Suche löschen...
Sächsische Volkszeitung : 23.05.1924
- Erscheinungsdatum
- 1924-05-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192405238
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19240523
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19240523
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1924
-
Monat
1924-05
- Tag 1924-05-23
-
Monat
1924-05
-
Jahr
1924
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 23.05.1924
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Freitag, den 23. Mai 1924. Nr. 12». Seite » tz« bilden, unter dem allelirlgen Vorbeha.t. das, diese die söriE liche Verpflichtung ftbernShnirir, leine Regierung zu unterstützen dmd einem vorher aufgestellten Prograulm zum Erfolge zu vrr- Aelfe«. -18 Stunden vor Sem Zusaukm.mtritt des sozialistischen Kongresses am 1. Juni werde der Führer der radikalen Partei den Sozialisten den Wortlaut des Programnis mitteilen. das, er auf alle Fälle durchzufahren entschlossen sei. Paris. 22. Mai. Nach dem „Matin" haben die lniden Führer der neue» Mehrheit Herriot und Painleve in der gestrigen Besprechung im Elysee erklärt, eine Negierung, die eine andere Politik als die des völligen Ausgleichs zwischen Ein nahmen und Ausgaben betreibe, könnten sie sich nicht vorstellen. Finanzministcr Marsal habe demnach während der Tage, die er noch im Amte bleibe, völlig sreie Hand. Tenn er sei nicht allein vom Präsidenten Millerand und von dem zurzeit noch im Amte befindlichen Ministerium, sondern auch von der prä sumtiven Nachfolgerin ermächtigt worden, die nötigen Maßnahmen zu treffen. — „Oeuvre" behauptet, Poincare und Finanzminister Marsal hätten gewünscht, daß in dem offiziellen Schriftstück die Versicherung gestände» hätte, die Vertreter der alten und k»rr künftigen Regierung hätten ihr völliges Einvernehmen über oie zu befolgende Finanzpolitik sestgcstellt. Herriot und Painleve hätten jedoch a b g e l c h n t, dazu ihre Zustimmung zu geben. Die deutschvölkische Krise Die „GklOenW Zeitung" ßM ihr ein München, «. Mai. Gestern hat die „Grotzdeutsche Zei tung" ihren Lesern mitgeteilt. daß sie durch die VerhSltnisie ge zwungen sei, ein« durchgreifende Neuordnung ihres gesamten Unternehmens oorzunehmen und aus diesem Grunde für einige Zeit nicht erscheine. Diese Mitteilung, die in politischen Kreisen nicht unbeträchtliches Aufsehen erregt hatte, und allgemein überraschend kam, wird von der Presse der Bayrischen Volks, Partei dahin ausgelegt, daß das Unternehnien finanziellen Schwierigkeiten erlegen sei. Der Bayrische Kurier behauptet in diesem Zusammenhänge, daß der Vorgang mit der augen blicklichen Krise innerhalb der völkischen Par teien, wo der Meinungsstreit eine größere Rolle spielt, als sie nach außen hin in Erscheinung trete, zusammenhängt. Ein Ultininlllln Krkftinsllns Mm die Rkgimliiggdlldling in Kahm Berlin, 22. Mai. (Drahtbericht.) Die Berliner B. Z. berichtet aus London: Der Berliner Sowjetbotschaster Krestinskq hat. wie verlautet, heute ein persönliches Ulti matum an die dritte Internationale in Moskau abgehen las sen. worin er mit seinem Rücktritt droht, falls die dritte Inter nationale bolschewistisches Propagandamaterial durch die rus sische Gesandtschaft und Handelsmission