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Amtsblatt für den Stadtrat zu Adorf Freitag» den 21. Mai 1915. Hierzu Sonntags die illustrierte Gratisbeilage „Der Seitsplegel Verantwortlicher Schriftleiter, Drucker und Verleger: Otto Meyer !n Adorf Anzeigen von hier und aus dem Amtsgerichts- i bezirk Adorf werden mit IbPsg-, von auswärts mit 15 Pfg. dis 5 mal gespaltene Grundzsile oder deren Daum berechnet und bis Mittags 11 Ahr für den nächstfolgenden Tag erbeten Deklomen dis Aeile 30 Pfg: Tageblatt für Adorf und das obere Vogtland Dsr Grsnzbote erscheint täglich mit Aus nahme des den Sonn- undFeieetagen folgenden Tages und kostet vierteljährlich, vorausbezahl bar, 1 M. 35 Pfg. Bestellungen werden in der Geschäftsstelle, von den Austrägern des Blattes, sowie von allen Kaiserlichen Post- anstalten und Postboten angenommen Tel.-Adr.: Grenzbotf 80. Iahrg. Adorfer Grenzbots (früher: Der Grenzbote) Fernsprecher Nr. 14 115. Die Königliche Kreishauptmannschaft Zwickau hat auf Antrag des Kommunalverbandes für den Bezirk der Amtshauptmannschaft Oelsnitz einschließlich der Städte genehmigt, daß von jetzt ob bis zum 15. Juni 1915 1. die Mühlen das Weizenmehl, falls es über 93°/g ausgemahlen, unvermischt, bei minder hoher Aus mahlung statt mit 30 vom Hundert nur mit 5 vom Hundert Rogoenmehl gemilcht abgeben dürfen, 2. bei der Bereitung von Weizenbrot Weizenmehl, falls es über 93°/„ ausgemahlen, ungemischt, bei minder hoher Ausmahlung aber in einer Mischung verwendet wird, die statt 30 nur 5 Gewichtsteile Roggen mehl unter 100 Gewichtsteile des Gesamtgewichtes enthält. Oelsnitz, 19 Mai 1915 Die Königliche Amshauplmannschast. Am Freitag, den 21. ds. Mts., nachmittags von ^>1—^3 Uhr findet in den bekannten Ausgabe stellen die Verteilung der Brotkarten statt. Die Einwohnerschaft wird dringend ersucht, die Brotkarten in der festgesetzten Zeit pünktlich abzuholen. Adorf, am 20. Mai 1915 Dyk Stadtrnk. Gertliches und Sächsisches. Adorf, 20. Mai 1915. - Außerordentlicher Landtag. Wie verlautet, wil ligte die Regierung bei den Verhandlungen, die sie am Dienstag mit Mitgliedern beider Kammern über die Mandatsverlängerung der Zweiten Kammer um zwei Jahre führte, gemäß dem Wunsche der Mehrheit der Abgeordneten in die Einberufung eines außerordent lichen Landtages, der über dieMandatsvcrlängerung zu beraten und zu beschließen haben wird. Alle Par teien haben sich damit grundsätzlich einverstanden er klärt. Weiter sollen dem Landtage Vorlagen unter breitet iverden, zur Sicherung der nächsten Ernte und zur Verhinderung des LebensmittclwuchexS. Später soll dann noch ein Gesetzentwurf folgen, der den Wäh lern, die durch den Krieg finanzielle Einbußen nm Einkommen erleiden, ihr Wahlrecht in dem bisherigen Umfange sichert. Die Sozialdemokraten tüudigien an, daß sie das allgemeine gleiche Wahlrecht fordern wür den. — Mairegen auf die Saaten — dann regnet es Tukaten — und Regen im Mai — gibt für das ganze Jahr Brot und Heu — sagt eine alte Bauernregel, die zutreffend ist gerade in den jetzigen Tagen. Tie jetzigen Niederschläge sind allen Landwirten wie auch den Gärt nern hochwillkommen gewesen. Tie obersten Erd schichten waren bereits stark ausgetrocknet. Die Saaten haben das willkommene Naß gierig aufgesogen und haben sich sichtbarlich saftgrün gefärbt. Die Wälder stehen im Begriff, ebenfalls ihr Maiengewand anzu legen und die harzduftenden, lichtgrünen Triebe zu treiben. Auch sie gehen den Pfingsten geschmückt und gerüstet entgegen. — Tie Einfuhr italienischer Frühgemüse ist zur zeit so gut wie völlig unterbunden. Es fehlen uns vor allem die sogenannten Maltakartoffeln und die schönen roten italienischen Kirschen. Auf beides werden wir natürlich ohne besondere Entbehrungen gern ver zichten, umsomehr, als der Anbau von deutschen Früh kartoffeln in allen Gegenden