Volltext Seite (XML)
1310 Lentfche» «eich. Dresden. Se. königl. Majestäi haben dem pensionirten Ober- Steuer-Controleur Earl Gottlieb Gierth in Annaberg das Ehren kreuz des Albrechtsordens zu verleihen und zu genehmigen geruht, daß der Student der Rechte Arthur Kürsten in Leipzig das ihm von Sr. Majestät dem deutschen Kaiser und König von Preußen ver. liehene eiserne Kreuz II. Classe am weißen Bande annehme und trage. — Zur Begründung einer DiakonenbildungSanstalt in Ober gorb ih haben Ihre Majestät die Königin 100 Thaler an die Expedition des „Dr. I." einzahlen zu lassen geruht. — Ein Anfang diese- Jahres verstorbenes treues Mitglied des Vereins zu Rath und That hat den Verein in seinem Testamente mit 5000 Thlr. bedacht: „zur Beihilfe an Lehrlinge Behufs der Förderung ihrer praktischen Ausbildung zur Erwerbsfähigkeit". — 23. Mai. Heute erfolgte im k. Commandantur-Gebäude die Feierlichkeit der Nageleinschlagung in die für die Landwehr bestimm ten vier Fahnen Seiten Ihrer kgl. Hoheiten des Kronprinzen und des Prinzen Georg. Se. Maj. der König hatte bereits vor einigen Tagen diese Ceremonie im Beisein des Kriegsministers rc. erfüllt. Beide Prinzen begaben sich sodann mit Gefolge nach der DreikönigS- kirche in Neustadt, wo die kirchliche Weihe sowohl dieser Fahnen als auch der den beiden Grenadierregimentern verliehenen eisernen Kreuze und Fahnenbänder erfolgte. Am Gottesdienste nahmen die beiden Grenadierregimcnter, Abtheilungen der andern hier garnisonirenden Truppen und das CadettencorpS Theil. Herr Pastor Clauß sprach die Weihrede. Leipzig, 22. Mai. (D. I) Am heutigen Vormittag haben hierselbst im großen Saale des SchützenhauseS die Sitzungen der XXVIII. Versammlung deutscher Philologen und Schul männer ihren Anfang genommen. Am Präfidialtische befanden sich die Professoren vr. Georg Curtius und Rector vr. Eckstein von hier. In den ersten Reihen waren der Minister des CultuS und öffentlichen Unterrichts vr. v. Gerber und der Staatsminister a. D, Minister des k. HauseS vr. Freiherr v. Falkenstein zu erblicken. Die Sitzung begann mit einer solennen Begrüßungsrede durch den ersten Präsidenten Prof, vr. Georg Curtius, deren wissenschaftliches Thema die Stellung der Philologie in der Gegenwart und ihre Aufgaben für die nächste Zu kunft bildeten. Nach ihm erhielt Geh. Kirchenrath vr. Gilbert aus Dresden daS Wort zu einer Begrüßung der Versammlung NamenS der k. sächs. StaatSregierung, die sich, wie er sagte, aufrichtig darüber freue, die Wanderversammlung nunmehr zum dritten Male in Sachsen tagen zu sehen, und dies zu einem Zeitpunkte, wo die nationale Einig ung in der Schaffung des Deutschen Reiches eine Wahrheit geworden sei. Ebenso hob die veränderte Lage der Dinge seit dem glorreichen Kriege gegen Frankreich der Vertreter der Stadtgemeinde und deS Magistrats Vicebürgermeister vr. Stephani hervor. Derselbe führte in längerer Rede die sympathischen Bande, welche hier in Leipzig akademische, wissenschaftliche und bürgerliche Kreise untereinander.zu schöner Harmonie verbinden, den echten „Venius loci" Leipzigs und den unvergeßlichen Gottfried Hermann vor, wies die Versammlung auf die große Theilnahme hin, mit der die Nation ihren Bestrebungen auf wissenschaftlichem und pädagogischem Gebiete folgen werde, und hieß schließlich die Anwesenden NamenS der Stadt Leipzig willkommen. Der zweite Vorsitzende Prof. vr. Eckstein gab dann in humoristisch gehaltener Rede Bericht über daS Schicksal der gegenwärtigen, um zwei Jahre verschobenen 28. Versammlung, über die im Präsidium > vorgenommene Veränderung, den Rücktritt Prof. vr. Ritschl'S, an dessen Stelle Prof. vr. Georg CurtiuS getreten sei, die zum ersten Male aus Pfingsten, statt in die Herbstferien verlegte Anberaumung der Versammlung, und erbat und erhielt von der Versammlung In demnität. AuS seiner Rede ging die bisher unerhörte, die Hallenser Versammlung von 1867 um 400 übertreffende Frequenz der heurigen Versammlung hervor, welche, wie er sagte, ungefähr 900 Theilnehmer zählt. Hierauf folgte die Wahl des BüreauS, indem auf Vorschlag des Präsidenten CurtiuS Prof. Autenried auS Erlangen, vr. Jung mann und Jeep auS Leipzig, Lehrer Bormann t?) auS Berlin zu Secretairen erwählt wurden. Dir Tagesordnung schloß mit einem höchst , anziehenden freien Bortrage de« Prof. vr. Ernst CurtiuS auS Berlin über daS alte Pergamon, daS Redner unlängst auf einer klein-! ! asiatischen