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Molltag »en L9. 1915 katholischen Kirche in Galizien, Polen und Litauen zu leiden Hatten. Daß die Russen mit ihrer Kriegführung auch reli giöse Ziele verfolgten, geht auf das klarste daraus her vor, daß sie in den von ihnen besetzten Teilen Galiziens die Angehörigen der unierten Kirche den größten Bedrückungen unterwarfen und mit gewaltsamen Mitteln die reine Ortho doxie wiederherzustellen suchten." Wir möchten zu den Mitteilungen der B. Z. und zu dem Urteil des Dr. A. bemerken, daß die Wiedergabe einer Unterredung mit dem Papste mit Vorsicht aufzunehmen ist. Nach der Bekanntgabe der Unterhaltung des Heiligen Vaters mit einem amerikanischen Journalisten hat sich heraus gestellt, das; der Amerikaner manchen Satz einfließen ließ, den er wohl herausgehört hat, der aber vom Papste nicht in dieser Weise ausgesprochen wurde. Daher sind solche Unter redungen, überhaupt Unterredungen mit hochgestellten Per sönlichkeiten, mit Vorsicht aufzunehinen. Ganz abgesehen davon, ob der Papst sich so geäußert hat, wie es in der B. Z. mitgeteilt wird, ist bei ihm ein korrektes Urteil über den Friedensstörer, den Verlauf des Krieges usw. als selbstver ständlich vorauszusetzen. X Sächsischer Landtag In dem Staatshaushaltsplan sind katholische Kirche» und wohltätige Anstalten in Kapitel 97 mit 111845 Mark bedacht worden, !XX10 Mark weniger, weil ein Posten wegfällt. Eingeschlossen sind gemeinjührig 32 590 Mark, um die katholische Hofkirche vollends äußerlich zu erneuern; und gemeinjährig 2100 Mark dienen zur Instandhaltung der Hubertusburger Kirche. — Die katholisch- geistlichen Behörden erscheinen Kapitel 96 mit 42 493 Mark Zuschuß für das apostolische Vikariat, das Vikariatsgericht und das katholische Konsistorium. Die Evangelischen Kirchen erscheinen im Ka pitel 93 mit einem Bedarf von 3 920 631 Mark; das sind über 273 000 Mark weniger als im Vorjahre; dort waren die 300 000 Mark Abfindungssumme eingesetzt, die gewährt wurden, um mit deren Zinsen den Ausfall der Grund steuern Andersgläubiger zu decken. Es ist also ein wirklicher M e h r b e d a r f v o n über 26000 Mark vorgesehen; er kommt hauptsächlich auf Ruhegehälter und Unter stützungen für Geistliche, 1360 000 Mark (st- 30 000 Mark) und Witwen- und Waisengelder, 580 000 Mark (st- 5000 Mark). — Für das Landeskonsistorrium (Kapitel 89) sind 180143 Mark eingestellt bei 220 Mark Einnahmen. Der Bedarf ist um 30 000 Mark niedriger als im Jahre vor der. Für „sonstige K u l t» S z w e ck e ", nämlich israe litische und deutsch-katholische Gemeinden, sind wieder 1050 Mark vorgesehen. Der Welttrieft N mW IkM WMW (W. T. V. Amtlich.) Großes Hauptquartier. 20. November 1915. Westlicher Kriegsschauplatz Auf der ganzen Front herrschte bei klarem Frostwetter lebhafte Artillerie- und Fliegertätigkeit. Nördlich von St. Mihiel wurde ein feindliches Flug zeug zur Landung vor unserer Front gezwungen und durch unser Artilleriefeuer zerstört. In Eomines sind in den letzten zwei Wochen durch feindliches Feuer 22 Einwohner getötet und 8 verwundet worden. Oestlicher Kriegsschauplatz Die Lage ist im allgemeinen unverändert. vacysucyc Vstls-euiuttz Balkan -Kriegsschauplatz Die Verfolgung ist im weiteren Fortschreiten. Ueber 15 0 0 Serben wurden gefangen genommen. Zum gestrigen Berichte über den bisherigen Verlauf des serbischen Feldzuges ist noch zu ergänzen, daß die Ge samtzahl der bisher den Serben abgenommenen Geschütze 502 beträgt, darunter viele schwere. Oberste Heeresleitung. Ein Ultimatum Rußlands an Rumänien? Bukarest, 26. November. Das Blatt „Diminenta" bringt eine Enthüllung, die das größte Aufsehen macht. Danach soll Take Jonescu in einer Konferenz dem russischen Gesandten den Rat gegeben haben, Rußland soll Rumänien ein Ultimatum stellen, worauf der Ge sandte diesen Vorschlag der russischen