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Sächsischer Landes-Anzeiger : 22.11.1892
- Erscheinungsdatum
- 1892-11-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-189211223
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18921122
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18921122
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1892
-
Monat
1892-11
- Tag 1892-11-22
-
Monat
1892-11
-
Jahr
1892
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 22.11.1892
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W, — Zum Morde im Zeisigwald. Am 17. November solle» durch die Gendarmerie in Plane bei Flöha einige Personen in Hast genommen worden sei», welche i»> Verdachte stehe», vonjdem an den, Töpfer Weber in Frankenberg am 24. A.ignst d. I. vollfnhrten Morde nähere Kenntniß zn haben, bez. dabei betheiligt gewesen zn sein. Ein Mann, welcher Hanptbetheiligter sein soll, habe sich der Berhastnng dnrch die Flucht vorläufig z» entziehen gewußt. — Ob sich diese Meldung be stätigt, bleibt abzuwartcn. Näheres haben wir bisher trotz mehr facher Erkundigungen noch nicht ermitteln können. —* Unfall. Auf einem Neubau am Kaiserplatz erhielt ei» Handarbeiler, als er am Aufzug eine in Bewegung geralhene Haspel- Welle anshaltcu wollte, vom Drehling starke Schläge an Kopf und Gesicht, wovon er dermaßen verletzt lvnrde, daß er sofort nach seiner Wohnung gebracht werden mußte. — Vom Wage» gefallen. Am 17. November fiel ans der AngnstnSbiirgerstraße ein Geschirrführer infolge raschen Anziehens des Pferdes vom Wage». Das Pferd ging daun durch, wurde aber nach kurzer Zeit von Arbeitern anfgehaltcn. Der Geschirrführcr hatte dnrch den Fall nicht unbedeutende Quetschungen und Verstanchuugen erhallen. —* Ein frecher Patron. Am Sonnabend Abend in der 10. Stunde erregt« ei» betrunkener Fleischergeselle in einer hiesige» Herberge ruhestörcnden Lärm und lvnrde deshalb aus dem Lokal ge wiesen. Derselbe leistete jedoch dieser Weisung keine Folge. Auch die Aufforderung eines herbeigerufeuc» Schutzmanns zum Verlassen der Herberge beachtete er nicht, beschimpfte denselben und drohte ihm mit Thätlichkeilen. Als der Schutzmann nnninehr den Stromer mit Gewalt entferne» wollte, ging dieser auf ihn los und schlug ihn iu's Gesicht. Mit Hilfe eiuiger Männer gelang es schließlich, den Mühen den z» bändigen und nach dem Arresthansc zu bringe». Auch auf dem Wege dorthin setzte der Mensch sein Brüllen fort, in Folge dessen sich eine Menge Menschen ausammelte. —* Jugendliche«! Dieb. In letzter Zeit wurden zn wieder holten Male» von einem Grundstück an der Uferstraße größere Partice» Nutzholz gestohlen. Nachdem hierüber Anzeige erstattet worden, wurde als Dieb ein Schulknabe ermittelt, welcher geständig war, das Holz gestohlen und in die Wohnung seiner Eltern getragen z» haben, Ivo cS zur Feuerung benutzt lvnrde. Schlohkirchc»»co»»cert. Dem Charakter des Todtcnsonntags angemessen hatte Herr Cantor Bemniann, wie auch sonst immer, ein Geist nud Gcmütb gleich fesselndes Programm von Chorcomposilioiien entworfen, dessen Ausführung in alle» Theile» sür gewissenhafte, seinsnunge Vorbereitung, namentlich wiederholt für da- schon oft gerühmte Streben des Dirigenten sprach, die vier Stimme» in ein schönes Älangverhältuiß zn einander zu bringen, die Stärkcschattirnnge» geschickt zn beobachten und i'nSgesammt möglichst abgerundete, poetische Wirkungen zu erzielen. Die schwierigen Platzverhältuisse auf