in Deutschland wie in den anderen Ländern weiterhin verbreitet. Krestinsky erklärt, er sei zwar der Meinung, daß Deutschland widerrechtlich die Haussuchung in der russischen Handelsvertretung abgehalten habe, doch sei es Deutschlands gutes Recht gewesen, darauf zu bestehen, die Haussuchung oorzunehmen, ob sich in der Gesandt schaft Propagandamaterial vorslndet. Di« Lüqen der Daily Mail Berlin, 22. Mai. Halbamtlich wird mitgeteilt: Die Daily Mail, Londoner und Pariser Ausgabe, haben gestern mit der Veröffentlichung einer Artikelreihe über angebliche deut sche Rüstungen mit einem sentationell aufgemachten an erster Stelle genannten Bericht eines Sonderberichterstatters bc gönnen. In diesem ersten Bericht wird durch eine Reihe von Behauptungen darzutun versucht, daß Deutschland nicht seinen Beipflichtungen gemäß abrüstet, sondern sich im Widerspruch zu den Bestimmungen des Versailler Diktates bewaffnet. Es Han delt sich hier ganz offenbar um Veröffentlichungen, die von einer an der Mtlitärkontrolle besonders interessierten Stelle veranlaßt werden, um auf die zur Beantwortung stehende Antwortnote auf die deutsche Militärkontrollnote vom 1. April Einfluß auszuüben. Die Behauptungen sind entweder reine Erfindungen oder tendenziöse Entstellungen. Ministerrat in Nom Rom, 22. Mai. Gestern früh wurde unter Vorsitz des Ministerpräsidenten Mussolini ein Ministerrat abgehalten, In dem Mussolini über die außenpolitische Lage einige Erklärungen abgab. Er kommentierte dabei den Pakt der herz lichen Zusammenkunft, der in diesen Tagen zwischen Italien und der Tschechoslowakei abgeschlossen wurde und sagte, der Pakt sei ein wichtiger Faktor für den Frieden in Zentraleuropa. Hierauf erstattete er seinen Ministerkollegen Bericht über die Besprechungen in Mailand, die von bedeu tender Tragweite seien, da in denselben die Aktionseinheit Ita liens und Belgiens in der Reparationsfrage hergestellt wurde. Dann las er seinen Kollegen den Wortlaut der Thronrede vor. Zusammenkunft Maedonalv — Mussolini? London, 22. Mai. Der diplomatische Berichterstatter des Daily Telegraph schreibt, in London sei die Ansicht sehr ver breitet, daß eine Zusammenkunft zwischen Macdonald und Mus solini, ähnlich der geplanten Zusammenkunft Macdonalds und dem Nachfolger Poincares, zu Pfingsten stattsinden wird. Die enqliscbe LuftflottenreserV« London, 22. Mai. Der Unterstaatssekretär im Luftver teidigungsministerium Leach brachte gestern im Unterhaus eine Gesetzesvorlage der Regierung über die Schaffung einer eng lischen Luftflottenreserve ein. Die Borlage sieht die Schaffung von 6 Hilfsgeschwadern vor, die mit insgesamt 160 Offizieren und 100 Mann bemannt werden sollen. Eine beson dere Hilfstruppe soll weiterhin aus 7 Geschwadern mit 104 Offi zieren und 780 Mann bestehen, die ausschließlich für die Land verteidigung zur Verfügung stehen. Das Haus stimmte der Vor lage in zweiter Lesung ohne Abstimmung zu. Polnisch-Numänischer Aufmarsch qeqen Rußland London, 22. Mai. Ter rumänische Generalstab beschloß gestern, im September in Beßarabien große Armeemanüver ab zuhalten. Polen, das mit Rumänien ein Tefcnsivbündnis ab geschlossen hat, wird zur gleichen Zeit in Galizien nahe der rumänischen Grenze große Armeemanöver