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3440 in dem künftigen Unterrtchtsgesetze die volle Universitätsberechtigung zu sichern, erweist sich als irrthümlich. — Das Polizei-Präsidium ^verlangt jetzt vom Magistrat die nöthigen Mittel zur Errichtung von zwölf großen Polizei- Hauptmannschaften, wodurch der Sicherheitsdienst vereinfacht und verschärft werden soll. Die damit verbundenen Mehrkosten sind wie der sehr beträchtlich, was also ein neuer Beweis für die Kostspieligkeit der modernen Gesetze ist, da die täglich wachsenden Mehrausgaben für die Polizei doch hauptsächlich eine Folge der Freizügigkeit, der Coali- tionssreiheit und anderer Neuerungen sind. Inzwischen wird mit einer Kühnheit weiter geraubt und gemordet, welche die Großthaten der Lon doner Verbrecherzunft fast noch überbieten zu wollen scheint. So über fielen vor einigen Abenden zwei Kerle einkn Fabricanten in dessen Comptoir, steckten demselben einen Knebel in den Mund, banden ihm Hände und Füße und gingen dann mit der geraubten Casse davon. Auf dem Bauplatz der neuen Cadetten-Anstalt in dem benachbarten Lichterfelde fand man am 21. d. M. die Leiche eines erschlagenen Ar beiters. — Der „B. Börsen-Cour." schreibt: „Die bisherigen Redacteure der Spenerschen Zeitung sind sämmtlich entlassen worden; sie haben ihre Kündigung, nachdem man sie Monate lang hingezogen, 12 Tage vor dem Quartalsschluß erhalten. Sämmtliche Redacteurstellen sind dagegen durch Personen, die in jedem einzelnen Falle von Professor Aegidi, Vorsteher des Preßbureaus im Reichscanzleramt, vorgeschlagen sind, besetzt worden. Man sieht also, daß die Behauptung^ daß bei dem Ankäufe die Regierung im Hintergründe stände, nicht unrichtig war. Uebrigens ist es ein interessantes Factum, daß die erste For derung, welche an die Liquidations-Commission der Gesellschaft — be kanntlich nach zweijähriger Leitung der Zeitung durch Hrn. Wehren- psennig in der Lage, nur 25 bis 30 Procent ihres großen Capitals aus der Liquidationsmaffe vertheilen zu können — herantrat, die des Herrn vr. Wehrenpsennig auf eine Entschädigung von 12,000 Thlr. für die Zeit, die sein Contract noch zu lausen hätte, gewesen ist." (Von anderer Seite verlautet, daß Herr Wehrenpfennig sich die ge nannte Summe gleich von Hause aus vertragsmäßig ausbedungen hatte.) — 25. Decbr. Die Nachrichten über das Befinden des Kaisers lauten auch heute günstig. Wenngleich die katarrhalischen Beschwerden noch nicht gänzlich geschwunden sind, so zeigt sich doch mehr und mehr eine regelmäßige Abnahme derselben. Auch vermindert sich die Mattig keit. Seit vorgestern bringt der Kaiser wieder den ganzen Tag außer dem Bette zu. Cassel, 23. Deeember. Die in vor. Nr. erwähnte Broschüre Vilmar's „Der Todeskampf der hessischen Kirche" ist polizeilich con- fiscirt worden. — Einem gefaßten Beschlusse zufolge werden nun auch die übrigen renitenten Geistlichen, noch 28, alsbald nach den Festtagen vom Amte suspendirt werden. Mehrere der bereits Abgesetzten legten Protest gegen das Verfahren und das Urtheil des Gesammtconsistoriums ein. VVL München, 24. December. Die Meldung des „Wiener Fremdenblatts" von einem Signale des Königs Betreffs des vom Regierungspräsidenten v. Hörmann bei Eröffnung der Jmmenstadt- Sonthofener Eisenbahn auf das Deutsche Reich ausgebrachten Toastes entbehrt, wie aus glaubwürdiger Quelle verlautet, jeder thatsäch- lichen Begründung. (In mehreren bayerischen Blättern wird jedoch der Angabe des Wiener Blattes nur insofern ein Dementi entgegen gesetzt, daß ein Handbillet mit diesem Wortlaute gar nicht er gangen sei. Daß aber ein mißbilligendes Handbillet überhaupt dem Minister nicht zugegangen sei, wird nicht gesagt. Und in der That wird in den bestunterrichteten Kreisen an die Existenz eines solchen Handbillets wenn auch nicht in der vom „Fremdenblatt" mitgetheilten Fassung geglaubt.) — Der König hat dem Professor Dubois- Reymond in Berlin und dem Componisten Richard Wagner den Maximiliansorden für Wissenschaft und Kunst verliehen. — Die „Correspondenz Hoffmann" bringt folgendes Dementi: „In ausländischen Blättern ist die mit allerlei burlesken Zuthaten aus geschmückte Erzählung von einer angeblichen geheimen Reise des Königs Ludwig II. nach Wien während der Weltausstellung ver breitet worden. Angesichts der Hartnäckigkeit, mit welcher die Nichtig keit der Mittheilung behauptet wird, sind wir zu der Erklärung ver anlaßt, daß jenes Märchen