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Sächsische Volkszeitung : 05.04.1922
- Erscheinungsdatum
- 1922-04-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192204055
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19220405
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19220405
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1922
-
Monat
1922-04
- Tag 1922-04-05
-
Monat
1922-04
-
Jahr
1922
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 05.04.1922
- Autor
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sckasis- und dcS ErinibrungSministcriiims beträchtlich einge- schränkt, aber der Ansgabcnkr.'iS ist doch immer noch recht „roh. Tie vielerlei Frage», deren gesetzliche Erledigung r-ein NeichSamt de» Innern znsällt, war Elegensland der Rede de» Ministers. Sie können d er nur kurz skizziert werden: Schutzpo'izci, Reichs» tnasserichutz. Technische N'othilie Kadettcnanstallen, Kriegsgräber- fürjorge, Zcnlralnach'l'cisbcbörde. Jugend- und Gcjundheitö- pslcge. Im besoiidcren gedachte der Minister auch der Not der deutschen Presse. Preußischer Landtag Ai» Montag kam im preußischen Landtag eine Angelegen heit zur Sprache, die eigentlich nur für Berlin von besonderer Be deutung ig: Tie Vorgänge in der früheren Kadettenanstalt und jetzigen Lehranstalt in Lichterfe!de-Ber in. Diese Vorgänge er hielten dadurch einen parteipolitischen Ein'chlag, da die von der äußersten Rechten und von der äußersten Linken zn heftigen An- grissen auf den Kultusminister Volitz benutzt wurde». Sowohl die Teurschnationalcn als auch die Unabhängigen hatten eine groste Interpellation cingebrrcht, die sie, jeder nach seiner Art, zu begründen suchten. Minister Bülitz war es als Schulsach- mann ein Leichte», die Angriffe von rechts und von links znrntt- zuweisen. Er betonte, dass die Autorität cs verlangte, eine schwere Stra e über solche zu verhängen, die ge'chlossen jegliche Schulautoritüt z, faboticren ver ucht hatten. Der Linken gegen über wies er aver auch darauf hin, dag man bei der Ausführung der Strafe doch »och Mast halten müsse. Im Namen des Zentrums erklärte bei der Aussprache der Abg. Wildermann, sich mit den Mastnahinen des Ministers einverstanden und forderte, dass auf jeaen Fall die Politik ans der Schule verbannt w.rden müsse. Ec wies allerdings auch darauf hin, dass die Lichtcrseldcr Anstalt nicht länger eine Bersuchsjchule bleiben dürfe, sondern sie in ruhige Bahnen gelenkt werden müsse. Bei den Verhand lungen siel aber eines aus, dast nämlich die TeutMiationale», was Ton und Haltung angeht, bei den Kommunisten in eine gute Schule gegangen sind; sie, die sich als die Träger der höch sten deut che» Kultur dünke», scheuen sich nicht, durch rüpelhafte Zurufe, ja sogar durch Brüllen ihrer Entrüstung Ausdruck zu verleihen. Ihr Parteihast geht schon so weit, das sie völlig jedes Mast verkennen und sich in Gemeinschaft mit den Kommu nisten daran mitschuldig machen, den guten Ruf des Hauses in Mistkredit zu bringen. Freiin von Brakel Die D e u t s ch n a t i o n a l e Partei im Reiche hat vor Jahr und Tag einen Deutschnationale» Katholikcnausfchutz ein gesetzt, der die Belange der Katholiken in der Deurschnationalcn Partei vertreten soll. Dieser Ausschuß ist scinerzcit mit grostcin Elimmenanswand ins Leben getreten. Seine Tätigkeit hat aber lediglich ncgalivc Erfolge aiifzuweiscn. Infolgedessen ist es in und um den Ausschuß auch sehr still geworden. Das ist schon um deswillen begreiflich, weil der Ausschuß sich mit allen« beschäftigt hat. nur nicht niit