Negierung empfohlen haben soll. Das Ultimatum werde die Zulassung des Durchmarsches russischer Truppen fordern, andernfalls Rußland ihn mit Gewalt erzwingen würde. „Diminenta" nennt diese Handlungsweise einen Hochverrat. Flucht der Vierverbandsgcsandten aus Serbien Nom, 27. November. Aus Andrievica in Montenegro wird gemeldet, daß die bei der serbischen Regierung beglau bigten Gesandten Italiens, Frankreiks, Englands und Ruß lands dort eingetroffen sind. Ueber die Kämpfe mit den Italienern teilt der gestrige österreichisch-ungarisiche Tagesbericht mit: „Die Italiener setzten ihre Angriffstätigkeit an der küstenländischen Front fort. Ihre nach wie vor vergeblichen Anstrengungen des gestrigen Tages kosteten sie beson ders große Blutopfer. Am schwersten war der Kampf am Görzer Brückenkopf, wo der Gegner durch unausgesetzte Angriffe mit immer wieder frischen star ken Kräften namentlich bei Oslavija längs der Straße durch zubrechen versuchte. Kurze Zeit war die Kuppe nordöstlich des Ortes in Feindeshand. Nach heftigem Feuer unserer Artillerie gewannen unsere Truppen alle ursprünglichen Gräben stürmend zurück. Auch am Südteil der Podgara-Stellung drangen die Italiener ein, wurden wieder h i n a u s g e w o r f e n und durch wirksamstes Feuer ver folgt. Das Gelände vor dem Brückenkopf ist mit Feindes- leichen bedeckt. Bei Oslavija allein liegen über 1000. Am Rande der Hochfläche von Doberdo beschränkten sich die Italiener auf einen Vorstoß südwestlich San Martina, der abgewiesen wurde. Ebenso fruchtlos waren alle Angriffe im nördlichen Jsonzo-Abschnitt, so bei Zagora, Plava, gegen mehrere Stellen des Tolmeiner Brückenkopfes, des Mrzli Vrh, wo 4 0 0 Tote vor unserer Front liegen, und auf die Vrsic-Stellung. Die Lage ist somit unverändert, die Jsonzo-Front fest in der Hand unserer Truppen. An der Tiroler Grenze wurde ein Angriff auf unsere Stellungen am Westhange des Monte Piano und bei der Schluderbacher Grenzbrücke blutig abgeschlagen." Die italienische Parlamcntseröffnung ist am 1. De zember und hierzu braucht Salandra einen Sieg oder wenigstens einen Erfolg, der mit allen erdenklichen Opfern errungen werden soll. Opfer hat das italienische Vorgehen bisher genug gefordert, aber von einem Erfolg ist es noch sehr weit entfernt. Unsere treuen Verbündeten halten sich wacker, sie ringen mit einem zahlreichen Feind, aber sie wissen ihn abzuwehren. X 'Eine Zweikaiserzusammenkunft W ien, 29. November. (W. T. B.) Das Wiener k. u. k. Korresp.-Bnreau meldet: In den frühen Morgen stunden verbreitete sich in der ganzen Stadt die Freuden botschaft von einer für den Vormittag erwarteten An kunft des Deutschen Kaisers zum Besuche Kaiser Franz Josefs. Die öffentlichen und die Der Aliegerkurier von przemysl 126. Fortsetzung.) Er nickte mit dem Kopfe: „Hast schon recht, Hedi, er ist Euer aller Kaiser. Und doch habe ich von ihm etwas so Wunderbares für mein Leben erhalten, daß ich es nur mit dem einen Gedanken decken kann: AIS ob mein Vater vor mir stände und zu mir spräche, so versank der Kaiser mir gegenüber zum reinen Menschen. Aber natürlich, Hedi — das vermag man nicht mit Worten auszudrücken — das ist eben nur meine ureigenste Gefühls angelegenheit. Bis dahin kannte ich den Kaiser nur als die im Glanz einer übergroßen Volksliebe stehende Majestät. Aber oftmals, als ich noch nicht im Regiment war und noch zur Schule ging, bin ich zur Mariahilferstraße gelaufen, um zu warten, ob der Kaiser von Schönbrunn kam. Schrie mein begeistertes Hurra und ging mit leuchtenden Augen davon, wenn ich den Kaiser gesehen, sein freundliches Lächeln, seine gütigen Augen. — Aber es war nur der Kaiser. Die Nacht aber, als ich in der Hofburg ini Vor zimmer auf die Befehle des Kaisers wartete und dann zu ihm gerufen wurde, die gab mir ein anderes Bild von unserem Kaiser. Mein Gott! Ich hätte aus