Deutschlands energisch in die Hand genommen worden ist. Auch das Fernbleiben der später eintreffenden italienischen Birnen und Pflau men wird man gern verschmerzen können. Ten Ita lienern wird wohl unser gutes deutsches Geld mehr fehlen, als uns ihre Erzeugnisse. — Stille Helden. Unter den ungenannten Feld grauen, die nach dem Bericht der Obersten Heeresleitung die täglichen großen und kleinen Erfolge herbeiführen halsen, befindet sich eine Unsumme stillen ^Helden tums, das im Wert vielleicht noch mehr durch den Umstand gewinnt, daß die Namen dieser Helden selten der Nachwelt überliefert werden können. Bekanntlich meldete der Generalstabsbericht, daß am 23. März am Hartmannsweilerkops französische Alpenjäger nach stärkster Vorbereitung der französischen Ar tillerie, wodurch der Schützengraben fast gänzlich zer stört wurde, einen heftigen Angriff machten. Zur Un terstützung der in Stellung befindlichen, sehr bedrängten Kompagnie wurde ein Hilfszug eingesetzt und drang bis zu dem äußersten bedrohten Punkt vor. Dort lag unter anderen ein Pionier, der vorher durch eines Handgranate furchtbar verletzt worden war. Den noch Lebenden nach rückwärts zu schaffen, war unmöglich. Er lehnte auch jede Hilfe ab und bat nnr nm Wasser. Inzwischen wurden von Hand zu Hand die zur Abwehr des Angriffs erforderlichen Handgranaten weitcrgcgeben. Hierbei beteiligte sich nicht nur auch der Schwerverwundete, sondern er gab auch den Leuten Anweisung, wie die Granaten zum Zünden gebracht werden. Von dem Tapferen wurde trotz feiner ent setzlichen Schmerzen kein Klagelaut gehört, er bat nur, ihn durch eine Kugel vou feinen Schmerzen zu -er lösen. Diese Wunsch konnte aber dem Bedauernswer ten nicht erfüllt werden. Einige Minuten später war es mit ihm zu Ende. Einer von den vielen unge nannten Helden draußen im Felde. — Züchtigungsrecht. Tas Reichsgericht hat eine be merkenswerte Entscheidung gefällt, in der ein maßvolles Züchtigungsrecht ins Bürgers gegenüber Unarten von Buben anerkannt wird. Ein Hauseigentümer in Berlin sah eines Tages zu, wie sich mehrere Buben vor seinem Hause verprügelten. Als er sich den Lärm verbat, rief ihm einer der Buben eine Beleidigung zu. Ter Haus besitzer gab ihm einen Schlag auf die Kehrseite. Tie Eltern erstatteten Anzeige. Wegen Körperverletzung er hielt der Hausbesitzer 5 Mark Geldstrafe. Er legte Berufung bei Kammergerichl ein, das urteilte, die Jugend müsse zur Zucht und Ordnung erzogen werden. Tie Ausgabe falle teils der Familie, teils dem Staate zu. Darum habe jeder Volksgenosse das Recht zu maß voller Züchtigung. Tie Eltern legten Revision gegen die Entscheidung beim Reichsgericht ein, das sich aber auf den Standpunkt des Kammergerichts stellte und das Züchtigungsrecht des Staatsbürgers bestätigte. — Der Sächsisch-thüringische Weberei-Verband hat wegen der jetzigen hohen Nahrungsmittelpreise be schlossen, vom 16. Mai ab jedem verheirateten oder verwitweten Weber oder jeder Weberin eine frei willige Kricgszulage von 30 Pfg. für jeden Tag zu gewähren. — Friedrich August-Spende. Tie Note Kreuz- Sammlung anr 14. und 15. Mai ergab in der Ge meinde Untertriebel den ansehnlichen Betrag von 345 Mork. Tie Gemeinde zählt etwa 860 Seelen. — In Treuen (8000 Einwohner) hat die Sammlung 2509.86 Mark ergehen. — In Reichenbach wurden 6800 Mk. gesammelt, in Mylan 1300 Mk., in Netzsch kau 1920 und in Lengenfeld 4136 Mark. — Der 66jährige einarmige ungarische Graf Zichh, der als 14jähriger Gymnasiast infolge eines Jagd unglückes den rechte» Arni verlor und es trotzdem zum Wirklichen Geheimrat, zur Exzellenz, zum Mitglied des ungarischen Oberhauses, zu höchsten Orden, Hu einem weltbekannten Pianisten, zum Dichter und Kom ponisten und — was die Hauptsache ist — zu einem zufriedenen, glücklichen Menschen brachte, hielt gestern in Dresden vor