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Sächsische Volkszeitung : 17.10.1929
- Erscheinungsdatum
- 1929-10-17
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192910178
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19291017
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19291017
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1929
-
Monat
1929-10
- Tag 1929-10-17
-
Monat
1929-10
-
Jahr
1929
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 17.10.1929
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ina en Angriffe sowief. jaier «Times"-Mel. chen Operation dar. in allgemeiner gleicher Zeit wollen iukdener Regierung gierung eingelcitet ster Wellington Ku tig. Die Nanking, eneral Jen zu be- Die Entscheidung gunsten Fengs wird lgesehen. Die Nan- Geldmittel für cineu eneral Tschanz, s Jahres von den g geschlagen wurde , China abgercist. ike Cervanles oh n. bürg, 15. Oktober. ne für die Hilfe, die amburg-Süddampsei rt im vorigen Toni, sgericht von der ruj- Hamburg-Südameri. worden, nachdem ien ergebnislos vcr- llllionen Mark Ent>, r der Hamburg Süd hiedsgericht hat nach für beide Parteien cntschädigungssumme rrverband Metallarbeiten'cr> Mit seinen 115W tlichen Leben allseits ltschcidenden Einstich Verhältnisse zugunsten en Wechsclfällen des rn finanziell bei und n. In Streitigkeiten j tversicherung gewährt! Dadurch sind den st 50 000 RM. erslri:!c» en war der Verbau!! seinrichtuug für alu :r der Mitgliedichnt Verband Daucrrcn.e >gelegen lässt sicli H en erwähnte Zeitung Verband seinen Mit richt: die geistige und wd die Verbesserung iisse. Möge dein Pcr- : nleitere ersalgrciche sparreitag in Nr. A „Ihr Bericht enthalt nnsame geistige Linie s Welt- und Llaat-- Negcnteil darzulcgcn alismus in der Verli ehen. In Ueberein- ^r. Dackel, habe ich zismus und Sazialis- i nicht mötglich sei". »stütze. Zwischen An- n des Reichsbanners zu einem Zusanumn- rgen davontrugeu. - alsozialisten in Ehar- igerei mit eingedrun- lationalsazialist durch verwundet wnrde. - nationalsozialistischen ien. !s Allgemeinen Deul- -tag bei einem Anto- en hatte, ist oMrieil ernst. »- wurden mehrere Pck deu'tjchstämmige Ätili- srange zu schmuggeln, n) Dienstagabend drei gezögling, der sich !>» Schlafzimmer zweier ler Mädchen, nachdem ern Taschciilncsscr bei. ngst töte» wollen, ver- zugeben. Wetterwarte teils wolkig, in den kühl, stellenweise mn ausgeMossen, lags- 24t Sächsische Dolkszeilung Konkordat und Schute Der Geiskeskanrpf gehl weiter — Die Aufgaben -er deutschen Katholiken Von Joseph Glanz, Bonn. Wenn die deutschen Katholiken erwartet hatten, datz mit dein Abschluss des Konkordates zivi1«i>«n dem preußischen Staat« und dein römischen Stichle und der Bekanntgabe seiner Bestimmungen die leidenschaftliche» Kämpfe gegen Kirche und Konkordat ein Ende fin den würden, so sollten sie sich in dieser Hossnung bald getäuscht sehen. Es lxrtt« sie peinlich berührt, daß die christliche Recht« im Landlag, die doch zuerst mikbcrusen war, den Einfluß der christliche» Welt. «»Kauung aus das deutsche Volks- und Geistesleben zu verstärken, den Vertrag Preußens mit der katholische» Kirche ablelmte und die. ser nur durch die Toleranz d«r im Höchstfälle „religiös-neutralen" Linken, die sicherlich mehr der Unentbehrlichkeit des Zentrums in olle,, politischen Fragen als dem freudigen Bejahen der Kräfte katho- liseher Weltanschauung Rechnung trug, zustande kommen konnte. Trotzdem durfte,, di« Katholiken sich freuen, daß doch »Mich nach langjährigen schwierigen Verhandlungen das Konkordat zum Abschluß kau, S.e teilte,, ja die Ueberzeugung des hochverdienten