSnms tiefer nnd ticjcr, »nd heute steht sie in Wahrheit niedriger, als je. An die Einführnng der Doppel währung in Tcntschland ist gar nicht zn denken, nnd selbst wenn der Herr Gras Mirbach Reichskanzler würde, so würden die verbündeten Regierungen unsere Geldwährnng doch nicht ansgebe», weil es ganz einfach »»möglich ist. Der nei testgehcnde Vorschlag in silbersrcundlichcm Sinne ans der Brüsseler Münzlonscrcnz war der Rothschild schc, der den amcrikauischc» Silbergrube»- bcsitzer» eine jährliche Liebesgabe von zehn Millionen zuwenden wollte. Roth schiw zog aber schließlich selbst seinen Antrag zurück. Wenn aber nun einmal LiebeSgyben gewährt werden sollen, dann will ich sie doch lieber unseren heimischen Braiiiitiveinbraneru znwendcii, als den ainerikaiiischen Silber- »ileiienbefitzcrn (Heiterkeit). Die von de» Biiiictalliste» erstrebte Münz- Konvention würde in einem Kriege schon beim erste» Flintenschuß hin- jällig werden, also keinerlei praktischen Werth haben. Tic jetzige Münzkonferenz in Brüssel nntcrscheidct sich von de» früheren Konferenzen nur dadurch, daß die früheren anSgiiige», wie das Hornberger Schießen, während diese gleich so anfängt. (Heiterkeit ) Abg. Lenschiier-Eislcbc» (freikons.): Der Vorredner hat die Sache doch mit einer Nebensächlichkeit behandelt, die sie In keiner Weis« verdient. Un sere Geldwährnng wirkt lei „»s, wie eine Exportprämie, die aus dcnlschcr Kasse cm fremde SilberwährnngSländer gezahlt wird, nnd daß das sehr er freulich ist, kann ich eben nicht sage». I» erster Linie leidet darnnccr die Landwirthlcbast, in weiterem Verfolg die Industrie, so daß die Goldwährung uns nachweislich eine» erhebliche» Schaden bringt. Die bestehende Silbcr- cnlwerlhnng Ist auch nicht die Folge dcr Ucberprodukti'o», wie von gcgncrischer Seite Immer behauptet wird, sonder» sie ist durch die Gesetzgebnng per schieden» Staaten veranlaßt, die dem Silber die Konsumtlonsfähtgkeit »ahm Die Behauptung der Befürworter der Goldniährnng, daß di« Boldprodnktiou ganz unerlchöpflich sei, das Silber al>o nicht gebraucht wird, entbehrt jedes Nach weises. Die Wissenschaft erkennt vielinehr daS Gegentheil als richtig an. Wenn noch andere Staaten mit einem Male zur Goldwährung übergehe» würde», so würde es he»te schon an Edelmetall fehle». Der Uebergang Deutschlands »nt Goldwährung ist meiner Uebcrzeugung »ach ein Fehler gewesen, der bald möglichst verbessert werde» sollte. DaS erfordert auch das Interesse de» heimischen Silberbcrgbanes, der sonst immer weiter rctonr geht. Abg. Gras Mirbach (kons.) bedauert die Antwort des Reichskanzlers, insbesondere auch die Ncnßerung über Bimetallismus nnd Antisemitismus. Der Reichskanzlers hätte wissen können, daß die ostprcnßischen Konservative» gegen jede Ausnahme der Jiidensrage I» das konservative Parteiprogramm gcwcien sind. Reichskanzler Gras Caprivi: Ich habe von der bimctallistischen und antisemitische» Agitation gesprochen, ohne weitere Zusätze zn machen. Gerade der BimelalliStnns ist ei» geeignetes Agitation-mittel, weil so wenig Leute wirklich etwas davon verstehen. Ich halte dieses Agitationsmittel aber für gefährlich, weil eS doch sehr fraglich ist, ob dcr BimelalliSmnS die ans Ihn gestellten Erwartungen erfüllen kann. Ich habe erfahren, daß mehrere Mit glieder des Hauses ihre Zustimmung zur neuen Militärvorlage von de» Antwort ans die heutige Interpellation abhängig gemacht haben Ich will dazu nur bemerke», daß ich mich nicht ciiischüchtcrn taffe. Ich vertrete dl« Militärvorlage wie bisher, denn nach meiner Ucberzcugung kann unter Um ständen die Existenz Deutschlands von dem Jnkrastrcten der »enen Heeres« organisalion abhängig sei». Abg. v. Schalscha (Ztr.) hat sich durch daS Znsammenwcrf«» von Antisemitismus nnd Bimetallismns dnrch den Reichskanzler beleidigt gefühlt. Der Antisemitismus datirt schon seit Einführung der Gewerbesreiheit, de» Bimetallismns ist viel jüngeren Datums und hat gar nichts mit dem Anti semitismus zn ihn». - ..H Abg. Büsing (natlib.) ist von dcr Erklärung des Reichskanzler» zn der zweiten Interpellation hochbefriedigt und hofft, daß dadurch dcr bimetallistlslbeu Demagogie ei» Ende gemacht sei» möge- Unsere Währung ist