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1623 Versammlung vorherrschenden Meinung der Gesetzvorlage seine Zu stimmung nicht versagen Molle. Morgen wird die DiScussion fort gesetzt werden. Großbritannien. London, 25. Juni In der Rede, welche DiSraeli gestern in Sydenham hielt, sagte er unter Anderem: DaS Programm der c onservattven Partei ist die Aufrechterhaltung der gegenwärtigen In stitutionen, nämlich deS Thrones, deS Hauses der LordS und der StaatSkirche, die Erhaltung des Reiches und die Ersetzung der Poli- tischen Reform durch die sociale Reform. — Der Prinz von Wales hielt am 22. d. M. im St. JameS- Palast zum ersten Male nach seiner fchwcren Krankheit in Vertretung der Königin ein Lever ab, daS ungemein zahlreiche Betheiligung hatte. Außer fast sämmtlichen Prinzen deS königlichen HauseS waren der Prinz Eduard von Sachsen-Weimar, Prinz Hassan Pascha, ein Sohn deS VicekönigS von Egypten, der Nabob Nazim von Bengalen mit seinem ältesten Sohne, daS gesammte diplomatische Torp» und die birmanische Gesandtschaft zugegen. , — AuS Calcutta wird der „TimeS" unter dem 22. d. Mts. telegraphirt: Der persische Commissar hat einer Regelung der Grenze von Geistan Hindernisse in den Weg gelegt, aber General Gold- smid, der augenblicklich in Teheran weilt, hofft, daß Unterhandlungen die Schwierigkeiten beseitigen werden. R u tz l « « d. Warschau, 24. Juni. Die Warschauer Universitätshörer wurden officiell vor der Theilnahme an der socialistischen Studentenbewegung in Rußland gewarnt. Es sanden hier mehrfache resultatlose Haus- suchungen statt. Amerika. New-Bork, 23. Juni. Berichte aus Euba melden, daß Oberst RyanS Expedition mit dem Dampfer „Fannie" in NuevitaS eine Landung bewirkt hat. — General Trevino'S officieller Rapport über die Schlacht von Monterey in Mexico am 30. Mai meldet, daß sein rechter Flügel durchbrochen und geschlagen wurde, während sein linker Flügel unter Narano dem Feinde in die rechte Flanke fiel und in demselben eine Panik verursachte, wodurch die Insurgenten den Tag gewannen, fast sämmtliche RegierungStruppen gefangen nahmen und deren Kriegs material erbeuteten. Inzwischen marschirte der linke Flügel deS FeindeS nach Monterey hinein und blieb dort bis zum 4. Juni, worauf er von der Jnsurgcnten-Eavalerie verfolgt nach Saltillo zu entkommen suchte. Während RevultaS die Stadt besetzt hielt, waren Mord und Raub an der Tagesordnung. General Trevino schätzte die Zahl der! gemachten Gefangenen auf 1600. Privatbriefe melden, daß die Rc- gierungStruppen in Montery Magazine erbrachen und mehrere Beamte tödteten. Sie ermordeten 15 Personen, Männer, Frauen und Kinder und plünderten einen Theil der Stadt. Späteren Berichten zufolge sammelten sich die Juaristen wieder und erklärten sich für stark genug, um dem Vorrücken der Rebellen auf MatamoraS Widerstand zu leisten Gerichtsverhandlung. -1- Löbau, 25 Juni. Unter Mitwirkung von GerichtSschöffen verurtheilte daS hiesige königl. Bezirksgericht in seiner heutigen Sitzung den 51 Jahre alten Weber Johann Gottlieb Clemens aus Alt- etbau wegen versuchten schweren und vollendeten ein fachen Diebstahls zu 6 Monaten 1 Tag Gefängniß und Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte auf 2 Jahre. Clemens theilt die Wohnung der verehel. Rudolph in Alteibau. Am 27. März d. I , Nachmittags in der 5. Stunde, verließ die Rudolph die Wohnung, nachdem sie vorher 20 Pfd. Wolle, im Werthe von 10 Thlr., in ihre, in einer oberen Kammer stehende Lade verwahrt, die Kammer gehörig verschlossen, den Schlüssel in der Wohnstube an seinen gewöhnlichen Platz gehangen und den allein in der Wohnung zurückbleibenden Clemens besonders darauf aufmerksam gemacht hatte. AlS die Ru dolph Abends um 7 Uhr zurückkehrte, war der Schlüssel zur Kammer verschwunden. Vergeblich war alles Suchen sowohl in der Wohnung, als im Garten, und sie beauftragte schließlich ClemenS'n, hinauf zu gehen und die Thüre der Kammer aufzusprengen. Er that die» auch, indem er mit den Füßen die Thüre einstieß. Jetzt ergab sich, daß der fehlende Kammerthürschlüssel, und zwar abgebrochen, in dem I Schlosse der erwähnten Lade steckte und weiter, daß, nachdem die mit dem Schlüssel versuchte Oeffnung mißglückt war, man versucht hatte, mittels eines BeileS die