lediglich einer mehr boshaften als einfältigen Phantasie entsprungen und die albernste publicistische Erfindung des Jahres 1873 gewesen ist." Straßburg, 24. December. Dreißig angesehene hiesige Bürger haben dem Mitgliede der hiesigen Handelskammer, Gustav Bergmann, in einem offenen Anschreiben die Reichstags, candidatur für Straßburg angeboten, und darin die Erwartung ausgesprochen, daß derselbe Elsaß unter Hochhaltung seiner Rechte und Freiheiten einer glücklichen und dauerhaften Zukunft entgegenführen helfen werde. Bergmann wird, wie verlautet, die Candidatur annehmen. Oesterreich. Wien, 24. Decbr. Der „Pesther Llyod" meldet: Am 27. d. M. wird die kaiserliche Familie sammt dem Hofstaate, welcher um diese Zeit von Wien aus ergänzt werden wird, in die Hofburg nach Ofen übersiedeln. — „Pesti Nap." will wissen, die Reise des Kaisers nach Petersburg sei wieder hinausgeschoben, da die Kaiserin wahr, scheinlich noch früher zur Entbindung der Erzherzogin Gisela nach München reist. Aus den widerspruchsvollen officiösen Meldungen hierüber geht nur mit Sicherheit hervor, daß die Reise am 6. Febr., wie bestimmt war, nicht stattfindet, und daß der Termin für dieselbe" noch gar nicht endgiltig sestgestellt ist. (Vgl. Rußland.) — Das Statut für die Verwendung des aus Anlaß des Ne gierungsjubiläums des Kaisers zur Unterstützung von Kleingewerb- treibenden in Wien gesammelten Fonds ist von dem Comite bereits sestgestellt worden. Wie die „Presse" erfährt, soll die Verwendung in folgender Art geschehen : Den bestehenden Vorschußcassen werden die von ihnen begehrten Summen gegen eine 3procentige Verzinsung zur Verfügung gestellt unter der Bedingung, daß sie die Solidarhaftung aller Mitglieder in ihr Statut ausnehmen, und zweitens, daß sie die Gelder nur zur Unterstützung von Kleingewerbetreibenden gegen eine Verzinsung, die nicht höher als 2 pCt. über den jeweiligen Bank zinsfuß sein darf, verwenden. Den aus dem jeweiligen Zinserträgniß erzielten Ertrag' wird die Franz-Josefsstiftung theils zur Vermehrung des Fonds, theils zu Bildungszwecken für Kleingewerbtreibende, Do- tirung von Fachschulen, Ertheilung von Stipendien u. dgl. benützen. Ein Comite aus sechs Gemcinderäthen, sechs Handelskammerräthen und sechs Mitgliedern des Gewerbevereins wird mit der Durchführung aller Angelegenheiten betraut. — Die Verhaftung des Generaldirectors Ritters von Ofen heim hat in Wien natürlich das größte Aufsehen erregt. Der „K. Ztg." schreibt man darüber u. A.: Man erinnert sich jetzt, daß l)r. Giskra im vorigen Jahre vor einer Versammlung seiner Wähler für die Schuldlosigkeit Ofenheim's mit großer Wärme ein trat. Mail ist neugierig, ob die Untersuchung sich nicht auch auf den Verwaltungsrath jenes Eisenbahnunternehmens, dem vr. Giskra angehörte, erstrecken wird. Wenn es die Absicht war, mit der Verhaf tung Ofenheim's und der beiden Beamten der Lemberg-Czernowitzer Bahn Furcht und Schrecken zu verbreiten, so ist dies vollkommen gelungen. Namentlich in der Welt der Verwaltungsräthe herrscht Heulen und Zähneklappern, und Niemand, der auch nur das kleinste anfechtungswürdige Geschäftchen auf dem Gewissen hat, fühlt sich mehr sicher. Italien. Rom, 23. December. Im gestrigen Consistorium wurden außer den schon in Nr. 298 d. Bl. gemeldeten Cardinälen auch vier Bischöfe in xartibus inüäolium, drei Bischöfe für Italien, Orteanu zum Bischof in Ungarn, der Priester Corona zum Bischof von St. Louis di Potosi und der Priester Hillion zum Bischof vom Cap Haiti ernannt. — Aus dem Haag wird gemeldet, daß dort Nino Bixio gestorben sei. Seit 1847 betheiligte sich Bixio an allen revolutionairen Erhebungen, auch bei der Expedition Garibaldis im Jahre t860 spielte er eine bedeutende Rolle. Nachher war er zweimal Mitglied der Deputirtenkammer. Frankreich. Paris, 24. December. Die Münz-Co nferenz, welche auf Antrag der Schweiz von der sogenannten lateinischen Staatengruppe beschlossen wurde, wird am 8. Januar zusammentreten. Als Dele- girte werden bis jetzt nur Fehr-Herzog und Lardy für die Schweiz, ilnd Jacobs für Belgien genannt. Italien hat seinen Delegirten noch nicht bezeichnet; was Frankreich betrifft, so erwiederte in der gestrigen Sitzung der Nationalversammlung auf eine Anfrage des Deputirten Soubeyran der Finanzminister Magne, daß Soubeyran zu den französischen Delegirten gehören werde. Der Minister fügte hinzu, es werde sich nicht darum handeln, das Silber aus dem Uw-