Forschungsreise besucht hatte, endlich, nach geschäftlichen ! Mittheilungen über den AuSflug gen Grimma und den Besuch der morgenden Opern-Ausführung („Fidelio"), mit der Sectionenbildung, wobei noch zu erwähnen ist, daß sich diesmal zwei neue Sektionen auS dem Schooße der Versammlung heraus entwickelt haben: eine für indo- germanische Sprachforschung und eine für neuere Sprachen. Nach der Festhandlung bedeckten sich Saal und Nebensäle mit langen Reihen von Tafeln, an welchen neuntehalb Hundert Philologen und Schul männer Platz nahmen. Infolge so riesiger Frequenz beschränkte sich die Zahl der Toaste. Präsident Prof. vr. Georg CurtiuS brachte den begeisierten Trinkspruch auf Reichs- und auf LandeSoberhaupt, Kaiser Wilhelm und König Johann, auS, wobei er deS deutschen Vaterlandes als ohne Fragezeichen ü, la Arndt, als Demonstrativpronomen zu be singen finnig gedachte. Der andere Präses, Prof. vr. Eckstein, ließ die beiden heute früh der Versammlung beiwohnenden StaatSminister Frhr. v. Falkenstein und v. Gerber mit entsprechendem Elogium leben. Se. Excellenz StaatSminister vr. v. Gerber dankte mit einem Hoch auf die Philologenversammlung, in welchem er die hohe pädagogische Entwickelung SachsenS feierte und im Namen und Auftrag Sr. Maj. deS König? Johann die Versammlung zum dritten Male im Sachsen lande willkommen hieß. Prof. vr. Schröer auS Wien, ein ehemaliger I Leipziger Studio und der Stadt Leipzig von Herzen zugethan, schlug einen patriotisch österreichischen Ton an, indem er laut bekannte, daß man jetzt im alten Kaiserstaat auf Deutschland mit Stolz und Be friedigung und zu eigenem Trost Hinblicke. Er schloß mit einem „Leipzig hoch!" Vicebürgermeister vr. Stephani faßte diesen Spruch oom deutsch-protestantischen Standpunkte sehr beifällig und sympathisch auf, gedachte der vielen hier mit Vorliebe studirenden protestantischen Ungarn und kam dann auf Elsaß, den Wiedergesundenen theuern „verlornen Sohn", „Elsaß-Lothringen, das wiedergewonnene, lebe hoch!" — Die Jahresfeier der evangelisch-lutherischen Mission hat am heutigen Vormittage in der Nicolaikirche hierselbst stattgefunden. Festprediger war Hr. Stiftsprediger Steinmetz auS Loccum (Hannover). Aus dem vom Hrn. MissionSdirector Hardeland abgelegten JahreS-, berichte ergab sich eine Gesammteinnahme von 61,929 Thlr., welcher eine GesammtauSgabe von 60,845 Thlr. gegenüberstand, so daß also ein Caffenbestand von 1048 Thlr. verblieben war. Zu den Einnah. men lieferten u. A. Sachsen 11,233 Thlr., Bayern 6454 Thlr., Pro- vinz Hannover 4555 Thlr., Altpreußen 2733 Thlr., Mecklenburg 3400 Thlr., Rußland 10,353 Thlr,, Schweden und Norwegen 3292 Thlr., Elsaß 1176 Thlr. re. Die Mission zählt zur Zeit 47 europäische Mis stonaire, 4 eingeborne Landprediger, 4 tamulische Candidaten der Theo logie, 73 eingeborene Katecheten und 35 untere Angestellte (ebenfalls Eingeborene). In 85 Schulen wurden 1725 Schüler von 112 ein geborenen Lehrern unterrichtet. Getauft wurden im letzten Jahre 381 Heiden. Die Gesammtzahl der Angehörigen der MissionSgemeinde betrug 9235 in ca. 400 Orten. Roßwein, 22. Mai. (L. Z.) Am zweiten Pfingstfeiertage hat in hiesiger Gegend ein Raubmord stattgefunden. Selbigen TagS wurde nämlich der beim Nossen-Freiberger Eisenbahnbau als Strecken wächter angestellte, 68 Jahre alte Joseph Seelig aus Mischwitz bei Carlsbad in Böhmen im Nossener Forstrevier unweit seiner Wohnung in der Erlwaldung ermordet und beraubt aufgefunden. DaS Ver brechen ist muthmaßlich am selben Tage, wahrscheinlich zur Mittagszeit, und zwar mittelst eines rohen Radehackenhelms, der am Orte der That aufgefunden wurde, verübt worden. Die Person des Thäters ist zur Zeit nicht ermittelt. Berlin, 23. Mai. Die Tau fe der jüngst geborenen Tochter deS Kronprinzen und der Kronprinzessin wird, wie die „Kreuz-Ztg." hört, am 4. Juni im Neuen PalaiS stattfinden. Der Kronprinz und die Kronprinzessin von Italien werden am 2. Juni hier eintreffen. — Der Justizminister vr. Leonhardt ist nach Wildbad Gastein ab- gereist. — Nach einer Mittheilung der „Spen. Ztg." wird der CultuS- Minister vr. Falk in nächster Woche eine Reise antreten, um von dem Zustande der Seminare mehrerer Provinzen persönlich Kenntniß zu nehmen. Er hat dabei u. A die Absicht, einige Anstalten in ihre» Leistungen zu vergleichen, von denen die eine ziemlich angeschlossen an die Principien der Regulative, die andere in freierer Weise geleitet ist