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' WMMM-vst- LLL'—----- Amerika und Genua. Es Wirtz doch teilwehmen. Die Regierung der Vereinigten Staaten hat ihre Äntwort auf die Einladung zur Teilnahme an der Genueser Konferenz jetzt fertiggestellt. Im Weißen Hause wird erklärt, daß die Verzögerung der Antwort aus die Abwesenheit des Staatssekretärs Hughes zurückzuführen war, der sich einige Zeit auf Des Bermudainseln befand. Hierzu erfährt „Petit Parisien" aus Washing- Lrm, man nehme dort an, daß Amerika nach Genua sicht bloß in der Eigenschaft eines stummen Be obachters, wie es Botschafter Harvey in Cannes war, Hetzen werde, sondern daß die Vereinigten Staaten lauf der Genueser Konferenz, wenn auch unter Vorbe halten, eine aktive Rolle spielen werden. * Tier endgültige Beginn der Genua-Konferenz. Der „Temps" bestätigt die Meldung des „Malin", Daß die italienische Regierung mit dem 10. April, Dem Eröffnungstermin der Konferenz von Genua, ein- .Derstanden ist. Die neuen Einladungen für dieses .»eue Datum sollen demnächst an alle Staaten Europas verschickt werden und zwar auch an Deutschland und ^an Rußland. Die „Liberte" glaubt übrigens, daß Am, 10. April nur eine Eröffnungssitzung abgehalten wird und daß dann der Beginn der eigentlichen Ver- Handlungen über die Ostertage bis zum 18. April -ausgesetzt werde. Durch Arbeit zur Freiheit. Der Reichspräsident auf der Leipziger Messe. Der dritte Tag der Leipziger Messe erhielt durch Die Anwesenheit des Reichspräsidenten Ebert, sowie Der Vertreter der einzelnen deutschen Landesregierun gen eine besondere Auszeichnung. Anwesend waren außer dem Reichspräsidenten der bayerische Minister präsident v. Lerchenfeld, der württembergische Staats präsident Dr. Hieber der sächsische Ministerpräsident Buck, die Reichsminister Dr. Köster, Dr. Radbruch, Groener und Schmidt sowie zahlreiche Vertreter der Landesregierungen und der Parlamente. Nach einer kurzen Begrüßungsfeier im Rathause fand ein Rund gang durch die Metzhäuser statt. Am Abend fand im Zentraltheater ein Festessen statt, bei dem Reichs präsident Ebert das Wort zu einer längeren politi- ^hen Rede ergriff. Bei unserem heutigen Rundgang — so führte der Reichspräsident u. a. aus — ist uns allen unaus löschlich der tiefe Eindruck von der Tatkraft des Werk tätigen Deutschlands geblieben, von seinem uner schütterlichen Willen, sich durch Arbeit LeiueFreiheitwiederzuerkämpfen. Deutsch- Hand, das für den Bezug von Rohstoffen und Lebens- Dcktteln auf das Ausland angewiesen ist, kann wirt- IchaMich nur dann gesunden, wenn es ihm gelingt, durch die Ausfuhr von Jndustrieerzeugnifsen sich wieder Guthaben tm Auslands zu verschaffen. Freilich die Erreichung dieses Zieles ist aus Gründen, die nicht la« uns ttegen, schwer, und weit sind wir noch von Mm entfernt. Für eine gesunde Weiterentwicklung unserer Volkswirtschaft sind bei uns alle Voraussetzungen ge- «bes — Arbeitswille urü> Fleiß, Leistungsfähigkeit und HrfindungSgeist, moderne technische Entwicklung und hohe Qualitätsarbeit. Mit Befriedigung können wir auch feststellen, daß durch Anspannung aller Kräfte unser Wirtschaftsleben nicht unbeträchtliche Fortschritte aufweist. Aber alle gesunden Kräfte, die in unserem Volke leben, und die an sich geeignet sind, uns der Gesun dung zuzuführen, können sich nicht frei entfalten; sie werden niedergehalten durch die schweren Lasten, die dem geschwächten und verstümmelten deut schen Wirtschaftskörper durch die Verpflichtungen des Versailler Krietzensvertrages auferlegt sind. Es ist Ihnen bekannt, daß die Reichs regierung .dem Obersten Rat der Siegerstaaten offen erklärt hat, daß Deutschland bet bestem Willen und ernstlicher Bemühung Ermäßigung der uns in London auferlegten Zahlungen beanspruchen muß. Wir haben durch die Tat unseren