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1604 die Dinge" schließt die Eingabe, ,,und Henn wir Abhilfe heischen, so find eS nicht die Interessen der Kirche allein, für die wir unsere Stimme erheben." Pesth, 22. Juni. Der anläßlich der Wahlen verübte Pöbel- exceß hat in der Theresienstadt zu extremen Maßregeln der Stadt- hauptmannschast geführt. Ueber die Theresienstadt war heute ein förm licher Belagerungszustand verhängt. Zwei Personen, selbst Mann und Frau, dursten nicht zusammengehen und die Hausbewohner nicht vor dem Hau-thor stehen bleiben. Mehr als 60 Verhaftungen wurden vorgenommen. Schlägereien machten in Zalagroth und Kanizsa eine Unterbrechung deS WahlactrS nothwendig. AuS Mokrin (Klkindaer Bezirk) wird berichtet, daß daselbst der Führer der dortigen Deakisten, Lausch, erschlagen gesunden worden sei. Frankreich. PaxiS, 22. Juni. Wie man der „N.-Z." meldet, betonte in seiner Antwort auf die Vorstellungen der Deputation der Rechten Herr ThierS besonders, daß, al- er die Regierung übernommen habe, er 32 Departements vom Feinde besetzt gefunden habe; jetzt seien nur noch 6 Departements besetzt, und auch diese würden in sehr naher Zeit vollständig geräumt werden; diese Nachricht würden die Deputirten beim demnächstigen Antritt der Ferien in ihre Departements zurück- bringen können. Es sei darum jetzt kein geeigneter Zeitpunkt, um das Land durch constitutionelle Experimente, welche die bisher günstig ver laufenden Unterhandlungen beeinträchtigen könnten, in Agitation zu versetzen. In parlamentarischen Kreisen herrscht große Aufregung in- folge der ablehnenden Antwort deS Präsidenten. — Ein Pariser Corre- spoydent der „K. Z." schreibt über hie Situation: Welche Folgen der Bruch der Majorität mit Herrn Thiers haben wird, läßt sich noch schwer berechnen. Daß dieselbe (d. h. die verschiedenen Fraetionen der Rechten) energisch vorgehen will, erhellt deutlich aus den Mittheilungen in den „DsbatS" und im „Fran^ais". Es wird sich hauptsächlich darum handeln, ob daS linke Centrum, das in Zukunst eine Haupt rolle zu spielen hat, zusammenhält, oder ob ein Theil der Mitglieder desselben sich wieder von ihm lossagt und dem rechten anschließt Deseilligny, einer der Vicepräsidenten dieses Verein-, hat infolge des Beschlusses, welchen das linke Centrum gegen daS rechte gefaßt, seine Entlassung eingereicht. Einen Zuwachs werden die Royalisten auch durch das Häuflein Bonapartisten erhalten, die jedenfalls nicht ver fehlen werden, sich den Gegnern von ThierS anzuschließen. Das „Journal deS DsbatS" nennt die Abgeordneten der Rechten Aposte des Friedens, während die republikanischen Blätter statt der Friedens apostel nur Verschwörer in ihnen erblicken und ihre reactionatren Ge lüste an den Schandpsahl nageln. Indessen ist gar nicht zu bezweifeln, daß im Lager der Republikaner die Freude heutzutage viel größer ist, als im monarchischen. Spanien. Nachrichten auS Madrid stellen die binnen Kurzem zu gewär tigende Veröffentlichung des neuen ministeriellen Programms in Aussicht. Es werden sich darnych auf demselben allerlei schöne Dinge befinden, wie Schwurgerichte für Prrßvergehen, Trennung von Staat und Kirche, große Ersparnisse, Armeereformen u. s. w. Während man in Madrid mit diesen Sachen beschäftigt ist, ist den Larlisten in den Gebirgen heS Lande- der Rücktritt deS Herzogs de la Torre und somit auch das Aufhören deS von ihm geübten energischen Handelns sehr schnell fühlbar geworden. Ihre Banden tauchen von Neuem an den verschiedensten Punkten Spaniens aus und haben kürzlich nicht nur auf der Flucht hartnäckige Gegenwehr geleistet, sondern sich sogar den königlichen Truppen zum Kampfe gestellt. Erst nach einem fünf- stündigen erbitterten Kampfe ist c- einem Bataillon des Regiments Naparxa gelungen, hie gegnerische Position unter großen beiderseitigen Verlusten zu nehmen. Angesicht- dieses Ereignisses und namentlich -er Wirkung früherer Unterwerfungen dürsten die gemeldeten Zeichen der Niederlage im carlistischen Lager wohl nur von sehr relativer Bc« deutung sein und daS Ministerium Zorilla sieht sich jedenfalls eine, sehr ernsten und nach allen Seiten verwickelten Situation gegenüber. Türkei. Konstantinopel, 20. Juni. Die „Turquie" ist zu der Er, klärung ermächtigt, daß alle Gerüchte Betreffs einer Aenderung der Thronfolgeordnung jeder Begründung entbehren. — AuS Per sien kommende Nomadenh orden wurden dis-mal, ohne ihren Raubzweck zu erreichen, mit empfindlichem Verlust zurückgeschlagen. Gericht-Verhandlung. D