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es Ehrensache für ihn sei, mit seinem Schiffe zu leben und zu sterben: mit dem Schifflein „wegsacken" sagte Käpten Kattenuhl. „Sein Volk," Jan Camphusen, Claas Grot- schnut und Helge, fein Neffe, hatten rächt oft das zweifel hafte Vergnügen, „den Alten" aus dieser Tonart reden zu Höven. - „Lange makt wei dat nich mehr, dat is Ms klar, Jan! De „Muhme Marie" is old. un ick es noch ölder. Eines guden Dages sackt wie tosammen fut!" „GH — dat's darum nich nodag! De olle Kasten mag'er am Enne furtsacken mögen: old naug is hei. Mar Sei hat dor noch Tied tau, Käpten!" „Sau? Häst all sein, datt en Schipper sien Fahrtüg verlätt, wenn et furtsacken daun deit?!" „Dat nich: mar — ik meine man . . ." „Wat verstechst du dorvan! Ein ehrlichen Schipper gecht met sien Fahrtüg under. Tor giwt et kein Wenn un kein Aber nich." Don Bengnella her war die „Muhme Marie" unter wegs. Sie hatte in Dombe, Cino und anderen'Küstenplätzen gute Gelcl)äfte gelacht und steuerte mit bestem Winde nach der Spiegelbai. Hier machte sie noch vorteilhaftere. Das beste kurz vor Abend, als sie klar zum Auslaufen war. Ka men da ein paar deutsche Jäger an ihr Bord, welche nach Mossamedes mitgenommen werden wollten, um für ihre verschossene Munition Ersatz zu holen. Die brachten neben einigen frischen Wildbraten einen großen Posten Häute, Felle und Hörner mit, den sie dem Käpten als Fahrgeld anbeten. Die Wildbraten wollten sie noch drauf gehn. Schmunzelnd nahm der Alte das Gebot an. Tann ging es um zwei Häupter, mehr mit gutem Winde und bester Laune „West zu Süd" in die See hinaus. Eine gut gebratene Gans ist eine gute Gabe Gottes, sagt ein altes Wort. Ein guter Bläßbockrücken und der Hinterschenkel eines feisten Anus sind auch nicht zu ver achten, das sage ich. Und wenn man gar sonst alle Tage Kartoffeln und Hering, oder Speck mit Erbsen auf dem Tische hat, dann sind sie erst recht willkommen. Claas Grotschnut wußte zwar mit der gesegneten Gottesgabe nichts anzusangen, denn über Meblkniiten init gebackenen Pflaumen und Speck ging seine Kücki-enkunst nicht hinaus. Um so mehr verstanden die Jäger davon. Sie übernahmen das Küchenregiment, und die Besatzung der Kuff hatte gute Tage. Käpten Kuttemihl ging gar aus sich heraus, sein Volk kannte ihn kaum wieder: „Kerels,' lachte er die Fremden breit und lustig an, beter kunn mi dat op disser Reis gar nich passen as met Jüch. Mar wenn Jii düchtige Jäger sien don baut, denn sau schallt Jii auk sein, datt Käpten Kattenuhl en düdigen Schipper is. Kekt!" Hier zeigte er ihnen sein erst vor der letzten Reise a»'.geschafftes funkel neues Rettungsboot und die Proviantierung desselben. „Et is allens dar. Jii schallt seggen motten, oll' Käpten Katten uhl hät för de Passageers un för sien Volk dann dan, Wat hei daun kann, sei to rcdden. Saugar Raketen hät Jü met in't Reddungsboot: und van den Wildbraten mag Helge vom abend auk noch Wat dar in verstauen. Denn sau hält dat keine Not met Jüch, wenn de „Muhme Marie" Malheur hät." Das hörten die Jäger lachend mit an, ließens zu einem Ohre hinein, zum andern hinausgehcn und vergaßens. Nicht so das weiße Volk der „Muhme Marie". „De Olle is nich mehr richtig im Koppe, sau wahr ik Claas Grotschnut hefte!" erklärte dieser seinem Maate. „Jau", meinte der verdrossen, „dat is man sau, as dat is. Wei mött dor bannig Obacht passen. Richtig is dat nich met ehm." Und Helge flüsterte beiden zu: „Hei sackt dor in eins