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Nr. SS LS. Jahrg. Montag den 1. Mai 1916 Sächsische «SeschSftsslelle und Redaktion- Dresden «A. 16. Hotbeinstrahe 4S Fernsprecher 21366 Postscheckkonto Leipzig Nr. 147S7 Bezug-Pret-, An-gabe ä mit illiillr. Beilage vlcrtcljS-rlich 2 I»In Dresden und ganz Deutsch, land srei Haus 2 S2 41-, t» Oesterreich 4.4» X. UxSgabe 0 diertclsSdrlich l.iz« .* In Dresden »nd ganz Deutschland srci Haus 2.22 41: in Oesterreich 4.07 X. ikiiizcl'Ntnrmier Iv p. Die Sächsische VolkSzcititiig erscheint an allen Wochentagen nachmittags. Wlkszeitu Anzeige»! ilnnalimc Non O'.eichättsonzeigcii dis IN Uhr von gainuiciianzeiglti bis i I Udr borni. Preis sin diePelit-Spattzeil»2U 4. im Rekia- mcleit N<» 4. Iür nndenllili, ge>chiiebe»e. sowie durch siern- sprecher aiiigegebette Sltt,eigen können wir die Leraniworlltchleit siir dieRicitliglctl des Lettes ; nicht übcrnedtncn. Sbicchsinndc der Redaktion: 11 —12 Uhr vorm. 1 Organ der Zentrumspartei. Einzige Tageszeitung für die katholische Bevölkerung im Königreich Sachsen. Ausgabe ^ mit illustrierter Unterhaltungsbeilage und relig. Wochenbeilage Feierabend. Ausgabe U nur mit der Wochenbeilage. Der irische Ausstand Rebellen das Papiei und Metallgeld. das sie ans dein Posl- Die irische Bewegung Tie itische Bewegung gegen England scheint sich doch sehr ninsangreich zu gestalten. Das „Haniburger Freiuden- blatt" veröffentlicht nämlich den Bericht eines Angen- nngen der Straßenkämpfe in Dublin. Danach beschrankt sich der Aufstand der Irländer keineswegs ans Dublin und einige Küstenorte, sondern ist eine woblorganisierte, das ganze Land ninsassende Bewegung. Mehr als 00 000 Iren steben bewaffnet gegen die engIif ch e llt e g i e r n n g. Waffen .und Munition wur den zniu größten Teile schon vor Beginn des Krieges ans pand gebracht, sind aber wäbrend des .Krieges weiter er gänzt worden. England entsandte einige hundert' Spione, die die Leiter der Bewegung erinittelu sollten, uni sie ver haften zu könne». Ter Plan des Ausschusses der Revo lutionäre in Dublin, die erhofften, an der irischen .Lüste jede Berbindung mit England abzuschueide», wurde ver raten. ES erfolgten Berhastungen einzelner Ausschutzmit- glieder. Darauf defekte» Abteilungen belvasfneter Auf ständischer alle öffentlichen Gebällde. Der größte Teil der frischen Truppen weigert sich, gegen die Aufständischen vor- .»gehen. Die Lage dürste sich inzwischen kaum zu ungunsteu der Irländer verändert haben. Und ein englischer Augenzeuge gibt in der .Times" folgende Schilderung der Ereignisse in Dub lin: Am letzten Montag schien die Stadt ruhiger zu sein als se. Es herrschte nur einiges (bedränge des Publikums, das zu den Wettrennen ging. Ter Augenzeuge ging am Montag vormittag durch die O'Eonnel-Street in der Rich tung von St. StephanS-Green. Er sah ungefähr hundert Sinnfeiner, die zumeist bewaffnet waren, durch Dublin marschieren. Sie hatten die Bajonette ausgepflanzt. Etwas später hörte der Augenzeuge einen oder zwei Schüsse. Er bemerkte, daß das Gitter van St. StephanS-Green abge schlossen und verbarrikadiert war. Sinnfeiner standen mit geladenem Gewehr beim Gitter. Die Rebellen waren nicht nur im Besitze des Platzes, sondern auch deS Hauptpostamtes und vieler Häuser in der Umgebung. Zu gleicher Zeit wur den einige Waffenläden geplündert. Die Briefsäcke im Postamte wurden als Barrikaden benützt, während