ernsten Willen gezeigt und alle Gründe, die die Unmöglichkeit dieser Erfüllung dar tun, unumwunden mitgeteilt. Von der Erkenntnis ihrer Richtigkeit im Ausland wird es abhängen, ob der Krieg aus dem Gebiete der Wirtschaft zum Unheil von ganz Europa fortgesetzt werden soll. Wir wollen auch jetzt noch hoffen, daß es gelingen wird, die großen Schwierigkeiten, die unsere wirt schaftlichen Kräfte an ihrer Ausnützung hemmen, und die nicht nur ein Hindernis der deutschen Wirtschaft, sondern der Weltwirtschaft überhaupt sind, im Wege ? der internationalen Verständigung zu beseitigen und ? das große Problem, der Welt wieder Ruhe und wahren j Frieden zu geben, zu lösen. Die bevorstehende Konferenz in Genua möge dafür vorbereitende Schritte tun. Jedenfalls sind wir für unseren Teil bereit, aufrichtig und ehr lich an dieser Aufgabe mitzuarbeiten. — Gute Erfolge auf -er Messe. Die Berichte über die ersten Tage der Leipziger > Messe lauten überaus günstig. Am dritten Tage ! hat sich die Zahl der ausgegebenen geschäftlichen Messe- Ausweiss um weitere 10 000 erhöht. Der Aus- ' landsbesuch hat weiterhin in sehr starkem Maße s zugenommen. Das Geschäft wird in allen Branchen s als überaus groß bezeichnet, viele Firmen haben j die Annahme weiterer Aufträge überhaupt ablehnen s müssen, oder sich zum mindesten lange Lieferfristen ! ausbedungen. Erwähnt sei nur die Spielwaren- ! Industrie; die Bedarfsäußerung ist hier so groß, daß einzelne Firmen bis zur nächsten Messe mit Auf- i trägen versehen sind. Auf der Tabakmesse ist das Geschäft durchweg gut, besonders in der Zigaretten industrie. Auf der technischen Messe kamen große Abschlüsse in fast allen Branchen zustande; viele Firmen, besonders in der Werkzeugmaschinenindustrie, haben be reits ihre Erzeugung für eine bedeutende Zeitspanne ausverkauft, so Laß sie weitere Ordres nicht buchen können. Die Metallindustrie verzeichnet eine große Zahl neuer Geschäftsanknüpfungen, das gleiche gilt von der Armaturenindustrie. Die presse in Aot! Tic gc fahr-rohen-c Jnscratcufftucr. Im Rcichstagsausschuß für Steuerfragen ist der Antrag der Demokraten und des Zentrums, die In seraten st euer völlig zu streichen, abgelehnt wor den. Wenn das Plenum diesen Beschluß nicht revidiert, dann trifft ein schwerer Schlag das notleidende Zeitungsgewerbe. Gerade die Jnseratensteuer, die die wichtigste Einnahmequelle der deutschen Zeitungen emp findlich schädigt, ist sine Sonderbelastung eines Gewerbes, das im Dienste der Oeffentlichkeit unent- bihrlich ist. Es bleibt ganz unverständlich, was den NkeinLLnÄLELktes*. Roman von Clara Viebig. 1V) (Nachdruck verboten.) „Bist du nervös, Paul? Haha! Ja, das Leben ist (dazu angetan, einen nervös zu machen! Du kannst ja nicht mitreden, aber unsereiner — ha!" Er zog die Schlütern in die Höhe und dehnte sich, als ob er den Brustkasten sprengen wollte. „Das beste wäre, man schösse sich eine Kugel in den Kopf, dann hätte der verfluchte Name Ruh, und alles was drum und dran hängt!" „Aber ich bitte dich, Ferdinand, wie —" Ramer fuhr auf. „Still, Paul, sage mir nichts! Du mußt dich nicht selbst belügen; würdest an meiner Stelle ja ebenso führen, denkst nur: mußt dem armen Kerl, dem Ramer, doch gut Zureden, am Ende bildet er sich dann ein, die Welt hält sei ne« Vater für einen Ehrenmann, kein Mensch sieht den Mecken auf seinem Wappenschild. Donner und Doria, ich will euer Mitleid nicht! Es ist mir verhaßt! Laßt mich doch in meiner dunklen Ecke, was quält ihr mich?" Er sprang auf und stieß unwirsch den Stuhl zurück. „Kein Mensch quält dich, du quälst dich selber! Aber Zetzt ruhig; die Damen kommen! St! Aha, meine Da men, endlich!" Die Tür hatte sich geöffnet, hinter Frau Elisabeth erschien Nelda, beide mit erhitzten Gesichtern: das Mäd chen ganz zerzaust. „Nein, hat die