abhalten und mau sieht in diesen Zusaiumcnziehnngen «ine Drohung an Rußland. Vor einer Niederlage der englischen Reqierunq? London 22. Mai. „Tatlv News" schreibt, die allgemeine Ansicht in Westmiuster sei, oaß die Regierung heute bei einer Tebattc über die Arbeitslose,ipolitik im Unterhause eine Nieder lage erleiden werde, wenn sie nicht einer Abstimmung ausweiche da etwa 40 bis 60 Liberale, darunter Asquith und Lloyd George heute an der nationalliberalen Verbandkonferenz in Brighton teilnchmen und eine Anzahl der übrigen Liberalen gegen die Negierung stimmen würde. Tie Konservativen hofften, ihren Antrag auf Vermiuoerung des Gehalts des Arbeitsministers um 100 Psuno Sterling zur Annahme zu bringen. Das EinwanderunsiSqesetz Paris, 22. Mai. Nach einer Meldung des Neuyork Herald" aus Washington, beabsichtigt Präsident Coolidge, heute das Einwandcrungsgesetz, das mit Wirkung vom 1. Juli d. I. die Japaner von der Eiuivanderung in die Vereinigten Staaten ausschließt, dem Kongreß mit einer Botschaft zugehen lassen wird, in der eine solche Abänderung der Ausschlußbestimmungen ver langt wird, daß die Japaner darin nichts Verletzendes erblicken können. Riesenbrandkatastrophe in Sibirien Moskau, 22. Mat.. Gewaltige Strecken Im entferntesten östlichen Sibirien stehe,r schon seit Tage» auf Tausende von Qua dratkilometern >n Fla nt me». Al»eS Lebende ist ge flüchtet. Riesige Waldstrecken liegen schon vockkamnten ver brannt dariricder. Das Feuer lyit jetzt die Stadt Wladi wostok erreicht, wo daö M'lltcir bemüht ist. die Stadt vor denk Verbrennen zu schützen. Kliitize ZiijmnineiiliHk im WrBiet Ge l s c n k I r ch c n. 22. Mai. Gestern ist es zu blutigen Unruhen gekommen. Aus der nordwestlichen Zeche des Ruhr- gcbietcs aus der Zeche Brasscr In Marl demonstrierten etwa 1000 Frauen, die die Zcchcnposten zu überrumpeln versuchten, um die Notslandsarbeiter aus den Betrieben herauszuholen. Um neun Uhr abends drangen etwa 3000 Bergarbeiter auf den Zechenhof, stürmten die Zechenmachen und hielten die arbeitswilligen, mit Notstandsarbeiten beschäftigten Leute von ihrer Tätigkeit ab. Der Kampf zwischen den Zcchcnwachen und den Streikenden verlief zuungunsten der Wachen, worauf schließlich belgisches Militär eingrifs und von der Waffe Gebrauch wachte. Gegen Mitternacht war die Zeche gesäubert. München' 22. Mai. Die „Münchner Neuesten Nachrichten" beschäftigen sich neuerdings mit de» g roßen Schwierig keiten für die Regierungsbildung in Bayern und bemerken da bei, daß die Notwendigkeit eines Staatspräsidenten sich vielleicht schon bei oer Regierungsbildung zeigen werde. Kommt ein« Negierung nicht zustande, so bleibt nur der Ausweg eines Ge^ schäftsministeriums. Diese Lösung führe aber aus den hesonderen bayrischen Schwierigkeiten auch nicht heraus, da ein Geschästsministerium Iveder die bayrische Politik vor und »ach dem 8. November reinigen noch die Staatsautorität wieder Herstellen könne. Andererseits kann das Blatt die Hossnung nicht teilen, daß die Zusammensetzung des Landtages ein er heblich anderes und für die Regierungsbildung günstigeres Bild abgeben werde. München' 22. Mai. Das Bestreben, de» Zusammen« tritt des neugewählten bayrische» Landtages noch im letzten Drittel des Monats