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Unterhaltungs-Beilage -er Sächsischen Volkszeitnng Nr. 2^ Sonntag den >6. Juni 1912 An das heilige Land. NTeines von allen Ländern der Lrde darf sich vergleichen, heil'ges, mit dir. Denn deines Bodens heilige Scholle hat ihn getragen, den mit Entzücken Seraph und Lherub jauchzend lobpreisen. Fröhlich auf deinen blumigen Fluren, unter der Menschen sündigen Kindern spielte der Knabe. Segnend ans deinen weiten Gefilden ruhte des Mannes heilige Rechte. Duldend, gebrochen unter des Kreuzes schmachtoollem Holze, netzte mit seinem heiligen Blute er deine IDege, und deinem Schoße ließ er vertrauen stumm seiner Gottheit sterbliche Hülle. Keines von allen Ländern der Lrde darf sich-pcrglcichcn heil'ges, mit dir. Denn aus des Grabes Landen erstanden, ist er gewandelt Mege der Liebe rastlos in dir, bis von des Velbcrgs leuchtenden Höhen aufwärts zuin Vater siegreich er stieg. Darum von allen Ländern der Lrde wird dir gespendet neidlos die Palme, und Hosianna klingt es, dich preisend, aus allen Zonen, heiliges Land. Dr.G. Taute Leipzig 3. Sonntag nach Pfingsten. Evangelium: Das verlorene Schaf, die verlorene Drachme. Lukas 25, 1-10. Rührend sind die Versuche Gottes, das inenschliche Herz für sich zu gewinnen, das verirrte aus seinen Ver- strickungen zu befreien. Diese alles rettenwollende göttliche Liebe stellt uns der Herr Jesus gar anschaulich dar unter dem Bilde verwandter menschlicher Verhältnisse. Wir ver danken dem göttlichen Heilande namentlich drei solcher Gleichnisse: das Gleichnis von dem verlorenen Schafe, von der verlorenen Münze, von dem verlorenen Sohne. In diesen Gleichnissen sehen wir zuerst die Antriebe und An lässe ausgedrückt, wodurch sich der Mensch zur Sünde ver leiten läßt. Das Schaf entfernt sich von der Herde und ver irrt sich in der Wildnis, weil es dem Hirten aus Trägheit nicht folgen mag, oder weil es sich von Weideplätzen ver locken lässt, die seitwärts am Wege liegen, also aus Ver drossenheit oder falscher Begierde. Ist es beim sündigen Menschen nicht auch so? Er sucht bessere Weideplätze, als Gott sie ihm bietet: er folgt seiner falschen verkehrten Be gierde und gerät dadurch in die Wildnis. Tie Münze geht ihrem Herrn verloren, ohne dasi sie ihn kennt oder von ihm etwas weiß. Würde der Mensch seinen Gott wahrhaft kennen, er könnte ihn nicht verlassen. Das hieße sich selbst blenden, um Licht und Sonne nicht mehr zu stehen. Auch der verlorene Sohn kennt seinen Vater noch nicht in dessen voller unbegreiflicher Liebe und Größe. Er sucht sein Glück nach eigenem Plane, in falschem Freiheitstriebe und ein gebildeter Selbständigkeit. O Menschenherz, du ruhest nur in Gott, und nur wenn seine Gedanken deine Gedanken werden und wenn seine Wege deine Wege werden, nur dann wirst du glücklich. Auch der innere Zustand des sündhaften Menschen ist durch die drei Gleichnisse ausgedrückt. Das verirrte Schaf ist nicht tot, aber es ist in der Gefahr des Todes. Es kann in seiner Verlassenheit entweder durch schädliche Nahrung oder durch gänzlichen Mangel an Nahrung zugrunde gehen oder von Raubtieren zerrissen werden. So hat auch den Sünder auf der Erde des ewige Gericht noch nicht getroffen, aber er ist in großer Gefahr: Wehe, wenn er unbekehrt stirbt! Laßt uns darum gerne beten für die Bekehrung der Sünder! Die verlorene Müntze behält ihr Gepräge noch, aber dasselbe wird durch Staub und Schmutz unkenntlich. So hört auch der Sünder nicht auf, ein Ebenbild Gottes zu sein, aber er hat dieses Ebenbild entstellt und beschmutzt. O daß der Lichtstrahl der göttlichen Gnade das Herz er leuchte und cs wecke zu wahrer Reue und Buße! Der ver lorene Sohn endlich hat lange Zeit seinen Vater vergessen, dieser aber hat nie ihn vergessen und ihn immer noch als seinen Sohn betrachtet. O daß sie nur alle zurückkehren wollten an das Daterherz Gottes, die armen irrenden Seelen. Er wartet ja förmlich darauf, und wie der gute Hirt dem verlorenen Schäflcin nachgeht, so begleitet der liebe Gott den Sünder auf seinen sündhaften Wegen mahnend und warnend, ja auch schreckend und strafend, aber immer nur, um zu retten und zu helfen, und wie das Weib im Evangelium mit ihrer Leuchte in alle Ecken und Winkel hineinleuchtet, um die verlorene Münze zu suchen und zu finden, so durchleuchtet der liebe Gott mit dem bellen Lichte seiner Gnade das Herz des Sünders in all seinen Falten und den Wandel desselben auf all seinen Wegen. Und welche Freude herrscht im Himmel, wenn sich der Sünder bekehrt, welche Freude bei dem dreieinigen Gotte! Es findet ja der Vater seinen Sohn, der verloren gegangen war, es findet Jesus, der gute Hirt, das Schaf, das sich ver irrt hatte, es findet der heilige Geist das Bild Gottes, das er mit der heiligmachenden Gnade ausgestattct hatte. Es findet die heiligste Dreifaltigkeit das Menchenherz, das sie für sich geschaffen und zur Teilnahme an der ewigen Selig keit liebend erheben wollte. Und welche Freude unter den heiligen Engeln! Dort herrscht ja, wie bei lieben Ge schwistern und guten Nachbarn, kein Neid. Sie freuen sich bei der Bekehrung eines Sünders, weil die Zahl der guten Kinder Gottes wieder größer geworden, weil wieder in ein Menschenherz der himmlische Friede cingekehrt ist. Mache auch dein Herz recht weit für diese neidlose heilige Freude. Klara Schumann. Von M. in der H:ven. Schiutz. Gretchen Heiter, die, so lange sie noch bei ihrer guten Mutter daheim war, nnt ihrem stets freundlichen Gesicht- cben ihrem Namen alle Ehre gemacht hatte, ließ nun das Köpfchen von Tag zu Tag trauriger hängen, insbesondere 'seit dem letzten Tage, als sie von ihrer neuen Freundin, zu der sie sich so innig hingezogen fühlte, so jäh getrennt wor den war. Wie oft war sie in diesen Tagen zum Gittertor des (Härtens geeilt und hatte hier nach Klärchen ausgespäht — aber vergebens: immer war sie, ohne die liebe Freundin wiedergesehen zu haben, in die Rosenvilla zu ihrem Klavier