den zahlreichen Fällen, die auf dcutschnalio- naler Seite im Kampf gegen den sogenannten IlltramoiitaniSmus vorgekommen sind. Während nun diese Bewegung anderwärts auf Eirund der nackten Tatsachen bereits abgcslant ist, hat jetzt der Freistaat Sachsen sein Een- saüönchen ckommca. Bei einer Tagung der Lruischnolionalen Partei für Ostsachen in Lobs» hat sich daS große Ereignis ab gespielt. Wir folgen dem »Dresdner Anzeiger, der darüber folgendes berichtet: ..Besonders großen Beifall fanden die Worte einer deutschnationale» Katholikin, Freiin von Brakel, na mens der der Partei angehörcndcn Katholiken, die jetzt Ge legenheit hätten, die allgemein christlichen Belange zusammen mit den evangelischen Parteigenossen in der Kulturkommission der Partei zu vertreten.," Dazu muß vor allem bemerkt werden, daß wir uns freuen, daß die Freiin von Brakel offen für die äußerste Rechtspartei eintntt, weil dadurch klare Bahn geschaffen ist. Sie setzt sich damit in aller Oesscntlichkeit in Gegensatz zur ZentrvmSpartei und wird sicherlich daher vor einer ebenso offenen Auseinander setzung nicht znrückscheuen. Die Freiin ist bereits einmal in einer ZenIrumSvcrsammlung in Dresden, und zwar Ende Mai 1920, nach einem Vorträge des Herrn Abgeordneten Dr. Hersckel in der Nnssvracbe hervorgetreten »nd hat sich dort als Dcutsch- natianaie bekannt. Den einzigen Grund, den Freiin von Brakel damals für ihre Zngehcrigkeit zur Dcntschnat.onalcn Partei ins Feld geführt hat. war die Tatsache, daß ihr Vater Offizier war. Die von säst 2000 Menschen vckuckle Versammlung konnte mit vollem Rechte das als eine durchschlagende Begründung nicht an- sehen. Denn — abgesehen von anderen Parteien — befinden sicch auch in der Deutschen Zcntrnmspartei sehr, sehr Viele ehe malige Offiziere und der vormalige gewiß verdiente Slcncral LegniS ist — um nur einen heraiiSzugreisen — deute einer der eifrigsten Vorkämpfer für die ZentrumSvartei. Soweit wir die Dinge verfolai haben, ist Freiin von Brakel in der Oesfentlich- keit dann nickt mehr hervorgetreten, wohl aber hat sie beim katholi'ckwn Klerus und auch in anderen katholischen Kreisen in den letzten Monaten wieder sehr eifrig für die Deutschnationale Partei geworben, eine Mitteilung, die wir deshalb machen, damit sie unseren Zcntrumsvertraucnslenten als Ansporn dienen kann. Allerdings müssen mir dann auch wünschen, dag unsere Zen- trumtanhänger bei ihrer Agitation wohl den Eifer der Freiin von Lra'el entwickeln, aber nicht von den gleichen Mißerfolgen begleitet sein mögen. Ta min die Frciin von Brakel jetzt in der K"u It» rkom - Mission der Deutschnationalen Partei tätig sein will, jo wird sie sicherlich cs begrüßen, wenn wir uns unmaß. geblichst gestatten, ihr einige Richtlinien für diese Tätig- keil mit auf den Weg zu geben. Die Dame wird sicherlich ihren Einfluß dazu verwenden, dafür zu sorgen, daß an« der deutschnationalcn »Sächsischen Landeszeitung" in Zukunft solche Artikel verschwinden, die, wie in der Nummer vom 13. Februar 1921, folgende .Schmeicheleien" für die Katholiken enthalten haben: »Das internationale Judentum und da« internatio nale Jesuitentum, die goldene und die schwarze Internationale sind es. die ein Interesse an der dau ernden Schwächung des deutschen VolkcS haben, die eine . . ., di», andere weil ein politisch entiechteics, wirtschasll'ch zer mürbtes Volk äußerlich widerstandslos wird, und den schwär- zen Seelenräubern als Beute in den Schoß fällt." Ans Grund der Tätigkeit der Freiin von Bra'el wird es mich in Zukunft nicht mehr Vorkommen, daß