Mai zu ermöglichen, ist nicht von Erfolg begleitet gewesen. Infolgedessen ist mit dem Zusammentritt des neuen Landtages in den Tage,, des Monats Juni zu rechnen. Der „bescheidene" Kahr Dr. v. Kahr erklärte in einem Gesuch an die bayrische Regierung, er könne nur dann von seinen, Posten als Regierungs präsident zurücktreten, wenn er bis zu seinem 65. Lebensjahre das volle Gehalt bekomme. Mit einer Pension von 7000 Mark jährlich könne er nicht anskommen. Lüdenscheid, 22. Mai. Auch hier zogen kommunistische Frauen, mit Laternen und Gummiknüppeln bewaffnet, zu den Zechenanlagen, um die Arbeit zu verhindern. Unter den Frauen sollen sich auch Männer in Frauenkleidung befunden haben. Die Polizei hielt aber allenthalben die Frauen in Schach. Berlin 22. Mai. Auf die vom Reichsarbeitsministerinm vorgelegte Frage: Welche Arbeitszeit galt am 1. Mai 1924 im rheinisch-westfälischen Steintohlenbergban für die Arbeiter unter Tage?, haben die im Reichsarbeitsministerinm einbernsenen Sach verständigen das folgende Gutachten beschlossen: Am 1. Mai 1924 war die Arbeitszeit in folgender Weile geregelt: 1. bie Normalarbcitszeit betrug 7 Stunde» »ach Maßgabe des Paragraphen 2 des Manteltariss: 2. zugleich bestand die Verpflichtung zur Leistung einer Neber- stnnde nach Maßgabe des Tarifabkommens vom 29. November 1923: 3. bei der Schwierigkeit der rechtlichen Beurteilung ist nicht anzunehmen, daß die Weigerung der Arbeitnehmer zur Leistung der Ucberstunde ans ej» schuldhaftes vertragswidriges Verhalten zurückzufiihren ist. Tie Sachverständigen werden zu diesem Gutachten eine Be gründung ausarbeiten, die der Oesfentlichkeit gleichfalls mit- getcilt werden w.ird. Berlin. 22. Mai. Ter Reichs- und Staatskommissar Meh -- lieh hat die Parteien des Rnhrbergbaus auf Freitag vormittag 10 Uhr nach Essen zu einer Besprechung der ztvische» ihnen stritti gen Fragen ei,«geladen. Die Stillegung der Thyfsenwerke Mülheim a. d. N.' 22. Mai. Die'Thyssen werke geben durch Anschlag bekannt, daß sie infolge von Kohlen-, Koks- und Gasmangel vom 26. Mai ab einen Teil der Betriebe zum Teil ganz stillegen müssen und ln andere,, nur beschränkt Weiter arbeiten können. Tie Belegschaft der Thyssenwerke beträgt rund 8000 Mann. Die Steuernotverordnungen im Ruhrgebiet zngelasse« Köln' 22. Mai. Wie die Neichsvermögensverwaltung inr das besetzte Gebiet mitteilt, hat die Nheinlandkommission die erste, zweite und dritte Stenernotverordnung im besetzten Gebiet unter bestimmten Vorbehalten zugelassen. SWjchtt Lan-tW Dresden, 22. Mai 1924. Gestern nahinen im sächsischen Landtag die sogenannten Etatdebatten ihren Anfang. In den alten schönen Zeiten, als wir zwar noch keinen richtiggehenden Parlamentarismus, dafür aber Parlamente hatten, die auch etwas von der Sache verstanden, waren die Etatdebatten immer das große politische Ereignis des Jahres. Denn bei dieser Gelegenheit verbreiteten sich ernste Männer, die sich ihrer Verantwortung bewußt waren, stets ein gehend über die gesamte Außen- und Innenpolitik in großen grundsätzliche» Reden. Mit stiller Wehmut denkt man an jene Sonnentage des deutschen Pariamentslebens zurück, als Männer wie Visniarck, Windthorst, Bennigsen, die Brüder Neichensperger, Schorlemer-Alst, Lasker, Virchow