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New York, 18. Mai. Präsident Wilson hat km Hudson River eine Flottenschau über die Atlantische Flotte abgehalten. In einer Rede führt« er aus, daß, die Flotte den gehegten Idealen entspreche. Wichtig sei es für Amerika, daß es keine Gebietserweiterung Nötig habe. Man müsse sich für die Menschlichkeit einsehen und für d as, was der Menschheit nottue. (Na, dann mag der alte Maulmacher die Waffen- liefevungen unterbinden.) Von den westliche« Kriegsschavplätzen. Berlin. Von einem militärischen Mitarbeiter wird geschrieben: Im Westen dauert die feindliche Offensive Zwischen Lille und Arras noch an. Tie Briten, die nach ihren ersten verunglückten Vorstößen anscheinend wie der Kraft geschöpft haben, setzen sich südtvestlich von Lille — nach ihren eigenen Angaben bei Richebourg nördlich des La Bassee-Kanals in einem Teil unserer vorderen Gräben fest. Der Kampf ist noch im Gange. Aber er wird den Briten schwerlich mehr Gewinn ein bringen als ihren französischen Bundesbrüdern die An griffe nördlich von Arras, bei Neuville, Ablain und der vielumstrittenen Lorettohöhe . Auch in den letzten Tagen wurden die französischen Angriffe in diesem Kampfraum allesamt unter schweren Verlusten abgewiesen. Aus dem Korpsbefehl des Kommandeurs des 33. französischen Armeekorps (Reservekorps) erfahren wir, daß die Ver bündeten in Nordwestfrankreich über eine vierfacheUeber- legenheit zu verfügen glaubten, als sie zu dem An griffe ausholten, der uns endgültig vom „nationalen Boden" vertreiben soll. Vergleicht man das bisherige Ergebnis der französischen Taten mit den Worten, so kommt man nicht gerade zu der Ueberzeugung, daß die Offensive Nr. 4 erfolgreicher sein werde als ihre Vor gängerinnen. Unsere Front konnte an einzelnen Stel- llen wohl zurückgedrangt werden, aber strategisch steht sie immer noch unerschüttert da — auf dem „natio nalen Boden" Frankreichs. Und „nichts ist erreicht" tzch dem Ziele, den Feind „endgültig zu schlagen". Tas gilt auch von der Lage bei Ipern. Daß wir die vor geschobenen Stellungen am linken Kanalufer aufgaben, ist gewiß nicht erfreulich. Mer wir konnten es tun, allein uni unsere dort stehenden Abteilungen dem star ken feindlichen Feuer zu entziehen, ohne dabei Gefahr Au laufen, unsere neugewonnenen Stellungen um Ipern ernstlich zu gefährden. Oestlich des Kanals bleibt unser Truck auf Ipern unvermindert. London, 18. Mai. (Deutschland sührt — der Times zufolge — den Krieg billig! England verschwen de. erstaunlich!) Ein Leitartikel der Times gibt zu, daß Deutschland heute mehr Zuversicht aus Erfolg habe als in irgend einer Periode seit Beginn des Krieges. Solange diese Stimmung an halte, sei Deutschland ein äußerst gefäbrlicher Feind. Es führt den Krieg wirksam und ökonomisch; seine inferiore Finanzlage ist kein so großes Hindernis, wie wir annahmen. Denn, während wir die Reserve unserer Finauzkrast vergeuden, indem wir bas Geld mit erstaunlicher Verschwendung ausgeben, sührt Deutschland den Krieg billig. Aber die Alliierten vertrauen auf ihre größere Krastre-, ferne. England und Frankreich haben enorme Re serven an Mannern, die noch nicht im Feuer gewesen sind und auf den gegebenen Moment warten. Ihr Kriegsglück rrn Westen beruht im wesentlichen auf Joffre. Die heftigen Gefechte der letzten Tage waren nur vorbereitend. Den Hauptschlag hat Joffre noch nicht begonnen. Daily News weisen in ihrem Lcit- arikel über d >e wirtschaftliche Seite des Krieges da rauf hin, daß England außerstande sei, seine Flotte zur direkten Offensive gegen die Deut sche Küste zu verwenden, daß Rußland von Anfang cm große Schwierigkeiten gehabt habe, seine Soldaten hu betvaffnen, und daß es mangels eisfreier .Häfen und Eisenbahnen unter Transportschwierigkeiten lei den. Die deutschen Generale