zum Beispiel die Deutschnationale Partei bei Wahlkämpfen (wie das Vor der Wahl vom 14. November 1920 geschehen ist), folgen, des Inserat veröffentlicht: , »WendenI Augen aus! Wißt ihr, daß das Zentrum, daß euch cinsongen will, katholisch ist? Ihr Wenden, die ihr io treu zu eurer evangelischen Kirche haltet, ihr könnt doch nicht katholisch wählen!" Wir werde» ans Grund der Arbeit der Freiin von Brakel in der Ki'llnrtommission der Dentschnationalen Partei davor be wahrt bleiben, in dc-utschuationalen Blättern zu lesen: „Das Zentrum ist und bleibt der gehorsame Diener Roms und des Papstes", und weiter: „Da soll der evangelische Wende sich dazu hergeben. Nom und seinen Getreuen Vorspanndienste zu lei st e n." Einer derjenigen, die eine große Nolle bei den Deutsch- nationalen spielen. *>4st der IlnivcrsitätSprosessor Freiherr von Liebig. Wir empfehlen der Frciin von Brakel ebenso herzlich nie dringend, die außerordentlich weit verbreiteten Schriften die. ses Herrn durchznstndieren und dann als Deutschnationale da gegen Einspruch zu erbebe». Herr von Liebig bezeichnet «die ultra montanen Mitbürger als Schädlinge des deutschen Volkskörpers". Er bedauert, daß „das deutsche Volk ans allen Erfahrungen an die tiefwurzelnde Feind schaft des Nltramontanismus gegen das deutlche Volk noch nickt glauben gelernt habe." Wenn d:e neue Vorkämpferin der Deutsch- nationalen Partei sich weiser über die antikatholische Stimmung in dieser Partei unterrichten will, dann möge sie einmal einen Blick in die Broschüre »Deutschnationale Volkspar tei, Christentum. Katholizismus; eine grund sätzliche Auseinandersetzung von Franz Stef fen" werfen, die im Verlage des Reichsaeneralsekretariats der Deutschen Zentrnms'mrtci, Berlin W. O, Französische Straße 62. erschienen ist. Auf Wunsch sind aber auch wir selbst gern bereit, noch weiteres Material zu liefern. Für hente wollen wir uns darauf beschränken, eine Frage noch an die Frciin von Brakel zn richten. Die deutschnationalen »Dresdner Nachrichten" haben in Nr. 64 vom 7. Februar 1622 folgender geschrieben: „Die evangelische Bevölkerung Deutsch lands steht begreiflicherweise dem neuen Papste zunächst mit recht peinlichen Empfin dungen gegenüber und kann mir hoffen, daß die Rat» prber Pins XI. klug genug sein werden, um ihn erkennen zu lassen, wie kurzsichtig und verderblich eine Brüskierung der nationalen und protestantischen Gefühle des deutschen Volkes sein würde." Dazu hat Abgeordneter Hetz lein in Nr. 8 der Halb- Monatsschrift „Das Zentrum" folgendes bemerkt: „Diese Auslassungen muß ich deshalb als tief bedauerlich bezeichnen, weil sie nichts anderes zur Grundlage haben, als die Meldung eines italienischen Korrespon-denzbureans. Diese Meldung mußte daher von vornherein mit größter Vorsicht ausgenommen werden. Keinesfalls aber durfte sie dazu be nutzt werden, um gleich bei der nicktkatholischcn Bevölkerung den Papst in ein schiefes Licht zn stellen. Dazwischen ist diese Auffassung als richtig mich beftäiigt worden, denn der neue Papst hat einem der deutschen Kardinale gegenüber festgestcllt, daß die ihm zugeschriebene Unterredung mit einem Redakteur des italienischen Korrespondenzbureaus erfunden sei." Trotzdem baden die deutschnationale» «Dresdner Nachrich ten" es nicht für ntowendig gefunden, ihre Stellungnahme zu rektifizieren. Man hat aber auch nichts davon gehört, daß deutsch- nationale Katholiken gegen diese unerhörte Verdächti gung des Papstes irgendwelchen Protest eingelegt hätten. Wir meinen, wenn in einem d c u t s ch n 5 t i o n a l e n