Volltext Seite (XML)
1770 „Der Herr Doctor Gieseke lassen den Herrn Bergmedicu« bitten, noch heute Abend —" « „Der Doctor Gieseke?" fragte ich verwundert, so verwundert, daß mein Lerger dahin schwand. „Ja, der Herr Doctor Gieseke vor dem Thore. Befehlen der Herr Berg- medicu- noch etwas?" „Daß Du aufbleibst, bi« ich zurück bin." In völliger Ucberraschung schlüpfte ich in Paletot und Stiefeln, ergrif meinen Hut und war bald wieder draußen in dem Unwetter. (Fortsetzung folgt.) vermischtes. — Di« sächsisch« Hauptbibelg«sellschaft hält ihr JahreS- f«st Dirn-tag den 13. August u. o. Nachmittags ^4 Uhr, in der Frauen kirche zu Dresden. Di« Predigt hält Herr k. Röntsch aus Miltitz, den Bericht der neuernannt« Secretair Herr Diac. Wauer von Dresden, di« Anspruch« Herr k. Echweingel aus Kohr«n. — Der sächsische Haupt. Mission-Verein feiert sein Jahresfest Mittwoch den 14. August, Nach mittag- j4 Uhr, ebenfalls in der Dresdener Frauenkirche. Die Predigt hält Herr Diac. vr. xb Eckardt au- Lößnitz, den Bericht Herr Seminar- oberlehrer vr. pK. Klcinpaul von Dresden als derz. Secretair. — Meerane, 8. Juli. (M. Bl.) Vorige Woche starb da- 2 Jahre alte Söhnchen eine- hiesigen Schmiedemeistcr- einen qualvollen Tod. Während die Mutter desselben beschäftigt gewesen, einen schweren eisernen Topf mit heißem Wasser au- dem Kochofen zu heben, war da- Kind leise hinter fie getreten, und al« sie sich mit dem Topfe umwandte, verschüttete sie, da st« wegen de« Kinde- ihre Bewegung hemmen wollte, da- siedende heiße Wasser auf den Körper de- Kinde-, so daß dasselbe an allen Glied- maßen verbrannte. Nur wenige Stunden überlebte der Kleine die entsetz- lichen Qualen. — Wie au- Eisleben geschrieben wird, hat man, und zwar zum «rsten Male in der Grafschaft Mansfeld, in der Nähe des Welfi-Holzes, in tinem noch im Abteufen befindlichen Schachte Steinsalz bei circa 74 Meter Teufe erschroten. — Aus der Umgebung von Neuß (Rheinprov.) werden Beispiele außerordentlicher Fruchtbarkeit gemeldet. Im Hemmerdener Felde wurde eine Weizenpflanze gepflückt, welche 48 Aehren zählt, von denen jede mindesten- 30 Körner hat. Die- giebt 1440 Körner, die au- einem Weizen-Saatkorne entsprossen. Man fand Roggen-Aehren mit sechs Zeilen und mit 95 Körnern. — Wien, 10. Juli. Heute Abend geht die dreiköpfig« Deputation de- Gemeinderath-ab, welche zum vierten deutschen BundeSschi«ßen die von dem bisherigen Borort Wien aufbewahrte Bundesfahne und zugleich «inen Ehrenpreis von 1000 Silberthalern nach Hannover bringt. Morgen folgen, ungefähr 400 Köpfe stark, die österreichisch«« Schützen. Alle öfter- reichischen Kronländcr werden in Hannover vertreten sein, nur das eigent liche Schützenland Tirol nicht. — Prag, 10. Juli In Gitschin wurde vorige Woche ein Huß- Monument aufgestellt. — Die dem „Figaro" evtnommene erschreckliche Neuigkeit, wie in Berlin «in Mädchen am Sonntag ein Kind von der Ballustrade um den Bäreti - zwinger im zoologist en Garten habe fallen lassen, wie da- Kind hinab „unter die Bären gestürzt, di« dasselbe sofort zerrissen", wird von dir „A. H. St,-Z." al- Erfindung bezeichnet. — Odessa, 11. Juli. Cholerafäkl« kommen nunmehr sehr vereinzelt vor; man hofft auf ein rasches Erlöschen der Epidemie. Kriegsliteralnr. Unter dieser Rubrik zeigt das „Dresdener Journal" da- von uns be reits erwähnte Erscheinen des 1. Heftes vom Generalstabswerke über den letzten Krieg an und bringt sodann folgende interessante Mittheilungen: Eine andere Edition der Kriegsliteratur, deren Inhalt uns in Sachsen sehr nahe berührt, ist auch soeben erschienen, gleichsam im sinnvollen