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— 1« vorerst hat keiner den Finger drum g'rührt. Solche Schwänz!" „Du wirst völlig die Leut nimmer besser machen, Wei- bele. Du bist doh alt g'nua . . . Aber, gelt, die Nanni g'sallt dir halt?" „G'fallen. das Wohl. Aber singen kann s'. In der Höll müßten's die feiner haben, wenn si's hörten." Im Haus — die Bäuerin ist mitgekommen — fangt die Baronin auf einmal und ganz unvermittelt an: „Meinst du. daß die Leut für unsere Ideen jetzt zu haben wären. Hans?" „Hm, hm." „Du bist schrecklich. Hättest nur gehört, was mir die Leut heut alles g'sagt haben! Ich mein völlig, alles könnt ich jetzt von ihnen verlangen," meint die Baronin. „Ja, so lang ihnen deine Stimm noch nachklingt. Geh, lern du mir unsere Bauern kennen!" „Nein, du bist ein gottverlassener Pessimist, Hans," fährt der Baron ganz ärgerlich dazwischen. „Die Stimmung muß ausgenützt werden. Das Eisen muß warm geschmiedet werden." „Das schon, aber beileib nit lauwarm," meint 's Tokterle. Me Bäuerin, die dem Streit überlegend zuhört, redet endlich auch einmal ein Wort: „tVenn Sie's gar nimmer erwarten können, Herr Baron, dann ist's besser. Sie fangen die Sach an. Ich will die Leut zusammenrufen aus 'n Sonntag." Und nach dem nächsten Hochamt war richtig beim Ober- Wirt das ganze Salettl voll Leut. Eine Raiffeisenkassc soll fürs erste gegründet werden und der Baron will sich die Sach gern was kosten lassen. Aber völlig unmöglich war das gewesen, wenn nit die Fleckbäuerin ihre Daumen drauf- gesetzt hätt mit aller Macht und mit allem Ernst. So haben die Bauern endlich doch Ja g'sagt, aber mehr der Fleck bäuerin zulieb wie den Herrenleuten. Dann hat der Baron noch von Kunstdünger, Grassamen und Kraftfutter geredet. Er hat von jedem was bestellt und die Leut könnten's von ihm halb geschenkt beziehen. Da ist aber rtzt das Gelächter an'gangen. O mein Gott! Wo's noh alleweil so gehen hat müssen! So was war noh keinem eingefallen, und rein verwaht mutz der russische Herr fein. Rein verwaht. Nach Wochen war das neumodische Zeug schon die längste Zeit im Dorf. Aber noch keine Handvoll hat ein Bauer da von geholt. Die Fleckbäuerin ist einmal daher gekommen, und der klagt der Baron seine Not. Die längste Zeit hat die Bäuerin überlegt. Und völlig nett ist das, hat's dem Baron dunkt, ihr dabei zuzuschauen. „Lieber Herr Baron," fangt sie nach langem bedächtigen Ueberdenken an. „Sie wollen was Gutes tun, nicht kür heut oder morgen, sondern gleich was für die Dauer. Sie haben auch ganz richtig dort eingesetzt, wo's sein kann. Aber unsere Leut sind anders. Wenn Sie denen den Kunstdünger und das Kraftfutter mehr wie zur Hälfte schenken, so werden sie's doch nit los. Und wenn Sie hunderttausend Gulden hinaus werfen, es bleibt alles umsonst . . ." „Ja. um Gotteswillen, wie soll ich's dann anfangen. Bäuerin?" fragte der Baron halb verzagt. „Glauben Sic mir nur: wer unseren Bauern für die Wirtschaft was schenkt, das ist ein arger Sünder. Ter Bauer braucht Rat und Tat, aber nit geschenktes Geld. Ihren Kunstdünger werden Sie nit los und wenn Sie ihn ver schenken. Tenn dann bleibt für den Bauern immer noch die Arbeit, und ob er die Wohl riskieren kann, sehen Sie, das weiß er eben nit. Ein Risiko eingehen, so lang man den Nutzen nit greisen kann, schauen S', das tut nit einmal ein reicher Kaufmann in der Stadt, gsschweig erst unser Bauer." . -Das begreif ich, Bäuerin. Aber —" Die Bäuerin ist still, so lang still, daß die Leut am Tisch