die Fen ster des Gebäudes mit Tischen verbarrikadiert wurden. Tie Menge auf den Straßen sah sich überrascht die Vor gänge an. Am Eingang zniu Postamte standen einige Sinnseiner, welche die Menge mit Stöcken znrückhielten, während ihre Genossen im Gebäude von Zeit zu Zeit Schüsse abgaben. Als der Augenzeuge durch die Dames- street ging, sah er Blut auf dem Platze. Man erzählte ihm, daß Sinnfciner von den Dächern der angrenzenden Häuser einen Soldaten totgeschossen hätten. Die Nachrichten vom Donnerstag melden, daß die F r e i h e i t s h a I l e von dem Kanonenboote „Lissey" zerstört wurde. Die Truppen trieben die Rebellen mit Bomben und Maschinengewehren, die auf den Dächern eines Hotels und eines Klubs anfgc- fkellt worden waren, ans ihrer befestigten Stellung aus dein Platze St. Stepbans-Green. Die Rebellen sind noch immer im Besitze der großen Biskuitfabrik von Jacobs, welche die Truppen mit zwei Kanonen beschießen, ferner des Post amtes. des Gerichtsgebändes und einer Eisenbahnstation. Ter Mob wurde durch die Gefechte dazu verleitet, die hauptsächlichen Läden zu plündern. Weiter wird gemeldet: Donnerstag früh begann im Südviertel der Stadt, von wo Soldaten angerückt kamen, wieder ein heftiges Gewebrfener, das den ganzen Tag an- danerte. Ein britisches Kanonenboot, das während der Unruhen in den Hafen eingefahren war, gab zwei Schüsse auf eine von den Sinn-Feiner» benutzte Bäckerei ab. Die Aufständischen ließen die Zivilbevölkerung, gleichgültig, ob es Engländer oder Irländer waren, nnbelästigt: sie leisteten nur dem Militär »nd offenbar der Regierung Widerstand. Fußgänger waren sicher, Motorfahrer wurden angehalten. Auf alle Vorübergehenden, die die Uniform des Königs trugen, wnrde geschossen. Alle Straßen, die nach der Haupt post führten, waren abgesperrt. Am Donnerstag batte man von den Sälen des Hauptpostamtes z» den Läden ans der gegenüberliegenden Seite der Straße Stacheldraht gespannt. Drei Sinn-Feiner hielten niit gefälltem Bajonett dort Wache, ließen aber das Publikum unter dem Draht durchschlüpsen. Offenbar ist die Organisation der Rebellen gut und wird ans der Umgegend unterstützt. Etwa l 0 0 0 T e l e g r a p b e n d r ä h t e vom Hauptpostamte waren d n r ch g e s cb n i t t e n und hatten sich über die Drähte der elektrischen Straßenbalm gelegt. Auch die Eisen bahnverbindung war von den Aufständischen unterbrochen worden. Tie Sinn-Feiner im Postamt wurden ans einem bekannten Hotel verproviantiert. Es wurden für ihre Ver pflegung offenbar bezahlt. Gerüchtweise verlautet, daß die Das Neueste vom Tage N MW SklltsA LMS>M. (W. T. B. Amtlich.) Großes Hauptquartier. 1. Mai l!U6. Westlicher Kriegsschauplatz Im allgemeinen ist die Lage unverändert. An der Höhe .Toter Mann" wurde auch gestern heftig gekämpft. Unsere Flngzenggcschwader belegten feindliche rrnp pen Unterkünfte westlich und Magazine südlich von Berdiin ausgiebig mit Bomben. Ein französischer Doppeldecker wnrde östlich von Noyon im Lnftkampfe abgeschossen-, die Insassen sind tol. Oestlicher und Balkan-Kriegsschauplatz Keine Ereignisse von besonderer Bedeutung. Oberste Heeresleitung. Zur Rede des türkischen Ministers Die „V ossi s ch e Z eitu n g" schreibt: Der türkische Minister des Aeußeren hat durch markige Worte die Lüge totgeschlagen, die von Unstimmigkeiten zwischen Deutsch land und seinen Verbündeten zu erzählen gewußt habe. Gleichzeitig habe