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2861 worden, um für diese Summe eine Anzahl von Kreuzern in der Ostsee und im Finnländischen Meerbusen zu unterhalten. Türkei. Konstantinopel, 3. September. Prinz Ibrahim Pascha, der Sohn des Khedive, ist hier in specieller Mission bei dem Groß vezier angekommen — DaS Gesetz vom Jahre 1867, welche- die Presse der Administrationswillkür überlieferte, ist aufgehoben worden. Von nun an werden die fraglichen Delikte vor Gerichten entschieden werden. Asien. Aus China liegen Berichte biS zum 30. Juli vor: Nach den selben herrscht auch dort in diesem Jahre eine außerordentliche Hitze, der mehrere Opfer bereits gefallen sind. Nicht nur richtete der Sonnen stich Verheerungen an, sondern die vom Hangtne und anderen Flüssen überschwemmten Thäler verbreiten üble Gerüche, und eS herrschen daher in Ttentfing beispielsweise viele Krankheiten. Im Uebrigen rafft sich auch die chinesische Regierung aus ihrer traditionellen Trägheit auf und verbessert Wege, Brücken und Forts. Besonder? wird auf Tientfing und die Umgebung viel Aufmerksamkeit verwendet. Tientfing hat sogar Krupp sche Kanonen erhalten. Mit der Verbesserung der Wege geht jedoch keineswegs ihre Sicherheit derselben Hand in Hand Räubereien sind in Canton ganz besonders im Schwünge. Ein neues Opfer ist der amerikanische Missionar M'Cherney; derselbe ist während eines Angriffs der Piraten auf eine Stadt am West River von einer Kugel getroffen worden. In Tientfing herrscht die größte Besorgniß Angesichts der bevorstehenden Ankunft des französischen Gesandten, des Herrn Geoffroi. Seine EScorte ist bereits eingetroffen, er selbst jedoch noch nicht. Man ist sehr gespannt, waS er unternehmen wird. Auch Japan sieht sich in diesem Sommer von Naturereignissen heimgesucht. Ein längeres Erdbeben erschreckte am 3 Juli dir Bürger Nokohama'S, während die Küstenbewohner am 23. Juni von einem fürchterlichen Sturme heimgesucht worden sind. Auch die Cholera ist aufgetreten. Der Mikado setzt inzwischen seine Rundreise ruhig fort und ist in Hiogo angekommen, wo, nebenbei gesagt, eine GaScompagnie sich gebildet hat. So wird Japan bald die beiden großen Producte moderner Cuttur haben, Gas und Eisenbahnen. Zu diesen guten Nachrichten sei noch die beste hinzugefügt, nämlich, daß die Regierung nächstens dem Aufkäufen japanischer Mädchen zu schändlichen Zwecken, ein Geschäft, da? die Chinesen so lange betrieben haben, ein Ende machen wird. Afrika. jAuS Abyssinien.j Prinz Kassa, König von Abysfinien, hat nach einem Telegramm des „Daily-Telegraph" auS Massaua vom 1. September an Muntzinger Bey in Keren ein Ultimatum abgesandt und ihn aufgesordert, sofort mit den egyptischen Truppen da- abyssi- nische Gebiet bei BogoS zu räumen, widrigenfalls ungesäumt die Kriegserklärung erfolgen werde. Muntzinger hat sich geweigert, dieser Aufforderung Folge zu leisten. Die Egypter sind mit Hinterladern und Geschützen nettester Construction bewehrt, und sollte daS erste Treffen für die Abyssinier unglücklich enden, so steht für Muntzinger der Weg nach Adauah offen. Sollten die Egypter siegen, so wird voraussichtlich ein Aufstand der Volco GallaS, eine- eingebornen Mo- hamedanerstammes, gegen die Christen erfolgen und daS Land unter die Botmäßigkeit der Mohamedaner kommen Die Häuptlinge von Keren und der Nachbarschaft haben sich den Egyptern unterworfen. Debjaz Geberi und Ataua Bauroei, die Führer der Abyssinier, stehen mit 3000 Mann bei Hamajeh. Muntzinger hat sein Lager bei Tau- tarona hinter Keren befestigt. Bericht über die 21. (autzerordeutliche) Sitzung der Stadt verordneten am 23. August 1872. Hauptgegenstand der Berathung war ein Nathsdccret in Angelegenheit der Wasserversorgung durch die neue Wasserkunst. Herr Stadtrath Heerklotz war vom Rache deputirt, dem Collegium hierüber Bericht zu erstatten, und that dies in ausführlicher und eingehender Weise. Hiernach beabsichtigte der Rath nach dem Vorschläge und Entwürfe einer in diesem Fache bc- kannten Autorität, die Kraft des gegenwärtig activcn Poncelctrades, welche- das Pumpenwerk treibt, durch eine veränderte Stellung der Schaufeln und Anlegung eines eisernen Kropfes wesentlich zu erhöhen und beantragte zu diesem Zwecke Bewilligung der für diese Aendcrung sich aus 6—700 Thlr. belaufenden Kosten. Dem Rathsdecrete wurde einstimmig beigetreten. Hierauf schritt man vermittelst Stimmzettel zur Wahl der Deputation für die Friedenseinquartierung der bewaffneten Macht. Es wurden hierbei aus der Mitte des Collegiums