weg im Gedanken sut met der „Muhme Marie". Am folgenden Tage sichtete man das gefährliche Kap bei bestem Wetter und bester Fahrt. Käpten Kattenuhl, der am Ruder stand, machte die Fremden auf die Wracks auf merksam, welche au den Klippen der vollständigen Zerstö rung durch Sonne, Wind und Sturm entgegen harrten und die Gefährlichkeit des Kaps mit unheimlicher Deutlich keit illustrierten Mehr noch: Obschon Klippen und Wracks, dank dem klaren Wetter schon ans der Ferne auffallend gut zu erkennen waren, und die Fremden gar kein Interesse verrieten, sie näher in Augenschein zu nehmen, stauerte er das kleine Fahrzeug geradewegs darauf zu und dann so nahe den Klippen entlang, daß sein erster Steuermann nach einem Blicke des Einverständnisses mit Claas Grotschnut an ihn hin trat und ihm erklärte: „Tat is Man bloß, datt ik darnach fragen don dan, Käpten! Willt sei de Kuff op de Klippen rennen laten, denn sau hät Sei gerade den rechten .Kurs fat't, as mi dücht. Mar as sei dat lütte Fahrtüg Hel um't Kap rum stüvern willt, denn sau magst wol nodag sien daun, datt Sei den Kurs en beim mehr West to Nordwest säten don dant." Damit kam er aber schlecht an bei dem Alten. Hochauf richtet sich der am Ruder, schaute den Warner groß in die. Augen und fragte, jeder Zentimeter seines gedrungenen Körpers ein Ko modo re: „Wekein (Wölcheiner, Wer) is hier de Käpten op de „Muhme Marie?" „Dat möget Sei jawol noch sien daun!" „Denn sau mag Jüch dat nicht kümmern mögen, op ik de „Muhme Marie" gegen die Klippen oder drumhen stuern mag, olle Oualmpott!" „Jau, jan, Käpten," der olle Qualmpott schaute sich hilfesuchend nach Claas Grotschnut um, der blieb indessen stumm und dumm, „dat is auk man bloß, datt ik dorvan seggen do dan. Als Sei de „Muhme Marie' op de Klippen rennen lat', denn san mag dat jawohl vörbie sien daun met der Kuff, as met Ehr' Käptensien, as mi dücht. . . „Tenn san wett Jü doch wol, Wat Jü to don hät. Un ! dat er för de Passageers und 'et Volk keine Gefahr is, dat wettJii onck." „Jau, jau, Käpten!" „Un ik wer' jawol wetten, Wat ik as Käpten to don Hab, bal' de „Muhme Marie" Malheur hät. Du obersten turnst mi nn bannig hart achter, olle Döskopp!" Ta schob der „olle Döskopp" sich langsam seitwärts weg. Die „Muhme Marie" rannte indessen nicht auf die Klippen. Sie lavierte im Gegenteil leicht und flink noch einige Stunden daran hin, bis Käpten Kattenuhl das Ru der für die nächsten vier Stunden nn Claas Grotschnut ab gab, der es allerdings mehr West zu Nordwest steuerte und damit die genihrliche Nähe der Riffe mied. Als Grotschnut gegen Mend das Ruder an Jan Camp- husen abgab, wurde die äußerste Spitze des bösen Kaps um schifft. Das war mit dem Kurse Südost zu Ost eben ge schehen, um direkt gen Baba zu steuern, da geriet das Schiff lein plötzlich in starke Dünungen, die von Südwest her gegen das Kap anrollten und das kleine Fahrzeug mit Gewalt nach Nordosten drückten. „Dat 's Verb . . . was," meinte Jan zu Claas, „ik schall dar 'n Kurs Südost zn Süd säten, ansiiß schlenkert uns de Dünnnge noch op 'et Riff." Gejagt, getan. Das Schifflein stampfte schon in der nächsten Sekunde „Südost zn Süd' kräftig gegen die Dü nungen an. Davon erwachte Käpten Kattenuhl, kam an Deck gelaufen und wetterte: „Wat is'n dat för,n verdim- migten Kurs?!" „Südost to Süd, as mi dücht, Käpteu!" knurrte Jan Camphusen zurück. „Hät Jü'n Sparren im Brägen? Schall de „Muhme Marie" in der Lnderitzbucht landen oder in der Capstadt am Enne?!"