Apostoli schen Nuntius Pacelli, daß dieser Vertrag, der zwar nickt alle ihr« Wüsche erfüllte, doch durch jeine Sicherung der religiösen Freiheit Mn Vesten der katholischen .Kirche Deutschlands und des ganzen deutschen Volkes und zu einem friedlichen und freundschastiichen Ver hältnis Mischen Kirche und Staat führen würde. Um so bedauerlicher ist es, daß einmal der Evangelische s Vund, der jahrelang gegen das Zustandekommen eines Konkor- I dales durch sein« Unterschriftensammlung gearbeitet hatte, nach dem I Abschlusses des Vertrages cs als seine Aufgabe bezelchncte, mit aller s Sorgfalt und Achtsamkeit seine Aussnhrung »nd Auswirkungen von ! deutsch-evangelischer Warte aus zu überwachen. Er mag bei dieser Erklärung vergessen haben, daß das Konkardat nur Angelegenheiten u»!> Aufgaben der katholischen Kirche regelt und nicht Kampf der Konfessionen, sondern Fried« unter ihnen sein Ziel ist. Für das christlich« Deutschland wäre cz doch ivabrhaftig sicher besser, wenn der Evangelische Bund mit den katholischen Kräften einträchtig dem Einbruch liberaler und religiös-feindlicher Mächte in die christliche Kulturfront entgegcnwirktc. Wstiter dauert auch der Kampf der liberalen deutschen Lehrcrvereine gegen das Konkordat fort. Ist» einer Unmenge von Entschließungen, die a» die gesetzgebenden Körperschaften des Reiches und Preußens gerichtet nuiren. lxrtlen st« erklärt, ihre Zu stimmung jedem Konkordat verweigern zu müssen, das durch Bestand-- lniig von Schulfragen die staatliche Schuch ob«! t preisgäbe, Obwohl das zustande gekommene Konkardat keine Schukbestimmungcn ent hält — eine parlamentarische Mehrheit wäre für ein auch die Schule regelndes Konkordat nicht zu erreichen gewesen, schreibt der Preußische Ministerpräsident i-„ seiner Antwort auf den Brief des Apostolischen Nuntius Pacelli — wandte sich der Allgemeine Deutsche Lehrcrverein und der Preußisch« Lchrcrverein doch gegen de» abge schlossenen Vertrag. Im einzelnen auf diese Angriffe eiuzugehen, er übrigt sich. Wir haben »ach der bisherigen Stellung der liberalen Lrbrcrvcreine von ihnen nichts anderes zu erwarte». Daß die Sämil frage in Art. 1 des Konkovdatez nicht behandelt ist, erM sich einmal aus der Erklärung der preußischen Negierung. z»m weiteren aus dem Brief des Nuntius Pacelli an den preußischen Ministerpräsidenten Braun, in dem der Heilige Stuhl ausdrücklich bedauert, daß in dem Beitrag keine Regelung der Schulfragc ent. halten ist. „Seine Helligkeit bedauert jedoch, datz der der preußischen Volksvertretung vorgelegte Vertrag im Gegensatz zu de» wiederholt und nachdrücklich geltend gemachten Forderungen des Heiligen Stuh les, di« dieser aus grundsätzliche» Erwägungen zu erheben sich ver anlaßt sah, keine Regelung der Schulfrage enthält.... Wenn trotz dem der Heilig« Stuhl sich entschlossen hat, daraufhin die Konkor- datSl'crlmndlungc» nicht abzubrechcn, so tat er dies lediglich mit Rück sicht auf dl« von seiten der preußischen Regierung im Laufe der Ver tändlungen erfolgte Zurnckstcllmrg erheblicher Forderungen. Vor allem ans dem ernsten Wunsche, den Katholiken Preußens di« übrigen ans dcm Konkordat sich ergebenden Rccbtswirkungen »,«d Sicherun gen ihrer religiösen Freiheit, sowie dessen günstig« Auswirkungen au» ein geordnetes Verhältnis zwischen Kirche und Staat nicht zu gei'übcken. Er vermag indes nicht davon abzusehen. daß dies« seine Ctcllmignahme niemals alz Verzicht auf die Grundsätze gedeutet werden darf, die ihn zu der Forderung veranlaßt hatten, daß nämlich, »vic in den anderen Konkordaten der neuesten Zeit, so auch in der feierliche,, Uebcreinkunst mit Preußen