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2054 keiner weiten« Begründung. Die Größe dieser Thatsache wird selbst von Denen willig anerkannt, welchen die Verfassung de« neue« Reiches nicht allenthalben genügt und die da übersehen, daß der gedeihlich« Ausbau der selben nicht in einigen Jahren erfolgen kann, sondern, daß die« eine Auf gabe bleibt, die der deutsche Volksgcist bei dem emsigsten Schaffen erst in Jahrzehnten zu lösen vermag. Die Wiedcraufrichtung de« Deutschen Reiche« aber ist, die« kann man mit Fug und Recht behaupten, eine Frucht de« hinter uns liegenden deutsch- französischen Krieges, eine Frucht, welche ohne diesen Krieg vielleicht erst in späterer Zeit und nach vielen für Deutschland bitteren Erfahrungen zur Reife gediehen wäre Den Beweis hierfür liefert ein flüchtiger Blick auf die vorausgegangenen Verhandlungen und Thatsachcn. Bereit« im Monat September 1870 gab die bayerische Rcgicrnng dem Präsidium des Norddeutschen Bundes zu erkennen: „daß die Entwickelung der politischen Verhältnisse Deutschlands, wie sie durch die kriegerischen Ereignisse herbeigeführt worden sei, nach ihrer Ueberzeugung es bedinge, von dem Bod-n der völkerrechtlichen Verträge, welche bisher die süd deutschen Staaten mit dem Norddeutschen Bunde verbanden, zu einem Ver fassungs-Bündnisse überzugeben." In Folge dieser Erklärung fanden bald darauf in München Besprech ungen mit dem Präsidenten des Bundcscanzlcramtcs, Staatsminister Del brück, statt, an denen auch ein Bevollmächtigter Württemberg« theilnahm. Während das Ergcbniß dieser Besprechungen der Erwägung des Bundes- Präsidiums unterlag, wurde von Stuttgart aus der Wunsch ausgesprochen, die in München cingelcitctcn Verhandlungen in Versailles fortzusctzcn und zu ergänzen. Gleichzeitig mit dieser Anregung erfolgte der officicllc Antrag Badens auf Eintritt in den Norddeutschen Bund. Diesem Anträge folgte aber bald darauf die hessische Regierung mit der Erklärung, daß sie eben falls bereit sei, mit dem südlichen Theile ihres Gebietes in den Norddeutschen Bund cinzutrcten. So geschah cs, daß in der zweiten Hälfte des Octobers Vertreter der sämmtlichcn süddeutschen Staaten in Versailles zusammen- kamcn. Die dort gepflogenen Verhandlungen führten zunächst mit Baden und Hessen, am 15. November, mit Bayern am 23. und mit Württemberg am 25. November zu einem Vertrags-Abschlusse. Die Genehmigung der abgeschlossenen Verträge sand in der außerordentlichen Session des nord deutschen Reichstags noch im November 1870 statt, wahrend dann die süd deutschen Ständckammern folgten. Die Zustimmung der bayerischen Stände wurde nach schweren parlamentarischen Kämpfen erst am 21. Januar 1871 erlangt. Nach diesen Vorgängen fand, angeregt durch den König Ludwig vo» Bayern und durch die Adresse des norddeutschen Reichstag« vom 10. Dccbr. 1870, am 18. Januar 1871 in Versailles Lie feierliche Proclamation des deutschen Kaiserreiches statt, ein Act, der schon deshalb, weil er noch im Getümmel des Krieges und auf entferntem feindlichen Gebiete sich vollzog, der begeisterten Theilnahmc des deutschen Volkes nicht in dem Grade be gegnen konnte, wie sie ihm unter anderen Umständen wohl gesichert ge wesen wäre. Al- bald darauf, um dies nicht unangeführt zu lassen, der erste deutsche Reichstag am 21. März 187 l zusammentrat, wies die kaiserliche Thronrede selbst auf das wichtigste Ergcbniß des Kricgcs mit folgenden Worten hin: „Wir haben erreicht, was