und andere die Klingen kreuzten. Daß waren die Maientage des deutsche» Reichstages, und ähnlich war cs in den anderen Parlamenten des Reiches. Seitdem ist es anders geworden. Vielleicht liegt eS an der Auswahl der Abgeord neten, wahrscheinlich aber daran, daß die schwerste Zeit des deutschen Volkes noch keine Männer gefunden hat, und nicht zuletzt auch an den Kommunisten, die den traurigen Ruhm für sich buchen können, als Possenreißer sich zu betätigen und die Würde des Parlamentes völlig untergraben zu haben. Auch bei den Sozial demokraten sind verhängnisvolle Erscheinungen zu beobachten. Die Männer von wirklichem Geist und Wisse» haben längst der Sozial demokratie den Rücken gekehrt, oder man hat sie engstirnig aus geschlossen und so sich selbst enthauptet. Was uoch nbriggeblieben ist, sind Funktionäre siebenundzwanzigster Güte. Nein, eine Blüte des Parlamentarismus hat uns die neue Zeit nickst gebracht, wir stehen vielmehr am Grabe deS Parlamentarismus. Die gestrige Landtagssitzung offenbarte das mit erschreckender Deutlichkeit. Von Politik war gestern kaum ein Hauch zu, spüren. Kein Wunder, denn fast jede LandtagSsitzung ist ja eine hoch politische Angelegenheit. Der Unfug geht so weit, daß man wohl sagen kann, daß selbst die Anbringung eines neuen Ofenrohres in irgend einer Dorfschule zu einer politischen Angelegenheit ersten Ranges gestempelt wird. Die Matadore sind natürlich die Kommunisten, die von der Landtagstribüne ihre „revolutionären Reden an das Volk" halten. Von Sachkenntnis, von ernster Be handlung eines Stoffes keine Spur mehr, nur ödestes parteipoli tisches Phrascngowäsch, würdig unterstützt von den radikalen Sozialisten. Einen solchen Tiefstand wie gestern hat aber kaum jemals der sächsische Landtag zn verzeichnen gehabt. Gerade beim Hausbaltplan wäre die Möglichkeit gewesen, wirklich einmal sach lich über das deutsche Elend, das in diesem Haushaltplan seinen treffenden Ausdruck findet, zu beraten. Dazu gehören aber Männer, die mindestens einen Haushaltplan lesen und sich so einen Einblick in die Unterlagen für eine sachliche und kritische Würdigung verschaffen könne». Es war trostlos zu hören, was der Deutschnationale Kuntzsch über den Staatshanshältplan her- stammelte. Man hatte den peinlichen Eindruck, daß der Mann auch nickst das Leiseste von der ganzen Aufstellung verstanden hatte. Die Dentschnationalen haben doch, weiß Goltz Männer in ihren Reihen, die von den Dingen etwas verstehen, weshalb cS »mso unbegreiflicher ist, daß sie sich so vor dem Lande bloßstellen konnten. Von dem Sozialdemokraten Ca st an kann man selbst verständlich nichts anderes erwarte», als daß ihn, der Haushaltplan ein Buch mit sieben Siegeln bleibt. Erfreulich allein waren die Ausführungen der beiden Abgeordneten Anders (D. V. P.) und Dr. Dehne (Dem.), die mit wirklicher Sachkunde die Materie behandelten und die ganze LandtagSsitzung auf eine beachtliche Höhe hoben. Namentlich verdienen die ernsten Worte deS Abge ordneten Anders hervorgehoben zu werden, daß ein solcher Staatshaushaltsplan eine Knlturschande und eines geistig so hoch stehenden Volkes nicht würdig wäre. Und wirklich, der Menschheit ganzer Jammer packt einen an, wenn man sieht. Ivaö wir u„S in