Zusammentreffen mit dem Erinnerungstage unseres Truppeneinzuges. Wir meinen die Schrift vom Oberst Schubert: „die Betheiligung des XII. (kgl. sächsischen) Armeecorps in der Schlacht bei Gravelotte — St. Privat, am 18. August 1870". (Berlin, bei F. Schneider u. Co.) Der Inhalt dieser Schrift, der einen so ernst tragischen als siegreich ruhmvollen Vorgang mit ein fachen Worten vorführt, berührt Hunderttausende und man läßt die erschütternde Begebenheit gern noch einmal an der Seele vorüdergehen, wenn wie hier jeder Strich in der Zeichnung des großartigen Schlachtenbildes durch sorgfältige That- sachenprüfung correct ist. Da eS der viele» Details wegen unthunlich sein würde, durch einen ge kürzten Auszug ein klares Gesammtbild des Echlachttages von Gravelotte — St. Privat nach der Vorlage des Verfassers zu geben, so möchten wir doch unseren Lesern die Mittheilung des glorreichen Schlusses, den Angriff auf St. Privat nicht vorenthalten. Es war zum Zweck desselben von den Sachsen aus Befehl ihres Armeecommandanten die Umgehung des feindlichen rechten Flügels vollzogen worden, jener bekannte geniale Kriegscoup, den die momentane Feld- herrndisposition zur Rettung des Tages erschuf. Während fast die gesummte sächsische Artillerie, nach vollzogener Frontver änderung rechts, ihr Feuer aus St. Privat concentrirte, war Noncourt von dem ersten Treffen der 45. Jnsanteriebrigade und dem 3. Bataillon des 107. Infanterie regiments erreicht worden. Alle Umstände wirkten nun zusammen, das Dorf St. Privat als neuen Zielpunkt des Kampfes anzunehmen und zwar nicht allein die Befehle des commandirenden Generals und des Commandeurs der 23. Di vision, sondern auch schon früher die von Ordonnanzoffizieren des Gardecorps direct an einzelne Führer, ,. B. den Commandeur der 45. Brigade, des 107. Regiments rc. überbrachten Aufforderungen, den Angriff des Gardecorps aus St. Privat zu unterstützen, was zu vielfachen eigenen Entschließungen der Unter befehlshaber führte. Während der linke Flügel der 45. Brigade, nämlich das 1. Bataillon des 3. Grenadierregiments Nr. 101, welches die Verbindung mit der 48. Brigade links vermittelt hatte, ebenso wie das ganze Schützenregiment Nr. 108 und das erste Treffen des rechten Flügels (5 Compagnieen des Leibgrenadierregiments Nr. 100), bei welchem sich der Divisionair Prinz Georg, königl. Hoheit, befand, noch gerade aus im Vormärsche auf Roncourt blieben, wandte sich bereits, noch vor der Besitznahme dieses Dorfes, zwischen 6z und 6z Uhr, das 2. Treffen des rechten Flügels (die anderen 7 Compagnieen des Leibgrenadierregiments) sowie >as 3. Treffen (2. und 3. Bataillon des 2. Grenadierregiments Nr. 101), zu- ämmen 15 Compagnieen, unter dem Commandeur der 45. Brigade, General major v. Craushaar, mit halbrechts durch und neben der Artillerie vorgehend, gegen die Nordwestecke und die dortigen Mauervierecke des Dorfes St. Privat. Aus diese Weise war eine Lücke zwischen den zwei abgetrennten Theilen der 45. Brigade entstanden, in welche sich jetzt das Regiment Nr. 107 mit dem 1- und 2. Bataillon einschob, welche dessen Commandeur, Oberstlieutenant von Schweinitz, aus eigenen Antrieb infolge des Ansuchens eines Ordonnanzoffiziers der Garde, von Montois her bei Roncourt rechts vorbeigehend, heransührt«. Diese 2 Bataillone gingen hinter der vordersten Linie der 45. Brigade weg gegen St. Privat weiter und kamen aus diese Weise zuerst etwas vor die noch in der Frontveränderung begriffenen Grenadiere des Generalmajors v. Craushaar, dann aber in deren neue Front, so daß hier nun gemeinschaftlich, theilweise ineinander