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Sächsischer Landes-Anzeiger : 07.12.1892
- Erscheinungsdatum
- 1892-12-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-189212078
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18921207
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18921207
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1892
-
Monat
1892-12
- Tag 1892-12-07
-
Monat
1892-12
-
Jahr
1892
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 07.12.1892
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— Wegen Reinigung der Geschäftsräume des königl. Amtsgerichts werden nur dringende Suchen erledigt: Am 13. Dezember in den Abteilungen für Nachlaß- und Vormundschafts- sachen, für Subhastationssachc», sowie für Strafsachen Zimmer 46—44, der Depositenkasse und der Buchhaltcrci sür nichtstreilige Rechts sachen; am 13. Dezember in den übrigen Räumen der Abteilung für Strafsachen; am 14. Dezember in den Abteilungen für Register-, Konkurs- und streitige Zivilsachen, in der Spvrtclkassc, der Buch halter« für streitige Rechtssachen und der Gcrichtsvvllzieherci, und am 1ö. Dezember in der Abteilung für Grnud-und Hhpothckenbuchsachcn. — Unsere elektrische Straßenbahn. Noch immer ist die Genehmigung des bereits im März d. I. beim königl. Ministerium «ingereichten Gesuches um Erlaubniß zur Anlage des elektrischen Be triebes auf der Strecke Kappel-Schönau nicht cingctroffcn. Sollte diese Genehmigung auch im Frühjahr kommcndcn Jahres noch nicht ertheilt sein, so gedenkt man mit dem Bau der elektrischen Straßen bahn einstweilen für die innerhalb des Weichbildes unserer Stadt selbst liegenden Strecken vorzugchcn. Während nun für diese Arbeiten genaue Pläne vorlicge», ist die Aufstellung von solchen für die zu errichtende Kraftstation und für die im gegenwärtigen Depot in Kappel zu treffenden Einrichtungen und Umgestaltungen, bez, Neubauten nicht eher möglich, als bis sich auf Grund der ministeriellen Entscheidung übersehen läßt, welche Baulichkeiten in der Stadt auf dem für die Eentralstation in Aussicht genommenen Grundstücke errichtet werden müssen. Um aber später keine Zeit zu verlieren, trifft die Verwaltung der Straßenbahn bereits jetzt alle möglichen Vorbereitungen, wozu auch die Anbringung der erforderlichen Leitungsdrähte gehört. Die städtischen Behörden wünschten aus Rücksicht auf möglichste Freihaltuug des Verkehrs auf dem Plattcnfußwcge, daß die Befestigung der Leitung nach dem Vvrbilde von Halle, Gera und Breslau mittels an den Häusern anzubringcndcr Querdrähte erfolgen möge. Der hierfür er forderliche Revers des einzelnen Hausbesitzers, wonach derselbe die Anbringung einer geschmackvollen eisernen Rosette von etwa 17 cm Durchmesser mit Haken, natürlich auf Kosten der Gesellschaft, gestattet, ist bereits in vielen Fällen bereitwilligst unterzeichnet worden und cs liegt die Gestattung zur Vornahme dieser den Hausbesitzer sonst in keiner Weise verpflichtenden oder schädigenden Arbeit umsomehr, ab gesehen von der allgemeinen Wichtigkeit des Unternehmens, im eigenen wohlverstandenen Interesse, als sich vor dem Hause jedes seine Er- laubniß verweigernden Grundstücksbesitzers ein circa 7 m hoher un schöner Träger für die Wetterführung der Leitung erheben müßte, da rin anderer Ausweg nicht denkbar ist. -—r. Im hiesigen Schlachthofe wurden im November d. I. 824 Rinder, 6586 Schweine, 1768 Kälber, 1201 Schafe, 12 Ziegen, 60 Pferde und 28 