Gästen der ersten Gesellschaftskreis: und zahlreichen verwundeten Feldgrauen auf Veran lassung der Frau Prinzessin Johann Georg einen in teressanten Vortrag, in dem ex bewies, haß menschlicher Wille stärker ist als Schicksalssügung, daß dem Ein händer eine unbeugsame Energie nahezu alle di: Fähigkeiten verleiht, die der Zweiarmige besitzt, daß die eine Hand nicht die andere zu waschen braucht, sondern daß sw dies selbst besorgen kann. Das Bein, sagte der Graf, lasse sich künstlich nahezu ersetzen. Arm und Haicd nicht in gleichem Maße. Der Arm fei eben doch ein viel feineres Werkzeug als das Bciu. Dennoch aber dürfe der Einarmige, den das' stolze Bewußtsein beseele, ein wichtiges Glied seines Körpers dem Vaterland geopfert zu haben, nicht der Resignation verfallen, er müsse im Gegenteil seinenj Lebenswillen zur stärksten Tatkraft anspornen. Nur nicht verzweifeln, verzagen oder sich abgcstuinpfr in' das „Unabänderliche" schicken! Nein, auch als Ein händer das Leben bejahen, sich tauglich «machen für volles, frisches Leben! Hütet Euch, das zu wer den, was früher das Los so vieler Änarmiger war: Drohnen der menschlichen Gesellschaft, nur angewiesen auf die Fürsorge der anderen. Gewiß, Wan wird für' Erich sorgen, aber das Meiste und vor allem'das Schönste müßt Ihr .für Euch selbst tun, indem Ihr lernt, in Euerm alten oder in einem neuen Berufe tüchtig zu sein auch mit Verlust eines Armes!" Als tröstliche Quintessenz seiner Ausführungen verkündete er znm. Schluß: „Die Einarmigsiit ist ein chronisches Lei den, dessen Symptome mit den Jahren immer mehr schwinden." Nun erhob sich der Redner und wurde zum Pianisten. Er schritt zum Flügel und spielte — keinen schöneren Beweis für die Richtigkeit seiner Worte konnte es geben — eine ungarische Rhap- sodie eigener Komposition mit so bewundernswerter Technik, daß einer den anderen erstaunt ansah. Wenn man die Augen schloß, hätte mau es Nie mnd nimmer für möglich gehalten, daß nnr fünf Finger diese Läu fer, die Passagen greisen könnten. Ter Intendant der ungarischen Oper in Budapest, das Mitglied des NationalkonservatoriumA, her Aelteste seines Grafens geschlechtes spielte mit dem Feuer eines Zwanzigjähri gen, spielte mit dem Schwung, der ihn vor fünfzig Jahren bei seinem ersten össcntlichcn Auftreten be seelt haben mckg. Mendelssohns „Ans Flügeln des Gesanges", der ,„Altwiener Walzer" folgten, und zunt Schluß verwob er wie zur Bekräftigung seiner Schluß worte: „Ich bin Magyar und werde bis zu meinem Tode ein treuer Freund der Deutschen (bleiben" die »nichtigen Klänge der „Wacht am Rhein", die die Versammlung stehend sang, mit den stolzen Akkorden des Rakoczy-Marsches. Langhallcnd dankte ihm Bei fall, fo begeistert gespendet, wie man ihn selten hörtf Daun schloß der Abend, der den Einarmigen köstlich«' Hergensstärkung, den andern eine Stunde innerstes. Erquickung bereitet hatte. — Um Rotwein darauf zu prüfen, ob ihm etwq ein künstlicher Farbstoss beigemischt wurde, zieht maw einen dicken Faden aus weißer Wolle durch den Wein^ nimmt ihn dann heraus und zieht ihn rasch durch Essige Wenn der Faden sich hiernach bläulich särbt, ist dieZ ein Zeichen von der Reinheit des Weines. Nimmt der, Faden eine purpurrote Färbung an, kann man mit Ge wißheit aus einen Zusatz von irgendeinem chemisches Farbstofs schließen. Breitenfeld. Am Montag früh wurde durchs den hiesigen Gcmeindedicncr Oswin Müller der in dew fünfziger Jahren stehende Maurermeister Gustav Zim mer im Brunnen des Haus- und Gartenbesitzers Wil helm Müller als Leiche entdeckt. Seit Sonnabend abendi war der Tote vermißt worden. Beim Heimwege von> Windischs Gasthof hatte der noch rüstige, lebensfrohes Mann seinen Weg nach der Wohnung über das Grund stück Müllers genommen, Ivar an dem ziemlich liefert Brunnen des Besitzers offtnbar zum Sturze gekommen^