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„Geh, sei stad, — so an großen Schnauzbart und so an kloan Verstand, wia d' hast!" ..Du hast leicht reden, Hans, z'weg'n den Verstand. Wenn ein'm alles g'fehlt geht, geht der beste drauf. Vor sechs Jahr kauf i zweituscnd Eibenpflanzln und setz sie auf meiner Alm aus. Herg'standen sein's dir scho, sag i dir — da kimmt im Frühjahr a Lahn (Schneelawine) und reißt olls wurzweg aus. Nachher kommt jetzt wieder dös schreck liche Unglück mit der Hex." . „Mit was?" fahrt der Hans auf. . Da redet der Wirt ganz still und langsam weiter: '' - i „Na, mit der Krankheit halt." „Du sagst also selber, daß es a Krankheit is, gelt, Wirt? I will versuch'n, die Krankheit z' heil'n. Aber umsonst is Sterben. Bring i's so weit, daß die Krankheit aufhört, dann zahlst du dem Pfarrer hundert Gulden auf 'n Tisch, fürs Deverl. Verstanden?" „Ja, z' tausend gern will i dös," sagt der Wirt und dann geht er. Kaum is der fort, so kommt s Veverl mit an blutroten Gesicht: - " « „Der Fritzbauern Jörg ist da." ' «Soll nur kommen!" „Also, Pfarrerle, itzt geht's Komödiespielen an," sagt der Bracherbua leise. Der Pfarrer hörte zwar, allein begreifen tut er nicht. Da schob sich in die Tür eine richtige kernige Tirolerfigur, das reine Defregger-Bildl. Es war der Jörg. „Guaten Morg'n, Jörg. Sollst die acht Tag mei Knechtsein. Willst?" „A so viel. Ob i will, freili wohl, gern aa no." L „Dann setz dr derweil nieder, bis wir 'gessen hab'n." Der Jörg setzt sich neben die Tür und wartet. Er be merkt es nicht, daß er gerade dem Spiegel gegenüber saß und der Bracher Hans, der ihm den Rücken kehrte, ihn im Spiegel beobachten konnte. Die beiden am Tisch aßen ruhig fort. V Da Hub auf einmal der Hans an: „Ja, Pfarrerle, das muß i schon sag'n, ih an deiner Stell hält d' Ververl längst aus 'm Haus g'jagt." „Ja, warum denn?" fragt der Pfarrer erstaunt. „Mei Gott, koa Mensch mag s', nit amal mehr ihr Bua. Mir kommt's vor, als ob die ganze Hexeng'schicht nur der Namen für den Wunsch war; d' Veverl wird Wohl recht a unfleißigs, dumms, unsanbcrs Dienstbot g'west sein und d' Leut wollen s' los sein. Nit?" „Da tappst ins Heu. Hans," unterbrach auf einmal der Jörg die Red. „Der Hirschbauer sagt no heutig'ntags, io a Dirndl wia 's Veverl hat er seiner Lebtag nia g'habt und werd Wohl aa koane mehr kriag'n." „Sooo? — Na dann — eppas is da sicher derhinter — hat's leicht gar amol g'stohlen?" „Na. Hans," sagt der Jörg wieder und springt auf mit brennrotem Kopf. „Dös is nit wahr. Für 's Veverl ihre Ehrlichkeit legt 's ganze Dorf d' Hand ins Feuer." „Nach deiner Red is 's Veverl ja a halber Engel! Aber itzt woaß ih's scho. Mei guats Veverl wird halt alle Woch'n an andern Buam g'habt hab'n, nit?" „Da tappst wieder daneben, Hans," sagt der Jörg. ,.D' Deverl hat noh koan andern Buam g'habt wie oan, — dös woaß ih g'wiß." „Was du nit alls lagst, Jörg! Ja, was habt's denn dann geg'n das Dirndl? Brav rs. g'schickt und fleißi, ehr lich is und treu und schön!" „Ja, wcil's a Her ist, — verstellst?" sagt der Jörg trotzig. „Dös is gnat! Jörg, bast du scko amol cppaS von vancr braven Her g'hört? Ja. und daß i nit lach. — itzt ist 's Veverl bald drei Wecken fort von der Alm und d' Hexerei hat noh nit aufg'hört. „Dös wundert