geschoben, 8 Compagnieen des 107. Regiments, 8 Compagnieen des 2. Grenadier- regiments Nr. 101 und 7 Compagnieen des Leibgrenadierregiments Nr. 100, zu- ämmen also 23 sächsische Compagnieen St. Privat angriffen. Nach einem äußerst blutigen Gefechte, welches sich von Mauerabschnitt zu Mauerabschnitt fortsetzte, und in welchem die preußischen und sächsischen Com pagnieen nebeneinander an Tapferkeit wetteiferten, gelang es endlich gegen 7j Uhr den vordersten Compagnieen, festen Fuß in den Häusern der Westseite und Nordwestecke von St. Privat zu gewinnen und im anhaltenden Feuergefecht den sich energisch wehrenden Feind langsam aber stetig in der Richtung gegen die Dorsmitte zurückzudrängen. Generalmajor v. Craushaar und Oberstlieutenant v. Schweinitz, Letzterer von 7 Mitailleusenkugeln getroffen, hatten bei dem An stürmen gegen das Dors den Heldentod gesunden. Der von den preußischen Garden um dieselbe Zeit erneuerte Angriff war inzwischen gleichfalls gelungen, indem diese Truppen die Süd- und Westlisiere von St. Privat genommen und von dort aus den Feind aus den nächstgelegenen Abschnitten des sehr ausgedehnten Ortes vertrieben hatten. Um die Hartnäckigkeit des Widerstandes und die verheerende Wirkung des feindlichen Jnfanterieseuers, wie die Bravour der stürmenden Truppen zu kenn zeichnen, seien folgende Thatsachen erwähnt; Mit der Fahne des 1- Bataillons 107. Regiments in der Hand fielen nach einander: Unteroffizier Thümmel, Lieutenant Hahn, Lieutenant und Adjutant v. Götz (todt), Feldwebel Schumann (todt), Hauptmann Wichmann (todt), Sol dat Mähnig, bis sie Soldat Hoffmann in's Dorf trug. Die Fahne des 2- Bataillons desselben Regiments ging in ähnlicher Weise durch die Hände des Sergeanten Donner, des Hauptmanns v- Pape (todt), des Feldwebels Thaßler, dann eines unermittelt gebliebenen Soldaten, bis sie durch Soldat Götze getragen in das Innere des Dorfes gelangte. Die Fahne des 3. Bataillons des 2. Grenadierregiments hochhaltend gab Hauptmann v. Rouvroy das Signal zu dem glückenden Sturme aus den Dorf eingang. So wetteiferte Alles todesmuthig in höchster Erfüllung der Soldatenpflichten. Bei dem im Vormarsche auf Noncourt verbliebenen 1. Treffen der 45. Jn- änteriebrigade hatten sich die Dinge folgendermaßen gestaltet. Die 5 Compagnieen >es Leibgrenadierregiments Nr. 100 waren erst kurz vor dem Dorfe Roncourt, in der Zeitsolge also etwas später, als die Hintertreffen, gegen St. Privat rechts abgeschwenkt und geriethen bald in Gemeinschaft mit Theilen des 1. Garderegiments zu Fuß, dessen Oberst hier fiel, ins Gefecht mit feindlicher Infanterie, welche zwischen St. Privat und dem Walde von Jaumont postirt stand und die auch — wiewohl erfolglos — Offensivstöße ausführte. Bald nachher erschien auch das 1. Bataillon des 2. Grenadierregiments lir. 101, aus dem südöstlichen Ausgange von Noncourt debouchirend und hierbei von lebhaftem feindlichen Feuer aus dem Foret-de-Jaumont empfangen. Auch dieses Bataillon setzte sich, links neben obbenannten Grenadier-Compagnieen, ins Gefecht und zwar theils gegen den Wald, tbeils gegen die feindlichen Truppen wischen diesem und dem Dorfe St. Privat. Das Gefecht dieser Truppen erlosch >ier mit dem völligen Ausgeben dieses Dorfes durch den Feind gegen 8 Uhr. Das bei Roncourt concentrirte Schützenregiment Nr. 108 folgte den Grena dieren des Generals v. Craushaar als nächste Reserve ohne noch Gelegenheit zum Eingreifen zu erhalten. Noch bevor sich das günstige Resultat des ganzen Angriffs erkennen ließ, war auch die bis dahin in Reserve gehaltene 46, Jnsanteriebrigade in Gefechts-