Hunde, zusammen 10479 Thierc geschlachtet, sonach 1477 Stück mehr (96 Rinder, 1255 Schweine, 143 Kälber, 2 Schafe, 2 Ziegen mehr, dagegen 4 Pferde, 17 Hunde weniger), als im November des Jahres 1891. Die Untersuchung sämmtlicher im November d. I. geschlachteten Thiere ergab, daß 216 Stück mit Krankheiten behaftet waren. Das Fleisch dieser 216 Schlachtstücke wurde beanstandet und nach den Bestimmungen der Schlachthofsthicr ärzte von 5 Rindern, 7 Schweinen und 1 Schafe dem Genüsse ent zogen, von 8 Rindern, 38 Schweinen und einem Kalb als minder- werthig (nicht bankwürdig) verkauft und von 156 Schlachtstückcn verschiedener Gattungen die erkrankten Thcile dem Genüße entzogen, das übrige Fleisch aber freigegeben. Außerdem wurden 34173 Pfund gegen 34255 Pfund im November 1891 auswärts geschlachtetes und nach Chemnitz eingesührtes Fleisch im Schlachthose untersucht. —* Infolge Vev Glätte kam gestern Nachmittag aus der Albertstraße der Wagen eines einspännigen Geschirrs in's Rutschen und stieß gegen einen Gaskandelabei-, so daß dieser umstürzte und zertrümmert wurde. r—* Ans Furcht vor Strafe. Gestern Abend in der S. Stunde wurde im Keller eines Hauses der inneren Johaunisstraße ein junger Mensch, ein Laufbursche, in einem Winkel liegend und schlafend anfgcfundcn. Derselbe hatte sich sowohl an diesem wie an mehreren Abenden zuvor behufs Nächtigcns dort eiugeschlichcn, weil er aus Furcht vor einer zu erwartenden Strafe nicht zu seinen Eltern gehen wollte. —* Ein „redlicher" Kinder. Vor einigen Monaten hatte eine Frau in der Nähe der Markthalle ein Portemonnaie mit 7 Mk. Inhalt verloren, ohne daß sie bis jetzt von dem Verbleib desselben irgend etwas erfahren hatte. Nunmehr ist der Finder in einem 16 jährigen Arbeiter ermittelt und zur Haft gebracht worden. Das Geld hatte der „redliche" Finder verbraucht. —* Festgcnommen wurde heute früh in einer hiesigen Her berge ein von der großhcrzvgl. Staatsanwalt zu Odcrberg steckbrief lich verfolgter Heizer und Kohlcnzichcr. —* Diebstähle. In letzter Zeit wurden in verschiedenen Trödlergcschäftcn hier von einer unbekannten Frau eine Anzahl Rohr stühle um einen sehr billigen Preis verkauft. Es ergab sich, daß die Stühle aus einer hiesigen Schankwirthschaft gestohlen worden waren. — Aus dem Keller ciues Hauses der Grenzstraße wurden vor einigen Tagen ein Paar rindlcdcrne Stulpenstiefel, Wcrlh 12 Mark, zwei Paar rindlcdcrne Fraucnstiefclcttc», Werth 4 Mark, und ein Paar Kinderschuhe gestohlen. Stellung seines Ressorts im städtischen Verwaltungsdienst übertrugen. Am Grabe selbst legte nach vollzogener Einsegnung der Leiche durch Herrn Pastor Rhode und den durch denselben ge sprochenen Schluß-Worten Herr Versorghaus-Jnspcktor Schubert im Namen des Vereins verabschiedeter Unteroffiziere, welchem Herr Inspektor Korsinger im Leben angchörte, unter warmcmpfundcuen Worten des Abschieds einen prachtvollen Kranz als letzte Liebesgabe nieder. Da der Heimgegangene die Feldzüge 1866 und 1870/71 mit Auszeichnung als Combattant mitgcmacht hat, so wurde nach altem, schönem Brauch zu Ehren seinem Andenken auch die für trcuvcrdicute Soldaten, welche vor dem Feinde gewesen sind, bestimmte dreimalige Ehrensalve über seinem Grabe abgcfcucrt. Das Begräbnis; des Herrn Polizei-Inspektors Korsinger. Von der ungewöhnlichen Beliebtheit, welcher sich der Heimge gangene Herr Polizei-Inspektor Korsinger in alle» Kreisen unserer Bevölkerung mit Recht erfreute, legte