dem kleine» Orgelchor begründen de» Umstand hinreichend, das; bei Mitwirkung von Orcheslermttsik, der Chor nud das Orchester n»r sehr schwer z» ganz genauem Zu sammenhalt zn vereinen sind. Das that auch der sonst gut erfasste», auch von den Mitgliedern der Geidel'schen Capelle mit vieler Hingabe behandelte» Bach'schcn Cantate, am Merklichsten von Anfang herein, einigen Abbruch. In den ersten Chorsachen trat ferner der Chortenor, vornehmlich eine einzelne Stimme, recht ansdringlich hervor. Am Meisten fiel »ns dies in Theodor Schn ei d ersanßerordentlich fesselnd und stimmungsvoll concipirtem Kyrie aus. In Hailptmanns einschmeichelnd uirlodiösem 81. Psalm, einem Seiteustück zn E. F. Richters „Wie gross Dein Leid auch sei" blieb bei sonst bestem Gelinge» die JntonalionSrcinheit nicht gänzlich nngc« trübt; sehr schön bis aus ei» unbedeutendes Fehlerchen erklang Vincenz Lachners warm empsnndene, mild wirkende, wenn auch nicht grobe ninsila- lische Gedanken enthaltende „Seelenseier". — In dieser Tonschöpsung sowohl als in Bachs Cantate vertrat die Sopransolopartic die Conccrt- fängerin Frl. von Broke anS Leipzig, bei Lachncr mit nachhaltigerer Wirkung als in dem kurzen, mehr oder weniger Spuren der Anfangsbe fangenheit zeigenden Bach'sche» Rccitativ. Die genannte Dame besitzt gute Mittel und auch schon recht ansehnliche Schulung, unancirte sinngemäß und iMonirte rein. Siimmliche Uncbenheilen bei Ucbergcingen und vereinzeltes, de» kirchliche» Vortrag nicht entspreche»; es Herüberziehcn von To» zn Ton wird die Sängerin bei fernerem Fortarbeite» gewiß noch überwinden lernen. Handels Messias-Arie kann viel bedeutender und kirchlich stilvollcr gc- snngen werden. Am Vesten gesiel uns die Leistung in Gcrok-Lasscns „Berg des Gebetes", dessen schlicht gemüthdolle Compositio» im Hinblick aus die Länge allerdings etwas einförmig wirkte. Die Orgel hätte vielleicht durch abwechslungsreichere Rcgisterwahl z. B. ganz zarter bei de» von der Sängerin stets lcster gesnugenen Stellen „Schläft er inm in stiller Nacht" oder „halt de» Odem an, o Nacht" rc. diesen Eindruck etwas vermindern könne». Auch mit der Begleitung der Händelarie konnten wir ans verschiedenen Gründe» durchaus nicht sympathisircn. Jni klebrigen bethciligte sich an der Ausführung als Gcsangssolist Herr Westhoss, der glückliche Besitzer ganz abnorm metallreichcr Mittet eines tiefen Basses. Seiner Mitwirkung i» der Bach'sche» Arie fehlte bei allen, guten Willen die rechte Klarheit, namentlich der bgnrirten Episoden, allerdings hrnptsächlich in iFolgc von allzndnnkler Localisirnng und einer bei einem solchen mächtigen Baßorgan kaum über> ra chcnde» Schwerslüssigkcit. I» seinem s nst gut vorgetragenen „Still in Gott" machte sich nur der erstgenannte Umstand bcmerkbar. Herr Organist Blnmtritl bot tem Eoucert dnrch die sorgfältige Wiedergabe eines schwer- gediegenen Sonatensatz cs von Forchhammcr eine würoige Einleitung. Das Conccrt war sehr gut besucht. —,1,-. Frau vr. Wettstein als Fabrikarbeiterin. Nachdem wir bereits in nuferen Arlikel» vom 13., 16. uud 17. November ausdrücklich gegen die Ucberireibnnge» nnd Unrichtig keitcn in dem Bache „3^ Monate Fabrikarbeiterin" aufgelrete» sind, könne» wir n»seren Lesern heute mitthcile», daß behördliche Feststellungen bereits ergeben haben» wie viele in diesen. Buche ent haltenen Schilderungen der Chemnitzer Verhältnisse theils übertrieben und theils unrichtig sind. Nach den behördlichen