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1486 Am Zahlreichsten sind die Maschinen für Baumwollspinnerei, und einige für Bearbeitung dcS Eisens. Ungefähr in der Mitte der englischen Ab- theilung steht eine Reihe zum Theil transportabler Ccntrifugalpumpen. Die selben sind patentirt und haben neben dem Vorthcil der Einfachheit den eines größeren Effectes gegenüber den Röhrenpumpen, welche sie gleichwohl nicht ganz verdrängen können. Die heurige Weltausstellung dürste in dieser Hinsicht fördernd auf ihre weitere Verbreitung cinwirken. In der nördlichen Ncbengalerie ist eine für den Cottondruck bestimmte Pcntagraph-Gravirmaschine durch ihre Form besonders auffällig. Dieselbe ist von einem Manchester Maschinenfabricanten, welcher fünf neue Verbesserungen bei derselben ar» brachte, ausgestellt und ebenfalls patentirt. Ein bemerkenSwertheS Modell von patentirten „Einklink-Borrichtungcn zum Stellen der Eiscnbahnweichen und Signale" ist gleich in der Nähe jener Maschine. Diese Vorrichtungen dienen zur sicheren und richtigen Ein- rückung der Echienenwechscl bei Eisenbahnen, zur gleichzeitigen Richtigstellung der Signale, zur gleichzeitigen Absperrung der Wege, die über die Bahn führen, und sind demnach geeignet, viele Unglücksfälle auf Eisenbahnen zu verhüten. Mit Einem Griff an einem der Hebel, die in einer Reihe neben einander stehen, kann der Bahnaufscher, der von einem Fenster des ersten Stockwerkes die sämmtlichen Schienensträngc vor dem Bahnhof oder Stations gebäude übersieht, die sämmtlichen Weichen richtig stellen. Am Weltaus stellungsbahnhof ist dieselbe Vorrichtung, die das Modell zeigt, wirklich an gebracht. Zahlreiche Eiscnbahngcsellschaften Englands und Belgiens haben sie adoptirt. Die französische Abtheilung der Maschinenhalle hat auch ihr Kesselhaus und eine eigene Betriebsmaschine,' ist aber gegen alle übrigen am Meisten zurück. Uebrigens ist die Maschinenausstellung Frankreichs sehr reichhaltig. Namentlich giebt es im Kesselhaus viele Verbesserungen, welche die Sicher heit befördern sollen. Unter den zahlreichen Motoren verdienen zwei mehr Beachtung, als ihnen unter ihren großen Nachbarn gewährt werden wird ES sind dies häusliche Motoren für Nähmaschinen. Wenn derlei Maschinen nicht bald allgemeine Anwendung finden, so wird das Siechthum unserer Handarbeiterinnen mehr und mehr zunehmen, denn cs giebt kaum etwas Schädlicheres für die Lungen dieser armen Geschöpfe, als das stundenlange ununterbrochene Treten der Nähmaschinen. Buchdruckerpressen und Arbeits maschinen für die Textil-Jndustrie sind zahlreich vertreten. Die Maschinen-Industrie der Schweiz ist für diese von besonderer Wichtigkeit, da dieselbe vermöge ihrer natürlichen Beschaffenheit auf die In dustrie angewiesen ist, um sich die Bedingungen ihres Bestandes zu ver schaffen. Die Maschinen-Zndustrie der Schweiz kämpft auch mit mancher lei Schwierigkeiten. So mit dem fast gänzlichen Mangel an Eisen und Kohle. Wenn es dem kleinen, von hohen Schutzzolllinien umschlossenen Lande dennoch gelungen ist, sich im In- und Auslände einen begründeten Ruf zu erwerben, so ist dies um so schätzenSwerther. Einen Vortheil hat die Maschinen-Zndustrie der Schweiz für sich: fließendes Wasser zum Betrieb der Motoren. Demgemäß finden sich hier auch zahlreiche Turbinen, Wasser- säulenmaschincn