kultureller Hinsicht nur noch leisten können. Herr Böttcher von den Koni»,„nisten blieb seiner Nolle, Harlekin des Parlaments zu sein, auch gestern treu. Vian spricht so gern von dem wirklich hervorragenden Parla. ment der Vergangenheit, den Verhandlungen in der Frankfurter Panlskirche. Es hat kühne Phantasten gegeben, die in dem heutigen Parlamentarismus eine Fortsetzung jener Männcr- versammliung in der Paulskirche sehen wollten. Nein, was dort so leuchtend niederging, leuchtet lange »och in unsere Seelen zurück, aber dieser Parlamentarismus hat nicht ein Lichtfüntchei, davon in seiner Seele aufgefangen. Noch stehen wir staunend vor den Reden jener Geistesgrößen, die einst in die Paulskirche eingezoge» sind, und fühlen in der beklemmenden Enge unseres Daseins, welch gewaltigen Eiildruck jene Rede» auf die damalige Zeit gemacht haben. Daß jenes Parlament ohnmächtig war, lag an den Zu ständen der Zeit. Diese Männer von bestem Willen und Wissen Ware» an dieser Ohnmacht schuldlos. Aber das heutige Parla ment hat sich selbst geköpft. Es hat sich das kostbare Gut, das ihm in die Hand gegeben wurde, selber zerschlagen. Wir sehen auch hier nur Trümmer und Auflösung und der einzige Trost, der und bleibt, ist die Hoffnung, daß ein brausender Frühlings, föhn das deutsche Volk von allem Faulen und Morsche» reinigen wird, so daß es den Weg zu sich selbst wieder zurückfindet. Uorstöße men -ea Wigionsiiiilmicht Dresden, 22. Mai. Der Recht Sans schuß des Land tages nahm in seiner Mittwoch-Sitzung den Gesetzentwurf über wertbeständige Darlehen und Erweiterung der Landcskultur- rentenban! nach der Regierungsvorlage einstimmig an. Ein An trag, die Verordnung des früheren Innenministers betreffend daS Verbot des Waffeiiführens der Militärvereine zur Abgabe von Ehrensalven unverzüglich aufzuheben, führte wiederum zu einer längeren Aussprache. Von linkssozialisiischer Seite wurde die Abgabe von Ehrensalve» als militärische «pielcrei bezeichnet. Ter Antrag wurde schließlich mit den Stimmen der Linksparteien abgelchnt. Die Negierung erklärte, daß sie von Fall zu Fall die Abgabe von Ehrensalven bei Begräbnissen usw. Nachlassen werde. Ein weiterer Antrag der LinkSsozialisten, wonach die Regie rung durch Verordnung den Religionsunterricht aus den ersten vier Schuljahren ausmerzen solle, wurde mit dem Hinweise auf die glatte Durchführung des gesamten Unterrichts begründet. Volksbildungsminister Dr. Kaiser erklärte, daß nach der NcichS- vcrflissnng kein Anlaß vorlicge, entgegen der bisherigen Ein. richtung die Grundschule völlig vom Religionsunterrichte zu ent blößen. Die bürgerlichen Parteien wandten sich entschieden gegen den Antrag der LinkSsozialisten, die den Religionsunterricht für schädlich erklärten. Die Kommunisten beantragten sogar, den Re ligionsunterricht völlig ans der Schule zu verbannen. Die Abstim- mung hierüber wurde auSgcsctzt. Ein weiterer Antrag der Links- sozinlisten zielte darauf ab, die jetzt zugclassenc Unterrichts- befrciung an kirchlichen Feiertagen wieder zu beseitigen. Auch hierüber wurde di« Abstimmung ansgrsetzt. Riickrqanq der Grotzhandelsrichtzahl Die auf den Stichtag des 20. Mai errechnete Großhandels- richtzahl des Statistischen Neichsamtes ergibt