Ermittelniigen hat sich Fran vr. Wett stein-Adelt im Ganze» überhaupt nur siebzehn Tage in unserer Sladt und deren Umgebung aufgehalten. Sie ist am 4. Juni d. I. mit ihrem Manne und ihrem Kinde Beatrice hier angekoinincn, im Gasthaus „Not her Hirsch" abgestiegcn nnd hat nachweislich am 21. desselben Monats Chemnitz verlassen, um angeblich »ach Thun in der Schweiz abznreisen. Nach Bckanntwcrden dieser Thatsciche» dürfte der wahre Werlh der Minna Wcttstein'sche» Auslassungen wahrscheinlich auch von alle» Denjenigen erkannt werden, welche das Erscheinen dieses Buches benützen zn müssen glaubten, um die Arbeiter- Verhältnisse in Ciiemnitz von der ungünstigen Seite darznstelle». In dem kurze» Zeiträume von siebzehn Ta.cn will Frau Minna Wcit- stein die materiellen nnd sittlichen Zustände in der Chemnitzer Arbciterinnciischast erforscht habe»; da nimmt den» wahrhaftig tic große Zahl von nachweisbar Unrichtige,» in ihrem Buche kein Wunder mehr, zumal wenn man bedenkt, daß Iran Weitstein, wie behördlich festgcstellt ist, überhaupt nur zwei und einen halben Tag i» einer Fabrik in Chemnitz wirklich gearbeitet, in einer anderen sich aber lediglich als Zuschauerin aufgehalten hat. Innerhalb der 17 Tage hat sich Fran Wettstein weiter noch kurze Zeit in Allchemnitz nnd in Linibach oder dessen Nähe anfgeyalien. Die Fran Tvkivr hat sich sonach ihre Sache sehr leicht gemacht und ihre Ausführungen, ihre sittlichen Enirüstniigs-Ansrnfe über das Erlebte bekommen eine» merkwürdigen Beigeschmack. „Ich allein weiß es," ruft sie in der Vorrede mit Emphase ans, „wie manche Nacht ich vor Erschöpfung, vor übergroßer Ermüdung nicht einschlafe» konnte, wie ich bei der schweren körperlichen Maschinenarbeit oft glaubte zusaminenznbrcchen." Die arme, arme Fran! Bei 2'/, Tag FabrikarbeitI Selbst die ehemaligen Mitarbeiterinnen der verflossenen Minna Hertzog, z» deren Wohl sie „jene schweren Monate" durchgemacht, werdet! ihr das Bedauern über solche Anstrengungen nicht versagen könne». Wie Frau Wettstein in dem „Werke" selbst mitgethcilt, hat sie sich fünf Tage mit dem Suchen von Arbeiterinnen-Wohnungen nnd Schlafstellen beschäftigt, weiter hat sie „alle Chemnitzer Lokale, in denen Arbeiterinnen verkehren, besucht." Was die Frau Doctor da gefunden hat, scheint von ihr »nr sehr oberflächlich beobachtet worden zn sei», und ihre Schilderungen sind znm Theil — gelinde gesagt — sehr übertriebe». Bon der „Kaiserkrone" z. B. giebt sie eine Schilderung, daß — wenn dieselbe den Thalsachen entsprechen würde — sicherlich schon längst die Behörden sich mit der Angelegenheit beschäftigt haben dürften. Schon das, was über die baulichen An lagen, Treppe u. s. w. gesagt wird, ist völlig unzutreffend; ebenso scheint der Beobachten» gänzlich entgangen zu sei», daß sowohl polizeiliche wie milttärische Anfsichtsbeanile stets bei derartigen Ver gnügungen cmwe end sind. Auch die Mitthcilnngen über das mit einem Asyl für Obdach- nnd Stellenlose verbundene „Nachweisbnrean einer Frcuienstiftnng" sind offenbar unrichtig. Gemeint ist jedenfalls das „Marthaheim", aber die Schilderung der Ränmlichkette» ist vollständig falsch und kein einziger der Bibelsprüche, die die Verfasserin anführt, ist auf de» Wände» angebracht. Zudem erinnert sich keine der leitenden Persönlichkeiten de-Z Heims, mit einer Frauensperson ähnliche Ge spräche geführt zn haben, wie sie Frau ör. Wettstein mittheilt. Da außer dem Marthaheim leine weitere derartige Anstalt