seit der Zeit unserer Väter süe Deutschland erstrebt wurde: die Einheit und deren organische Gestaltung, die Sicherung unserer Grenzen, die Unabhängigkeit unserer nationalen Reichsentwickelung. Das Be wußtsein seiner Einheit war im deutschen Volke, wenn auch verhüllt, stets lebendig: es hat seine Hülle gesprengt in der Begeisterung, mit welcher die gesammte Nation sich >ur Vertheidigung des bedrohten Vaterlandes erhob und in unvertilgbarer Schrift auf den Schlachtfeldern Frankreichs ihren Willen verzeichnete, ein einig Volk zu sein und zu bleiben." Hält man nun aber daran fest, daß der Krieg von 1870 und 1871, in welchem sich die treue Eintracht der deutschen Bundesgenossen, der Helden muts, der Truppen und die opferfreudige Hingebung des gcsammtcn deutschen Volkes so glänzend bewährt haben, die Wiederherstellung dcS Deutschen Reiches gefördert und herbeigeführt hat, so erscheint der Abschluß dcs großen ruhmreichen Kampfes als der geeignetste Zeitpunkt für eine nationale Er- innerungsfcier der an uns vorübcrgegangencn Ereignisse. Es ist dies der 10. Mai, an welchem Tage im vorigen Jahre zu Frankfurt a. M. der Friede zwischen Deutschland und Frankreich ab geschlossen wurde. Gewiß würde die Gedenkfeier diese- Tages in ganz Deutschland leb haften Anklang finden, zumal ein Friedensfest daS Gcmüth weit eher zu erwärmen vermag, als die Erinnerung an blutige und opferreiche Schlachtcntage. Auch sei hier folgendes, von den Unterzeichnern deS oben erwähnten „Ausrufs" selbst mitgetheilte Factum heroorgehoben: Als noch während der Kriegszeit 49 badische Gemeinden an Se. Majestät den deutschen Kaiser die Bitte richteten, er möge die Feier eine« allgemeinen Volks- und Kirchenfestes anördnen zur Erinnerung an die Wiederausrichlung deS Deutschen Reiches, hieß es in der Antwort des Kaisers: „Es würde mir eine ungemeine Befriedigung gewähren, wenn das Andenken an die Großthaten des letzten Krieges und die Wiederansrichtung des Deutschen Reiches vom deutschen Volke aus freiem Antriebe im Gefühl ihrer Bedeutung als Ausgang einer neuen Epoche d«s nationalen L-bens mit patriotischem Geiste alljährlich durch besondere Kundgebungen in ähnlicher Weise neugcwcckt werden sollte, wie es lange Zeit in Deutschland allgemein üblich gewesen und in einigen Gegenden noch gebräuchlich ist, die Erinnerung an die Leipziger Schlacht wach zu halten. Auf solche Wnse würde die Feier sich naturwüchsig aus eigner Sitte der Nation zu einem wahren Volksfeste gestalten, während dahin zielende obrig keitliche Anordnungen mir nicht angemessen erscheinen." Nun ist zwar im Voraus zuzugeben, daß cS überaus schwer fallen wird, bei allcr Sympathie für die Sache ohne jcdwcde Mitwirkung der cinzelncn Regierungen und Behörden eine derartige Feier zu einer möglichst gleichmäßigen und allgemeinen zu gestalten. Allcin durch den Reichstag ist ja hinreichende Gelegenheit geboten, diese Frage am rechten Orte und in rechter Weise einer befricdigendcn Lösung cntgcgcnzuführen. Wenn in der Mitte der deutschen Volksvertretung ein auf cine solche Nationalfeier ge richteter Antrag gestellt und angenommen wird, so ist diesem Begehren einerseits der Stempel eines Nationalwunsches aufgedrückt, während anderer seits die würdige und allgemeine Ausführung gewährleistet erscheint. Dem hier angedcutcten Vorgehen würde aber dadurch eine erwünschte Unterstützung zu Theil werden, wenn sich schon jetzt die Gemeindevertretungen größerer