die Schulfrage mit «inbegris- sen werde." (Acta apostolicae Scdis XXI. (1929) Nenn. 11. S. 536 ff.) Die liberalen Lehrervereine, die liberale und sozialistische Presse haben entgegen den Bemühung«» des Heiligen Stuhles die Ausselial. tung der Selnrlsragc aus den» preußischen Konkordat erreicht. Die deutschen Katholiken hoben aber darum noch lauge nicht ans ein« ihrer Gewissensüberzeugung entsprechende Regelung der Schulsrage verzichtet und werden das nie tun. Das beweist zur Genüg« ein Brief des Führers des deutschen Zentrums, des Prälaten Dr. Kaas, an den Apostolischen Nuntms: „Mag auch der Ausfall einer ausdrücklichen Regelung der Schul trage als schmerzliche Lücke empfunden werden — der von Ew. Exzellenz mit dem Herrn preußischen Ministerpräsidenten ausgelauschte Notculvechsel läßt mit aller wünschenswerten Deutlich» lichkeit in Erscheinung treten, datz das Fehlen einer solchen Rege lung für de,, Heilige» Stuhl keine»» Verzicht aus unveräußerliche Rechtsansprüche darstellen kann. Anderseits darf ich Ew. Exzellenz di« Versicherung geben, daß die in der Deutschen Zentrumspartei zusammengeschlosscnen Katholiken gerade auf diesem Gebiet mit ver. stärker Energie darüber wackien iverden. daß die religiö'e Seite de« Schulsrage eine gesetzgeberische Regelung findet, die unsere,, klreh* liehe» Auffassungen gerecht wird. Es ist mir «ine besondere Geling» Inung gewesen, daß es der Deutsche,, Zcnlrumsparlei in planvoller Arbeit gelungen ist, trotz außcrordcnlicker Widerstände die partomen» torischen Voraussetzungen für das Zustandekommen des .Konkordates zu schaffen. In demselben Geiste und mit der'elben Energie werde« wir auch in den schulpoiitischen Kämpfen der Zukunft getreu innerer Tradition der erzieherischen Mission der Kirche dem Weg zu ebne« wissen." (Köln. Zeitung 11. 9. 29, Nr. 50.3b.) Die Ausgabe der deutschcn Katholiken ist es. in den kommende» schulpolitischen Kämpfen die gesetzliche Regelung der Schulirage he« heiztusnhren, die unseren Geivisse,isfordcrungcii entspricht. Alt reichskanzler Marx hat es in der großen Elternversommlung Der Katholische,, Schuiorganiialio» aus dem Freiburger Katholikentag ausgcsprochcii, daß die Katholiken niemals die Schule nur all Veranstaltung des Staates anschcn werde», daß es »ebe» den berechtigten Ansprüchen des Staates auf die Schule auch Jnlev, essen der Ettern und der Kirche giln. Gott sei Dank besteht seit dei» Freiburger Katholikentag die Hoffnung, daß sich die kulturpolitisch« Front des deutsche» Katholizismus wieder euger zusammenschiietzei» wird. Nur eine geschlossene kulturpolitische Front aller deutschen Katholiken wird es sertig brin* gen, gegenüber der Stärke aller liberalen und sozialistischen Kreise^ gegenüber allen religiös-neutralen und reliniös-seindlichen Kultur» organisationcn, di« nur ei» Recht des Staates auf die Schule an* erkenne» wollen, die unveräußerlichen Rechte de«t Eitern und der Kirche in Sehnlsragen zu schützen^ Agrarrwk als KulkurprobleM Wandlungen im Bauerntum Ditz die deutsche Landwirtschast i» einem krisenhaft sich zu spitzenden Wirtschastskampfe steht, kann naclrgerade niemand mehr verkennen. Die kulturelle Tragweite dieses Wirtsckastsproblcms aber bedenken sehr viele noch immer nicht. Dr. Heinrich Gctzenh schreibt darüber im Oktoberheft der Monatsschrift „Hochland" (Verlag Kösel, Kempten), dem ersten des neuen Jahrgangs: „Von der traditionellen Wirtschaftsweise zur rationellen, von» Bauern zun» Landwirt — da? ist die entscheidend« Wandlung, die unser Volk wirtschaftlich dnrch- zumachen hat. Aber nickt nur wirtstlmstlick. Wo die Arbeits weise eines VolkSieiles