in unserer Stadt besteht, so kann nur diese gemeint sein. Jeder Unbefangene wird schon daraus ersehen können, wie „zutreffend" die Beobachtungen und Mitthcilnngen der Dame sind. Nach Feststellung des merkwürdigen „Jrrthums", dessen sich die Frau Doctor in Bezug auf die Dauer ihrer Studien schuldig gemacht hat, verlohnt cs sich kaum, den übrigen Ausführungen näher zn treten; es sei deshalb nur nochmals kurz betont, daß soviel unrichtige Darstellungen, Angabe», Auffassungen nnd »»logische Schlüsse in dem Buche enthalten sind, daß ans alles Einzelne näher cinzugehen un möglich ist. Wie i» Bezug ans die Dauer ihres Aufenthaltes ist der Fran Doctor »och in so vielem Anderen ei» — Jrrthum passirt. Vielleicht nimmt der oder jener der in. Buche Angegriffene» noch Gelegenheit, diese Jrrlhümer klar stellen zu lassen. — Viele von Denen, die dem „Werke" mehr oder minder ihre Anerkennung aus- gesprochen habe», dürften nach Bekanntwerdcn der vvrsteheinde» Thatsache» sich nnsecer schon früher ausgesprochenen gegentheligc» Ansicht vielleicht noch anbequemeu. Stadttsteater. Di» Hugenotten. Große Oper in 5 Acieu. Musik lio» G- Metz er beer. Die gestrige Aufführung der „Hnaenottcn" lieferte neuerdings de» schönste» Beweis sür die Leistnngssähigkeit nud die Ausdauer »uscrcS jetzige» Opcrupersouals. Die Träger der Hauptrarticeu lösten ihre »ngcwöhulich schwierige» Avsgaben mit ganz besonderer Hingabe. Frl. Elzer vcrwrndcte aus die Valentine alle» Gianz ihrer Stimme und entwickelte dabei in der Darstelli^ig dieicr Rolle eine Wärme uud Leidenschaftlichkeit, die dcS höchsten Lobes würdig ist. In Bezug auf GcsaugStechuik bot die geschätzte Sängerin besonders in dem große» Duett mit Marcel eine vollenden! Leistung. Ihre Kunstdarbictungen rissen das Publicum z» stürmische» Beisallslnudgebnuge» hin. — Als Raonl bewähitc sichHcrrMilenz wie immer als ein erfahrener Sänger nnd gewandter Schauspieler. Durch die Weichheit seiner Tongebung und dnrch seine Geuincklichlcit ja der Behandln», der hohe» Töne, deren die Partie des Raaul eine erkleckliche Anzahl anfwcist, erzielte Herr M i l cn z einen großen Erfolg. Nach dem Duett mit Valentine im 4. Acte wurde er nud Frl. Elzer nicht weniger als vier Mal gerufen. — Die Partie des Marcel bot Herr» Sti erlin die beste Gelegenheit, seine hervorragende künstlerische Befähigung zn bclhätigcn. Der Sänger verstand es ausgc zeichnet, mit dem schweren Kaliber seines nmsangrcichcn Basses uud der über legenen Sicherheit, womit er den alten erprobten Diener Raonls hinstellte zn imponieren. — Eine gewinnende Leistung bot Frl. Pivoda als Mar garets, e von Valois. Die Sängerin kämpfte anfangs mit einer leichten Befangenheit, die sie jedoch bald überwand. Sic zciglc da»» in. Verlaufe der Scene in ihrem Vortraie eine ancrtcnnenswcrthe Sicherheit- — Herr bon Lanppert gab de» NcverS mit Distinclivn. Auch verstand er cs vortre'slich seine» känstlcrischen Absichten den geeignete» Ausdruck zn verleihen Er subrte die Partie mit seiner klangvollen, frischen Stimme, die dnrch seinen temperamcnlvollcu Vortrag und gute Phrasirnng ans das Beste unter stützt wurde, in vorzüglicher Weise dnrch. — In hob m Grade anerkenucns- werlh war die Wiedergabe des St. Brie s durch Herrn Ha rtm a nn. Er sang die Partie außerordentlich corrcct »nd mit seine», Verständnis;. — Die Par tie des Pagen Urbain fand i» Frl. Deuts >h m a » n eine geeignete Ver treterin- Es verdient, abgesehen von den, wirkungsvollen