Lade aufzusprengen, welche Absicht durch die an der Lade sichtbaren Spuren deutlich zu erkennen war. Wer ander«, als Clemen-, konnte den Diebstahl versucht haben, denn er war während der ganzen Zeit allein in der Wohnung gewesen und wußte recht wohl, daß die Rudolph ihre Garnvorräthe in jener Lade ver wahrte. Und doch leugnete er die Verübung deS DiebstahlSversucheS und räumte nur so viel ein, daß, wenn er wirklich der Thäter sei, er in der Trunkenheit gehandelt habe, denn er sei in der fraglichen Zeit vollständig betrunken gewesen. So wenig diese Behauptung an und für sich Glauben verdiente, um so weniger fand sie Beachtung, als die Rudolph eidlich versichert hat, daß Clemen» weder bei ihrem Weg gange noch bei ihrer Rückkehr betrunken gewesen ist, und der Letztere selbst zugeben mußte, daß er während der Abwesenheit der Rudolph gar keinen und vorher an jenem Nachmittage mehr nicht als für 13 Pf. Branntwein getrunken hatte. UebrigenS ist Clemens früher schon wegen Diebstahls, Unterschlagung und Forstentwendung je ein Mal mit Gefängniß bestraft worden. Auch diesmal lagen noch zwei einfache Diebstähle wider ihn vor. Am 22. März d. I., Abends, hat er auS der Hausflur deS Hausbesitzers Herzog in Alteibau ein Paar auf 4 Ngr. taxirte Holzpantoffeln und an dem nämlichen Abende drei Stück Latten, 1 Ngr. Werth, von dem Gartenzaun deS genannten Herzog gestohlen. Beide Diebstähle räumte Clemens ein und be hauptete nur, so viel die Latten anlangt, er habe dieselben nicht von dem Zaune loSgerissen, sondern auf dem Wege liegend gefunden. Der Angeschuldigte, dessen Vertheidigung Herr Adv. Börner vertrat, wurde zu der im Eingänge gedachten Strafe verurtheilt. Röst vom Oberland. Eine schweizer Geschichte von George Baron Dyherrn. I. ES ist eine einfache, traurige Geschichte, die ich erzählen will, wie sie !mir der alte Hirt in einer Sennhütte des Rigi berichtete. Da sitzt der fünfundsiebzigjährige Greis, eine hohe, baumstarke Gestalt, auf dem breiten Klotz am Herde, und das flackernde Feuer wirft seinen rothen Schein auf ^dieses braune, von tausend Runzeln durchfurchte Gesicht, und seine großen blauen Augen, die allen Glanz bewahrt haben, blicken in die lodernden Flammen hinein, als lese er aus ihnen seine Geschichte. — Ein Grausen erregendes und prachtvolles Gewitter hatte mich über fallen, da ich allein von WäggiS den Rigi Hinanstieg. Noch stand die Spitze des Berges im Sonnenglanz, und der blaue Himmel breitete sich leuchtend über mir — plötzlich verschwanden die Silberfirnen mir gegen über, und aus den flimmernden Spiegeln der Wasser drunten stieg eine nachtschwarze Wolke, die mir mit furchtbarer Schnelligkeit näher rückte. Ich eilte die Alpe hinan und erreichte noch glücklich die Sennhütte de alten Nikla«, als di« ersten Tropfen fielen und da- Unwetter losbrach. Blitze flammten und die Felsen leuchteten jäh auf und hallten von gewal tigen, betäubenden Donnerschlägen wieder. Tannengestrüpp und Nagclflü- stücke stürzten in die Tiefe; der Sturm rüttelte mit der Riesenfaust an der Hütte und das Feuer prasselte von seinem wilden Athem angefacht in die Höhe. Zuweilen erhob der greise Senne seine Hand und bekreuzte sich, in dem seine Lippen ein leises Gebet murmelten. „Niklas", sagte ich, „ich sah ein einsames Grab in der Nähe der Sennhütte am Rande des Geklüftes,- auf einem großen, schwarzen Fels block las ich di« Worte: „Röst vom Oberland". „Ich kannte sie", murmelt« der Alt«, mehr für sich,--al- mir zur I Antwort, „ich kannte sie." Und er schwieg. Ich sah, daß seine Gedanken den Sturm vergaßen und die hallenden Schläge, die vom Echo der Berge vervielfältigt wurden. Er starrt« in die Gluth hinein wie Einer, der in !die vergangene Zeit sieht — eine Thräne rollte langsam über die braune Wange des alten Mannes, eine einzige. Dann nahm er «inen langen Zug aus seiner Pfeife und hüllte sich in dichte Rauchwolken, al- wolle er mir seine augenblickliche Bewegung verbergen. Weiter zu fragen wagte ich nicht. Ein neuer Windstoß, der an die Thür pochte, weckte den Sennen. „Du bist noch jung", sagte et, und seine tiefe Stimme klang wie bewegt von einem schmerzlichen Gefühl, „vielleicht ist'- eine Lehre für Dich, wenn ich Dir die Geschichte von der Röfi, die da draußen begraben liegt, erzähle."