Blatt solche Verdächtigungen erscheinen, daß es dann mich wohl Aus gabe der dentschnationalen Katholiken wäre, dagegen in aller Oefsentlichteit Verwahrung einzulegen. Wir willen nicht, ob e» der Frciin von Brakel bekannt ist. daß die Deutschnatio. nale Fraktion des sächsischen Landtages am 17. Dezember 1920 geschlossen für die Aufhebung de» Dreikönipstages und des evangelischen Früh, jahrsbußtages eingetreten ist. Ans dem kurzen lleberblick aber, de» nur bis letzt schon gegeben baben, ist deutlich genug zu ersehen, welch überaus großes Arbeitsfeld die Freiin von Brakel in der Knttnrkommission der Dentschnationalen Par tei zu beackern hat. Wir wünschen ihr aufrichtig für diese Tätig, keit vollstcn Erfolg. Bei Gelegenheit werden wir uns gestatten, der dentscknationalcn Vorkämpser!» durch eine Anfrage Gelegen heit zn geben, sich darüber zu äußern, welche positiven Erfolge sie erzielt hat. Aus dem Ausland Lloylr George im Unterhause London, 3. April. Llvvd George hielt im llnlerhause seine mit Spannung erwariete Rede über die Politik der britischen Negierung ans der Genueser Konferenz. Falls der von der bri tischen Negierung gestellte Vectra lensantrag abgelehnt werden sollte, müßte eine andere Abordnung Großbritannien in Genna vertreten. Die Reparationen hätte» die wirtschasilicke Notlage Europas nicht verursacht, sondern die Zerstörung Frankreichs und Belgiens. Die Fraoe der Ent'cbädignng Frankreichs, aas die letzteres nicht verzichten könne, dürfe dem Urteil einer Kon, ferenz, ans der Deutschland, L rsterrr'ck-llngarm Rußland und die Neutralen vertreten sind, nickt unterbreitet werden. Llopd Eteoroe erklärte, er verstecke nicht, weshalb die Nrbeilerpartei gegen die K-mferenz ist, da sie doch selbst durch Konferenzen groß geworden sei. Stellunqnahme Chamberlains London, 3. April. Ehamberlain erklärte in Birmingham: Die britische Regierung betrachtet die Genueser Konferenz als notwendig für die Wiederherstellung des Weltfriedens. Eng land, das mehr als ein anderes Land ans den Ausfuhrhandel angewiesen sei, müsse weiter leiden, so lange nicht der Handel Europas in Gang gebracht werde. Hierzu schreibt «DailH Chro- nicle": Das Hanpthinderuis für die Wiederherstellung de» Han dels sei die KriegSmenialität und der Zweck der Konferenz d!« Beseitigung dieses Hindernisse». Deutsches Reich Das wahre Gesicht des Eisenbahnerftreiks Die bisherigen Ermittlungen der gegen dl- Führer dcS letz» ten EisenbahnerstrcikS eingeleiteten Dttz v'inarveriahr.'n haben sihr inleresjanie Aufschlüsse gebracht über die Nolle, welche d>« Führer der Reichsgewerkschaft der E'senbabnrr bei dem Streik gespielt haben. Der angeblich für die Durchführung des Streik» gewählte Aktionsausschuß war lediglich eine Kulisse, um den ge« scköftsführendcn Ausschuß, der den Streik lcttete, vor den Be« borden zu decken. Ans den beschlagnahm»;» Akten und Proto kollen der ReichSgewerkschaft geht mich hervor, daß mindesten» der erste VorsitzenM, Menne sich keines'.'gS d-nntt begnügen wollte, wirtschaftliche Vorteile kür d>e Beam.en zu erreichen, sondern daß er bestimmte politische Ziele verfolgte, die von den linksradikalen Parteien unterstüvt wurden. CS ist festgestcllt worden, daß hinter der Zentralstreikleitting per gesckättssnhrend« Ausschuß mit Menne an der Spitze '"and. Jnreeesjant ist mich, daß die NeichSgeiverkschast dem unabhängigen Abgeordneten Ditt- mann für se'ne Ausführungen über den Eisenlahnerstrcik irtt Reichstage die nötigen Unterlagen zur Verfügung gestellt hat. Die Diszinlinarversabren dürsten auch i ber