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2259 stein ist heute früh gestorben. München, 3. September. (N. P. Z.) Die Ministerkrisis befindet sich noch in demselben Stadium wie gestern. Herr v. Gasser hat dem Könige noch keine vollständige Liste in Vorschlag bringen können, da insbesondere die Neubesetzung der Ministerien der Justiz Landräthm sowie dem königl. Polizei-Direktorium zu Posen unterm 22. August d. I. eine Ministerial-Bersügung bekannt gemacht worden, wonach alle Diejenigen, welche vermöge ihres Widerspruchs gegen die vatikanischen Beschlüsse daS in demselben ausgesprochene Anathem auf sich nehmen, mit administrativer Exekution wegen der Kirchen steuern zu verschonen find. — Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" ist für 600,000 Thaler in den Besitz der Norddeutschen Bank in Hamburg übergegangen. Die beiden dazu gehörigen Häuser in der Zimmer- straße hat der bisherige Inhaber Braß für etwa 80,000 Thaler er worben; die Druckerei mit ihren Maschinen ist auf höchstens 100,000 zu schätzen; eS bleibt also ein Gewinn von 400,000 für den bis herigen Besitzer. — Die Wohnungsnoth tritt, wie die „Volkszeitung" schreibt wieder in einer Weise in den Vordergrund, die für den bevorstehcnden UmzugStermin die trübste Aussicht eröffnet. Notorisch sei es, daß zahllose Familien des kleinen Handwerker- und Arbeiterstandes, denen gekündigt worden, bis jetzt noch keine neue Wohnung gefunden, und es sei bei den für die Meisten unerschwinglichen MiethSpreisen, sowie bei dem absoluien Mangel an kleinen Wohnungen überhaupt woh mehr als zweifelhaft, ob sie eine solche bis zu jener Zeit noch finden weiden. Die Expeditionen deS „Jntelligenzblattes" sind Nachmittags föimlich belagert und jeder auch noch so große Vorrath desselben in kürzester Zeit verkauft. — Ein frecher Raubanfall wurde am Montag Abend gegen halb 9 Uhr in einer der belebtesten Straßen verübt: Ein junger Mann, der, sich soeben einen neuen Ueberzieher gekauft und denselben über dem Arme trug, wurde in der Nähe der König?- colonnaden von zwei ihm fremden Herren angeredet und befragt, ob er nicht billig eine goldene Uhrkette kaufen wolle. Als der junge Mann hieraus erwiederte, daß er nicht abgeneigt sei, dieselbe zu er stehen, fall« die ihm unbekannten Herren sich legitimiren könnten, er hielt er plötzlich in das Gesicht einen heftigen Hieb, der ihm die Unterlippe aufriß, während ihm gleichzeitig der neue Ueberzieher ent rissen wurde, worauf die beiden Strolche mit demselben nach dem Colonnadengarten entwichen. Es wurde von dem Beraubten sofort polizeiliche Hilfe herbeigeholt, welche den genannten Garten absuchte, ohne jedoch die frechen Räuber zu finden. Danzig, 3.September. Der hiesige Arbeiterstrike ist jetzt bereits auf etwa 2500 Mann (gegen 5000) zusammengeschmolzen, was wesentlich auch der Entfaltung militairischer Kräfte zum Schutz der Nichtstrikenden zu danken ist. In Neusahrwasser wurden neulich durch Generalmarsch 2 Compagnieen alarmirt, welche die ArbeitS- stellen am Hafenbassin noch besetzt halten. 500 Arbeiter find übrigens daselbst entlassen worden. Schwerin, 1. Sept. Der Staatsminister Frhr. v. Hammer - Wien. Die Hauptversammlung deS vierten österreichischen LehrertagS fand am 31. August in Klagenfurth statt. Der Leiter -er Landesregierung, Statthalterki-Rath von Reichenbach, der Landeshauptmann Graf Goeß und der Bürgermeister Jessernigg be grüßten die Gäste, worauf Vice-Präsidmt Zaufal über die gegenwärtigen Volksschulverhältnisse und die bei Durchführung der Schulaufsicht bis her gemachten Erfahrungen referirte. Angenommen wurden folgende Thesen: 1) Im OrtSschulrathe hat, waS den Religionsunterricht be trifft, nicht der Pfarrer, sondern nur der Religionslehrer Stimme; 2) dem OrtSschulrathe steht nur das Recht der Ueberwachung mit Bezug auf die Einhaltung deS Stundenplanes zu, in pädagogisch didaktischer Richtung übt er keinen Einfluß; 3) die Ueberwachung der Lehrer in moralischer Beziehung soll aufhören; 4) der Lehrer verkehrt direct mit dem BezirkSschulrathe; 5) Schulgeldseinhebung; 6) der vier jährige EurS an den Lehrer-BildungSanstalten ist einzuhalten; 7) Lehrer und Untcrlehrer können nur mit einem Zeugniß der Reise angestellt werden; 8) eS ist eine Eingabe an daS Ministerium zu richten, wo nach in Ergänzung deS ReichS-Schulgefttzks die Aufnahme von Lehr lingen in den Dienst nur gegen ein SchulentlaffungS-Zeugniß statt- finden darf; 9) der Lehrerschaft steht die freie Wahl der von den Schulbehörden genehmigten Lehrbücher zu; 10) die Lehrervereine streben an, daß die Frage der Lehrstunden vor die Volksvertretungen gelange; 11) daS