so voll Grund aus sich verändert, da läßt sich die llmtMzung nicht ans das Wirtschaftliche allein be schränken. sondern ergreift notwendig auch all« übrigen Lebens- gebiet«. Daraus können gefährliche Folgen sowohl für das soziale Gemeinschaftsleben wie für die religiöse und Profane Bildung der betreffende» Grupp« entstehen, wenn der Vorgang nicht klar erkannt und rechtzeitig die nötigen Mwehrmaßnahmcn ergriffen .werden. Es sei gerne zugegeben, daß der Bauer nach wie vor in seiner engen Verbindung mit der Natur, in der größeren Ruhe und Einsachhett der ländlichen Vcrbäitnisse einen wirksame» Schutz vor allzu jäbcm seelischen Umsturz hat. Nach wie vor wird die ererbte Scholle und die überlieferte Art ihre große Wir kung auf das bäuerliche Fühlen und Denken ausüben. Auch in früheren Jahrhunderten haben geistige Umwälzungen in den Städten ihre Wellen aufs Land hinausgcschlaqen, und der Bauer hat sich doch wieder znrechtgesunden. Allein wir dürfen nicht übersehen, daß die gegenwärtige Umstellung besonders tief geht. Es wird sich viellcich der neue Thp des „verstädterten Land wirts" zunächst nur in einigen Führern, bei einzelnen Großbauern und Großbesitzern zeigen. Aber »vaS einmal in einer Fübreriebichl vorhanden, sickert unaufhaltsam in di« breite Masse des Volkes durch. Die Rationalisierung de? bäuerlichen Wirtschaft kann, wenn sie einicitig und ausschließlich betriebe,, wirb, zu einer verhängnis vollen Materialisierung des ganzen Vancrntnmcs führen. Der -Zauer. dem nur die Notn>endlgkeit und die Vorteile rationeller Bctriebsführung eilig-.'hämmert lvevden, gelangt zu einer gefähr lichen Ueberschätzung des Wirtschaftlichen. Gewiß tvar der Bauer jederzeit aus seinen Besitz, ans Hab und Gut bedacht. Mit eine? wahrhaft heroische,, Ausschließlichkeit ist sein und seiner ganze,, Familie Denken »mb Fühlen auf den Hof und die Arbeit für ihn gerichtet. In Zukunft aber drobt aus dem zäh an seinenß ererbten Hof >,ud seine,, erarbcitcten Taler,, hängenden Bauen« der die Rentabilität iei-nes Betriebes berechne!,de Landwirt de« Neuzeit zu werde». Es ist dann nicht mehr die heilige Scholl« mit der er innerlich verwach'«,, ist. um die der -lauer bis zun«! letzten kämpft, nicht mehr das anvcnraute Vätergut. für das ech sich seiner Kinder wegen im Gewiüe» gebunden fühlt, sonderi« sein Boden wird ihm zum bloßen Kapital, znm AiisbeutungS« objckt, das er vom Standpunkte des Unternehmers betrachte« das er leichten Herzens mit einem anderen Anwesen vertausch« wenn cs höhere Rcntabilität verspricht. Die BodensländigkeW dcz Bauerntums lockert sich. Nicht mehr Ehrfurcht vor dem Gottes^ gcheimuis in Feld und Stall ist der Grund,ug seiner Haltung, io,^, der,, nüchterne Berechnung und kluge Spekulation. Die Wond'm^ der bäuerlichen Berufsauffassung zieht nur allzu leicht seine ge-, samte Lebens-,,,schaumig in Milicid«»ichast, Der rationelle Land» Wirt der Zukunft wird vielleicht nicht nur überlegen: WievieV Stück Vieh rentiert es sich zu halten, sondern auch: Wie viel« Kinder lohnt cs sich in der Familie groß.zu.ziche»? Droht hier nicht die ernste Gesalir. daß die Lebens- und Blutsguclle unseres Volkes! versiegt? Es ist doch eine vieliach bestätigte Tatsache, daß La? Land die Menschen erzeugt nud die Stadt, insbesondere die Großstadt» sie verbraucht. Was wird geschehen, wann die „Rationierung de« Eteburtci," aus den, Lande mit der Schnelligkeit sich weiterverbreitet» mit der sie in den letzten Jahren jntoige von Krieg, städtischer Aui> klär,i»g und dergleichen in vielen Landbezirken bereits eingcdrnns gen ist?" Der Verfasser beleuchtet sodann im einzelne» di« soziologischen