andere Verbindun gen der ReichSgewerksckaft mit Kominnnist-n volle Aufklärung bringen. Unter den beschlagnahmten Tokumrul n befinden sich nicht weniger als drei Ausführungen mit Verhaltungsmaßregeln für Eisenbahnbeamte während des Streiks. die in immer schär ferer Form gehalten sind und die u. a. mich genaue Anweisungen über die Zerstörung der Lokomotiven, Signal- und Gleisanlagen enthalten. KIsmm's vrescken. tzkakergssse 28 b'erospreclier 2292» Itskkss Vs« Kskso Lekostolselsi» 803 Li-ok- un6 Uteinkuncket Karolas Leid und Liebe Roman von E. Grabowski (3. Fortsetzung.) Jol-annes trug die Kanne. Cie sprachen beide nicht viel, hin und wieder ein Wort, eine Frage, das war alles, und doch kam ihr der Weg kurz vor. Als sie das PächtcrhauS erreicht batten, nahm Karola die Kanne und dankte Johannes mit herz lichem Wort. Er hielt ihre Hand in der seinen und fragte ein Numig gönnerhaft: »Was machen die Vokabeln?" „O, ick war fleißig — ich habe auch alle Lektionen über setzt. Du hast mir lange kein neues Buch geschickt!" „So komm zn uns, hol dir, was du brauchst. Wir werden nicht oft mehr beisammen sein, ich geh« zu Ostern auf ein Gut, vm die Landwirtschaft zu erlernen.' „So willst km Landwirt werden?" „Ja." »O>. das ist schön, dann kaufst du dir ein Rittergut . . ." »Und d» wirst meine Gutsbesitzerin . . Er sagte es scherzhaft, >br aber tat sich das Tor des Lebens weit und herrlich ans: »DaS wird schön." sprach sie feierlich, »dann. . ." „Karola!" Es war Kurt? Siimme, die sie zur Wirklichkeit rief. Sie sagte Johannes ra'ck „Gute Nacht" und lief in- Hans. Kurt empfing sie mit häßlichem Lachen: „Nun weiß man es wenioslgpß, warum du dich so gedrängt hast zei de», Gange durch den Wald! Ja, was ein Häkchen wer den will, krümmt fick beizeiten! Karola verstand ihn nicht, aber sie fühlte es, daß er sic beleidigen wollte. Dennoch hielt sie sich lischt lange dalvi ans. Der vw^anke an die Mutter drängte alles andere in ihr zurück. Wie sie sich freuen wird! dachte sie. Aber Frau Mechthild freute sich nicht: »Du hättest mir das nickt antnn sollen. Kindl In welcher Sorge war ich den ganzen Abend über! Denkst du, die Milch Wird mir schmecken?" „Mutter!" schrie Karola auf, umklammert« die Knie der blassen Frau und flüsterte: „Für dich, liebe Mutter, möcht ich alles tun; mein Augen- licht gäb ich bin für dick! Ach. Mutter, nichts auf Erden ist mir so lieb wie du; mein eigenes Leben nicht . . Frau Mechthild fühlte, wie der kleine Körper bebte in tiefer Empfindung, und plötzlich wurde es hell in ihrem Meiste; ihr war?, als sehe sie die Zukunft ihres Kindes klar vor sich. Sie beugte sich zu der Fassungslosen nieder, küßte sie und nahm sie in ihre Arme: »So stark bist du i» der Liebe, Kind, so stark! . . . Das ist Gottcsgnadenttim. Es bringt Leid, aber auch unendliches, un- faßliches Glück, dieses starke Empfinden, es bringt Sonne in unser Dasein, die nie erlischt, die unser einsamstes Leben warm dnrchleiichict. Der stark in der Liebe ist, der ist reich, unermeß lich reich . . . Die leben in Armut, die die Liebe nicht kennen, sie nicht verstehe» . . fuhr sie träumerisch fort. Eine Weile hielten sich Mutter und Kind eng umschlungen, eS waren feierliche Augenblicke der reinsten Liebe aus Erden. Frau Mechthild hörte Schritte, die sich der Tür näherten, da lösten sich ihre Arme und gaben Karola frei: „Bleib stark im Leben," flüsterte sie dem Kinde zu; dann tat sich die Tür auf, das harte Leben kam zu seinem Rechte. Frau Enima rief: „Warum gehst du nicht schlafen? Es ist hohe Zeit für dich." Cs war