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1719 — (Zur Anleih e.j Der Finanzminister, v. Goulard, empfing den Freiherr» Albert von Oppenheim, einen der ChefS deS großen Kölner Bankhauses. Die deutschen Banken und Bankhäuser find (so schreibt man der „Nat.-Ztg.") wirklich merkwürdig darauf erpicht, von der neuen Anleihe große Summen in Deutschland unterzubringen. Ich würde daS vom geschäftlichen Standpunkte auS begreiflich finden, wenn dem deutschen Markte eine gewisse Summe zugesichert würde. Da solches aber nicht der Fall ist, fehlt mir daS Verständniß für diese Anstrengungen der deutschen Finanzleute. Man ist noch immer hier sicher, daß nicht 3, sondern 6, wenn nicht gar 9 Milliarden unter zeichnet werden. Und dann? Im October vorigen JahreS machte die Stadt Paris ein Anlehen von 300 Millionen in zum Course von 274 emittirten Obligationen. Diese Anleihe wurde vierzehn Mal überzeichnet. Heute, nach neun Monaten, stehen diese zu 274 emittirten Obligationen auf 250^ Fr. Diese Thatsache möge man in Deutsch land in Erwägung ziehen. — Die zur Prüfung der Convention gewählte Com mission hat ihr Bureau constituirt. Bei der Wahl eines Präsidenten erhielten Herr Schörer, Deputirter von Versailles und Redactcur deS „TempS", und der Herzog v. Broglie jeder 7 Stimmen und da bei dreimaliger Wiederholung kein anderes Resultat erzielt wurde, ward Herr Schicer als der Aeltere zum Präsidenten der Commisfion pro- clamirt. Rei der DiScusston, die dann in der Commission stattfand, kritisirten die Herren Buffet und der Herzog von Broglie, der Erstere in sehr bitterer Weise, die Convention; Graf Daru und der Herzog v. DecazeS verlangten insbesondere, daß der Bericht der Commission Nichts enthalte, waS einer Befriedigung und einem Lobe der Regier ung ähnlich sehe. Der CommissionSbericht wird wahrscheinlich die Frage der Unterbringung der deutschen Truppen, welche die beiden Departement- der Marne und Haute-Marne räumen, eingehend be sprechen und constatiren, daß der KriegSminister, General v. Cissey, versprochen hat, die Truppen sollten nicht bei den Einwohnern ein- uartiert, sondern sämmtiich in Baracken untergebracht werden. Wenn ber der General v. Cissey, die Abgeordneten und die Journale sich einbilden, der General v. Manteuffel werde ohne Weitere- ihr Verlangen und Landwehr) auf den vollen Krieg-fuß mit Werndl-Gewehren versehen. Die Fabrik, welche Anfang- deS JahreS 400,000 Gewehre hergestellt hatte, hat ihre Leistungsfähigkeit vollständig bewährt. Die AuStheilung der Gewehre an die Truppen begann im Februar d. I — Die vorhandenen 600,000 Wänzl-Gew eh re sollen genau unter sucht und die brauchbaren für die künftige Eventualität zur Au-rüstung deS Landsturmes aufbewahrt werden. Prag, 5. Juli. Cardinal Fürst Schwarzenberg hat in der Frage der Gehaltsaufbesserung der Seelsorger einen Htrtenbrie an den CleruS der Prager Erzdiöcese gerichtet. In demselben wird hervorgehoben, daß in dieser Angelegenheit die Staats- und Selbst- Hilfe zusammenwirken müssen. Es werden sodann die in der Kon ferenz der Bischöfe präcisirten Grundzüge und Anträge, beziehungS- weise Wünsche, dem CleruS zur Kenntniß gebracht und schließlich die Bezirksvicare aufgefordert, die Frage der Dotation deS CleruS nach dem Leitfaden deS Hirtenbriefes als Gegenstand einer oder mehrerer - VicariatSconferenzen zu behandeln. Italien. Rom, 3. Juli. Der Senat hat an Leistungsvermögen die Ab geordnetenkammer noch übertroffen, welche 17 Gesetzentwürfe in einer einzigen Sitzung genehmigte, nachdem sie jedoch auf deren Berathung mehrere Wochen verwendet hatte; der Senat berieth und genehmigte in bloS vier Sitzungen nicht weniger als 24 Gesetzentwürfe, darunter den gesammten Staatshaushalt für 1872. Die Senatoren, unter ihnen zumal viele von der Regierung telegraphisch nach Rom berufene Prä- secten und sonstige höhere Beamte, hatten nur einen Gedanken — den, möglichst bald aus der fieberschwangeren Luft der Hauptstadt wieder fortzukommen, und eS läßt sich daS den meistens alten Herren kaum Fraukreich. Paris, 6. Juli. Der Zwiespalt zwischen Hrn. Thier» und der monarchischen Rechten wird täglich entschiedener und schärfer, so daß jeden Augenblick ein ernster Conflict möglich ist. Unter diesen Umständen finden allerlei bedenkliche Gerüchte günstigsten Boden. So spricht man in den Gängen der Assemblee von Projekten der Rechten bezüglich einer möglichen Veränderung der Regierung. ES heißt, dieselbe sei entschlossen, die Demission deS Herrn ThierS anzunehmen, im Falle der Präsident