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L80 der Wartefrist anregen solle. — Finanzmintster v. Friesen eonstatirt daß nach den Gesetzen eine Entschädigung Börner'S sich durchaus nich rechtfertigen lasse. Den vom Ausschuß vorgeschlagenen VermittlungS- weg habe der Petent lediglich dem Wohlwollen und der Gefälligkeit deS Ausschusses zu danken. — Ref. v. Burgk: Die Deputation habe auch an eine Verkürzung der Wartefrist gedacht, doch sei diese Frage bereits Gegenstand der Reichsgesetzgebung. — Hierauf nahm die Kam mer den Deput.-Vorschlag einstimmig an. — Nächstdem erstattete Res. De um er mündlichen Bericht der vierten Deputation über mehrere Petitionen auS Pirna, Dohna re. um Berücksichtigung ihrer Interessen beim Bahnverkehr auf der sächs.-böhmischen Eisenbahn. Die Deput. empfiehlt der Kammer, die Petitionen der Regierung zur Erwägung zu geben, waS ohne Debatte geschah. — Endlich beschloß die Kammer auf Vorschlag der 4. Deput., Ref. Martini, die Petition EgerS und Genossen zu Falkenau um Aufhebung deS Verbots der Beschäftigung von Kindern unter 12 Jahren in Fabriken auf sich beruhen zu lassen. — Nächste Sitzung morgen Vorm. 11 Uhr. Tagesordnung: 1) Be richt der 1. Dep. über daS k. Decret, die Aushebung deS LehnSverbandS betr.; 2) event. mündlicher Bericht der 2. Dep. über den Rothschön berger Stölln. — (Dr. N.) Dem Landtage ist ein Verzeichniß aller bei der Universität und beim CultuSministerium verwalteten Stiftungen vorgelegt worden. Für Prediger, deren Witwen und Waisen ver waltet daS CultuSministerium 6,352,997 Thlr. an Stiftungen, darunter den neuen Zehnt-Fond für Ablösungen der Naturalleistungen an Geistliche und Schullehrer, der 5,135,488 Thaler beträgt. Die Fonds für Schullehrer, deren Witwen und Waisen betragen 660,050 Thaler, die Fonds für Stipendien und sonstige milde Stistungeu 2,119,302 Thlr. Gerichtsverhandlung. Bautzen, 30 Januar. DaS königl. Bezirksgericht unter Zu ziehung von GerichtSschöffen hielt heute eine bis in die späten Abend stunden dauernde Hauptverhandlung ab in der umfänglichen Unter suchung gegen den Kaufmann Zimmermann auS Neukirch. ES handelte sich um Unterschlagung und Ulkundenfälschung. Der An geklagte war beschuldigt, im Ganzen 43 falsche Wechsel in den Jahren 1870 und 1871 gemacht und ausgegeben zu haben Er bestritt dies nur in Ansehung von 13 Stück, welche daS Accept deS Bäckereipachter Schattig in Neukirch tragen, unter Berufung darauf, daß Schattig ihm erlaubt habe, seinen Namen auf Wechsel zu zeichnen, wenn er in Geldverlegenheit sei. Schattig, der als Zeuge geladen war, wollte dies zwar nicht Wort haben, indessen hielt der Gerichtshof sein Zeugnih allein zur Ueberfürhung deS Angeschuldigten nicht für ausreichend und sprach deshalb hinsichtlich der mit Schattig'« Accept versehenen Wechsel klagsrei. Ebenso trat in Bezug auf eine von dem Angeklagten dem Kaufmann Scholze zu Dresden gegebene, auf den Namen seiner Ehefrau gefälschte, Bürgschaftsurkunde Freisprechung aus dem Grunde ein, weil Verbürgungen von Ehefrauen nach dem Gesetz nur vor Gericht geschehen können, mithin eine außergerichtliche Bürgschaft?- urkunde, selbst wenn sie echt ist, keinen Beweis liefert, sonach aber nicht Gegenstand einer strafbaren Fälschung sein kann, weil hierzu eine Urkunde vorausgesetzt wir-, welche, wenn sie echt wäre, zum Beweise von Rechten und Rechtsverhältnissen von Erheblichkeit sein würde. Dagegen ergab die Verhandlung bei der Anklage wegen Unterschlagung von 20 Stück Bistritzer Kohlenactien, die der Kaufmann Scholze in Dresden dem Angeklagten zur Verpfändung geliehen hatte, und eines Wechsels von 500 Thalern, den Letzterer im Auftrage dis Schiffs. Herrn Dichte zu Dresden diScontiren sollte, durchgängig den Beweis der Schuld, ebenso wie bei den 30 übrigen falschen Wechseln und eS lautete schließlich daS Erkenntniß auf 6 Jahr Zuchthaus und 8 Jahr Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte. Den Vorsitz führte Herr Gerichts- rath BleSky, die Staatsanwaltschaft war durch Herrn vr. Wiesand, die Bertheidigung durch Herrn Adv. Strödel auS Dresden vertreten. Vermischtes. — Berlin, 1. Febr. Dar Jahndenkmal auf dem königlichen Turnplatz in der Hasenhaide ist nach einer Mittheilung des märkischen Turnverbande- im Guß fertig und zur Aufstellung bereit; dasselbe ist mit 9000 Thlr. bezahlt. Der Kaiser hat sich noch Vorbehalten, den Tag der Enthüllung zu bestimmen. Es sollen Vertreter aller deutschen Turnvereine zu der Enthüllung nach Berlin kommen. — fEin alte» Schriftdenkmal.) Im Moabiter-Land« ist kürz, lich wieder ein sehr wichtiger gravirter Stein entdeckt und nach Jerusalem gebracht worden. Wie ein