mit den Kindern getollt", rief die Frau Hauptmann noch ganz atemlos, „das war was für die Wildfänge! Wie sie Nelda zugerichtet haben — schrecklich!" Sie zupfte an dem Mädchen herum und steckte den halb gelösten Haarknoten fester. „Verzeihen Sie nur, Kind, aber Sie waren ja selbst dran schuld!" ! „Es hat mir Freude gemacht." Nelda lachte und nickte den Herren mit strahlenden Augen zu. „Es war himm- .lisch! Frau Hauptmann, Sie sind zu beneiden! Sie auch, 4 Herr Hauptmann! Was gäb ich drum, wenn ich zu Haus io ein »appelnheK yeines weißes Ding hätte! Ich würde den ganzen Tag verspielen!" Ihr Gesicht glühte; mit dem wirren Haar und den halbgeöffneten roten Lippen sah sie sehr hübsch aus. „Es war zu lieb, die Strampelbeinchen sestzuhalten und die warmen Bäckchen zu küssen. Mögen Sie auch gern Kinder leiden, Herr von Ramer?" „Nein — o jawohl, sehr, gewiß — wie Sie be fehlen, gnädiges Fräulein!" Er hatte ihre Frage gar nicht richtig verstanden, seine Gedanken schweiften weit ab. Da stand das Mäd chen mit wirrem Haar, roten Wangen, solch kleines, wei ßes, zappelndes Ding auf dem Arm schade, die hätte einen glücklich machen können! Ein grenzenloses Mitleid mit sich selbst überkam ihn. „Ach, schon zehn Uhr?!" Die Kuckucksuhr im Nebenzimmer rief zehn Helle Schläge, Nelda sprang erschrocken auf. „Da muß ich nach Haus!" „Wemr Sie gestatten", — Leutnant von Ramer erhob sich eilig — „begleite ich Sie, gnädiges Fräulein!" „Bleib du doch noch", rief Xhlander. „Ich bringe Fräulein Dallmer die paar Schritt und bin gleich wieder zurück!" „Nein, nein, für mich ist's auch Zeit! Laß mich doch", flüsterte Ramer dem Freund zu, „es ist ganz gut, ich werde ihr die Situation klarlegen!" — Hinter dem jungen Paar schloß sich die Tür des Xy- landerschen Hauses. Sie schritten über die einsame Chaussee. Sie gingen sehr langsam. Es war ja noch nicht spät, aber hier draußen alles wie ausgestorben. Ein lauer Windzug strich durch die Nacht, ein warm treibender Hauch war darin, der an Frühling mahnte. Schloß man die Augen und ließ die Luft um die Schläfe fächeln, konnte man wähnen, die Büsche am Weg zeigten schüchternes Grün und gleich würde Amselruf ertönen und Froschge- quarr aus dem Graben. Nelda fühlte Frühlingsahnuug; sie sagte sich nicht: viel zu früh! Sie ließ die unbehaudschuhten Hände von der milden Luft bestreichen, das leichte Kopftuch hing ihr halb im Nacken, den Regenmantel hatte sic nicht zuge knöpft. Sie sagte nichts; ihr Gesicht schimmerte weiß im Steurrausschuß veranlaßt hat, die Bedeutung der Presst für Politik, Wirtschaft und Wiederaufbau zu igno rieren und eine pressefeindliche Politik durch Ableh nung des vernünftigen Antrages zu eröffnen. Die deutsche Presse hat sich, obwohl die Preiso , für ihre notwendigen Materialien sprunghaft in die Höhe gegangen sind, noch immer krampfhaft bemüht, ihre Preise gegenüber der allgemeinen Teuerung lä cherlich niedrigen Maß zu halten. Sie ist dadurch in eine Notlage von unvergleichlicher Schwere gekommen. Es sollte daher eigentlich Pflicht der maßgebenden Gesetzgeber sein, die Presse von jeder Sonderbesteue- rung zu verschonen und ihr in ihrer wirtschaftlichen Bedrängnis zu Hilfe zu kommen. Die deutschen Staats männer können in der Beziehung viel vom Auslands lernen, wo Besteuerungen der Presse ganz undenkbar ! find. Pi Tagung -er Zeitnngsverleger. Diese und andere für das Zeitungswesen immer bedrohlicher werdenden Gefahren veranlassen den Ver ein Deutscher Zeitungsverleger, zum Montag, den 13. März 1922 eine außerordentliche Haupt versammlung nach Weimar (Saal der Erholung? einzuberufen, an der teilzunehmen er auch die Zei tungsverleger bittet, die ihm als Mitglieder nicht an gehören. In dieser Versammlung soll die Gesamt heit der Zeitungsverleger Stellung zu der derzeitigen überaus