die große Zahl Leidtragender Zcugniß ab, welche sich gestern Nachmittag trotz des nicht gerade ein ladenden Wetters auf dem neuen Friedhöfe ciugefuudcn hatten, um den sterblichen Ucberrcstcn des Entschlafenen das Geleit zur letzten Ruhestätte zu geben. An der Spitze der Vertreter der städtischen Behörden bemerkten wir Herrn Bürgermeister Stadler, sowieHcrr» Polizei-Direktor Siebdrat, auch folgte eine stattliche Anzahl Schutzleute dem Sarge ihres direkten Vorgesetzten. Die eigentliche Leichenfeier wurde im Hinblick auf die Wittcruugsverhältnissc in der hierzu bc stimmten freundlichen, aber leider für solche Fälle nicht allzu ge räumigcn Parcutations-Halle abgchaltcn, woselbst Herr 1'. Rhode als Diakouus an der St. Jakobikirche, in deren Sprengel der Verstorbene wohnte, die Gcdächtuißrcdc hielt. Als Text derselben legte der wortgewandte geistliche Redner die Stelle Offenbarung St. Johannis 2, 10: „Sei getreu bis in den Tod" zu Grunde, indem er ausführte, wie der Heimgegangene diese Treue in Erfüllung seiner Pflichten sowohl im engsten Familienkreise, wie auch gegen den Staat und gegen die Grmcinde in der ihm anvcrtrautcn Stellung im vollen Umfange, als Soldat und als Beamter, bewährt habe. Hierauf widmete Herr Polizcidircktor Siebdrat als Chef des Polizci- amtcs dem Entschlafenen in warmen Worten einen ehrenden Nachruf, worin er namentlich hcrvorhob, daß eS der wackere Beamte wie nur Wenige verstanden habe, die erforderliche Strenge mit gewinnender Milde sowohl im Verkehr mit seinen Untergebenen, als mit dem Publikum zu vereinen. Die Behörden hätten diesen dem Verstorbenen innewohnenden feinen Takt und sein strenges Gerechtigkeitsgefühl auch wohl zu würdigen gewußt, indem sie ihm die höchste, für ihn überhaupt erreichbare II. Slbo»«ie»ttctttöko«»zert dev städtische» Kapelle. Zu den fesselndste» Küustlererscheitnmgcii, welche dem Schreiber dieser während einer langjährigen Neserententhäligkeü begegnet sind, gehört Herr Konzertmeister Arno Hilf nur Leipzig Wechsel nnd Wandel in Leben und Kunst bringen es mit sich, daß die Aeltere» de» Jüngeren weichen, der Glanz viel- und langgechrtcr Berühmtheiten vor dem iiinhme neu ans' steigender Sterne verblasst. Mir möchten Arno Hits anch zu einem jener Letztgenannten zählen. Ohne überschwänglich im Rühmen oder ziellos im Ver gleichen sein zu wollen: wesentlich mehr aber kann ei» Wilhelms und ein Sarasate auch nicht Ihn». Der geniale Leipziger Künstler ist uns vielmehr eine gewisse Ergänzung von Beiden insofern, als er die deutsch« Kraft des Einen mit der feurigen Empfindung nnd sinnlichen Gluth des Tones vom Andere» verbindet und diese Vereinigung beider an sich heterogenen Elemente durch eine mächtig packende geistige Grütze und vollständig eigenartige Selbstständigkeit der Anfsassnng adelt, welche den Hörer an eine Nvtcnvorlage nicht mehr denken lässt, sondern in die wnnder- bare Täuschung versetzt, als lausche er einer großen, fesselnden Improvi sation. Wie bei seinem ersten Auftreten im Vorjahre in einem Konzert der Militärkapelle, fanden wir diese bedcntnngsvoNen Vorzüge anch diesmal wieder, nur fast noch höher potenzirt. Man mag von technisch halsbrecher ischcn Wunderdingen nennen, welche mau anch mag, der Künstler bewältigt sie nicht nnr, er spielt mit ihnen, mit graziöser Leichtigkeit bei absoluter Reinheit nnd entzückender Klarheit zaubert er sie ans seinem kostbaren In strument heraus, nicht aber als Selbstzweck, sondern