Dankbarkeit für das Herrliche, das er nur gab, vor ihm niederknieen mögen. Da wurde mit einem Ruck der bisher leere Platz des Vaters in meinem Herzen ausgefüllt, und der Kaiser nahm ihn ein. Nicht der Kaiser, dcni ich als Offizier Ge horsam schuldig bin, den ich als Kind dieses Landes liebe und verehre, sondern ein Mensch, der mit einer unaiis- ft-rechlich herrlichen Güte meine Seele an sich nahm und ihr die Empfindung gab, hier bist du gegen alles geborgen. >L>ier hast du väterlichen Schuh und Schirm, hier steht der Mensch, für den du dein Leben voll und ganz einsetzcn kannst." „Gewiß, lieber Stephan," sagte sie, — „ich verstehe deine große Verehrung, die du dem Kaiser gibst, um so mehr, da du in seinen persönlichen Diensten stehst." „Nein, nein, liebe Hedi — du nimmst falsche Gründe für meinen Sinn. Der persönliche Dienst, in den ich be rufen wurde, hat gar nichts damit zu tun. Aber wie gesagt — es braucht ja auch niemand weiter zu verstehen als ich allein. Ich bin seit heute nacht, wo ich zu dieser Erkennt nis kam, ein restlos glücklicher Mensch." Ueber sein letztes Wort erschrak sie. So etwas sollte man nicht sagen. Das klang ihr fast wie eine Heraus forderung. Am liebsten hätte sie ihm das gesagt. Aber sie bezwang sich, denn sie wollte seine Stimmung nicht stören. Sie wurde plötzlich ziemlich still. Aber er bemerkte das gar nicht, sondern begann ihr. von den Schönheiten seiner letzten Fahrt zu erzählen. Wie wundervoll das Bild wäre, wenn er hoch über den Wolken die Erde unter sich noch in dunkler Nacht liegen sah und er von der aus gehenden Sonne das erste Licht bekam. „Das ist wie etn Kuß aus rosenroter Keuschheit," dichtete er. „und wer mich dort oben plötzlich aufglühen sieht, die Weißen Flügel meines schönen Fliegers in rosigem Licht, der kann wohl an einen über den Himmel schwebenden, farbigen Stern Nachdenken. Der kam plötzlich für ihn von irgendwo und ging nach irgendwohin. Und dann müßtest du sehen, wie ich mich Przemysl näherte und die Karpathen überflog, wie all die fernen Berggipfel der Hohen Tatra gleich mir im ersten Sonnenlicht farbig aufleuchteten und die Wolken mit iri sierenden Farbbändern geschmückt wurden und langsam unter mir die schwarze Nacht in grünblaue Lichtflut über ging, Heller und Heller wurde, bis Mutter Erde in weißem Licht von neuem glänzte." „Das muß sehr schön sein." „Ja, es ist sehr schön. Ich wünschte, du müßtest mich einmal begleiten, um dort oben in Gottes großem, unend lichen Dom deine Seele niit einem jubelnden Frühgcbet an- zufüllen. Ich sage dir, Hedi, das läutert dich, und du fühlst dich von allen irdischen Wünschen frei." Str. 274 -- Seile 2 privaten Gebäude legten sofort Flaggenschmuck an, der be sonders reich auf den Straßen war. die vom Penziger Bahn- , Hofe zum Schönbrunner Schlosse führen. Die Nachricht rief in allen Kreisen der Bevölkerung außerordentliche Freude hervor, die in der Besprechung des Tagesereignisses auf den Straßen und öffentlichen Orten zum Ausdrucke kommt. Veränderungen im österreichischen Ministerium Wien, 29. November. (W. T. B.) Hier laufen Ge- rüchte um von einer Umbildung des Kabinetts. In unter- richteten Kreisen wird angenommen, daß in der Leitung einzelner Ressorts Veränderungen unmittelbar bevorstehen. Eine italienische Stimme über die serbische Lage Rom, 28. November. (W. T. B.) Die „Agenzia Stefani" meldet unter dem 27. aus Monastir: Die Bul garen, die bis Brodkrusthewo nördlich von Monastir vor gedrungen waren, besetzten heute Novak, 10 Kilometer öst lich der Stadt. Die Angriffe der bulgarischen Streitkräfte, die man auf zwei Divisionen schätzt, gegen die serbischen Truppen dieses Abschnittes, die sich auf 10 000 Mann be laufen, werden immer lebhafter. Man glaubt, daß die Ver zögerung des Vorgehens der Bulgaren gegen Monastir durch die Erwartung von Verstärkungen verursacht worden