er der Welt gegenüber dargetan, welch tiefwur.elnde Interessengemeinschaft zwischen Deutschland und seinen Verbündeten bestehe. Nach der „D ents ch e n T a g e s zeitun g" verdiene die Rede des türkischen Ministers des Aeußeren besonders auch deshalb Beachtung, weil sie den Verleumdnugen den Hals umdrehte, wonach Deutschland und Oesterreich-Ungarn in der Türkei nur einen Vasallen und Gegenstand ihrer Ausbeutung zu sehen gewünscht hätten. Tic Rechtsstellung der Gcwcrkschnstcn Wie das „Berl. Tagedl." erfährt, sei die erwartete Novelle zu dem Vereinsgesetz wegen der Rechtsstellung der Gewerkschaften nunmehr sertiggestellt und werde schon in den nächsten Tagen an den Bnndesrat gehen und ver mutlich noch in dieser Woche dem Reistag vorgelegt werde». Deutscher Konsul verhaftet Bern, 00. April. lW. T. B.) Der „Bund" meldet aus Saloniki: Englische Kavallerie verhaftete im Bahn- znge nach Serres den deutschen Konsul in Drama unter der Beschuldigung der Spionage. Er wurde in Saloniki auf einen englischen Dampfer eingeschifft. Die feste Haltung Griechenlands London, 00. April. kW. T. B.) Reuter-Burcan meldet ans Athen unter dem 20. April: Die „Non possu- mus"-Haltung der griechischen Regierung in der Frage des Transportes serbischer Truppen durch griechisches Gebiet sei daraus znrückznführen, daß sich die Mittelmächte nicht für Beschädigungen und Zerstörungen verantwortlich halten würden, die an den griechischen Eisenbahnen und Gebieten, durch die die Serben transportiert würden, von Flugzeugen und Zeppelinen verursacht werden könnten. Demzufolge würde die griechische Regierung einem Transport und Durchmarsch der Serben niemals zustimmen. Nordcpirus offiziell griechisch Athen, 00. April. kW. T. B.) Offiziell verlautet: Nordepirus ist jetzt in den griechischen Zivilverwaltungs- bezirk einbezogen worden. Es wurden die beiden Regie rungsbezirke Koritza und Argrykastro errichtet. Feueröbrunst Cherbourg, 1. Mai. (W. T. B.) Havas-Meldung. Eine aus unbekannter Ursache entstandene Feuersbrunst hat gestern nacht teilweise die Fabrik von Mielles. eine Zweigniederlassung der Firma Ereusot, zerstört. Der Schaden ist bedeutend. amt vorfanden, für sich verwendeten. „Eorriere della Sera" meldet aus London: Der An führer der Rebellen iy Irland ist der bekanute Svndikalist uud Arbeiterführer Larkiu. Lartin war berests 1012 10 Führer der großen Streikrevolleu in LiverpoolKkW'Dlib- lin. bei weichen die streikenden Arbeiter de» Truvven regel rechte Schlachten lieferten und ein weiteres Blutvergießen nur durch das Nachgeben der Regierung verlündert wnrde. Tie Aufständischen setzen sich jetzt augenscheinlich zusammen aus Simdikalisten »nd Nationalisten, denen im Juli lOI 1 ilnoige Earsons Bewaffnung der protestantischen lllster- uiänuer vton Regierungsseite gestattet werden mußte, sich eheuialls zu bewaffne». Im Juli l!»l l musterten die Nationalisten zirka 20 0 0 0 b e w a f f n e t e M ä n u e r in Tnblin, Eork und anderwärts im Westen und Süden Irlands aus. Naturgemäß erregen die Vorgänge in Irland bei den englischen Verbündeten große Aufmerksamkeit. So geben die Pariser Zeitungen vom Donnerstag den Ernst der Lage in Irland zu. Im „Petit Journal" findet sich der von der Zensur nicht beauslaudete beachtenswerte Satz Tie Vorgänge in Irland bedrohen u »verkenn- v a r d i e o> r u n d s e sl e n des brilischen Gesamtreiches und die Krips der englischen