im groben Gefüge des Ganzen, nebenher dem Geiste des Werkes dienend. Und wenn er aufängt, ans seiner Geige z» singe», so wie er es im Mitleljatz des Moliquc'schen Konzertes vornehmlich, im Uebrigen aber überall dort that, wo ruhige oder lcidcnschasllichc Tvnfolgen zur Cantilene Gelegenheit gaben, wenn sich beim Klange seines Flagolett sphärenhafte Fernen ösfnc» oder seine eindringlichen Ergüsse ans der O-Sciie unmittelbar gefangen nehme», da vergibt inan voll ständig Künstler «ud Knnstmittel: es bleibt nnr ein Schwelgen in seclenvollstem Empfinden nnd herrlichem Wohllaut. Da möchte man sagen, datz sich seine ganze Künstlerschast nur inSeele anslöse und Saiten im Lanschcnden an- schlägt, welche in solcher Tiefe zu berühren nur Wenigen bcschiedcn ist. Wie Viele spielen ihm, vom Maligne scheu Konzert ganz abgesehen, Paganini in solch musterhafter Weise, d.h. anch geistig dermaßen vertieft nach V Die clemcnlarc Gestaltung des Beifallsjubels erinnerte an die stürmische Ansnabnie Sarasate's bei seinem ersten Auftreten im alte:» Kasino. Wenige haben anch bisher den Lorbccrkranz mit gleicher Berechtigung in Empfang genommen, wie dieser noch jugendliche Küustlcrsprotz der berühmte» sächsischen Musikerfainilie, welche übrigens schon eine au Erfahrungen reiche Laufbahn hinter sich hat. Im Jahre 1858 z» Bad Elster geboren, empsing er den ersten Unterricht in der Familie. Anfang der siebziger Jahre bezog er das Leipziger Konlcrvalorinm, ward Schüler von Ferd. David, Julius Rvntzen nnd Schradieck nnd ging endlich 1878 bis 1883 als Lchrcr an daS Konscrvatorinni nach Moskau Von dort kehrte er 1889 zurück, als durch die Berufung Petri s an die königl. Kapelle nach Dresden eine Kvnzcrtmeisterstelle im Gcwandhansorchestcr frei ward. Jetzt wirkt er hanptsächiicb als Lchrcr am Konservalorünn und als Solist. Möchte der vortreffliche Künstler recht bald einmal wiedcrkehren. Als andeicr Solist des reich ansgcstattelen Abends war Herr Kainmer- sänger Lorcnzo Niese ans Dresden erschienen. Der mit einem edlen, wirklichen Tenororgan begabte Sänger hat eitle langjährige, erfolg- nnd chrenrciche Küiistlcrlanfbah» hinter sich und bewahrte sich trotz der niederdrückonde» Einwirknagcn seines Angenübels, das schon recht bedenkliche Grade erreicht Halle, eine gewisse jugendliche Elastizität und Schaffenslust, welche Eigenschastcn im Verein mit der immer »och schönen Stimme seine» künstlerischen Darbietungen ein anfnahmefrcndigcs, dankbares Auditorium sichern Der Anwendung der Knnstmittel gemäß, namenllich soweit Art des Ausdrucks, Binden der einzelnen Tonstufe», Texta nsspr ache rc. in Frage kommen, huldigt Herr Kamincrsänger Niese Gepflogenheiten, welche jetzt zu meist nicht mci'r Nachahmung finden und in welchen zugleich, ohne sie durch näheres Eingehen erörtern zu wollen, die Quelle alles Dessen liegt, was uns ausschließlich Neuzeitliche» an Herrn Niese's Art befremdlich berührt. I» solchen Tingelt zählt er eben zu den Bühlientcnoristen seiner Hauptzeit, welchen z. B Wagncr's Liebeslied ans der „Walküre" der von diesem ge- sorderten VortragSknnst entsprechend sern steht- Dies hält uns jedoch nicht ab, das Wohldurchdachte, Gcniüthsbclcbte und Wohlabjchattüte in seinen Vor trägen zu schätzen nnd die Wirknngssähigkcit derselben namentlich überall da hervorznhebe», wo der vollansitrömcnde Wohllaut seines köstliche» Organs Ohre» und Herze» gefangen nahm. Auch ihm ward viel Beifall, Hervorruf und