gewisser Herr Henry Luneley in Jerusalem, der den Stein untersucht hat, der „Times" mittheilt, hat derselbe auf der Ober fläche eine Länge von 36 und eine Breite von 18 Zoll, ist aus hartem dichten Granit und zeigt sechs Linien deutliche Schriftstücke, die in ihrer Form fast mit den sinaitischcn Buchstaben identisch sind. In der Ueber- setzung lauten dieselben etwa, wie folgt: „Wir trieben sie hinweg — das Volk von Ar Moab im Marschlande, dort brachten sie Gott ihrem König ein Dankgcbct dar und Jeschurun freute sich wie auch Moses ihr Führer." Der Stein wurde in den Ruinen der Stadt Mcdeba, die 15 Meilen nörd lich von Dibon und circa 45 Meilen östlich von Jerusalem liegt, gefunden. — Mehrere Blätter nennen den Namen des Berliner jüdischen Ban kiers, der sich, wie in vor. Nr. mitgetheilt, geweigert hat, einen bürger lichen Hauptmann zu seinen Soireen cinzuladen; es ist Hr. Bleichröder. Von einer Seite wird behauptet, daß der Vorfall einer allseitig befrie digenden Ausgleichung nahe sei; von anderer Seite, daß der König erklärt habe, die Hrn. Bleichröder zugcdachte Erhebung in den Adelsstand zurück- zuziehen. — Stolberg am Harz, 30. Jan. Der Proceß der Grafen von Stolberg-Stolberg und Stolberg-Roß la gegen den Herzog von Anhalt wegen Herausgabe des Amte« Bärnrode, welcher vor ungefähr zwei Jahren zu Gunsten der Grafen entschieden wurde, dessen Ausführung aber wegen Unnachweisbarkeit der alten Grenzen nicht oder doch höchst schwer zu Stande zu kommen schien, ist vor Kurzem durch Vergleich beigelegt worden. Wie die „Magdeb. Ztg." hört, ist den beiden Grafenhäuscrn eine Entschädigungssumme von zusammen 300,000 Thalern gezahlt worden. — Augsburg, 30. Jan. Als Opfer einer Dampfkessel-Explo sion in der Fichtelbach-Weberei find leider drei Menschenleben zu beklagen; der Heizer, dessen Frau und ein Fuhrknecht, der eben Kohlen ablud, wurden als Leichen aus den Trümmern des eingestürzten Maschinenhauscs gezogen, außerdem wurden noch einige Arbeiter mehr oder minder schwer verletzt. — Frankfurt a. M, 29. Januar. Ein Raubanfall in der Mittagsstunde und an einem der frequentesten Orte alarmirt die Stadt. Ein mit dem Eincasfiren von Geldern für die Viehhändler schon lange be schäftigter, 70 Jahre alter Jsraclite nahm in der Mitzcschen Wirthschast ver schiedene Jncassos vor. Ein bis jetzt noch unbekanntes Individuum, da- fick in seiner Nähe Herumtrieb, verfolgte ihn bis an die Hausflur der , Goldenen Luft" und brachte ihm mit der Rückseite eines schweren Beiles einen Schlag auf den Hintcikopf bei, in Folge dessen da- Opfer betäubt zu Boden stürzte. Der Räuber entfloh mit einer Summe von etwa 700 Gulden. Die Verwundung soll lebensgefährlich sein. — Triest, 30 Jan. Die heute Nachts von Pisino abgegangcne Fahrpost wurde oberhalb Lindaro von Räubern überfallen, die Bedeckung wurde überwältigt und das Felleisen mit 13,000 Gulden geraubt. — Aus Strasburg (Westpreußen) wird der „Danziger Zeitung" unterm 28. Jan. berichtet: „Auf dem Wege in die Meile vom elterlichen Hause belegene Schule Michelau wurde am 26. Jan. Morgens ein zwölf jähriges Mädchen — Tochter der Grundbefitzer« Cielski vom Stadtfelde Strasburg — von zwei Hunden angefallcn und zerrissen. Dieses gräßliche Ereigniß hat sich in bewohnter, von Menschen besuchter Gegend zugetragen und erregt allgemeines Schaudern um so mehr, als das un glückliche Kind in einer Weise zerfleischt worden ist, welche auf einen marter vollen Tod schließen läßt." — In Bezug auf den Setzerstrike zu Stuttgart hat der Aus schuß des Vereins der Buchdruckerei- und Schriftgießercibesitzer daselbst unterm 24. Januar „Beiträge zur Beurthcilung des Strikt" veröffentlicht, die in würdig gehaltener Weise die Angelegenheit besprechen und mit anerkennens- werther Unparteilichkeit nicht nur die Übertreibungen der stickenden Partei schildern, sondern auch Berechtigungen anerkennen, die Thatsachen schildern und den lebhaften Wunsch ausdrücken, daß je eher je lieber das frühere reundliche Verhältniß zwischen Principal und Gehilfen wiederhergestellt werden möge. Nächstdem wird in diesem Bezug Folgendes mitgetheilt: „Wie Ernst cs den Principalen mit diesem Wunsch« ist, haben dieselben durch ihren Beschluß bewiesen, einen Fonds von mindestens 10,000 Fl. zusammenzu- chicßen, um daraus diejenigen ihrer Gehilfen, welche durch ein Austreten aus dem Verbände und Wiedercintreten in die Arbeit in materiellen Schaden von wegen Ausschlusses aus den Unterstützungscassen gerathen sollten, jeden ölchen Nachtheil vollständig zu ersetzen." - — sDeutsches Hospital.) Unter dem Vorsitze des Herrn von Schröder sand im Cannon street Hotel die 27. Jahresversammlung des