Städte für eine solche Fricdcnsfcicr aussprechen wollten. Wird wider Erwarten das oben angedeutcte Ziel durch den Reichstag nicht er reicht, so bleibt ja noch immer der Weg offen, dem 10. Mai, wenn auch in beschränkterem Kreise, eine seiner Bedeutung angemessene Weihe zu geben und namentlich durch entsprechende Schulfcicrlichkeitcn da- Gcmüth der heran- wachscnden Jugend für diesen Tag und die ihm vorausgegangenen wclt- gcschichtlichen Ereignisse zu begeistern. Die vorstehend nicdcrgelcgtcn Anschauungen haben nun, wie wir weiter vernehmen, nach eingehender Berathung dcn Dresdener Stadtralh veranlaßt, von einer festlichen Begehung des 2. Scptcmbcrs Seiten der Sladtgcmcinde abzuschcn und sich einstimmig für eine gemeinsame Feier deS 10. Mai, als dcs Tages dcs Friedensschlusses, auszusprcchcn. Das Stadtverordncten- Collcgium hat sich mit dcm Beschlusse dcs Stadtraths in der Sitzung vom 24. Juli allenthalben einverstanden erklärt und cS ist über die Ausführung der beabsichtigten Feier weitere gemeinschaftliche Berathung Vorbehalten worden. Eine gleiche Entschließung haben, wie aus dcn Zeitungen zu ersehen, die städtischen Kollegien von München und Karlsruhe gefaßt, während auch die Städte Nürnberg und Erlangen sich geneigt zeigen, diesem Beispiele zu folgen; ebenso hat in mehreren anderen größeren Städten Deutschlands die Wahl dcs 2. ScptemberS nicht dcn gehofften Anklang gefunden, wenn auch zu erwarten steht, daß die Erinnerung an den überwältigenden Eindruck, welchen vor zwei Jahren die Ereignisse von Scdan hcrvorbrachten, zu mannigfachen festlichen Kundgebungen bei der Wiederkehr dieses Tages Anlaß geben wird. Wenn cs sich aber um die Feier eines alljährlich wiedcrkchrenden Nationalfcstes handelt, so muß, wie schon im Eingänge dieses Artikels an- gcdcutct wurde, das Volk mit seiner ganzen Sccle dabei sein und dem Vor haben im Voraus die kräftigste Unterstützung der öffentlichen Meinung ge- sichert werden. Und hierzu wird hoffentlich die Presse ihren guten Theil beitragen, wenn sie die Sachlage eingehend erörtert und namentlich dcm Gedanken Ausdruck verleiht, daß wir, Hoch und Niedrig, Alt und Jung, wie in den Tagen der hinter uns liegenden blutigen Kämpfe, so auch jetzt fest und einig zusammenstehcn wollen, um uns der Frucht jener ruhm reichen Tage, der errungenen deutschen Einheit, gemeinsam zu erfreuen. (Dr. Anz.) Vermischtes. — O Bei der diesjährigen Necrutirung im Kamenzer AuShcbungs- bczirk kam auch ein sogen. Wasserpolake mit zur Musterung, welcher beim dortigen Eiscnbahnbau arbeitete. Nachdem dersclbe schon bei dcm Ver lesen und Rangircn in Folge seiner geringen Kenntniß der deutschen Sprache einige Verwirrung veranlaßt hatte, gab dersclbe der Commission auf die Frage nach seinem Aufenthaltsort zur Antwort: „Ich scin uff KripS-Krapse." Der Edle war, wie sich herausstcllte, in Großgrabe wohnhaft. — Pirna, 12. August. Gestern Nachmittag ertranken dem Vernehmen rach unterhalb deS sogenannten BrautcnS beim Baden in der Elbe Lie beiden Söhne de» Lehrers Barih au« Großsedlitz, von denen der eine den letzten Feldzug glücklich mitgemacht hat, der andere aber zum Mi- litair au-gehoben ist. k ij a g d, Je sic gr vo da crr stu wei Zkg wo ter und MS, Fre abgc Sin« Vorr weil grwo der i holte: die v von t weger verurl wenig in A; der P die B für de sonder zündet worder die Ly der Ei Modan sperrt. FelSblo Telegraf gorod auf der brücke z> und die Giftmijc kotische ! wollte,