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die astatische Cholera herrscht, nach hier kommenden Schiffe den Bestimmungen des QuarantainegesetzeS vom 1. Mai 1868 unter worfen und selbe sofort in Kraft treten lassen. Italien. Rom, 22. September. (K. Z.) Der kürzlich eingetretene Tod dcS Grafen Joseph Mastai Ferretti soll auf seinen über 80jähr. ^nr .r, den Papst, einen tiefen Eindruck gemacht haben, wie da- schon bei dem im Juli 1869 erfolgten Tode seines anderen Bruders Gabriel Ferretti der Fall war. Die Familie Mastai Ferretti ist groß und alS liberal bekannt. Der Graf Joseph lebte lange in Zurück gezogenheit auf seinem Stammsthe im einsamen Sinigaglia und ver waltete kleine Municipal-Aemter. Die Mastai leiten ihren Ursprung von einem Kammmacher her, der im >6. Jahrhundert aus dem Ve- netianischen in die Marken kam, dort ein hübsches Vermögen-erwarb und auf seine Nachkommen vererbte, deren einem es gelang, sich mit einer Dame aus der weit verbreiteten Familie der Ferretti zu verbinden. AuS Livorno find Truppen nach Carrara geschickt worden, alS Vorsichtsmaßregeln gegen die Arbeitseinstellungen, die dort im Gange sind. Frankreich. Paris, 22. September. Herr B. Saint - Hilaire hat wieder ein Antwortschreiben auf eine Adresse der Generalräthe von Seins und Oise erlassen, worin er n. A. sagt: „. . . Ordnung und Freiheit in ihrer ganzen Ausdehnung und mit allen ihren segens reichen Folgen find nur um den Preis großer Klugheit, Arbeit und Mäßigung erreichbar. Darum hält Herr Thiers so sehr an der kon servativen Republik fest, welche allein alle Interessen befriedigen, die Gemüiher versöhnen und Frankreich jene Ruhe geben kann, die es so nöthig hat, um seine Wunden zu heilen und alles Unglück, daS es erlitten, wieder gut zu machen." — Der „Siöcle" schreibt: „Man versichert uns, daß Graf Apponyi, Botschafter Oesterreichs in Paris, Herrn v. Rllmusat einen Protest gegen die Anwendung des Gesetzes über die Rohstoffe überreicht hat, insofern dasselbe Products österreichischer Provenienz, die im Handelsverträge zwischen dieser Macht und Frankreich erwähnt sind, betrifft." — Der „K. Z." wird gemeldet: „In Paris verlief der heutige Tag vollständig ruhig. Da daS große Banket verboten worden war, weil der Gouverneur der Hauptstadt eS nicht dulden wollte, so versammelten sich die 160 Personen in kleineren Gruppen, um den Tag durch Bankets zu feiern. Einem dieser Bankets, bei welchem Robinet den Vorsitz hatte, wohnten Peyrat, einige andere Deputirte, mehrere Gemeindcräihe und Schrift steller an; die üblichen Toaste wukden ausgebracht und Entschuldigungs- briefe vorgelesen von Victor Hugo und Louis Blane, die zu dem großen Banket eingeladen worden waren, aber die Einladung auS- schlugen. Victor Hugo prophezeit in seinem Briefe, daß das Paris von Danton den Steg über daS Europa von Attila davontragen werde." — Der Unterrichtsminister hat ein Rundschreiben erlassen, durch welch s er die Maires auffordert, ein Verzeichniß der Namen derjenigen Kinder, welche keine Schulbildung genicßen, herzustellen Ein andere? Circular an alle Schulfunctionaire ladet dieselben ein, bei jenen Eltern belehrend aufzutreten, die ihre Kinder nicht zur Schule schicken wollen. — Die Blätter veröffentlichen ein Schreiben Nb out'S, worin derselbe dem Präsidenten der Republik und den Ministern für die diplomatische Intervention, die er ablehnen zu müssen geglaubt hätte, seinen Dank auSspricht, desgleichen der Presse dankt, an welche er die Aufforderung richtet, die „heilige Freiheit aufrecht zu erhalten, gegen Preußen zu schreiben, welches vor seinen Gerichten jeden Autor zur Verantwortung ziehe, der in einem Buche oder Blatte ein strenges Urtheil über es gefällt habe". — Dir Pariser Blätter melden, es sei der französischen Regierung die Mittheilung gemacht worden, daß die Verhaftung des Mr. Ab out lediglich die Folge eines JrrthumS oder einer Uebereilung eines untergeordneten Beamten gewesen sei. Dasselbe gilt für Herrn Jehan, welcher in Metz verhaftet wurde, weil er alS Delegirter des hiesigen Vereins „zum Besten der elsaß-lothringischen Waisen" durch allerlei Umtriebe verdächtig geworden war. Man hat ihn nach einer vierzehntägigen Haft entlassen und auSgewicsen. In einem Schreiben an ein Pariser Blatt versichert er, daß nichts gegen ihn vorgelegen habe, und er fügt hinzu: „Ich will nicht- gegen die Herren unserer unglücklichen Provinzen sagen; aber cS