Zittau, 24. Juni. Der auS Neukuppritz gebürtige, 22 Jahre alte Dienstknecht Carl August Stange ist in heutiger vom hiesigen königl. Bezirksgericht abgehaltenen Hauptverhandlung geständig, dem Gutsbesitzer Johann Gottlieb Elßner in Seifhennersdorf gegen Fast nächten Ifdn. Jahre-, als er bei demselben noch in Dienst, Lohn und Brot gestanden, von dessen offenem, ihm frei zugängig gewesenen HauS« boden nach und nach innerhalb 5 Tagen ungefähr 1 Scheffel Korn in der Weise entwendet zu haben, daß er daS Korn metzenweise vom Boden mit herunterbrachte und in einem Sacke, den er versteckt auf bewahrte, ansammelte. Stange, welcher daS Korn durch einen Dienst- mann für 3 Thlr. und einige Groschen verkaufen ließ, giebt ferner zu, daß er gleich bei der ersten Entwendung von Korn sich sofort vorge« nommen, mit diesen Diebereien so lange fortzufahren, bis er einen Scheffel zusammen habe. — Eine in Folge dieses Diebstahls bei Stange vorgenommene Aussuchung und hierbei mit vorgefundene Brieftasche führte nun aber auch noch zur Entdeckung weiterer zwei Diebstähle, die im Jahre 1868 Stange bei dem Gutsbesitzer David Rothe in Seifhennersdorf au-geführt hatte. Im Februar oder März 1868 hatte sich Stange in die Wohnung erwähnten Rothe'S, mit dessen Localitäten er ganz gut bekannt war, da er kurze Zeit vor her noch bei demselben im Dienste stand, begeben, angeblich lediglich zu dem Behufe, um seiner dortselbst noch dienenden Schwester einen Besuch abzustatten. Als er sich nun kurze Zeit einmal allein in der Wohnstube befand, hatte er aus dem verschlossenen Kasten eines da selbst stehenden Tisches, den er durch bloße- Rütteln ohne Veränderung der Nerschlußmittel zu öffnen vermochte, eine österreichische 50-Gulden- Banknote und einen 5-Thalerschein entwendet. Ohngefähr 14 Tage nach diesem Diebstahl hatte sich Stange wiederum zu Rothe verfügt und auS demselben, ebenfalls wieder durch Rütteln geöffneten Tisch- kästen eine Brieftasche mit 3 Papiergulden und 4 einthälerigen Cassen- dillets gestohlen. Stange, welcher rücksichtlich sämmtlicher Diebstähle ofort die offensten und unumwundensten Geständnisse abgelegt, giebt chließlich, befragt, was er mit dem Gelde angefangen, an: „Ich hab'- ock so verthan in Schänkwirthschasten und zu Tanzmusiken." — Unter Annahme mildernder Umstände, sowie in Berücksichtigung deS Um stande-, daß der Angeklagte zur Zeit der Verübung der Diebstähle bei Rothe daS 18. Lebensjahr noch nicht erreicht hatte, verurtheilte der durch Schöffen verstärkte Gerichtshof den Stange wegen leichter Dieb stähle zu einer Gesängnißstrase in der Dauer von 4 Monaten. Stange erklärte seine Unterwerfung und ließ sich auch zum Strafantritt sofort abführen. Vorsitz führte Herr Gerichtsrath Zscheile, Anklage vertrat Herr Staatsanwalt JaSpis. Vermischte-. — Pegau, 21. Juni. (Wchblt.) Heute Mittag find im Mühlgraben zu Oderwitz zwei junge Leute, Brauburschen, beim Baden ertrunken. — Schönheide, 22. Juni. Heute brannten hier zwei Wohn. Häuser vollständig nieder. Unser Ort war hierbei von großer Gefahr be droht, da in Folge eines heftigen Windes bereits 13 andere Gebäude vom Flugfeuer ergriffen waren, jedoch durch schnelle und reichlich« Hilfe gerettet werden konnten. — w Bom Kronprinzen von Italien erzählt ein Berliner Localblatt ein« amüsante Historie. Derselbe findet nämlich den Preis für seine Husaren-Equipirung zu berlinisch-großstädtisch und beanstandet die Honorirung der „kleinen" Note von 800 Thalern. Es sei aber inner- halb zweier Tag« und Nächte vom Kopf bis zur Zehe Alle- neu für ihn durch fünf Arbeiter angefirltgt worden, der betr. Fabricant habe mehrmals mit Begleitung und Gepäck nach Potsdam fahren und lange warten müssen, ehe er zum Anprobiren gekommen. Vorläufig sei die Rechnung der italie- nischen Gesandtschaft zur Prüfung übergeben worden. Das Pikanteste an der ganzen Affaire sei, daß der Kronprinz den Anzug gar nicht bestcllt habe, der hohe Wirth seinem hohen Gaste aber doch unmöglich Stiefel und Hosen schenken könne! — Am 22. Juni fand im Dorfe Zschortau die feitrliche Ent hüllung de- Denkmals statt, das zur Erinnerung an di« in der Un glücksnacht zum 22. Juni v. I. bei dem unseligen Eisenbahnzusammenstoß um ihr Leben gekommenen Wehrmänner errichtet wurde. Das Denkmal ist ganz aus Bronze, die Kaiser Wilhelm aus den erbeutet«» französischen Geschützen zur Verfügung gestellt hat, angefertigt und stellt «in« auf mäch tigem Sockel ruhend«, Hoh« und schlanke Säule dar, auf deren Spitze «in