Lorbcerspende. Eine anßerordentlich hochstehende Ausführung der Becthovcn'schen achten Siusonie in I'-clur, jenes herrlichen Tongedichtcs, von welchem Richard Wagner sagt, daß nie eine Kunst der Welt etwas gleich erhaben Heileres geschaffen habe» leitete das Konzert ein. Ohne a»f alle die viele» geistreichen Fcinhcilc», welche dieser Vortrag zum Ruhme des Hauptes nud der Glieder mit sich brachte, speziell cingchc» zu wollen, »löchtcn wir nnr die weise, ganz im Sinne der kongenialen Bcurtheilmig Richard Wagners voll zogene Wahl der Zcittnaatze sür die MiUelsätze hervorhebcn, das vielfach übcrhetzte oder verschleppte llilo^ro oelrcrraiul» in würdiget» Andanlelempo, der Bedeutung des Satzes im Ring des Ganzen gerecht werdend, das'1'omgv är blonnobto nicht überhastet, so daß die Celli mit ihren Triolcn ebenso gut anskamc», als der Gesang der Klarinette nnd Hörner im Trio voütönig »nd wirknngsreich zur Wahrnehmung gelangte. Herr Kapellmeister Pohle erwarb sich hierbei ebenso viel wohlbegründcten Anspruch ans de» ihm zu Thcil gcaorüenen shtnpalhischen Beifall nnd Hervorruf, als er und seine Herren Musiker durch die ganz vortreffliche Orchesterbegleitung z» Weber, Wagner, Maligne und Paganini. Eine Uns,nnme von Geistesgegenwart nnd nachgiebigster Elastizität ward erforderlich, natnentlich angesichts der phantasievoll freie» Vor ragsart des Herrn Konzertmeister Hilf. Da bewährte sich Pohles selteneTircktionsbcgabnng und dieGleichwerlhigkeit seiner Künstler so erschöpfend, als immer möglich, auch soweit die bei aller seinen Zurückhaltung selbstständig schöne Gestaltung des BeglcilnngspartS in Frage kommt. — Herr Cantor Mayerhoss unterstützte die betreffende» Solovoiträge durch seine gediegene Klavierbegleitung. —clr. Der J>»vc„ftiutc««'Ptozckr. (Sechster Vcrhandlnngstag.) Die Ilcberrcichnng von sechs Aktenstücke» durch de» Angeklagte» und der sich daran anschließende Ausschluß der Oeffenllichkeit hat im Aus lände bas größte Aussehen erregt. Der Berliner Vertreter des „Newhork Herald", Herr Stanhopc, hat an die Pariser nnd Ncwhorkcr Ausgabe» seines Blattes tclegraphirt und ans ihnen ist cs fast in die gesainrnte sranzösischc nnd amerikanische Presse übergcgangcn, daß diese Aktenstücke Beschwerde» von süns Obersten über die Löwe'schcn Gewehre enthalten. Beit» Zengenansrnf am Montag fehlt wieder der am Freitag bereits — gleichzeitig mit dem Berliner Polizeipräsidenten — geladene Zeuge Baron v. Lange», Der Staatsanwalt beantragt gegen denselben dafür die höchste zulässige OrdiiimgSstrasc, falls dem Zeugen oi'e Vorladung rechtzeitig zu- gcgangcn, welchem Anträge der Vertheioigcr sich anschließt. Auch Zeuge Kröhan ist, weil unauffindbar, nicht erschienet!. Ter Vcr- thcidigcr, RechtSanwalt Hcrtwig, erklärt, den Beweis führe,, z» wollen, daß dieser Zeuge von Löwe abgeschobcn worden sei, damit er hier nicht als Zeuge aifftretcn könne. Präsident: Mit solchen fortwährende» neuen Beweisauträgen kommen wir doch nicht weiter. Bcrtheidigcr Rechtsanwalt Hertwig: Ans den Prozeß Polke, bei dem cs sich »in Aufdeckung bon Börscnschwiitdcleio» handelte, wurden 36 Vcrhandlnngstage verwendet; hier, wo es sich nm die vitalsten Jntcreffc» des Vaterlandes handelt, kann cS doch auch ans einen oder zwei Tage wehr nicht nnkoutmeii. Der Verlhcidiger überreicht dem Gerichtshof «in anitkiches Dokmnent, da her Prüside zu verlesen beginnt. Es handelt sich darin nm angeblich sehr ititbesc iedige.che Rejnltate mit Löwe scheu Gewehre.