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1694 Hord abgesandt wurde, in der er gebeten wird, seine Zustimmung zu dem Programme zu geben, welches vor einigen Monaten durch die Oeputirten der Rechten angekündigt worden war. Dieses Programm, welches die traditionelle Monarchie ausdrücklich anerkennt, erkennt doch der Nationalversammlung das Recht zu, alle Gesetze, mit Inbegriff der Verfassung, zu votiren. Die Adresse hebt hervor, daß die Genehmig ung des Programmes durch den Grafen Chambord das einzige Mittel sei, um eine Fusion zu erreichen, und daß, so wie diese gewährt sei, der Graf von Paris dem Grasen v. Chambord, als dem Haupte der Familie, einen Besuch abstatten werde, — Die französische Regierung erhebt die Anschuldigung gegen die Schweiz, durch die Rechnung über die Kosten der Jnterntrung der Bourbaki'schen Armee übervortheilt worden zu sein. So be hauptet die officiöse„Corrospondante HavaS", daß die Explosion, welche das Zeughaus von MorgeS zerstörte und sür welche- 900,000 Francs Schadenersatz angesetzt worden seien, durch die Unvorsichtigkeit eid genössischer Soldaten entstanden sei, welche französische Patronen aus Neugierde auseinandcrgelcgt gehabt hätten; ja, man sei sogar so klein lich gewesen, eine Uhr, welche einem Schweizer bei dieser Gelegenheit weggekommen, mit in Rechnung zu bringen. Noch ärger aber sei, daß Frankreich 2000 Francs habe ersetzen müssen, welche beim Oeffnen der I K-iegScasse der Ostarmee, die bei denn Ucbcrtritt auf schweizer Boden I doch von eidgenössischen Beamten gezäht, versiegelt und entgegen-1 genommen worden wäre, gefehlt hätten. (Da die „Correspondance I HavaS" die Hauptquelle ist, auS welcher die französische Provinzial-1 presse schöpft, scheint es fast, alS ob man von oben herab absichtlich I die Stimmung gegen die Schweiz aufreizen wolle.) — In derBerathungdeS Wehrgesetzentwurfes fortschreitend, I hat die Nationalversammlung nunmehr auch diejenigen Artikel an- I genommen, durch welche daS Institut der einjährigen Freiwilligen in I die französische Armee eingcführt wird. Die ursprünglich sehr eng- I gefaßten Bestimmungen deS Entwurfs sind von der Commission selbst I Ziegen, Bienenstöcke und Seidenzucht. Im Ganzen find 35 Rubriken auSzusüllen. Celle, 20. Juni. Nach dem gestern publicirten Erkenntnisse deS hiesigen AppellationSgerichtS hat die Stadt Celle ihren Proceß gegen die Militair-Verwaltung wegen des Commandanten-Hauses auch in zweiter Instanz und damit — abgesehen von einer etwaigen Nichtig keitsbeschwerde — endgiltig gewonnen. Die Stadt wird infolge davon die freie Verfügung über das fragliche, ihr eigenthümlich ge hörende Haus erhalten. Essen, 21. Juni. Die Zahl der beim Strike der Berg leute betheiligten Zechen beträgt jetzt 43, Wie wenig den Versicher ungen des Sinke-ComA'S, daß eS für Ruhe und Frieden sorgen wolle, zu glauben ist, zeigen folgende von der „Ess. Ztg." erzählte Tbatsachen. Gestern Morgens wurde durch in die Grube Neu-Essen IV. einführende Beamte entdeckt, daß die Breter von zwei Fahrbühnen, die eine ca. drei, die andere ca. fünf Lachter über der ersten Sohle ab gebrochen und durch lose liegende Bieter derart ersetzt waren, daß die etwa einfahrenden Personen beim Betreten derselben in den Schacht stürzen mußten. Durch einen blinden Zufall ist daS scheußliche Ver brechen entdeckt, ehe es seine Opfer gefordert hat. Die Handlung selbst ist eine so abscheuliche, daß sich eben nicht Worte finden, um fie treffend zu bezeichnen. Auf die Entdeckung der Thater sind 100 Thlr. Belohnung gesetzt. Zwei Bergleute, welche auf der Zeche Hoffnung, und einer, welcher auf der Zeche Graf Beust gearbeitet haben, ebenso ein Bergmann aus Altenessenj wurden am selben Tage wegen Be drohung anderer arbeitender Kameraden gefänglich eingcbracht. (Untcrm 22. d. meldet die „Ess. Z": Von verschiedenen Zechen gehen die Nach richten ein, daß die Zahl der Bergleute, welche wieder ansahren will, sich täglich und erheblich mehrt.) Köln, 2l. Juni. Wie verlautet, sind jüngst auch Maßnahmen gegen den Erzbischof von Köln getroffen woiden wegen der zum Theil öffentlichen Excommunicationen, die der Erzbischof vorgenommen hat. In der Augsburger „A. Z." wird behauptet, gerade der Erz bischof von Köln werde durchgehends für Denjenigen gehalten, welcher die betreffenden anderen Bischöfe zu ihrem aggressiven Vorgehen ver anlaßt habe. Besonders wäre ohne ihn das Interdikt über die Gar- nisonSkirche nicht ausgesprochen und damit der