Vortrag ihrer Arie, noch besonders hcrvorgehobcn z» werde», daß sie sich in den Ensembles recht wiiksam brthciligte. — Die kleineren Parliro» waren durchaus entsprechend besetzt. — Dein Chor ist in dieser Oper von dem Componistcn keine leichte Aufgabe gestellt worden- Es in,iß jedoch rückhaltslos anerkannt werden, baß er sich bis c»,f ei» kleines Versehen i,„ Soldale,ichor tre'fstich bewährte. Ausgezeichnet gelang „amenllich der erste Chorsatz: „Freunde, kommt zn Tische". Es ging überhaupt ei» srischecZng dnrch die ganze, von der Regie sorgfältig eingerichtete nnd von Herrn Capcllmcister Wcißleder vcrständ- »ißvoll geleitet« Oper- — Die Schlnßscene war von Herrn Hart mann aiißerorteiitllch effektvoll arrangirt. D—. — „Diogenes in seiner Tonne" — nichts Bekanntere» nichts, wa» mehr beglaubigt ist, als die». Nicht wahr? Und dennoch — so schreibt die „Nat.-Ztg." — giebt eS nicht», was falscher wäre. Nein, nicht aus dem Innern einer Tonne heraus ließ jener bekannte Philosoph an» der Schule der Cyiiikcr seine witzige» Be merkungen und beißende» Au-sälle los, und zwar au» dem sehr cin- fachen Grniide, weil man z» der Zeit, wo Diogenes lebte, noch gar keine Tonne» kannte. Die Tonnen sind in Wirklichkeit deutschen Ursprungs und die Griechen und Römer bedienten sich zum Auf- bewahre» ihre» Weine» großer Thvngefäße, welche ungefähr dcnjenigcn gleiche», die »och heut zu Tage in Spanien in Gebrauch sind und die man dort „tinnjas" nennt. In einer solchen ti»u.za. hanste also der alte Diogenes, »nd die Basreliefs der Villa Albini zeigen nns, daß er die Einfachheit sogar soweit getrieben, daß er sich zur Wohnung einen großen zersprungenen Weinkrng anserkor, dem der Boden fehlte und der aus diesem Grunde seinen eigentliche» Beruf nicht mehr zu erfüllen vermochte, der aber dennoch genügte, dem bedürfnißlose» Philosophen Schutz zu gewähren. Der ganze Jrrthni» ist daher entstanden, daß der Uebersctzer eS für paffend erachtete, das Wort „Weinkrng" mit „Tonne" wiederzngebeu, »nd man könnte nun ebenso gnt, wie man über jene holländischen Maler gelacht, die de» Odysseus mit einer Tabakspfcife im Munde dargestellt, auch über alle die Künstler lachen, die den Diogenes in eiuer richtige», mit Reisen beschlagenen Tonne dargestellt haben. — Heirat h «mter erschwerende«» Umständen. Aus Minsk wird dem Rigaer Tageblatt über eine Traunng, welche kürz lich dort in der Katholischen Kirche vollzogen wurde, berichtet: „Neben der festlich mit Kranz und Schleier geschmückten Braut erschien der Bräutigam unter starker polizeilicher Begleitung in, Strciflingsanznge, mit schweren Ketten an Händen nnd Füßen, bei jedem rasselnden Schritt ein schauerliches Echo in dem große» leeren Raume der Kirche hervorruseiid. Nach der Trauung wurde der Neuvermählte öfon wieder ins Gefängniß abgeführt, während die junge Frau und ihre Gäste in fröhlicher Stimmung sich ans de» Heimweg begaben. Der Gefangene, ein Arbeiter P., wurde unlängst wegen Raubmord, verübt au einen, hiesigen Droschkenkutscher, zu 10 Jahren Zwangs arbeit verurtheilt und soll mit dem nächsten Gefangenentransport nach Sibirien abgehe», wohin ihn seine junge Fran begleiten wird." Strafkammer-Verhandlungen — Chemnitz. 18. 