die Herren Oßwald und Truöl zu Mit gliedern, die Herren Seydler und Wctzlich zu Stellvertretern, aus der freien Bürgerschaft hingegen die Herren Brand und Jul. Hartmann zu Mitgliedern, die Herren A. Fabian und Reiche zu Stellvertretern gewählt. Einem Rathsdecrete, wonach von der Geltendmachung eines Restitutions anspruches auf den Nachlaß der vcrw. Fiedler, sowie der verw. Eisold ab- gesehen werden soll, trat man einstimmig bei. Hingegen theilten sich bei der Abstimmung über ein weitere- Rathsdecret, wonach Herrn Oberlehrer Rockstroh für gehabte Mühewaltung bei Anfertigung und Aufstellung der Turngeräthe in der städtischen Turnhalle eine nachträgliche Gratification von 25 Thlr. gewährt werden sollte, die Stimmen in der Weise, daß nur die Dccisivstimme des Vorsitzenden die Annahme des Rathsdccretcs entschied. Schottin, Vice-Vorst. Vermischtes. — Leipzig, 5. Septbr. Auf dem Promenadenhügel am Noßplatze hat sich vorige Nacht ein hiesiger 20 Jahre alter Commis erschossen und im Nosmlhale hat man gestern Abend einen 24 Jahre alten Studenten aus Königsberg, welcher als Artillerist den deutsch-französischen Feldzug mit gemacht hatte, erhängt aufgefunden — In Leipzig ist ein 53jähriger Maurergeselle, welcher von einem CoVcgen bei einer Balgerei einen Schlag an den Kopf erhielt, infolge Blutaustritts ins Gehirn gestorben. Der Thäler ist inhafürt. — sDie Comenius-Sti ftun g.s Eine Comcnius' Namen tragende, an dessen 200jährigem Todestage, im November 1871, beschlossene Unternehmung zur Hebung des Unterricht-Wesens ist zu Leipzig ins Leben getreten, eine deutsche pädagogische Centralbibliothek, wie sie vor 200 Jahren ener große Schulmann geplant hatte. Der Leipziger Lehrervercin hat den Comcnius'schen Gedanken ausgcführt, die Bibliothek ist in ihren Anfängen vollendete Thatsache. 2000 Werke zählt sie bereits, darunter die seltene Gesammtausgabe der Werke des ComeniuS, darunter ferner eine pädagogische Büchersammlung von 642 Bänden, eingesandt von Hofrath v Zoller aus Stuttgart. Zweck der Bibliothek, die allen deutschen Schulmännern zu gänglich sein soll, ist die Herstellung eines Bücherplatzes, der Alles, was der wissenschaftlich strebende Lehrer für seinen Beruf brauchen kann, namentlich aber der pädagogische Schriftsteller zur Hand haben muß, umfaßt Nach dem Vorbilde des germanischen Museums hat die Comenius-Stiftung, so heißt die neue Centralbibliothek, bis jetzt nahezu in 50 Städten Deutschlands, Oesterreichs, Hollands und Belgiens Pflegschaften errichtet. Unterstützungen, Beiträge werden von allen Seiten zugesichert. — Am 2. d. ist der Schachtarbeiter Wichmann von BrandiS in dem Kohlenwerk des vr. Sellnick von einer abgelösten Kohlenwand so ge drückt worden, daß sein Tod sofort erfolgt ist. — Aus Stollberg wird Nachstehendes von den traurigen Folgen einer jugendlichen Unart erzählt: Vor einigen Tagen kom men zwei 8—l Ojähr. Knaben hier, im nicdern Stadttheilc, in Streit oder balgen sich aus Scherz, und der eine stößt den andern, denselben an den Haaren haltend, mit dem Gesichte in ein großes Wespennest. Die auf geregten Thiere stürzten sich natürlich sofort über den Knaben und zerstechen ihm das Gesicht und den Kopf in jämmerlicher Weise. Obwohl nun eine bedeutende Geschwulst cintritt, wendet sich die Pflegemutter des Knaben nicht an einen wissenschaftlich gebildeten Arzt, sondern holt sich Rath von anderer Seite, wo sie die Auskunft erhält, der Knabe sei „inwendig vergiftet". Auch dies hat nicht die Zuziehung eines Arztes zu Folge, und bald darauf ist der unglückliche Knabe gestorben. Durch die im Beisein des StaatS- AnwaltS Richter erfolgte bczirksärztliche Scction ist festgestellt worden, daß der Knabe vor seinem Tode unsägliche Schmerzen au-gestanden haben muß. — Aus Mecklenburg, 4. Septbr. Auch in dem Dorfe Gielow b:i Malchin hat Lie „Scdanfeier" zwei Menschenleben gekostet. Ein dortiger Tagelöhner wollte den Tag dadurch „verherrlichen", daß er in Er mangelung von Böllern während des Festzuges einige Tannenstämme mit Pulver auseinander sprengte. Dabei flogen mehrere große Tanncnsplitter in den Festzug hinein und trafen eine Frau und zwei Kinder so unglück lich, daß die Frau und eins der Kinder sofort starben und da- andere Kind kaum Hoffnung auf Genesung giebt. — Stettin, 4. September. Ein gestern Vormittag 10^ Uhr in der Nähe des Pün'schcn Kruge- (ca Z Mrilen von Gollnow) au-gebrochener Waldbrand hat sich von da durch die Pütt'sche und die Marimstift-- Forste verbreitet und ist heute Gollnow sehr nahe gekommen.