so verhängnißvolle Consiict mit den höchsten Militairbehörden nicht provocirt worden. Aus Insterburg wird berichtet: Die Stadtverordneten haben auf eine von 41 Bürgern unterzeichnete Petition mit 16 gegen 3 Stim men (zwei Israeliten enthielten sich der Abstimmung) beschlossen, den Magistrat zu ersuchen, daß er daS auf der neuen Töchterschule ange brachte Kreuz „als ein den heutigen allgemeinen Anschauungen nichi angemessenes Symbol" wieder entfernen lasse. (Leben wir noch inmitten der Christenheit?) München, 21. Juni. Laut einem Telegramme aus Bayreuth ist der Obersthofmeister Graf zu Castell von München daselbst an gekommen, wie man hört, um daS Bayreuther Schloß auf kommen des Jahr für den Besuch einer russischen Prinzessin in Stand zu setzen. O e st e r r e i ch. Wien, 21. Juni. Der Fürst-Erzbischof Cardinal »..Rauscher hat für die Herstellung einer eigenen Pfarrkirche vor der Favoritenlinie die Summe von 50,000 Gulden gespendet. Graz, 20. Juni. Sämmtliche Mitglieder deS Presbyteriums, auch die, welche der Oberkirchenrath nicht ausgeschlossen, haben ihre Stellen niedergelegt. Krakau, 21. Juni. Der „CzaS" bespricht die in Ne. 141 d. Bl. erwähnte Antwort deS Ministerpräsidenten auf die GrocholSki'sche Jmerpellatjon und befürchtet, die Regierung beabsichtige, daS Elaborat dem galizischen Landtage vorzulegen, wo die Nicht« nnähme desselben bevorstehe Der einzige Ausweg wäre die Zurücknahme der Resolution durch die Delegation, waS Unterhandlungen der Regierung mit dem galizischen Landtage ermöglichest würde. Pesth, 21. Juni. Ueber die 80-Milliönen-Schuld bringt „Pesti Naplo" einen Artikel, worin auf Grund des 67er Gesetzes nachgrwiesen werden soll, daß diese Schuld mit inbegriffen sei in den allgemeinen Staatsschulden, sür welche Ungarn eine unabänderliche Quote zahlt. Die Präliminarien, auf welche der österreichische Finanz- minister sich berufen habe, bewiesen erstlich nichts und seien zweitens ganz ohne Rechtskraft. Frankreich. Pari-, 21. Juni. In Betreff der Verhandlungen mit Deutschland schreibt der officiöse Corrcspondent der „N.-Z." u. A. Wie ich höre, hat der deutsche Botschafter bisher sich entschieden ge weigert, die Frage hinsichtlich der Stärke der OccupattonSarme zu discutiren. ES scheint demnach, daß die deutschen Militairbehörden nicht geneigt sind, in dieser Beziehung schon jetzt Zugeständnisse zu machen, und sie dürften dafür wohl ihre guten Gründe haben. Daß die Räumung der Departements der Marne und Haute-Marne schon nach Zahlung einer halben Milliarde erfolgen soll, während die Der fallzeit der zweiten Hälfte der ersten Milliarde bis zum 15. Februar 1873 verschoben wird, ist dagegen ein großes Zugeständniß, und zwar um so mehr, alS dadurch Herr Thiers in den Stand gesetzt wird, so> fort mit der Ausführung der Convention zu beginnen, ohne die Sub> scription der Anleihe abzuwarten. Der Finanzminifler, Herr v. Goulard, hat nämlich schon mehr alS 300 Millionen bereit; er hat seit Wochen durch befreundete Bankhäuser deutsche, englische u. s. w. Devisen aus- kaufen lassen, eine Thatsache, deren bereits vor einigen Wochen in der deutschen Presse erwähnt wurde. ES wird Herrn v. Goulard nun ein Leichtes sein, die halbe Milliarde voll zu machen, so daß also gleich nach Abschluß der Convention „die Stunde der Befreiung vom fremden Joche" für die edle Champagne schlagen wird. — Nach einem Tele gramm der „Jndip. beige" hat daS Haus Rothschild in Paris die Drei-Milliarden-Anleihe übernommen. AlphonS v. Rothschild habe die größten Bankhäuser in Paris zur Theilnahme an dem Geschäfte zugezogen und gehe nach London, um auch mit englischen Häusern zu unterhandeln. — Das gesammte Ministerium hatte gestern Morgen beim Präsidenten der Republik seine Entlassung eingereicht, um demselben rücksichtlich der Verhandlungen mit der Rechten volle Freiheit zu lassen. Die Minister haben auf Grund der Erklärungen deS Präsidenten der Republik jedoch ihre Demission bereits wieder zurückgezogen, mit Ausnahme deS Ministers d-r öffentlichen Arbeiten, de Larcy, dessen definitiver Entschluß noch nicht bekannt ist. Die Nach richt, daß die Regierung von der Nationalversammlung jetzt unverzüg- iich ein Vertrauensvotum verlangen werde, dürfte alS ungenau zu be- trachten sein. — Heute Morgen fand eine neue Unterredung zwischen Thiers und dem Grafen Arnim statt. — Von eingeweihter Seite wird versichert, daß am vorigen Sonn- rag eine Adresse vieler Mitglieder der Rechten an den Grafen Cham- e