benutzen meisterhaft die furchtbare Waffe, welche die deutsche Industrie Und der bensche Unternehmungsgeist ihnen durch das Eisen- balpuietz der Ostfront dargeboten hatten. — Ter englische Munitionsmangel. Die Londoner Blätter erörtern die neuliche Meldung der „Times" von der Westfront, daß sich Mangel an Munition fühl bar gemacht und einen Erfolg verhindert habe. Im Parlament werden Anfragen darüber gestellt werden. — Tie allgemeine Wehrpflicht in England. Tre Genfer „Tribune" erfährt aus London, daß im Gegen satz zu den Erklärungen Lord Haldanes im Oberhause bereits seit Anfang Mai der englischen Regierung der fertige Gesetzentwurf auf Einführung der allgemeinen Wehrpflicht in England vorliege. London, l8. Mai. Ein Lotse, der heute an Land kam, hat mitgeteilt, daß er vier Meilen von Northdore- land fünf deutsche Luftschiffe sah, die in nordwest licher Richtung landeinwärts flogen. Er sah Feuer- blitzc, als Bomben abgeworfen wurden. Tie Luftschiffe müssen sich später zerstreut haben, denn eines flog um 2 Ubr morgens über Teal. Auf die Stadt wurden keine Bomben abgeworfen, aber mehr als zwanzig fielen in die benachbarten Felder. Paris, 18. Mai. Eine Havasmeldung aus Calais berichtet: Ein vom Meer kommendes deutsches Luft schiff überflog heute nacht Calais und warf Bomben mtf verschiedene Stadtviertel. Zwei Kinder wurden getötet und eine Frau verwundet. (Auffällig: stets Frauen und Kinder.) Ter Sachschaden ist unbedeutend. — Der Untergang der „Lusitania" und das eng lische Wirtschaftsleben. Ter Untergang der „Lusitania" hat zu einer Erscheinung geführt, die im englischen Wirtschaftsleben unerhört ist. Nachdem die „Times" seit dem Ereignis ihre Berichterstattung über den Frachtenmarkt eingestellt hatten, bringt ihre Nummer vom 11, Mai die Nachricht, daß das Frachtgeschäft am Tage vorher zu einem vollkommenen Stillstand ge kommen sei. Am 11. Mai hat dann das .Geschäft in ganz geringfügigem Umfange wieder begonnen, we nigstens insoweit, daß wieder Angebote zustande ge kommen sind, zu Abschlüssen gelangte man jedoch noch nicht. —> Die außerordentlichen Erfolge, hie der Unter seebootkrieg in der letzten Woche aufzuweisen hatte, insbesondere der Verlust der „Lusitania", haben offen- bar das Gefühl der Sicherheit, das die englischen Schisf- sahrtskreise trotz der gewaltigen Erhöhung der Fracht raten zur Schau zu tragen sich bemühten, völlig ge- brachen. Daher schreibt sich die ungeheuere Aufreg ung, die in dem Verlangen gipfelt, alle, auch die eingebürgerten Deutschen, die sich in England auf halten, einzuschließen. Der Mann auf der Straße, in London ebenso wie in Liverpool, plündert deutsche Läden und Geschäfte, die Börsen schließen 'die Ange hörigen der Zentralmächte aus; das Parlament ver langt die schärfsten Unterdrückungsmaßregeln. Alles beweist, daß England sich jetzt an seinem Lebens- norv getroffen fühlt. Bester konnte die -Be rechtigung und Wirksamkeit der Mittel, die Deutsche land zur Abwehr des englischen Aushungerungsplanes ergriffen hat, nicht erwiesen werden. — Völkerrechtswidrige Erschießung deutscher Ge fangener. Ueber die völkerrechtswidrige Erschießung' des Leutnants Bernhard Lammers sind, wie der „Schles. Volksztg." aus Reichenbach gemeldet wird, seinem Vater, dem früheren Rentmeister Lammers in Peterswaldau, verschiedene Einzelheiten mitgeteilt wor den. Leutnant Lammers hatte mit seinem Hauptmann in Begleitung des Vizefeldwebels Stiller aus Rostock und eines Burschen auf ein'em Automobil eine Erkun digungsfahrt in Frankreich unternommen, als sich plötzlich eine größere feindliche Kavalleriepatrouille zeigte, weshalb sie unikehrten. K wreei wurde der Hauptmann leicht verwundet. Leutnant Lammers legte ihm in einem von ihnen erreichten Schloß des Fürsten von Monaco einen Verband an. Das Schloß wurde später von den