CultuS-Ministerium soll von dem Unterrichts-Ministerium ge trennt sein; 12) an dem Schulgesetze etwa beabsichtigte Aenderungen sollen früher veröffentlicht werden, damit Berathungen hierüber möglich seien; 13) Resolution, in welcher ausgesprochen wird, daß die jetzigen geringen Lehrergehalte den Mangel an Lehrern herbeiführen. Ofen, 4. Septbr. Die feierliche Eröffnung deS Reichs tages fand nach dem bekannten Ceremoniel statt. Magnaten und Abgeordnete waren sehr zahlreich im Nationalcostüm erschienen. Von den Zinnen der Burg wehten neben der schwarzgelben die ungarische und die kroatische Fahne. Der Kaiser verlas die Thronrede, weiche an vielen Stellen mit enthusiastischen EljenS begleitet wurde, mit fester, vernehmlicher Stimme. und deS Kriege- ihm nicht gelingen will. WaS übrigens die Glaub würdigkeit der in Umlauf gesetzten Nachrichten betrifft, so genügt eS, darauf hinzuweisen, daß schon am Sonnabend der Telegraph meldete, daS ganze Ministerium sei bereits entlassen, während heute noch der EultuSminister von Lutz auf seinem Bureau arbeitete, der Justizminister v. Fäustle aber gestern beim König im Schloß Berg Dortrag erstattete. Tiefe beiden find aber die einzigen zur Zeit hier anwesenden Minister, da jene deS Krieges, der Finanzen und des Innern augenblicklich in Urlaub sich befinden und daS Ministerium deS Aeußern bekanntlich er ledigt ist. Jndeß ist die Spannung eine ganz außerordentliche, seit die alarmirenden Nachrichten aufgetaucht sind, und e» kann zuversicht lich behauptet werden, daß für ein reichS-unsreundlicheS System, al- dessen Vertreter daS ZukunftS-Eabinet allgemein gilt, sich nirgends, auf keiner Seite und bei keiner Partei irgendwelche Sympathie zeigt. — 4. September. Wie von gut unterrichteter Seite mitgrtheilt wird, ist eine, wenn auch nur vorläufige, Entscheidung in der Minister - krisiS vor Ende dieser Woche nicht zu erwarten. Straßburg, 3. September. Die KreiSdirectoren haben die Anweisung erhalten, alSbald nach dem 1. Oktober festzustellen, welche der Optanten ihren Wohnsitz wirklich nach Frankreich verlegt haben. Diejenigen, welche darüber keinen Nachweis liefern können, erhalten die schriftliche Eröffnung: „daß ihre Option unwirksam sei und fie daher nach wie vor Angehörige von Elsaß-Lothringen ge- blieben sind". Oesterreich. Pesth, 4. Septbr. Dem „Pester Lloyd" zufolge wird der bis- herige EultuSminister Pauker definitiv Justizminister, und erhält Tre fort daS Portefeuille des CultuSministeriumS. — Beide Häuser deS Reichstage? hielten kurze Sitzungen. Im Oberhause machte Graf Lonyay die Mittheilung, daß der ftuiex eurias, Graf Majlath, zum Präsidenten, Graf Johann Cziraky zum Vicepräfidenten deS Ober- »auseS ernannt worden seien. Carlowitz, 3. Septbr. Feldmarschalllieutenant Mollinary wurde gestern, von Semlin kommend, beim Eintreffen auf dem Carlo- Witzer Territorium vom Stadtrathe feierlich empfangen und unter Glockengeläute in die Stadt begleitet. Abends war letztere glänzend luminirt^ die Bevölkerung in freudig gehobener Stimmung. Bet der Abfahrt wurde Mollinary unter gleichen Festlichkeiten zum LandungS- „So findet sich in der preußischen und deutschen Gesetzgebung schon der Boden, auf dem fernere Bestrebungen für das Wohl der arbeitenden Classen mit einiger Sicherheit fußen und vorschreiten können. Es ist zu hoffen, daß die in Aussicht genommenen Berathungen dazu führen werden, unter Benutzung der gewonnenen Erfahrungen die schon bewährten Einrichtungen weiter auszubilden und nach Bedürsmß zu ergänzen. Jedenfalls ist aber den beabsichtigten Schritten ein günstiger Eindruck gesichert, da sie den Beweis liefern, daß die Staatsbehörden bemüht sind, ihre Fürsorge für die arbeitende Bevölkerung immer wirksamer und fruchtbarer zu gestalten." Eine rechte Klarheit über die Richtung, in der man vorzuschreiten gedenkt, läßt sich auS dem vorstehenden Artikel nicht gewinnen. — Hier eingetroffene Nachrichten von der Expedition zur Untersuchung der Nordsee melden den weiteren günstigen Ver- lauf derselben. Sorgfältige Untersuchungen konnten namentlich an der Foggerbank angestellt werden, welche bekanntlich der Hauptfitz für die Nordseefischerei ist, und find dort interessante Ermittelungen sowohl über die Beschaffenheit deS MeereS, als auch über den Meeresgrund und über den Fischreichthum jems MeereStheiles gemacht worden. Augenblicklich befindet sich die Expedition im Zuydersee. Sie wird von dort auS sich zunächst nach Helgoland begeben und nach Unter suchung auch d eses MeereStheileS nach Kiel zurückkehren. — In Betreff der Befreiung Exeommunieirter von Kirchensteuern ist, der „Posener Zeitung" zufolge, sämmtlichen