und Wasserräder neuester Construction mit zahlreichen Ver besserungen, zu denen das Bcdürfniß den Anlaß giebt. Unter den Arbeits Maschinen stehen die für Keide-Baumwoll-Spinnerei der Zahl und Bedeut ung nach obenan. Interessant ist u. A. auch eine Anzahl von Strick- und Stickmaschinen, die zum Theil in fortwährendem Betriebe sind. Eine der selben, die namentlich von dem weiblichen Theil der Besucher viel umlagert ist, wird von einem Handarbeiter betrieben, der mit derselben zweihundert rechte Stiche auf einmal macht und nach den complicirtesten Mustern zehn bis zwölf Ellen Bordüren im Tage verfertigt, also ungefähr neunzig Mal so schnell, als dies mit der mühsamen Handarbeit geschehen könnte. Italien hat u. A. eine große Schiffsmaschine mit zwei beweglichen Cy- lindern und gewaltigen Schaufelrädern ausgestellt, die immer senkrecht in'S Wasser tauchen. Die Construction hat sich als gut bewährt, ist aber nicht neu, und cs erscheint fast unbegreiflich, daß man nach Erfindung und Ver besserung der Schiffsschraube sich noch mit derlei Betriebsmaschinen befaßt. Sie find bei den Fortschritten der Neuzeit ein überwundener Standpunkt. Belgien hat eben auch begonnen, die aufgestellten Arbeits-Maschinen mit dem eigenen Motor in Betrieb zu setzen, und cs ist selbstverständlich, daß dies kleine, aber so überaus gewerbsflcißige Ländchen seinem Rufe alle Ehre macht. Außer den verbesserten Dampfkesseln im Kesselhause hinter der Maschinenhalle find als neu zu erwähnen die offenen Eisenbahnwaggons, eine verbesserte Eisenbahn-Bremse, und geschweißte Riemen, eine rationell gebaute Windmühle und eine Vcrticalgebläscmaschine nach dem System Seraing. Die Eisengewerkschaften und Walzwerke Belgiens haben ferner zahlreiche Schienen und Radkränze zur Ausstellung gebracht, bei denen die Güte de- Eisens, wie dies häufig zu geschehen pflegt, durch Verbiegung de« fertigen Fabricates erprobt ist; denn schlechtes Eisen würde bet dieser ab- normen Behandlung brüchig werden. Es fehlt auch nicht an Maschinen zur Bereitung und Verarbeitung der Wolle, an Nähmaschinen und kleinern Arbcitsmaschinen. Besonders lobenSwerth ist, daß der Katalog die Preise der meisten dieser Fabricate angiebt. Niederlande, Schweden und Norwegen, dann Holland und Dänemark theilen sich in einen kleinen Antheil der Maschinenhalle, so daß eS bei ober flächlichem Ansehen leicht ist, die Erzeugnisse derselben zu verwechseln. Die Niederlande haben eine verticale Dampfmaschine auf Nädern, Nähmaschinen, Eismaschinen, diverse Pressen, eine Küstenkanone und von kleineren Objecten einen verbesserten Jnjector ausgestellt. Dampfstrahlpumpen (JnjectorS) sind in neuerer Zeit bei Locomotiven ausschließlich in Gebrauch; sie finden sich in den Ausstellungen aller vorgeschrittenen Industriestaaten, da sie für die Speisung der Dampfkessel die rationellste Vorrichtung sind. (K. V.) — Unterm 1. Juni wird berichtet: Die Weltausstellung ist, wie das mit ihren, ihr an Umfang und Bedeutung nachstehenden, Vorläufern in London und Paris auch der Fall war, am Ende der ersten vier Wochen noch nicht in allen ihren Theilen vollständig, geht aber dem täglich schneller entgegen. Auch die Communication nach dem Prater und zurück wird immer mehr erleichtert. Von heute ab gehen z. B. vom Staatsbahnhofe zum