völlig verzagt werden können. Endlich und grad wie der auf einmal, wie das bei ihr alleweil ist, fangt sie be sinnlich an: „Gut, Herr Baron, wenn Sie sich die Sach was kosten lassen wollen, dann mein ich, daß 's Geld wieder herein- ^ kommt und was wirklich Gutes erreicht werden kann." „In einem solchen Falle würde Geld keine große Rolle ! spielen." „Schön. Dann kaufen S' den Eggenbauer, dessen Fel der hier angrenzen, und vielleicht noch seinen Nachbarn, den ! Girtlhof. Alle beiden Häuser reißen Sie nieder und bauen ! ein schönes praktisches Bauernhaus. Nichten mit anderen Worten eine moderne Bauernwirtschaft ein, die Beispiel gibt. Die erste Sacke will ich in die Hand nehmen und mei ! Bua kann da auch was tun. Und später nimmt man nch : einen studierten Menschen, der im Berg aufg'wachsen ist. I Von jedem Feld, von jeder Kuh muß den Bauern Jahr für ^ Jahr ganz genau Rechnung gelegt werden. Geht das einige Jahr, dann sollen S' aber sehen! . . . Unser Bauer ist nit . dumm, das sagen nur die noh dümmeren Leut." Fast begeistert bat die herrische Bäuerin geredet. Uich ! heilig schm war die Frau in dem Augenblick. Bevor die Leut am Tisch aber noch reden können, fuhr sie fort: „Sehen S', dann hat die G'schicht einen Sinn. Dann sieht der Bauer wenigstens, das und das ist erreicht." „Da hast du recht, Mutterl," jubelte die Baronin auf. „Eher kann man einen Stein fliegen lernen, wie einen Bauern durch Zureden besser machen. Das kann ich dir nach- ! fühlen, so tief, daß ich dir wirklich danken muß." Und damit fallt sie der Bäuerin um den Hals. Die ist ja fast erschrocken, denn sei Jahr und Tag ist das nimmer vor'kommen. „Die G'schicht," fahrt die Bäuerin endlch wieder fort, „würd gar keine ungeheueren Gelder verschlucken. So gegen ! hunderttausend Gulden denk ich. und davon wären etwa fünf bis acht Jahr lang die Zinsen hin. Mehr nit." j „Was, wirklich nicht mehr?" „Nein, sicher nit." „Tu es, Sascha, tu es!" munterte die Baronin ihren Mann auf. Ihre Augen glänzten dabei wie Feuer. „Ja, und dann muß der neue Hof der Dreiengelhof j heißen," schlagt der Doktor vor. „Hurra! Der Dreiengelhof!" rief >>er Baron. „Schon z um des schönen Namens willen muß ich es tun." Da gab's jetzt Arbeit! Tic Bäuerin war die nächste ^ Zeit mehr im Dorm wie droben am Grünen Fleck. Vier Wochen später waren schon die Maurer da und bauten einen iwuen Hof. Die Erfahrungen, die der Baron in dieser Zeit machen mußte, zeigten ihm wenigstens das eine deut lich, daß die Bäuerin vollständig recht hatte. Und das be stärkte ihn rmmcr mehr. Große Konferenzen wurden mit allen möglichen Leuten abgehalten. Jo selbst auf den Ein kauf von Maschinen sind die Russen jetzt gegangen. Im Torf freilich wußte keine Seele was von diesen ^ nmstürzlerischen Plänen. Tie Baronin sang jeden Sonn tag am Chor und die Leut wurden fast mit jeder Stund zu traulicher, denn das sahen sie immer deutlicher, das Lebrer- ' diendl ist kein bißl nit stolz auf ihre Vornehmheit und ihr ' Geld. Denn daß sie Geld hat, ganz schreckbar viel, daß wuß ten alle. Grad nur darüber stritten einige, ob's Wohl zehn tausend Gulden sind oder nit. Mer Geld hat sie, daß ist g'wiß. Eines schönen Tages kommt die Baronin zu ihrem Mann: „Sascha, denke dir nur, Hans hat eingewilligt, den Dreiengelhof so lange zu bewirtschaften, bis sich das Geld einigermaßen verzinst. Ich freu mich närrisch." „Das ist recht, Anni." „Und weißt du. was ich mir gedacht Hab? Wir neh men nur ganz wenig alte Knechte. Das meiste sollen garq