sei mir erlaubt, den fran zösischen Behörden für die Energie zu danken, mit der sie die In teressen ihrer Unterthanen verlheidigen; ich war glücklich und stolz, in dem Kerker Preußens zu fühlen, wie mächtig die Stimme Frankreichs ist, wenn sie eine gerechte Sache beschützt." In demselben Sinne läßt sich ein Deputirter, der Marquis v. Gorello, vernehmen, der an der Spitze jenes Vereins steht. (Gewiß würden die deutschen Behörden in diesen beiden Fällen wohl daran thun, wenn sie durch Darlegung der Sachlage allen solchen Insinuationen oder Auslegungen ein kurzes Ende machten.) — Folgende Notiz deS „Daily telegraph" scheint hohen OrteS verstimmt zu haben: „Im Einklang mit dem Optimismus deS Präsidenten scheinen die Bewohner von Havre eine große politische Wichtigkeit dem Toaste deS CapitainS Banflttaro beigelegt zu haben. Der Capitain hat eS über sich genommen, zu erklären, daß die öffentliche Meinung in England niemals Frankreich günstiger gewesen sei, alS in diesem Augenblicke." — 23. Sept. Der MarqniS von Gontaut-Biron (der Bot schafter in Berlin, der nach Paris beschieden worden) speiste gestern Abend bei Thier- und ist diesen Morgen auf sein Schloß bei Pau abgereist. St. Etienne, 20. Sept. Gestern Abend fand bei Hin. Dorian ein Banket von 80 Couverts zur Feier der Anwesenheit Gamb etta'S statt. Gambetta ergriff zwei Mal das Wort während des Diners und ein drittes Mal im Salon. Um 10 Uhr erschien er in Begleitung der übrigen Gäste auf dem Perron des Schlosses und richtete eine kurze Ansprache an die dort versammelte Menge, die etwa aus 500 Personen bestand. Die Musik spielte bei seinem Erscheinen die Mar seillaise, und zahlreiche Rufe: „Viva (lambetta! VivolaHaxubligua!" ießen sich vernehmen. Ungefähr 60 Fackeln und Papierlaternen be- leuchteten die Scene. Herr Gambetta sagte: „Mitbürger! Ich danke euch für den freundlichen Empfang, den ihr mir auf meiner Durchreise bereitet habt, und den ich um so höher schätze, als ihr in meiner Person die Republik begrüßt. Ich sehe unter euch viele Mütter; ihnen liegt es ob, Vertheidiger der Republik und Rächer für das Vaterland heranzuziehen. Die Republik wird euch die Gleichheit geben, nicht die Gleichheit, deren uns unsere Verleumder anklagen, sondern jene, die ans dem Rechte und der Arbeit Aller beruht. Helfen wir uns einander. Wir bedürfen euer und ihr habt ebenfalls aufgeklärte Männer nöthig, die sich die Aufgabe gestellt haben, euch zu leiten und zu belehren. Marschiren wir daher zusammen vorwärts mit deni Rufe: „Es lebe die Republik!" (Von St. Etienne ist Gambetta nach Lyon geeilt, wo der Mu- nic palrath ihm zu Ehren ein Diner gab, und am 21. traf er in Chambery ein, wo er von dem „Volke" mit Jubel empfangen wurde. UebrigenS feierten dir französischen radicalen Blätter den Jahrestag deS 22. Septembers auch durch Wiederabdruck dcS Sitzungs berichtes des National-ConventS — blutigen Andenkens —, in welcher das Königthum für immer abgeschafft wurde. Gleichzeitig verstieg sich eines derselben zu folgender Auslassung: „Der König von Schweden ist gestorben. Dieser Monarch war ausnahmsweise ein honneter Mann. Er hat niemals ein TodrSurtheil unterzeichnet. Ein König, der Nie manden tödtete, kann als da- achte Wunder der Welt betrachtet werden u. s. w. u. s. w ") In Toulon, Lorient und Cherbourg werden drei Lager errichtet werden, die zum Zweck haben, die Matrosen mit den Manövern der Landarmee vertraut zu machen. In Havre find am 21. früh 300 Auswanderer auS Elsaß- Lothringen angekommen, um sich auf dem deutschen Dampfer „Ham- monia" nach New-York einzuschiffen. Großbritannien. London, 21, September. Der Kongreß der Association zur Förderung der Socialwissenschaft, der seit Lem 11. d. in Plymouth tagte, hat am 18. d. seinen Abschluß gefunden. AuS dem Geschäfts bericht ist hervorzuheben daß Don Arturo Marcoartu, früherer Deputirter der spanischen Corte-, durch die Association einen Preis von 300 Lstr. (2000 THIr.) für die beste Abhandlung über die Bildung eines inter nationalen Parlaments für Europa zur Schlichtung aller Streitigkeiten zwischen Nationen angeboten hat. — Hier in London ist die Bäcker frage doch noch nicht ganz beseitigt, da die Stadt zu groß ist, um eine gemeinsame Entscheidung leicht zu machen. Auch mit den Verhältnissen deS BaugewerkeS ist eS noch nicht ganz richtig. ES haben etwa 500 Arbeiter gegen eine Firma, die zu dem alten Zahlungsmodus zurückgegriffen hat, ge-