Ausstellungsplatze täglich Vormittag- zwei Züge mit je 4000 Plätzen 2. und 3. Classe und ebenso Nachmittags nach 4 und 6 Uhr wieder zurück. Hin- und Rückfahrt kosten in 2. Classe 60 kr. und in 3. Classe 40 kr. im Tourpreise. vermischte». — Die „Dr. N." schreiben: „Wieder eine Mahnung zur Versicher- ung der Frachtgüter! Einem 8tu6. jur. in Leipzig ist im Laufe v. M. ein in Bautzen als Frachtgut an ihn aufgegebener Kasten verloren worden. Die von ihm angestellten Recherchen haben ergeben, daß in Dresden der Kasten von der Eisenbahn vermißt worden, resp. daß wahrscheinlich gemeiner Diebstahl zu Grunde liege. In diesem Kasten waren für 70 bi« 80 Thlr. Garderobe- und Wäschstücke, ganz unersetzliche Collegien-Hefte, da« Lehrbuch der Institutionen von Müller und der 1. Theil der Kriegelschen Ausgabe des Corpus juris, nach dessen Verlust natürlich das ganze übrige Werk werthlos geworden ist. Die Wäsche des jungen Mannes ist mit 6. 8. gezeichnet. Der Verlust für ihn ist ein um so größerer, als der Schaden ersatz nur 9 Thlr. 12 Ngr. beträgt. Wir theilen dies namentlich deshalb mit, um dem Publicum zu zeigen, wie es doch wohl besser ist, bei den dazu gegründeten Agenturen die Frachtgüter in ihrem ganzen Werthe zu ver- lchern, da ja Jedem dasselbe passiren kann! Vielleicht bringt aber auch diese Notiz auf die Spur der verschwundenen Gegenstände." — Zittau, 3. Juni. (Z. N.) Während der Tage von Sonnabend, 31. Mai, bis Montag, 2. Juni, wurden auf hiesiger Bahnhofsstation 4177 Tour- und Tages-Billets auSgcgeben. Die Personrnfrequenz wird icsmal auf mindestens 20,000 Personen berechnet. Der Oybin war wieder der Anziehungspunkt für die meisten Fremden. Fahrstraße und Fußweg« dahin wurden nicht leer von Wagen und Spaziergängern. — Dresden, 3. Juni. Ucber die Frequenz der hiesigen Der- kehrsanstalten während des Pfingstfestes theilt das „D. I " heute mit, daß nach seiner Erkundigung allein auf dem hiesigen Personenbahnhof« der Staats bahn in den letzten drei Tagen 114 fahrplanmäßige und 48 xtrapersonenzüge abgcgangen oder angekommen sind. Die Zahl der Passa- icre, die mit diesen Zügen hier ankamen und abfuhren, beträgt etwa 180,000, d. i. etwa 80,000 mehr als im vorigcn Jahre zu denselben Zfingsttagen. Alles verlief mit größter Ruhe und Ordnung. — Auch der lerkehr auf der Elbe, insbesondere der Besuch der benachbarten Dörfer Blasewitz und Loschwitz, nahm diesmal seither wohl kaum dagewescne Di mensionen an. Sämmtliches Fahrmaterial der sächsisch-böhmischen Dampf- chifffahrtSgeseüschaft war in ununterbrochener Thätigkcit. Mit der zwischen >en beiden genannten Dörfern verkehrenden Dampffähre wurden am ersten Feiertage ca. 6000, am zweiten ca. 14,000 Personen befördert. Der An rang zur Dampffähre war gestern so groß, daß dieselbe mit der zur Be- örderung von schwerem Fuhrwerk bestimmten Prahme verkoppelt werden mußte. — Ebenso konnte die Pferdeeisenbahn nur mit Zuhilfe nahme aller ihr zu Gebote stehenden Verkehrsmittel die massenhaft herbei- irömcnden Fahrgäste auf ihren so beliebten Routen befördern. — Der Jahresbericht des evangelischen Vereins der Gustav- dolf-Stiftung bekundet von Neuem die wachsend« VercinSwiiksamkeit, enn obwohl das Geschäftsjahr (November 1870—71) durch patriotische nfordcrungen vielfältigst in Anspruch genommen war, bezifferte sich die