uns nit," meint der Jörg Meder, — „'s Veverl ist ja in Unfried von der Alm und da hat sie fi halt verwünscht." „Das laßt sih wenigstens hören," sagt der Bracher Hans, — „aber schau, Jörg, rh moan grad, da hätt 's Veverl noh mehr Grllnd, ihr'n Buam z' verwünschen, wie d' Alm." Der Jörg sagt nix und der Hans wartet a Zeitl und fahrt dann fort: „Ueberhaupt der Bua, der is 's Ver wünschen gar nit wert. So an Mensch, so a fader! Nit amal so viel Schneid hat der Tropf g'habt, daß er sein Dirndl vor d' Leut in Schutz g'nommen hätt. — Ja, Jörg, unserm Dirndl sollten amal d' Leut nachsag'n, daß s' cr Hex is! Nachher kunnt's sein, daß so a Häuter auf d' Erd fliaget und nimmer aufsteh'n kunnt. Mir soll oaner mein" Dirndl so eppas antuan! Mei Liabcr, do tät's oansach hoaßen: er oder ih! Aber so a Tropf hat ja koa Schneid nit. Ja, beim Fenster! steh'n, dös mag er, aber fünften —H Und dös sag i dir, Jörg, daß d' mir mit dem Affen koa Wörtl redst, solang i h dabei bin. Mit solche Brennsuppen- buam geb' ih mih nit ab, daß d' es woaßt!" Der Jörg druckt und druckt, wird rot und käsweiß und stottert und zittert schier vor stiller Wut. Endli sagt er halb trotzig, halb wütig: „Waar's nit besser, Hans, du naahmst dir an' andern Knecht?" „Z'weg'n was, Jörg? I mag koan andern wia an schneidig'n Buam und dih kenn' i. Wenn oaner Schneid hat daherin, so bist du derselbig." „Ah, so moanst!" Die beiden Herren hatten ausgetrunken und nun wurde aufgebrochen. Unter der Haustür stand die Köchin und 's Veverl. Man gab sich zum Abschied die Hände und besprach noch, daß täglich ein Melkerbua mit Nachrichten zu Tag geschickt werden sollte. „Viel Glück!" „Viel Glück!" und die beiden jungen Burschen gingen die Dorfgasse entlang. Der Pfarrer und 's Veverl sahen ihnen nach, bis sie hinterm Eck beim Hirschbaucrnstall ver schwanden. Da sah 's Veverl zum Pfarrer auf und meinte mit einem schweren Seufzer: „Mei lctzt's Hoffen, Herr Pfarrer!" Zwei Tränen rannen ihr über die Wangen; dem Pfarrer aber stieg ein bitteres Gefühl in der Brust auf, ein Gefühl über die Menschendummhcit, das fürchterlichste, wes der Herrgott erschaffen hat. „Laß guat sein, Veverl, der hilft uns sicher," sagte cr aber tröstend, — „du gehst ihm ja gar arg durch den Kopf. Hättest es nur hören sollen, was er dem Jörg alles g'sagt hat über dein' Buam, der koa Schneid und koa Seel hätt. G'schimpft hat cr, aber reckt hat er g'habt!" „G'sckimpft hat cr 'n Jörg?" „Was da Wohl der Jörg dafür könnt, du dumm's Dirndl!" meint der Pfarrer lachend und ging ins Haus Auf dem Wege zur Mm war der Bracherbua reckt ein silbig. Der Jörg blieb immer ein paar Schritt hinter ihm zurück und so kam's, daß die beiden bis zur Sennhüttn keine zwanzig Worts verloren. Erst in der Sennhüttn wurde der Hans gesprächiger. Er brachte die Leute zum Lachen, aß, trank, neckte den Jörg und schimvfte den Käser aus. Dann, nachdem er satt war, legte er sich schlafen. Die Almleut schüttelten die Köpfe und meinten, im i Scklas würd cr die Hex nit fangen. Endlich gingen sie an ihre Arbeit. — Als der Faulpelz aufwachtc, war die Hütt'n leer. Er sprang aus seiner Heuliegerstatt und war im nächsten Augenblick verschwunden. Die Alm kannte er genau, war er doch mit dem Wirt als Student das ganze Gelände oft und