kritischen wirtschaftlichen Lage der deutschen Presse nehmen und Maßnahmen beraten, die geeignet sind, einer Zeitungskatastrophe vorzubeugen, die un ser nationales und wirtschaftliches Leben in seinen Grundlagen erschüttern mutz. Es wird der bestimm- ! ten Erwartung Ausdruck gegeben, daß die deutschen Zeitungsverleger in der Erkenntnis, daß es jetzt tat sächlich um Sein oder Nichtsein der deutschen Presse geht, möglichst zahlreich an den Verhandlungen teil- nchmen werden. Seutsches Reich. — Berlin, den 9. März 1922. ° Tie Tcnruugsnktion -er Gewerkschaften. Diens tag traten die 5 Spitzenverbände, der Allgemeine Deutsche Gewerkschaftsbund, der Gewerkschaftsring, der Afa-Bund und der Deutsche Beamtenbund zusammen, um sich über eine gemeinsame Basis zu verstän digen, auf der die vom Reichsfinanzminister für Freitag angesetzten Verhandlungen über die Teuerungsaktion der Beamten und Staatsarbeiter geführt werden sollen. Obwohl sich die Besprechungen den ganzen Nachmittag hinzogen, einigte man sich am ersten Beratungstage weder über die Höhe der zu stellenden Forderungen, noch über das taktische Vorgehen. Man beschloß in dessen, einen Arbeitsausschuß einzusetzen, dvr Mittwoch die sachlichen Beratungen begann, um das Ergebnis seiner Beratungen einer für Donnerstag ein berufenen Plenarsitzung vorzulegen. ° U. S. P. Ml- Ä. P. D. gegen -as Steuerkom- promitz. Die Zentrale der K. P- D- hat sich, wie die „Note Fahne" mitteilt, in einem Schreiben an die Parteileitung der U. S. P. gewandt, um ein gemein sames Vorgehen der beiden Parteien gegen das Steuerkompromitz herbeizuführcn. « Der Obrrrcichsanwalt und Kapps Sclbststsllnnq. Der Oberreichsanwalt hat i» bezug auf das Ersuchen Kavps um freies Geleit und Verschonung mit Unter suchungshaft seine Stellungnahme noch nicht festgelegt und beim Oberreichsgericht noch keinen Antrag gestellt. Augenblicklich ist die Sache noch in der Schwebe. Ter Oberreichsanwalt vermag deshalb auch nicht die Oeffent- Sternenlicht, die Lippen hielt sie lächelnd geöffnet. Sie sah so froh aus, so jung. Ihr Begleiter schaute sie von der Seite au; sie mußte wohl seinen Blick fühlen, denn sie drehte ihm auf einmal das volle Gesicht zu. „Nun, ist's nicht schön? - Sind Sie froh?!" Er vermied ihren Blick und starrte aus seine Stiefel spitzen nieder. „Ich verreise morgen!" Die Antwort war merkwürdig unvermittelt. „Sie verreisen?! Ach, wohin denn?" „Zu meiner Mutter. Sie ist in Sinzdorf bei Vonn.* „So — also nach Sinzdorfl Wohnt Ihre Frau Mut ter da?" „Sie ist da in der Irrenanstalt." „O mein Gott!" Es war Nelda herausgefahren mit einem tiefe» Schrecken, ihr fröhliches Gesicht wurde plötzlich ernst. „Ja", sagte er eintönig, wie man eine gut gelernte Lektion hersagt. „Sie hat das Unglück, das über unsre Familie hereingebrochen ist, nicht ertragen. Ich setze vor aus, gnädiges Fräulein, daß auch Ihnen nicht unbekannt ist, was sich die Spatzen auf den Dächern zupfeifen. Mei» Vater war — es ist zu schrecklich für den Sohn, das hart« Wort auszusprechen — ein Ehrloser. Wissen Sie, Wa das heißt?! Er hat uns nichts hinterlassen als eine« Namen, den zu tragen ein Fluch ist. Die Menschen weise» mit Fingern auf diesen Namen, und wo sie's nicht tun — aus Mitleid! — wenden sic sich weg und zucken die Ach seln. Noch schlimmer! Meine Mutter hat es nicht er tragen, ihr Verstand ist darüber in die Brüche gegangen. Da sitzt sie in Sinzdorf und denkt, sie sei die Kaiserin von Deutschland, putzt sich und behängt ihren armen Leib mit Lappen und hält den Kopf hoch, damit ja die Krone nicht herunterfalle. Meine arme bescheidene Mutter! Sie lacht und lacht — die Wärterinnen tun ihr den Gefallen un- reden sie .Majestät' an — sie ist dann sehr huldvoll un- knixt und lacht und lacht und knixt —" „Hören Sie auf!" (Fortsetzung folgt.) " . >