« in einer westdcnlschcn Garnison. Präsident: Jch^frage den Herrn Staatsanwalt, ob er einen Antrag ans Ausschluß der Leffcittlichkcit zu stelle» hat- Staatsanwalt: Ich biue die militärische» Herren Sachverständigen sich darüber zu äußer». Vertreter des KAegsmiilisteriiiniS Oberstleutnant v Gößnitz: Handelt eS sich nm dieselbe» Dinge, wegen welcher vorgestern die Oessentlichkcit anSge schlossen wurde'? Präsident: Zum Theil »m diese, zu», Theil um andere. Oberstleutnant v. Gößnitz: Was die vorgestern von, Angeklagten tz,», Gerichtshof überreichte» Aktenstücke anbelrisst, so hätte ich, falls ich deren In halt vorher gekannt halte, wahrscheinlich gegen die Ausrechlerhaltung der Ocssentlichkeit nichts einzuwenden gehabt; vielleicht hätte ich allerdings vorher beim Kriegsminislerium noch angesragt, ob Ausschluß der Oeffenllichkeit ge wünscht würde oder nicht. Diese Dokumente enthalten zmn Theil Zahlen- augabe», die eigentlich mir von »lililärischc» Fachleuten richtig benrtheilt werden können, indessen geeignet sind, in der urtheilSlosen Menge Verwirrung anzurlchlc». Der Präsident übergiebt dem Oberstlentnant v. Gößnitz die betreffen den Dokumente, damit derselbe sie prüfe und bis zum Beginne der Nach- uiittagssitziing den Beschciv des Kriegrininistcrinuis cinhole, ob bei der Ver- handlnitg darüber der Ausschluß der Oeffcntlichkcit gewünscht wird. Tie weitere Verlesung unterbleibt also vorläufig. Seitens des vom Angeklagte» als Zeugen vorgeschlagene» Kaufmanns Paasch ist dem Präsidenten ein Schreiben zngcgang«», j» welche», er bittet, über eine sehr wichtige Sache als Zeuge vernommen z„ werden. Verlhcidiger RechtSanwalt Hertwig: Es handelt sich ,„» folgende» Vorfall, über de» Herr Pansch vernommen werde» möchte: Vor cttva zwei Jahre» befanden sich die Herren Isidor Löwe „nd Oberst leutnant Kühne in einem hiesige» Restaurant in Gesellschaft eines höheren Militärs. Da der Letztere schwerhörig war, so mußte die Unterhaltung zwischen de» drei Herren anbergetvöhulich laut gesührt werde». Dadurch kam er, daß drei Herren, die sich i» dem anslobendeii Raume befanden, das Ge spräch hören mußten. Es waren die drei Herren Gras Hohenthnl, Freiherr von Wackerbarth und der Kaufmann Paasch. Dieselben hörten, ivie die beiden Nebenkläger sich in verächtlicher Weise über unsere Armee äußerte» und ebenso darüber sprachen, wie leicht die NevisiotiSbeamIen z» täusche» seien. Die un freiwilligen Zuhörer waren hierüber ans'S Höchste empört- Graf von Hohcu- thal ist anch zum Krlegstnluistcr gegangen und hat Beschwerde geführt, die Sache ist aber unterdrückt worden. Ich beantrage, die drei Herren zu laden- Staatsanwalt: Ich habe von dem Vorgehen des Angeklagte» heute denselben Eindruck bekomme», wie am ersten Berhandlutigslagc; es scheint, als ob der Angeklagte bemüht sei, alle BewciS-Anlrägc so spät wie irgend möglich z» stellen. Das vom Herrn Vertheidiger ziilepr vorgcbrachte Thema muß doch lunidesteus dein Angeklagte» schon längst bekannt gewesen sein. Es scheint dies wieder nur ein Versnch zu sein, die Verhandlung zu verschlepvcn. Ein solches ans dem Zusammenhang gerissenes, durch die Wand gehörtes Gespräch ohne Angabe bestimmter Thatsacben kann uns hier doch nicht als Grundlage sür einen Beweis dienen. Ich bitte, den Beweisantrag des Herrn Vertheidiger- bezüglich dieser Unterhaltung abzulehnc». Vertheidiger R--A. Hertwig: Ich bitte, wenigstens den Grafe» Hoheitthal