Karola unmöglich, jetzt von der Mutter zu gehen. Gibt cs Abnnngen im Leben? Ihr wars. als flüsterten es ihr heimliche Zungen zu: Geh nicht von der Mutter, lasse sie nicht allein, jetzi nicht . . . Sie bot Tante Emma: «Laß mich bei der Mutter . . ." „WaS das wieder für Marotten sind! Sag gute Nacht und komm!" Korolas Angen stillten sich mit Tränen. Frau Emma sah anklagend ibre Schwägerin an. Die bat nun auch: „Laß sie mir beut, sie wird früh genug allein sein . . Es war etwas im Wesen Mechthilds, daS Frau Emma be troffen machte. Sie wagte nicht, nein zu sagen, ihr wars, als (ehe iie den Todesengel am Lager Mechthilds stehen; da ging sie. ohne Karola mitzunehmcn. Nun waren die zwei allein. Frau Mechthild machte dem Kinde ein Lager auf dem Sofa zurecht: „Co, heut bleibst du bei mir . . ." Sie^balf Karola beim Anskleiden: «Wie dünn deine Glieder sind, Mnd! Wenn das der Vater sehen würde — du warft sein Stolz. D» mußt mehr essen, Karola... ich werde mit dem Arzt sprechen, du bist ja furchtbar mager. . ." DaS Herz tat der Mutter weh. als sie im Geiste Lotte zu der Tockler stellte; aber Karola stichle sie zu beruhigen: „Laß nur. Mutter ... die Frau vom Schleusemncister sagt: die mageren Menschen sind die' gesündesten. Erzähl mir lieber von dir und vom Vater." Aber Frau Mechthild kam nichf ins Erzählen, sie war er regt über die schlechte Entwicklung ihres Kindes, klagte sich an, zu wenig gesorgt zu haben für Karola. Karola plauderte über alles, was sie in den letzten Tagen beschäftigt halte, auch von ihrem bringe durch den Wald sprach sie: „Johannes sagt, es gibt keine Gespenster . . . Mutter, ist daS wahr?" „Ja, Kind, er hat recht ... es gibt nur die Gespenster, die wir uns selber schaffen." „Mutter, cS war so schön im Walde . . ." Frau Mechthild küßte sie, und plötzlich fühlte sich Karola unaussprechlich glücklich. Der Elang durch den Wald mit Jo hannes, das trauliche Plaudern mit der Mutter verklärten ihr das Leben, machten ihre Seele frei. Sie legte ihre braunen, dünnen Acrmchen um den Hals der Mutter: „Hast du mich sieb?" „Kind, wie kannst du nur so fraaen." Wieder »nd wieder glitte» die durchsichtig zarten Hände über das dunkle Köpfchen. Frau Mechthild war eS, als lebe sie ihr letztes Glück, als müsse sie jede Minute opfern — der künftigen Waise! Sie hatte un heimliche Gesichte, die sich nicht bannen ließen. „Versprich eS mir. Kind, immer brav zu sein, auch wenn ich nicht mehr bei dir bin . . . Frage dich bei all deinem Tun: WaS würde die Mutter dazu sagen? Willst du mir das ver sprechen?" Als sie daS bange Grauen sab. das in deS Kindes Augen trat, fuhr sie mit ergebnisvoller Stimme fort: „Wir stehen alle in Gottes Hand. Ich habe manchmal daS Empfinden, er wird mich heimrnfen, ehe das Jahr vollendet ist. Ich fürchte mich nicht vor dem Tode, ich glaube ia so fest an ein Weiterlccken jenseits des Grabes, aber daß ich dich so einsam zurücklallen muß. . . da? macht mir den Absckied schwer." — „Mutier, liebe Mutter, laß mich nicht allein. Sole mich wenn du von uns gehst." O Karola batte ihre mageren Aermcken um der Mutter Hole gelegt; ihre Glieder zitterten in fnrchtfsamen Schauer». Frau Mcchtbild fuhr mit ihren schlanken Fingern durch daS krause Haar deS Kindes »nd sah ihm liebevoll in das verängstigt« Gesicht: „Schlaf seht, noch bin ich ja bei dir, balte deine Hand »nd fühle die Wärme deines Körpers . . . welch schönen Tag haben wir beide heutl Du bist bei mir, wir wollen Gott dafür dan) bar sein." , (Fortsetzung folgt.)
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