11. Zwei Kivschcnliebyabcr. Am Morgen dcs 18. Juli d. I. »lachte» sich die beiden, nicht mehr unbescholtenen Hand,rbeiter Friedrich Her wann Fleischer, 185l geboren, nnd Friedrich Ernst Rothe, 1848 geboren, beide ans Hainichen, ans der voll dort nach Waldheim sührcnde» Chaussee insofern der Gcnnßmittel-Entn-endnng schuldig, als sic von den Kirschböumcn des Gutsbesitzers El- in Kri'ebstcin nnbcsngter Weise Kirschen znm sofortige» Verzehre» abpslückte». Als sie der Eigenthümcr wegen ihres Gcöahrcns zur Rede setzte, drohten sic diesem mit Todtschlagen, wobei sic sich thätlich a» ihm bergrisse» nnd ihn zu Boden warfen. Das Schöffengericht i» Miltn ei da belegte Fleischer und Rothe wegen der Gcn»b»lit«el-Eutwcndung mit einer geringe» Geldstrafe, erklärte sich aber wegen der übrige» Strasihaten nicht sür zuständig nnd überwies die Ent scheidnng hierüber an das hiesige königliche Landgericht, von welchem die beiden Kirschculiebhaber wegen Bedrohung mit cineni schwere» Verbreche» und Nöthignng nnd zwar Fleischer als der Schnldigere mit 6, Rothe mit 3 Wochen Gesänguiß bestraft wurden. Nnvorsichtiges Fahre»«. Der noch völlig unbescholtene, erst 17 Jahre alle Fleischcrgehilse Ernst Hermann Scideiiglanz ans Chemnitz fuhr all, 27. Juli d. I. mit cineni einspännigen Fleischerlvagen in schnellem Trabe die Zschopanerstraße hierselbst entlang. Hierbei machte er sich dadurch der fahrlässigen Nörpcrvcrlctziuig schuldig, daß er unter Außerachtlassung der gehörigen Ansmerksamkeit mit seinem Geschirr eine mit eine», Kinderwagen vor ihm hcrsahrcnde Fran umriß, so daß di- beide» im Wagen sitzenden Kinder ans die Bordsteine geschlendert wurden, wobei eins dcrielben eine zum Glück nur lcichce Verletzung davon trug. I» Anbetracht der Jugend nnd bisherigen Unbescholtenheit des leichtsinnigen Fahrers, sonie der Geringfügig keit des dnrch ihn angerichlcten Schadens erachtete die Slraskauimcr das Ver gehen desselben mit 2 Wochen Gesängniß als hinlänglich gesühnt. Alts Nah m»d Fern. — Kleine Mittheilnnge»«. Der wegen Ermordung seiner Fran cmgeklagie Postschaffner Nosenberg in Berlin ist wegen Todtschlages schuldig befunden nnd z» zehn Jahren Zuchthaus ver- urtheitl worden. — In Hamburg wurden verschiedene Personen wegen Verbreitung anarchistischer Schriften verhaftet. — Der indische Augenarzt Golain Kaadno, der in Berlin seine Schwindeleien be treibt, ist von mehreren Geschädigten jetzt wegen Körperverletzung und Betrug beim Staatsanwalt angezeigt worden. Mit seiner Praxis dürfte cs bald vorbei sein. — Auf der Berliner Stadtbahn gab e» eine starke Verkehrsstörung, da eine Maschine versagte. Niemand Ist verletzt worden. Drahtnachrichten nnd letzte Meldungen. Chemnitz, 21. November 1692. Bremen. Die Nachricht answärtiger Blätter, datz der Norddeutsche Lloyd die Reichsregierung «»»«» Inter vention in Washington wegen der „e»«erdi„gs verhängte»» Sperre gebeten habe, wird von z»«ständiger Seite dementirt. Fürth. Sämmtliche Bürgermeister des Reichstags- Wahlkreises wnrde» von Baron Stauffenberg zn einer Besprechung über die Frage der Besteuern««-; des Tabaks hierher berufen. Ascher sieben. In einen« Seitenstollen der Kali werke sind in« Schachtel!! zwei Bergleute von den nieder gehenden Salzmassen verschüttet und getöotet worden. Wien. Gegen die Stimmen der deutschen Abgeordneten lat der vom Parlament niedergesctzte Ausschuß beschlossen, dem Ab geordneten Menger wegen seiner Aenßcrung, daß, wer vom böhmischen Staatsrecht rede, ei» Hochverräther sei, die Mißbilligung anszu- prcchen. Die deutschen Vertreter i»> Ausschüsse gaben zn, daß die Aeußernng Menger's tadelnswerth sei, legten aber das Schwergewicht dar auf, das; Menger nicht die Absicht hatte, zn