zu laden. Justizrath Gerth, Vertreter deS Oberstleutnant Kühne: Dan» bitte ich, anch die Gräfin Hohenthal zu laden; sonst wird die Ladung derselbe» später »och, »m die Sache biiiznzlehcn, vom Angeklagleti vcrlnugt. Angeklagter: Ich mnß bemerken, daß cs falsch ist, wenn der Herr Staatsanwalt meint, mir sei diese Sache schon längst bekannt gewesen; mir ist die Geschichte erst gestern durch meinen Vertheidiger, der selbst erst gestern früh davon Kcnnttiiß erhalten, milgcthcilt worden. Ich protestire gegen die Behauptung, daß ich mit Thatsachen auch nur einen Tag znrückhalte; ich protestire gegen die Unterstellung des Herrn Staatsanwalts, der behauptete, ich suche die Sache nur zu verschleppen, und der sich dafür auf das Zengniß deS Redakteurs Saling berust. Präsident: Aber Angellagter, Sie haben doch selbst zngegebc», daß Ihne» an der Hinansschiebuttg der Entscheidung bis nach Beendigung der Stichwahl in Ihrem Wahlkreise sehr viel gelegen sei. Angeklagter: Ich habe nur gesagt, daß es mir lieb sein würde. Staatsanwalt: Ich möchte anch das Bemühe» des Angeklagte» ge bührend hervorhebe», alle niöglichen Behörde» — iinn wieder das Kriegs- ininistcri'ttin — zu beschuldigen oder zu verdächtigen, ohne dafür die Beweise z» liefern. Das ist sehr leicht, aber daß dadurch ins Publik»,», das diese Verdächtigungen ans de» Zeitungen erfährt, die grüßte Bcuiirnhigiitig ge tragen wird, das scheint dem Angeklagte» ganz gleichgiliig zu fei». Der Gerichtshof zieht sich darauf für einige Minuten zur Berathniig zurück. Der Präsident thcilt nach Beendigung derselben mit, daß der Ge richtshof beschlossen habe, den Grafen nnd die Gräfin Hohenttial, sowie auch den Kaufmann Paasch für »lorgen als Zeuge» zn laden. Tapezirer Füssel ist einer der vom Angeklagten geladenen Zeuge». Präsident: Sie habe» de,» Schreiber Noack nnd dann anch dem An geklagten Ahlwardt eine eidesstattliche Versicherung abgegeben? Zeuge Füssel: Jawohl. Präsident: Haben Sie bei der crsiere», die Sie dem Noack abgaben, clbst das fragliche Protokoll ges t rieben? Zcnge Füssel: Nein, ich sagte Noack, er solle nur schreiben, waS er brauche. Ich habe dann unterschrieben. Präsident: Hat Ihnen Noack de»» nicht vorher vorgelese», was cr gc- chriebe» hatte? Zeuge Füssel: Ich habe cs vorher selbst dnrchgclesen. Zeuge war vom März l890 bis November 1891 bei Loews L Co- nnter Meister Spangenberg als Putzer thälig. Er habe mit Schmirgel die Gewehre gereinigt. Einen direkte» Auftrag dazu habe er nicht erhalte»: er habe cs eben nur gerade so gemacht, wie die Anderen anch. Später erst sei das Schinirgeltt verboten worden. Von da ab habe er sich den zmn Schmirgel», das er trotzdem fcrtsetztc, uothwcndigc» Schmirgel, der bis dahin vom Lagcr- verwaller geliefert worden, aus eigene» Mitteln aiigeschasft. Ans Befragen des Ersten Staatsanwalts stellt Major Han ui ug fest, daß ansäiiglich «in Verbot des Schmirgclns nicht bestand, von ihm ei» solches vielleicht erst später erlassen war, dein Vertheidcr giebt dieser Sachverständige zn, daß bei den Truppen das Schmirgeln verboten war, doch stcht in der Instruktion kein solches Verbot. Der Arbeiter G a ns behauptet. Kühne hake zugegeben, daß das Schmirgeln mit seinem Wissen und Willen geschehen lei. Letzterer hält dem entgegen, daß daS Schmirgeln ja später erst Vorbote» worden sei. — Arbeiter Gons: Der Oberstleutnant Kühne habesogarge- ägt: Wenn sich die Kerls bc! dem Schmirgeln nnr nicht so dumm