sehr gut, eine Aendernng derselben würde ganz unabsehbare nnd ganz nuheilvolle Folgen haben. Zn erwägen ist vielinehr, ob es für unS nicht besser wäre, zur reine» Goldwährung übcrzugche»; gleichzeitig könnte aber ei»« größere Silberprägttng stattfindc», nm den Bedarf a» kleinere» Münzsorten zu decken. Durch de» llebcrgang zur Goldwährung haben wir nicht nur nichts verloren, es ist uns im Gegentheil erst der Weltmarkt erschlossen worden. Wären die Behauptungen dcr Bimctallisten richtig, so müßten wir zur schlechtesten Währung übergehe», die cs giebt, zur Papierwährung mit ZwangSkonrs. Abg. Gras Ballestrem erklärt, daß dcr Abg. von Schalscha vorhin in seinem eigenen Namen gesprochen habe nnd nicht in dem der ZentrnmSparle». Abg. Bebel erklärt, daß die Sozialdemokraten anf dem Bode» der Gold währung stehen. Nur der verstorbene Abg. Kaiser sei Bimetallist gewesen nnd zwar mit Rücksicht anf die eigenartigen Verhältnisse seines Kreises Freiberg. Es sei ganz nnmöglich, eine dauernde Relation zwischen dem Werth von Gold und Silber herznstellen, in dieser Frage hätten auch Bour geoisie und Arbeiter dasselbe Interesse. Für die Agrarier würde ans de« Aendernng der Vortheil erwachsen, ihre »> Gold gemachte» Schulde» mit minderwcrthlgem Silber abznzahlen. Die Koste» würden die landwirthlchast- lichen Arbeiter zahlen müssen. Abg. von Frege (kons): Man kennt die Verhältnisse doch, gerade die Goldwährung ist es gewesen, welche den Hochschutzzoll hcrvorgernsen hat. Die heutige Verschuldnngsdes Grundbesitzes, besonders in Preußen, wovon d«r Abg. Bebel sprach, rührt ans einer Zeit »och her, wo es galt, das Letzte für das Vaterland einzusetze». Diese Verschuldung gereicht dem, Grundbesitz ge wiß nicht zur Unchre. Die Goldwährung allein kan» wenig ausrichte», es muß daran gedacht werden, de» Werth des Silbers z» hebe». Die Gold währung Hot »ns auch nicht den Weltmarkt erschlossen, sondern deutscher Fleiß nnd deutsche Intelligenz. Abg. Liebcrmaun von Sonncnberg weist verschiedene Bemerk ungen über de» Antisemitismus mit der Erwiderung zurück, der Antisemitis mus werde einst das feurige Roß sei», welche« den StaatSwagcn a»S dem Kothc ziehen werde, worin .er jetzt ssftfftzc. Die Debatte wird gcschloffzz»,. womit die Interpellation erledigt ist. Nächste Sitzung: DieÜStag 12 Uh» (Fortsetzung dcr erste» Berathimg der Militärvorlage). möglich, daß die so urplötzlich in ihm erwachende Leidenschaft für dieses Mädchen ihn so ganz beherrsche, ihn wie mit unentrinnbaren Zauber banden gefangen hielt. Was sollte daraus werden? Durfte der junge, vermögenslose Student, dessen Studium nur durch Opfer und Entbehrungen seiner vcrwittwetcn Mutter möglich wurde, daran denken? Nein, jetzt nicht — aber später doch! Später — das hieß nach etwa zehn Jahreil. Würde das reizende, jugendfrohe und augen scheinlich sehr lebenslustige Geschöpf einen zehnjährigen Brautstand auf sich nehmen wollen, würde Elfriede — aber was wußte er denn überhaupt von ihr — nicht einmal ihren Namen! Nur, daß sie ihn zu lieben schien wie er sie, und daß sie es that, bewiesen ihm wieder die lieben, zärtlichen Augen, mit denen sie jetzt plötzlich vor ihm stand nnd beide Hände hinreichend, sagte: „Jetzt gehöre ich aber auch den ganzen Abend Ihnen — wenn Sie cs wünschen, natürlich." Er fuhr auf ans seinen Träumen, die ihn die Beendigung des Tanzes gar nicht hatten gewahren lassen, und dann plauderten, lachten und tanzten sie wieder den ganzen Abend hindurch, als sei die Welt um sie her versunken, nnd nur sie Beide allein im Saal. Erst als Alles znm Aufbruch rüstete, kam Titus wieder ein wenig zum Bewußt sein seiner Umgebung, nnd sein erster Gedanke war der Nachhauseweg. Daß er sie heilt begleite, war zweifellos, und er sagte eS ih*. Sie aber legte angstvoll die schlanken Hände ineinander und schaute ihn an mit flehendem Blick. „Nur heut noch nicht — o bitte, heut nicht! Warum so schnell den schönen Traum zerstören — eS hat ja dann doch Alles ein Ende!" „Was hat ein Ende?" fragte er fast rauh. Sie antwortete nicht und bat nur immcr wieder in weichen Tönen: „Nur heut noch nicht — das nächste. Mal — will ich cs auf mich nehmen." Mißtrauisch geworden, beunruhigt und