Wehrpslichtsrage drängt die Frage aus, ob nicht einmal slalt alle für einen, jeder für sich »ehe» könnte und müßte, wenn die englischen Machthaber lischt mit unbeugsamer Energie für die staatliche Not wendigkeit des sofortigen Dieustzwanges eiutretcu." lind die „Times" erfährt ans Washington, daß die irischen Unruhen in Amerika mit großer Span nung verfolgt werden. Tie ösfentliche Meinung zeige aber leine Neigung, mit den Rebellen zu sympathisieren. (-Ko!) „Times" zitiert „New Tribüne", die die Amtstätigkeit des Staatssekretärs Birrell einer scharfen Kritik unterzieht. Tie Neuporker Leitung der vereinigten irischen Liga in Amerika veröffentlichte eine Erklärung, in der sie die iri schen Amerikaner ermahnt, zu bedenken, daß sie Amerikaner seien. Nicht ganz olme Interesse ist auch folgende Nachricht: Telegramme der Mailänder Blätter, darunter auch des „Secolo". beslätigen. daß sich der V izek ö n i g von Irland seit dem 21 April in den Händen der Anfstän- d i s ch e n befindet. Das S ch iss, das Sir Roger Case- inent in Irland an Bord führte, wurde von einem eng lischen Kriegsschiff an der Westküste Irlands ungehalten. Es erhielt die Weisung, dem Kriegsschiff nach Kingston zu folgen. Der Dampier lcl'lng zunächst diesen Kurs ein. nach kurzer Zeit aber zog er die holländische Flagge, die er führte, ein. setzte die KriegSslagge und sprengte sich selbst in die Lust. Tie gesamte Besatzung des Fahrzeuges wurde gerettet. Easement war scholl vorher an Land gesetzt worden. Nun bringt der Sountag noch zwei bemerkenswerte Nachrichten. Einmal meldet die „Franks. Ztg." aus Lon don: Im Uuterhause wird Sir Henry Eraig nächsten Diens tag folgende Entschließung Vorschlägen: „Das Haus hegte gegen die Verwaltung Irlands stets Mißkrallen und ist überzeugt, daß die jetzige Verwaltung bereits sehr große Gefahren für die allgemeine Wohlfahrt verursacht hat und daß bei Fortsetzung dieser Politik die Lage noch gefährlicher wird. Es wird Se. Majestät deshalb ebrerbietigst ersucht, den gegenwärtigen Lord-Lentnant von Irland (Lord Wim- boyrn) und den Staatssekretär von Irland (Minister Bir rell) ihrer Aemter zu entheben und ferner sofort eine Kom mission zu ernennen, um die Lage zu untersuchen lind Be richte darüber zusammeuznstellen." lind dann kommt ans London folgende amtliche Meldung: „Die Lage in Tnblin ist befriedigender. Im Lande bleibt noch viel zu tun: aber der befehligende Offizier hofft, daß der Ansstand zusaminengebrochcn ist. In Dublin selbst haben sich die Ausständischen in den Hauptbollwerken ans freien Stückeil ergebeil. Bis jetzt sind 707 Personen ge- fangengeiioinmen worden. Die Rebellen und noch im Besitz von Enniscorth in der Grafschaft Werford. wohin eine aus Kavallerie. Infanterie und Artillerie zusammengesetzte Ab teilung abgeschickt wurde mit einem 1,7-zölligen Geschütz. Der Führer der Ansständischen daselbst ii't nach Dublin ge fahren. um sich eine Bestätigung der Botschaft, sich zu er geben, zu holen. Inzwischen herrscht Wassenstillstand. Auch von den Aufständischen in Aihboncue zu ähnlichen Zwecken eine Abordnung nach Dublin geschickt worden. In Calway sollen sich die Aufständischen auslosen. In den anderen Be zirken ist die Lage normal." Man muß die englischen Meldungen mit großer Vorsicht anfnehmcn, denn sic lassen zu deutlich die Absicht hervorblicken, die Nnruben und den Aufstand in ihrer Bedeutung -u verkleinern. . X j