ist. Die Lage der Serben wird als verzweifelt betrachtet. Die in den Militärspitälern verpflegten Verwundeten wurden gestern in der Richtung nach Albanien weggeführt. Die Räumung der Stadt wird vermutlich morgen stattfinden. Die Zivilbeamten sowohl wie die Konsuln Rußlands und Frankreichs sind ebenfalls abgereist. Veuk-Ge« ReiH» — Tie städtischen Kollegien in Stettin bewilligten je 3000 Mark für das bulgarische Rote Kreuz und für den Roten Halbmond. — Ter Ghmnasialprvfessvr Tr. Lisiecki-Gneseu wurd. an die Universität Warschau berufen. — Tie Neichstagsersatzwahl in Sangerhausen-Eckarts- berga, wo der Nationalliberale Syndikus Hirsch (Essen; allein kandidiert, ist auf den 19. Januar angeseht. — Die Kriegsabgabcn der Reichsbank sollen nach einem Gesetzentwurf darin bestehen, daß von dem Gewinn der Reichsbank für das Jahr 1915 vorweg der Betrag von 100 Millionen Mark dem Deutschen Reiche zu überweisen sind. Die Reichsbank hat ferner aus dem Gewinn für die Jahre 1915 und 1916 einen Betrag von je 14,3 Millionen Mark an das Reich abzuführen. Soweit der für 1915 und 1916 nach Abzug der sämtlichen Ausgaben sich ergebende Reingewinn den durchschnittlichen Reingewinn der Jahre 1911, 1912 und 1913 übersteigt, fällt er je zur Hälfte an das Reich. Aus dem Auslaude China — 13 von den 18 chinesischen Provinzen haben sich nach einer Meldung aus Peking für die Umwandlung Chinas in eine Monarchie mit Juanschikai als Kaiser ausge sprochen. Die chinesische Negierung ist nicht gewillt, dem Einspruch Japans gegen die Umwandlung des Negierung» systems stattzugeben. Italien — Der Ministerrat beschäftigt sich mit den der italie nischen Textilindustrie drohenden schweren Krisen, sowie mn der Weizen- und Kohleneinfuhr aus England, mit der es noch hapere. — Im Kampfe gegen die Kriegspornographie ergreift der frühere Ministerpräsident Luzzatti unter voller Zu stimmung das Wort. Heute erfährt man von ihm, daß im Vollzüge seiner Anordnungen in einem einzigen Jahre über 300 000 Ansichtskarten. 108 000 Photographien, 16 000 Negative, 125 000 Bücher beschlagnahmt wurden. Jetzt, meint er. könnten dreimal so hohe Ziffern erreicht werden, wenn alle geeigneten Faktoren Zusammenwirken! Sie beschlossen, mit der Straßenbahn nach Wien zurück zufahren. — Als sie sich dem wartenden Wagen näherten, sah er, daß vor ihm zwei Kameraden, beide verwundet und einen Arm in der Binde, in den Wagen stiegen. Den einen von den beiden, einen Honvedhusaren, kannte er sehr gut. War mit ihm in demselben Bezirk ausge wachsen, und sie halten oft gemeinschaftliche Ausflüge gemacht. Er war der Sohn eines Großindustrie):.., und das Geld seines Vaters gestattete es ihm, sich Rennpferde zu halten nnd Mitglied des vornehmen österreichischen Auto mobilklubs zu sein. Als Stephan in den Wagen trat, war derselbe ziemlich gefüllt, und er mußte mit den am Eingang des Wagens vorhandenen zwei Plätzen für sich und seine Braut vorlieb nehmen. Dadurch kam er nicht in nähere Berührung mit den beiden Kameraden. Die hatten sein Eintreten bemerkt, und Stephan Andraski grüßte zuerst. Er hatte die Hand noch nicht vom Käppi, als ihn ein kaltes, fröstelndes Unbehagen befiel, weil der Honvedhusar anscheinend seinen Gruß übersah, und den neben ihm sitzenden Kameraden auf irgend etwas draußen vor den Fenstern Plötzlich aufmerksam machte. Der unterbrach seinen Gruß, den er schon ausführen wollte und sah in der angegebenen Richtung. Einer von den Deutschmeistern war es. Ganz langsam, den Blick unverwandt auf die beiden gerichtet, setzte sich Stephan Andraski, und seine Braut merkte, daß er plötzlich schwer atmete. „Fehlt dir etwas?" fragte sie besorgt. „Nein, nein," wehrte er nervös ab, — „mir ist schon wieder ganz gut. Ich werde mich wohl getäuscht haben." „Du siehst ganz blaß aus, lieber Stephan." „So? — DaS wird sich wieder geben." (Fortsetzung folgt.)