Franzosen besetzt. Hierbei wur den auch Leutnant Lammers und Vizeseldwebel Stiller gefangen genommen. Bei ihrem Weitertransport muß ten sie vor einer Ortschaft mit noch 20 anderen Ge fangenen Anfstellung nehmen. Sie wurden sämtlich ohne jeden bis jetzt bekannten Grund erschossen. Wer den Befehl zu dieser Tat gegeben trat, ist bis jetzt -noch nicht ermittelt. Paris. Dem „Petit Journal" zufolge besteht der Plan, in Paris ein Freiwilligenkorps von Frauen anf- zustellen. Eine Frau namens Armaud in Paris, welche die Anmeldungen hierzu annimmt, empfing bereits 4000 Briefe von den zukünftigen Amazonen. Paris, l8. Mai. Amtlicher Bericht von gestern nachmittag 3 Uhr: Im Gebiet von Het Sas dauerten unsere Fortschritte an. Wir nahmen gestern sein von den Deutschen stark befestigtes Haus ein und über schritten auf dem Ostufer des Kanals Die erste Leutsch- Linie. Wir machten 145 Gefangene und erbeuteten 4 Maschinengewehre. Ein feindlicher Gegenangriff miß lang vollkommen. Nachts haben nördlich von Arras wieder Regenfälle begonnen. Unser äußerster Flügel im Lorettogebiet brachte den Deutschen eine Schlappe bei. Vier Gegenangriffe wurden unter schwersten Ver lusten für den Feind zuruckgeworfen. Auf der übrigen Front ist nichts von Bedeutung zn Melden. An Der Oase bei Bailly zeigten die Deutschen unseren afrika nischen Schützen eine grüne türkische Fahne .mit dem Halbmond darauf. Unsere Afrikaner erwiderten die Aufforderung, indem sie die Fahne durch 'Gewehrfeu-r niederlegten. Ein Schütze holte sie sodann und brachte sie in unsere Linie. Paris, 18. Mai. Amtlicher Bericht von gestern abend 11 Uhr: In Belgien hat der Feind, welcher in den letzten Tagen sich von völliger Umzingelung bedroht sah, in der vergangenen Nacht feine Stell ung westlich des IserkanalS geräumt. Dagegen haben wir alle unsere Gewinne auf dem Ostufer behauptet. Westlich von La Bassee erfolgten in der Nacht ßum 17, Mai sehr heftige Gegenangriffe gegen die Eng länder. Am Montag setzten die Engländer den Kampf siegreich, fort, nahmen mehrere deutsche Schützengräben weg und brachten dem Feinde sehr große Verlust- bei. 7<D Deutsche, welche zwischen das Feuer der englischen Maschinengewehre Und unter das Feuer, der eigenen Artillerie geraten waren, wurden Durch dieses Kreuzfeuer sämtlich vernichtet. Unsere Verbün deten haben etwa 1000 Gefangene gemacht «und Ma schinengewehre erbeutet. Nördlich von Arras hat den ganzen Tag über dichter Nebel geherrscht und große! Kampfhandlungen auf beiden Seiten verhindert. Da nach ging der Kampf lebhaft weiter, besonders auf den Abhängen der Lorettohöhe. Wir haben dort die deutschen Gegenangriffe abgewiesen. In Pille-au-Bois hat der Feind unsere Schützengräben angegriffen, äst' aber sofort ausgetzal'ten worden. Die Zahl der von uns im Gefecht von Ville-suv°Tourbe gemachten unverwundeten Gefangenen beträgt 350, dazu kommen 50 Verwundete. Heute haben wir bei Tagesanbruch im Walde von Ailly einen Angriff gemacht, darunter mehrere Offiziere. An den Rändern des Priesterwal- des versuchten zwei deutsche Bataillone dreimal Uns ihren Schützengräben vorzubrechen. Unser Feu r brachte sie jedoch sofort zum Stehen. Von den östlichen Kriegsschauplätzen. — Die Angst vor der deutschen Ostsee-Flotte. Maß gebende russische Marinekreise rechnen ernstlich mit d-r Möglichkeit, daß demnächst ein deutsches Geschwader im finnischen Meerbusen erscheint. Aus der Festung Sweaborg bei Helsingfors wird die Zivilbevölkerung entfernt. Bei Wiborg wird fieberhaft an der Ver stärkung der Küstenbefestigung gearbeitet. — Tas türkische Große Hauptquartier gibt unterm 13. Mai bekannt: An der Dardanellen-Front hat sich zu Lande nichts Wichtiges ereignet. Heute vormittag hat ein Teil unserer Flotte ein englisches Panzerschiff an gegriffen, das sich in der Nähe des Hafens von Mvtro