gegenüber dem: Stande vom 13. Mai (123,8) einen Rückgang auf 122,2 oder um 1,3 v. H. Von den Hanptgruppen sanken im gleichen Zeit raum di« Lebensmittel von 108,6, auf 106,3 oder »in 2 v. H., davon die Gruppe Eletreide und Kartoffeln bo» 91,7 ans 89,7 oder um 2,2 v. H., die Jndustriestofse von 152,4 ans 152,0 oder um 0,3 v. H. (davon unverändert nur di« Gruppen Textil-, Roh- und Halbstoffe mit 211,4, sowie Kohle und Eisen mit 145,2). Die In landswaren ginge» von 112,8 auf 111,7 oder um 1 v. H. »nd die Einfuhrwaren von 178,9 auf 175,0 oder um 2,2 v. H. zurück. Me Berliner Borbörse Berlin, 22. Mai. In Neuyork ergab sich ein Reichsmark- Kurs von 23°/« bis 23)4, was einer Durchschnittsparitüt von 4,26 entspricht, in London ein solcher von 18^4 gegen 18)4 am Vortage für ein Pfund. In Amsterdam konnte die Mark etwas anziehen, während sie In Stockholm von 0,90 auf 0,89 nachgab. Etwas rückgängig war das englische Pfund, das in Neuyork von 4,36)4 ans 4,36 nachgab. Auch in Stockholm und in Amster dam war die Tendenz rückgängig, während in Zürich eine kleinere Befestigung zu verzeichnen war. Der französische Fran ken konnte eine leichte Befestigung an den meisten Plätzen auf- weisen. In London stieg er von 82,45 auf 78,76 am Vortage und in Neuyork von 5,39 auf 6,63. Rückgängig war die Ten denz noch in Amsterdam und Stockholm sowie in Zürich. So weit sich jetzt übersehen läßt blieb die festere Tendenz, die be sonders in den gestrigen Nachmittagsstunden sich fühlbar machte, auch in den heutigen Morgenstunden erhalten. Das Ausland ist noch immer am Markte vertreten. Im übrigen hat auch in den Kreisen der Spekulation eine etwas optimistischere Be urteilung der innerpolitischen Loge Oberhand gewonnen. Berliner Börse «Nienturf- v> Billionen Berliner Anfangsknrse ivroz. ReichSanleihc Schautung.Bahu . - eanada-Pacifi« . . - Hamburg. Paketsahri Nordd. Llopd . . . . Bereiii.Elbcschissahrl Tom.-». Privatbank Darmstiidter Bank . Deutsche Bank. . . . Diskonto Kommando Dresdner Bank . . . Leipziger Kredilansl. Oesterr. Kredit . . . Bochnmer Guhsiahi. Drusch-Luxemburger Gcksenktrchen Bergw. Harpener Bergwerk. Hohenlohe LaurahiiUe Mannesman». RSHr. Obschi. «isenbahnbds. , EOentnduNrie Handel»-«^«, «bin er. 6. ss 0.80 r?.so sZ r, srs 4.76 » »so 8.IV 6.6 I.SV 0.4 er so.» 63.26 68 r« s. s 31,6 I6L ISä 21.6. 68 0,7V 21,625 6.2 2.40 «ALS 7« 6,76 8 6^76 >S 0,876 7» «8 61 67.126 24.6 7 28.26 ISS I6I BbSuir 22.5 27.25 Nombacher. IS.S Tbemsche Hepden. . 3,375 Dvnamit Nobel . . . 5.625 Tb. Woldschmidt. . . 10.75 -Schlier garbwerle. >2 Ober!,bl. Kokswcrke . 43 NNg.EIektr.-Kcsollsch. 6.25 Bergmann Slektr.. . tt,6 PSge Eleltr. l.Tll Sachsenwer, IS GSrliher Waggon. . 3.40 Linke-Hofsmann. . . >4.76 »lg«b..N!>rnb.Masch 22 Bcrlln-Slnhall.Malch. o. itms. Berliner Maschinen. 8.75 Daimler-Motoren . 2.80 Harimanu Match.. . 3,M Orenlicin n. Koppel. >1.76 8im,ncrman»werle . Bing-Werke Aackethal 0.875 2.1 I.7S >8.6 Hirsch.Kupfer.... Hugo Schneider. . . 4,4 Norddeutsche Wolle 57.25 EtShr Kaiumgaru. . PellOoss-Waldhosf . . 62.6 7.826 20,626 2k. 6. 266 ,3.12, 3.30 6,6 ,0.12, II «1.6 8 kJ 1.8 1.8 3.76 IS.S 21 IV.6 2.70 3.SV II.7« V.87» 2 ,1.1» 'iS 4.1» 37Z 7.2, 212,
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)