der Republik den Fehler begehen sollte, sie zu geben. Bereits zu wiederholten Malen soll Marschall Mac Mahon von Mitgliedern der Rechten angegangen worden sein, interimistisch oie Staatsgewalt zu übernehmen, bis es der Assembler möglich ge worden, eine desinitive Regierung zu organisicen. Seit einigen Abenden haben mehrere geheime Zusammenkünfte der Monarchisten in Versailles und in Paris stattgefunden, und wurde in ihnen die einzuschlagende Bahn festgesetzt. Das „Journal de Paris" schreibt dagegen: „Die republikanische und die radicale Linke hatten sich be sonders versammelt. Beide Versammlungen beschäftigten sich mit der gegenwärtigen Lage, die sie beunruhigend finden. Es war dabei stark die Rede von dem vorgeblichen Eomplote der conservativcn Mehrheit gegen die Stabilität der Republik, ein Complot, welches natürlich nur in der Einbildung der Leute liegt, die aus der Revolution eine Carriöre machen. Man sprach wie von einem abscheulichen Verbrechen von der Tendenz der Conservativen, die Armee zur Aufrechthaltung der socialen Ordnung zu gewinnen, wenn diese von Neuem in Gefahr wäre. Kurz, die beiden Versammlungen beschlossen, ihre Bureaux sollten sich mit dem linken Centrum besprechen, um die geeigneten Maßregeln zu treff? n." — Die „C. H." meldet: „Am 3. d. hatten die Mitglieder de- Bureau s der republikanischen Linken eine Unterredung mit Herrn ThierS, wobei sie ihm die Befürchtungen ausdrückten, welche ihnen die DiScusfionen über die Rohstoffsteuer, den Jntriguen der Mehrheit gegenüber, einflößten. Herr ThierS beruhigte sie und erklärte, auS dem Votum dieser Steuer keine RegierungSfrage machen zu wollen. Er wolle nur mit allen seinen Kräften seine Ideen vertheidigen, aber nach Erfüllung dieser Pflicht der AssemMe die Verantwortlichkeit eines Beschlusses überlassen. " verargen. Keine Versammlung der Welt, wie immer sie zusammen gesetzt sei, wird 24 ihr auf einmal vorgelegte Gesetzentwürfe mit Sorgfalt durchberathen, wenn im geraden Verhältniß zur Sorgfalt auch die Wahrscheinlichkeit der Erkrankung ihrer Mitglieder wächst. — 4. Juli. Der Papst empfing gestern die Collegien für Ausländer. Die Adresse, welche bei dieser Gelegenheit zur Verlesung kam, enthielt die Verheißung, daß Rom bald daS Kleid der Trauer ablegen werde, um die Gewänder der Freude wieder anzuziehen. In seiner Antwort sagte PiuS, er nehme diese Prophezeihung an. Rom werde seine Straßen von dem Schmutze gereinigt sehen, welcher die- selben entehre. ES werde wieder daS werden, WaS eS gewesen sei. ES werde biS zum Ende der Tage jene Hauptstadt der katholischen Welt bleiben, deren Tugend, Ruhm und Macht die Welt mit ihrem Glanze erleuchtet habe. — Die gesammte katholische Presse Italiens richtet in Hindeutung auf die vom Cardinal-Erzbischof von Neapel erlassene, vom Papste gutgeheißene Mahnung an die Katholiken die Aufforderung, zum Be hufs der Vertheidigung der socialen Interessen bei den bevorstehen den Communalwahlen fich auf da- Lebhafteste zu betheiligrn. In einer Allocution hat der Papst gestern darauf hingewiesen, wie wichtig es sei, daß den. Gegnern der Ordnung und der Religion die Leitung der Communal-Angelegenheiten streitig gemacht und entrissen werde. Insbesondere hebt der „Osservatore Romano" die Nothwendig, keit hervor, daß die Katholiken in Rom bei der Wahl der Municipal- und Provinzial-Räthe in Zukunft sich reger als seither bethetligen. Der „Opinione" zufolge hat der Papst bei dem vorgestrigen Empfange sämmtliche Pfarrer in Rom aufgefordert, an den Wahlen Theil zu nehmen, damit den Katholiken der ihnen zustehende Einfluß auf daS öffentliche UnterrichtSwesen gewahrt bleibe. — Die „Nazione" von Florenz, ein ministerielles Organ, brachte dieser Tage ein Correspondenz auS Rom, welche von Bedeutung ist, weil sie fich eben in einem RegierungS-Organ findet. Laut derselben ist der König AmadeuS entschlossen, dem Throne zu entsagen; er sinnt jetzt nur noch darüber nach, wie dies auf eine halbwegs anständige Weise auSzuführen sei. — Am 16. d. M. wird sich zu Florenz ein SchiedSgericht, welches für einen Streitfall ernannt ist, der zwischen der Regierung des Bey vonTunis und einigen italienischen Unterthanen schwebt, H versammeln, um die Acten der streitenden Parteien zu prüfen. (Verhaftungen.) In der neapolitanischen Provinz Principato . Citeriore sind der ungemein reiche Bürgermeister der Ortschaft Pollica 8 wegen Einvernehmens mit den Briganten und der Municipalsecre- z tair von Piaggine Sottana wegen großartigerUnterschleife verhaftet worden. <