anstellcn wollten! . . ^ Werkzengmeisler Schnrig bekundet, daß er in der Loeweschc» Fabrik beim Lausban beschäftigt gewesen ist. Er soll davon Keiiiilniß haben, daß die Gewehre „gedrückt" wurde». Er bejaht die diesbezügliche Frage. In der Fabrik in der Holluiaunstrahe habe src, »nd offen ein Balancier gestanden, der znm Drücken der Läuse benutzt wurde. — In der Fabrik in M.rrtiniken- selbe habe sich cbensalls ein Balancier besnndcn, der »ach der Ansicht vcs Zeugen in einem besonderem Raume stand, der von den Nevisionöbcamte» leicht übersehe» wurde. , ^ . Tic militärischen Sachverständige» begutachteten, daß ei» Balancier sich in jeder königlichen Werkstatt befinde. Meister Bertram, der viele Jahre unnnterbrocheu bei Loctve arbeitet, be kundet, daß der Balancier nnr deshalb im Geheime» in Anwendung gebracht wurde, damit die Arbeiter nicht sähen, was da gemacht wurde, damit sie nicht noch mehr „murkstcn". Der Präsident richtet »och einmal an die Zeuge» die Frage, ob der Aufenthalt des früheren Arbeiters in der Locwc'schen Fabrik, späteren Droschkcn- kiilichcrs Eduard Krähah», bekannt sei. Ein Herr ans dem Znhörcrrainn »iclcct sich, welcher angiebt, daß der Gesuchte sich vor etwa 6 Wochen in der Loewe scheu Fabrik in Budapest besunde» habe. Oberstlentnant a. D. Kühne weiß hiervon nichts und ebensowenig Herr Loewe. Der Angeklagte wiederholt seine Behauptung, daß Krüh ahn von de» Nebenkläger» sortgeschafft worden sei, nm nicht in diese», Prozesse als Zeuge austretcn zu können. Er bittet, daß in Budapest telegraphisch Anfrage gestellt werde. Präsident: War soll der Zeuge Krähah» denn Alles bekunden? Ang-klagtcr: Ich weiß, daß Krähah» im Bliitne'schen Lokal i» der Pascwalkerslraße viel Geld ge.cigt hat nnd bnchstäblich damit umherwarf. Ferner hat er einen Schein gezeigt, der an der Kopfseite die Zahl 30,000 Mk. trug nnd dann in Buchstabe» dieselbe Summe, welche ihm zngcsicherr wurde, tuen» er gegen ihn, den Angeklagten, anssagc. Der Schein war mit dein Name» van Groningen »nlcrschriebe» und gestempelt. Krähah» werde be kunde», daß er am Abend nach dem Fortgänge der übrige» Arbeiter eine Menge Gewehre selbst gestempelt hat. Er habe ferner ein Gespräch deü Oberstleutnant Kühne gehört, wodurch der Letztere arg verdächtigt wird, und ferner werde er beknudc», daß die ungarische Negierung ebenso betrogen werden solle, wie der deutsche Staat, die dortigen Beamten seien aber z» vor sichtig gewesen. Präsident: DaS Letztere geht »nS hier nichts an. Erster StaatSa nwalt: Ich möchte den Krähah» ja anch gern haben, damit die Sache so weit wie möglich ansgeklärt weroc, aber wir können doch nicht aus die Aeitbcrniigcn eines Herrn ans dem Zuhörern«»» hin uns au» so weitlänsigc Sache» entlassen. Präs.: Ich halte es doch sür nölhig, de» Versuch zu machen, »ach Budapest z» telcgraphircn. Zenae Loewe giebt die Adresse der Fabrik i» Budapest an- Sehr interessant ist ans der NachmiltagSverhandlmig die Aussage de- Baron von Lange», der Ahlwardt wiederholt nnterslützt und anch dtzl» Arbeiter» Unterstützungen gewährt hat. Er sagt über seine Unterredung miß dem Polizeipräsidenten ous, daß er demselben vorgchalten habe, die Angabe» der Broschüre könnten im AtiSlande Aufsehen errege», das Vertrauen zn der Armee erschüttern »nd SlaatSitttcrcssc» verletzen. Der Präsident habe ihv zrotzdcm abgewiese». Später habe er die Broschüre einem Offizier vö»
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