hei dem Eichgang der Dardanellen befand. Dieses Panzerschiff wurde an drei Stellen von Geschossen getroffen: an der Brücke des Kommandanten, in der Mitte und achtern. Es sank sofort. Konstantinopel, 18. Mai. Gegenüber einer Erklärung der englischen Gesandtschaft in Bukarest, welche die Tatsache der Versenkung des australischen Unterseebootes H.. L. 2 bestreitet, wird hier an zu- sLLndiger Stelle erklärt, daß der greifbare .Beweis für die Vernichtung des Unterseebootes in den von den gefangen genommenen Offizieren und Mannschaften des Unterseebootes an ihre Eltern geschriebenen Brie fen enthalten sei. Vermischtes. — Unsere Feldgrauen sind trotz ost Der recht bösen Lage von einem wunderbaren, köstlichen Humor be seelt. Eine Probe davon lieserten Soldaten, 'wie von einem Erholungsurlauber erzählt wird, die auf feind lichem Boden im Westen unweit eines Flüßchens lagern Die Engländer wollten einen Witz machen und unsere! wackeren Feldgrauen ärgern. Sie steckten deshalb eine Fahne heraus mit der Inschrift: Hier gibts Brot ohne Brotmarken. Die Deutschen Ärgerten sich nun aber nicht, einer dagegen baute aus einem Stückchen Holz eine Art Schiff und befestigte daran seine Flagge mit der Inschrift, die die Engländer erst lesen konnten, als das Schiffchen ihnen durch Wind und Wellen oder sonstwie zugetrieben war. Die Inschrift lautete: „Hier gibts einen Kanal ohne Unterseeboote!" — Trotz der darin sür die Engländer liegenden Beruhigung sollen, sie näht sehr erfreut gewesen fein, Berlin, 18. Mai. Der auf Pfingsturlaub bei seiner Familie in Südende, Hetnrichseidelstraße woh nende Bauunternehmer Rose hatte eine Granate niitgebracht, die aus unbekannter Ursache explo dierte. Tie Möbel der Wohnung wurden wilkommen zertrümmert. Tas Mauerwerk des Hauses wurde mehrfach beschädigt. Rose selbst ist getötet worden, seine Frau wurde besinnungslos, aber noch lebend einem Krankcnhausc zugeführt. Ein Bauunternehmer Wer dauer wurde schwer, das Tienstmädchen leicht verletzt. Ob der Unglücksfall auf die Explosion der Granate zurückzuführen oder auf eine andere Ursache, steht noch nicht fest. Bremen, 18. Mai. Auf Bahnhof Rotenburg (Han nover) wurde im gestrigen Eilzug 95 in einem Abteil 2. Klasse eine Frau mit schweren Kopfverletzungen auf gefunden. Es liegt Raubanfall vor. Tie Untersuchung ist eingeleitet. Ein der Tat verdächtiger Reisender ist heute iu Bremervörde festgenommen worden — Ter deutsche Heldenorden für zwei österreichisch ungarische Heerführer. Gelegentlich der Anwesenheit des Erzherzogs Friedrich und des österreichisch-ungarischen Generalstabschefs Konrad v. Hötzendvrff im Allerhöch sten Hauptquartier am 12. d. M. haben Se. Majestät beiden Herren den Orden Pour le merite verliehen. (W. T.-B.) — Raubüberfall auf einen Kassenboten. Berlin, 14. Mai. Heute vormittag gegen 12 Uhr wurde im Lause Frankfurter Allee 30, wo sich die Tepositen- kasse der Kommerz- und Tiskontobank befindet, auf den Kassenboten Wichrorvski ein Naubüberfall versucht. Wichrowski war im Begriff, eine große Summe Gel des aus der Hauptkasse bei der Tepositenkasse abzu liefern. als ihm im Hausflur ein junger Bursche Pfeffer in die Augen streute und die Geldtasche zu entreißen suchte. Ter Kassenbote setzte sich tatkräftig zur Wehr und rief sofort um Hilfe. Ter Räuber suchte zu fliehen, konnte aber in einem Keller des Hauses von der Po lizei festgenoinmen werden. Tie Persönlichkeit ist noch nicht festgestellt. — Wir bleiben fest. Die von uns eingeschlagene Vergeltungsmaßnahme, jedes feindliche oder neutrale Schiff, das Kriegskonterbande für unsere Feinde an Bord hat, zu versenken, hat, wie im Falle ^Lusitania" zu sehen ist,-seinen überraschenden Erfolg insofern ge- I zeigt, als nunmehr die englische Zufuhrschiffahrt mit I einem Schlage lahm gelegt worden ist, Alle WutauZ-