und seelische,, Wandlungen, die im Bauerntum« heute vor sich geben, und zieht daraus die Folgerungen für die ländliche Volks» blidnng: „Erst wem, uns dies« soziologisch« und seelisch« Umwand lung uweres Bauerntums in ihrer ganzen Ticse vor Augen ste7,t» dann erkennen wir auch di« Größe der Ausgabe, vor die die länd lich»: Volksbildung gestellt ist, jene eigenartige, säst tragische Doppel- ausgabe der Rationalisierung des -lauern und EntrationalisicruiH dcz Laiidwirts, durch die sich die ländliche Volksbildungsarbeit so charakteristisch von der großstädtischen unterscheidet. Während Arbeit rationalisiert ist. während ihm gegenüber die Volksbildung nur die geradlinige Ausgabe hat, seine» Sinn sür die übcrratio- ualen LebenSwcrtc wieder zu erwecken, haben wir de» Bauern, soll er nicht wirtschaftlich zugrunde gehen, erst berm'lich zu ratio nalisieren. Allein Baucru-bildung muß noch mebr sein als nur berufliche Schulung mtd wirtschaftliche Ertüchtigung. Diese allein und einseitig betrieben, würde das Menschen- und das Donauretse 1929 Don Dr. Krievrich Schreyvogl. X. Belgrader Bilderbogen. Die Fürst Michael-ulica hat noch vor zwanzig Jahren wie die Hauptstraße eines Wiener Borstadtbezirkes ge wirkt, nun strebt sie gewaltig der Weltstadt zu. Große Hotelbauten sind entstanden, Lichtreklame flutet über die Cehsteige, die mit absichtlichem Pariser Anklang Boule vards genannt werden, Zigeunermusik, Bars und Dan cings zeigen an, daß man in Belgrad aus ber „Höhe der Zeit" bleiben will. Bon jenem berüchtigten Belgrad, das allen europäischen Gesandtschaftssekretären eine ähnliche Verbannung schien, wie dem österreichischen Kavalleristen eine Garnison in Galizien, von seinem unerträglichen Pflaster, von den sanitären Mängeln, von der dumpfen Enge der Wohnungen )st zunächst nichts mehr zu ent decken. Ueberall Denkmäler, Erinnerungstafeln. Nun sind es gerade 15 Jahre, daß mit der Uederreichung des österrei chischen Ultimatums der Weltkrieg begonnen hat; fünfzehn Jahre, in denen Serbien Sturz und Aufstieg' erlebt hat, wie sie sonst die Geschichte auf Jahrhunderte verteilt haben mochte. Welcher wirre Wechsel. Am 2. Dezember 1915 ziehen die Oesterreicher in Belgrad ein. da glückt der Rück stoß gegen Potiorek, der Rückzug befreit Belgrad, und der Sieg des Kleinen über den Großen ist vor aller Welt deut lich. Ein Triumph von kurzer Dauer. Die gemeinsame österreichisch-deutsche Balkanarmee schlägt bald darauf die Serben nicht nur, sondern besetzt das ganze Land. In Ge waltmärschen müssen die serbischen Truppen durch die un wirtlichen Berge Albaniens adriatische Küste gewinnen; sie weiden von Transportdampfern der Entente erwartet und kämpfen dann noch bis zum Ende als Hilfskontin- enle auf allen Kriegsschauplätzen. Aber das Land bleibt «setzt Der serbische Staat scheint ausgelöscht. Da kommt es in letzter Stunde zur vollen Umkehr der Lage. Franchet d'Esperay stoßt von Saloniki aus vor, mit ihm kehren die Serben, die bis dahin jede Friedensverhandlung verrvei- gert haben, in ihr Land zurück. Ein phantastischer Triumphzug. Peter Karageorgewitch findet nicht nur Reich und Thron wieder, er sieht sich auch am Ziel der letzten, gewagtesten Träume. Jene Landkarte, die im Ge heimen von serbischen Jrredentisten an den bosnischen und slowenischen Mittelschulen Oesterreichs verteilt, nur hin und wieder von der geheimen Polizei entdeckt und als sinn lose Utopie verlacht wurde, hat nun volle Wirklichkeit er langt. Die neue Grenze reicht bis Kärnten, im Süden bis Cattaro, ganz nebenbei können die Karageorgewitch auch noch das kleine Königreich Montenegro