beleidigen. Die „N. Fr. Pr." setzt anseinaiider, eS gäbe in Oesterreich nur ein Staatc-recht nnd das sei die Verfassung. Die Klerikalen i» Ungarn riefen die Katholiken zni» Culturkampfe ans, sobald die neue Regierung über die obli gatorische Civilche sich geäußert haben würde. Zunächst iverde der Episkopat eineil gemeinsamen Hirtenbrief erlassen. Pari s. Ferdinand und Charles von Lesseps, Baron Cottu, Fontane, Eissel nnd Baron Reinach sind ans den 24. d. M. vor den Appellationsgerichtöhof geladen worden. — Die Blätter sehe», voraus, bah die Berathnnge» dev Interpellation in der Panama-Slngelege,«heit sehr leb haft «verden könnte wegen der persönlichen Zwischenfälle, die sich ereignen könnten. Mehrere Blätter glauben, die Verhandlung werde mit der Ernennnng einer Nnter- sttchnngscommissio»» endige»«. Lissabon. Eine Versammlung hiesiger Geschäfts inhaber beschloh, ihre Läden ans 24St»nde>« zn schlichen, sobald das englische Geschwader in den Hafen einlänft. Man beabsichtigt dnrch diese Demonstration zn zeigen, dah der portugiesische Handelsstand das englische Mcmorandtt»»» von» 1t. Januar IttVO betreffend die Port««, giesische» Okkupationen in Ostasrika nicht vergesse» habe. Gothenbnrg. Hier verlautet, die Hambng. Amcrikanische Packetfahrt-Actien Gesellschaft beabsichtige eine direkte Dainpsschiffsverbindnng, «nd zwar -»«nächst alle 14 Tage, zwischen Stettin, Helsingborg, hier mit New Uork herznstellen. Die hiesige Geschäftswelt ver spricht sich grohe Vortheile von dieser Berbindnng. Ko nsta ««tii« o pcl. Nachdem die Unterhandlttngen mit der Ottomanbank gescheitert sind, erfolgte der Abschlnh eines kleineren Anlehe,«s mit einer deutschen Bankgruppe, die a»«ch für den weiteren Anöban der anatolische» Bahnen der Pforte bereits eine Offerte unterbreitet hat. New-Aork. Eine Versammln,«g der vereinigten Arbeiter „nd Genossenschaften zn Homestead erklärte den Ansstand in der Fabrik von Carnegie für beendet. Lchlachlviehmarkt im Schlacht- und Viehhofc zn Chemnitz, am 21. November 1892. Anstrieb: 235 Rinder, 549 Landschweine, 848 ungarische Schweine, 46 Kälber. 341 Hammel. Auf dem Markte befanden sich heute 9 Rinder, 82 Landschweine, 30 uug»rische vchwcinc mehr, dagegen 7 Kälber und 51 Hammel wc.ffgcr, »lS vor 8 Tagen. DaS Geschäft war in allen Vichgatlnngen mittelmäßig. Die Preise für Rinder 1. Onainät stellte» sich gegenüber der Vorwoche etwas höher, diejenigen für Landschweine nnd Kälber dagegen etwas niedriger. Preise: Rinder: l. Qualität 62—65 Mk., 11. Qualität 52—57 Mk. n»d III Qnalität 44—50 Mk. für 100 Psd. Schlachtgewicht. Landschweine: 58-62 Mk. sür 100 Psd. Lebendgewicht bei 40 Pfd Tara per Stück- Ungar. Schweine: 52—53 Mk. für 100 Psd. Schlachtgewicht. Kälter: 54—56 Ml. für 100 Psd. Schlachtgewicht. Hammel: 26—29 M. für Ivo Psd. Lebendgewicht. Briefe, welche an die Person de» Verlegers oder eines Mitarbeiters niiscrS Blattes adrcssirt waren, mußten bisweilen liegen bleiben, da die Betreffenden sich zur Zeit nicht im Geschäfte befanden; um Verzögerungen zn vermeide,» wird deshalb gebeten, all« Sendungen an die BerlagS-Rnstalt von Alexander Wiede zu adressiren. Verlag nnd Redactton» , «erantwortliq! für volltlfche», O-rtll,-« nnd FrnMrtonlsMq««. Jnllu« Zd-tS» sür enchstl«-»; Fran, ««!,-: ,llr den ül>ria>» Ldrll d-r Verl«««: ISmmtNchlu «b-umsD, tülli «ulbcw-dru», und R/t-tftudnn, nicht «dttrnrr St-mstn«« «>»d nicht ü«dür»U
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