erregt, konnte er doch ihrem flehenden Blick nicht widerstehen. „Also das nächste Mal!" sagte er, schwer athmend. Als sie aber als das letzte Paar den Saal verließen nnd dnrch den halbdunklen Flur gingen, der zur Garderobe führte, umschlang er sie Plötzlich heiß und drückte einen langen, ver zehrenden Kuß auf ihren Mund. Sie ließ es erbebend geschehen und eilte dann flüchtig davon. Er aber wartete wieder vergebens auf ihr Kommen — ganz wie das vorige Mal, sie war und blieb verschwunden. Als TiiuS znm nächsten Tanzabend, diesmal sehr Pünktlich, antrat, brachte er einen köstlichen Blumenstrauß für Elfriede mit. Der Preis für denselben hatte freilich ein ganz gewaltiges Defizit in seiner bescheidenen Kasse zurückgclasscn, aber des schönen Mädch Helles Entzücken über die duftige Gabe hätte ihn auch schwerere Opfer leicht vergessen lassen. Elfriede war heute freundlicher, inniger alt je, und doch lag cs wie leise Schwcrmuth über ihrem jugendfttschen Sächsisches. —r—. Hartha»». Am 8. Dezember hielt Herr Lehrer Emmrich aus Chemnitz vor einem größern Kreise geladener Gäste in Hoher» Restaurant hier einen Experimentalvortrag über Luftfeuchtigkeit und ihre Bedeutung für Gewerbe, Gesundheitspflege und Wettervorhersage - Er erklärte das Prinzip verschiedener Feuchtigkeitsmesser und speziell des Haarhygromctcrs von Wilh. Lambrecht in Göttingen, das in 5 verschiedenen Ausführungen und Ausstattungen vorgesührt wurde. Die neueste Konstruktion wird „Pylometer" genannt und wurde ah» Wesen, und ihre Augen schauten zuweilen wie geistesabwesend mit düsterm Ausdruck ins Leere. Als Titus sie an ihr Versprechen er innerte, zuckte sie zusammen und sagte dann hastig: „Ja, ja, gewiß — Sie sollen mich heute hcimgelcitcn!" Und dann schien ein bitteres Lächeln nicht mehr von den süßen Lippen weichen zu wollen. Hente wartete Titus nicht vergebens am Ausgange — als eine dcr Ersten erschien Elfriede. Sie hatte ein dürftiges Tuch über- gcworfcn, das sie keinesfalls genügend gegen die scharfe Januarlust schützte, und der Kopf war in einen weißen, gehäkelten Shawl gehüllt, dcr das liebe Gesichtchen gar anmnthig nnirahmte. Mt hastiger Bewegung nahm sie seinen Arm und zog ihn schweigend mit sich fort. „Sagen Sie mir das Eine," bat Titus — „in welcher Weise Sie mir an den beiden ersten Abenden entkamen, da ich doch den Ausgang besetzt hielt?" „Ich war nicht fort," entgegnete sie mit einem Lächeln, das dem jungen Manne ins Herz schnitt, „sondern kauerte hinter einLm Schrank der Garderobe, bis Sie fort waren." Er erschrak fast. „Und warum das, Elfriede?" Sie antwortete nicht, sondern zog ihn hastig weiter, in ein Ge wirr von Straßen und Gassen hinein, das ihm völlig fremd war. Nur so viel erkannte er, daß sie sich in der Gegend zwischen der Stralaucr Straße und dem schlesischen Bahnhof in einem vereinsamten Stadttheil befanden, in dessen engen Straßen rußige Fabrikgebäude mit alten, verfallenen Häusern abwcchscllen. Vor einer altersgrauen, armseligen Miethskaserne, die sich mit ihren kleinen, niederen Fenstern nur zn deutlich als Behausung de» untersten Standes auswies, hielt Elfriede an. „Hier also!" sagte er etwas gepreßt. „Hier — o nein! Im Vordcrhausc sind nur „große" Wohn ungen — schließen Sie auf. Ich will Ihnen mein Heim ganz genau zeigen." Sie sagte cs herb, scharf, mit einem Klange in dcr Stimme, den Titus nicht zu deuten wußte. Verwirrt gehorchte er, drinnen im dunklen Flur ergriff sie seine Hand. „Ich werde Sie führen," flüsterte sic dabei. Und dann zog sie ihn durch das Haus in einen Küstern, schmutzigen Hof, durch ein zweites Thor weiter in einen zweiten Hof, dessen ihn umziehende Gebäude noch armseliger, ver fallener erschiene», als die des ersten. Im äußersten Winkel desselben schimmerte aus einem Kellerfcnstcr, das sich nur wenige Fuß über den feuchten Boden erhob, ein schwaches Licht, und vor diesem Fenster blieb Elfriede stehen. „Hier wohne ich," sagte fie rauh. Ihr schien unnöthig, angesichts» dieser Thatsache noch ein weiteres Wort zu sprechen. Der junge Student glaubte sich von eine)» wüsten, Traum befangen. Man wartet augenscheinlich auf Sie — wer war
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