einstecken... Keine Vergrößerung, ein^r Verdreifachung des alten Ge bietes. Aus Serbien wird das Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen, und es ist begreiflich, daß die Ser ben bis zur Schlacht auf dem Amselseld zurückgehen, um ein mythisches Symbol für die Eeburtsstunde dieses neuen Reiches zu finden. Ist allen Gaststuben hängen Farben drucke, die diese Vereinigung ins Pathetisch-Monumentale eines Triumphes auf dem Amselfeld gesteigert darstellen. Peter heißt fortan der Große... Solchem durchgreifenden politischen Neubau will auch die Hauptstadt mit fieberhaftem Baueifer entsprechen, ein neues Finanzministerium, Ministerium des Innern und Kriegsministerium ist in einem, in Europa vor 30 Jahren geltenden Monumental-Stil erbaut worden; die Haupt stadt will wohl auch den neuen Böllern einen Augen-Ersatz für Wien bieten. Selbst der alte Konak ist durch einen prunkvollen neuen Palast erweitert, man könnte auch den ken, König Alexander habe manche trübe Erinnerung ge trieben, das alte Schloß zu verlassen. Glück und Ende der Obrenowitch spielt in seinen Mauern. Milan war die Regierung schost ungemütlich geworden, er überließ die Macht gerne dem jungen Alexander und schlug seine Zelte lieber im Wiener Hotel Imperial auf... Alexander war wenig glücklich. Er verwickelte sich nicht nur in politische Quertreibereien, geriet auch in die Hörigkeit der schönen Draga Maschin. die es durchsetzte. Königin von Serbien zu werden. Bald darauf kam es zu dcm blutrünstigen Ende Alexanders und Dragas. das alle Erfindungsgabe eines Hintertreppenromans überbietet. In der Nacht wurden der König und die Königin von den Offizieren der Wache ermordet, die blutigen und halb zerstückelten Leichen warf man kurzerhand aus den Fenstern des Konaks, wo sie mor gens entsetzte Passanten fanden. Die Nolle Peter Kara- georgemitch' (der zu dieser Zeit ein verbittertes Emigran ten- und Prätendenten-Dasein in der Schweiz führte), in dieser Verschwörung ist niemals ganz aufgeklärt worden. Romantische Gemüter mögen die düsteren Zeichen, unter denen das Königtum Peters Zeit seines Lebens stand, auch als Zeichen tragischer Vergeltung werten. Ein düsteres Land! Man muß just an ein Volksfest denken, um sich die Serben überhaupt fröhlich und befreit vorstellen zu kön nen, zu arg wirkt das halbe Jahrtausend türkischer Be drückung nach. Seidene Schnur. Gift, Dolch. Hinterhalt und Blutrache sind seit dem Mittelalter-Requisiten des täglichen Lebens, das wirkt bis heute nach. Noch 1908 hat der damalige Kronprinz Georg einen Kammerdiener, der seinen Unwillen erregt hatte, einfach niedergeschlagen und solche blindwütige Exzesse in der Hauptstadt gehäuft, daß er seinem Bruder Alexander in der Thronfolge Platz machen mußte. Und wie oft ist nicht bis 1927 in der Skupschtina eine leidenschaftliche Debatte einfach mit Revolverschüssen beendet worden? Selbst Stepan Radic konnte die große Auseinandersetzung zwischen den Stüm. men des neuen Reiches nicht zu Ende führen: er ist als Märtyrer unter den Kugeln eines politischen Mörders ge fallen. Die Lösung des Problems steht noch aus: unge stillte Rache verbleibt einstweilen als bitterer Bodensatz. Das alles macht die Leidenschaft begreiflich, mit der eines Tages König Alexander alles auf die Karte der Dikta« tur setzte. Ein Erlaß erklärte die parlamentarische Ver fassung für aufgehoben, das Parlament wurde besetzt, die Parteiclub» aufgelöst. Alle Spuren der früheren unge sättigten Parteipolitik sollten getilgt werden. Man ahnt dabei, wie tief dieser klug« Herrscher unter der politische«
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