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Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 12.02.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-02-12
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512382794-188402126
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512382794-18840212
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512382794-18840212
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote
-
Jahr
1884
-
Monat
1884-02
- Tag 1884-02-12
-
Monat
1884-02
-
Jahr
1884
- Titel
- Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 12.02.1884
- Autor
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Ch-mttitzer Anzeiger und Etadtbote. Rr. 8«. Dienstag, den 12. Februar. Seite 2. parlamentarischen Berathungen noch fernerhin Theil nehmen oder aber sich von denselben zurückziehen sollten. Vielfache Zuschriften aus den Kreisen der liberalen Wählerschaft hatten das letztere gefordert, mit 7K gegen 2b Stimmen nahm indessen der Klub der Linken eine Resolution an, des Inhalt», daß der Klub mit Rücksicht auf die politische Situation eS für geboten halte, im gegenwärtigen Zeitpunkte den parlamentarischen Verhandlungen nicht fern zu bleiben. Hiermit ist eine namentlich in den deutsch-böhmischen LandeStheilen mit großer Lebhaftigkeit betriebene Agitation zu ihrem vorläufigen Abschlüsse gelangt und verdient dieser von patriotischer Hingebung zeugende Beschluß nur entschiedene Bewilligung. ES ist immer noch bester für die Vertreter des liberalen DeutschthumS im österreichischen Abgeordneten. Hause, auf ihren Plätzen auSzuharren, als eine Abstinenzpolitik einzu schlagen, deren Folgen sich für die deutschen Interessen am ersten fühlbar gemacht hätten. Frankreich. Dem französischen Kabinet ist für die Nieder lage, welche dasselbe neulich in der Deputirtenkammer durch die An nahme des Antrages Clemeneeau erlitten, eine glänzende Satisfaktion zu Theil geworden. Am Donnerstag fand in der Kammer die Wahl der Mitglieder zu der von Clemeneeau beantragten Enquete-Kommission statt, welche neue Erhebungen über die wirthschastliche Lage, speziell in Pari», anstellen soll. Von den gewählten 44 Mitgliedern gehören 3b der ministeriellen Partei an, als welche die „republikanische Ver einigung- zu betrachten ist, während die Radikalen nebst der extremen Linken nur durch neun Mitglieder vertreten sind, die monarchistischen Fraktionen.aber wurden vollständig ausgeschlossen. Herr Ferry kann demnach Kien entschiedenen Sieg über die Koalition der radikalen Fraktionen und der Monarchisten, welche ihm in der WirthschaftS- frage Opposition machen wollte, verzeichnen. — Aus Tonkin sind neuerdings recht günstige Nachrichten eingetroffen. Admiral Courbet meldet, daß die Aufständischen in der Provinz Namdinh unter be deutendem Verlust ihrerseits vollständig zerstreut worden seien und daß zwischen den chinesischen Truppen und den Annamiten in Bacninh Uneinigkeit herrsche; die Beziehungen zum Hofe von Hue seien fort dauernd die besten. England. England stürzt sich jetzt Hals über Kops in kriege rische Vorkehrungen, um endlich den Siegeslauf der Mahdi zu hemmen, nachdem eS den Ereignissen im Sudan so lange mit unbe greiflichem Phlegma zugesehen hat. Bereits ist ein Kriegsschiff mit ca. 500 Mann Marine-Infanterie von Portsmouth abgegangen, welche dazu dienen sollen, die Besatzung des von den aufständischen Arabern zunächst bedrohten Suakim zu verstärken, weiter ist der Kommandant de- Mittelmeergeschwaders angewiesen worden, alle nur irgendwie disponiblen Mannschaften ebenfalls nach Suakim zu entsenden. Zwei Infanterieregiment» des Lagers von Aldershot haben Befehl erhalten, sich zur sofortigen Einschiffung bereit zu halten. Im Ganzen sollen die für Egypten bestimmten Verstärkungen 8000 Mann betragen. Die Mißstimmung, welche die egyptische Zauderpolitik Gladstone's in ganz England erregt hat und durch die Niederlage Baker'S Pascha nur noch verstärkt worden ist, findet ihren Ausdruck in einem Miß trauensvotum, welches die Konservativen diesen Dienstag gegen die Regierung im Unterhause einbringen wollen und eine ähnliche anti- ministerielle Kundgebung von Seiten der Opposition ist auch bereits für das Oberhaus angekündigt. Schweiz. In der Schweiz regt sich wieder die konservativ ultramontane Allianz. Dieselbe hat einen Aufruf erlaffen, in welchem sie auffordert, alle von der Bundesversammlung am 4. Dezember v. I. erlassenen Gesetze durch eine Volksabstimmung verwerfen zu lasten. Serbien. Die Regierung des Königs Milan hat bei den in voriger Woche stattgefuudenen Wahlen zur serbischen Skupschtina einen vollständigen Sieg davongetragen. Es wurden 108 regierungsfreund liche Abgeordnete und nur 14 radikale Abgeordnete sowie 6 Anhänger de» früheren Ministerpräsidenten Ristics gewählt. Egypten. Die sensationelle Nachricht von der Gefangennahme Gordon'S Pascha durch die Insurgenten scheint sich glücklicherweise nicht zu bestätigen. Indessen lauten die Mittheilungen über den Genannten noch sehr verschieden. Nach einer Version wurde Gordon bereits am 10. Februar in Berber, wohin er von Korosko aus sich durch die nubische Wüste auf den Weg gemacht hatte, erwartet, nach einer andern Meldung aber soll er nach Korosko am Nil zurück gekehrt sein. Es sind daher vorerst genauere Nachrichten abzuwarten. — Vom Sudan in KoroSko (am Nil) angekommrne Kaufleute melden, daß sie Gordon wohlauf, etwa vier Tagereisen von KoroSko, begeg neten. — Dem Admiral Hewitt ist die ausschließliche Bertheidigung von Suakim übertragen worden. Nachrichten aus Chemnitz und Umgegend. Chemnitz, den 11. Februar 1884. — Zur Gedächtnißfeier des Todestages Richard Wagner'S gelangt nächsten 13. Februar in unserem Stadttheater „Lohengrin* zur Aufführung. Der Bedeutung des TageS wird außerdem noch durch Vortrag eine» von Herrn Gewerbschullehrer Emil Walther gedichteten Prologs Rechnung getragen werden. — Stadttheater. Die am Sonnabend erfolgte zweite Auf ührung von Lortzing'S Oper: „Der Wildschütz" fand auch dies« mal eine freundliche Aufnahme. Der frisch und anmuthig dahin rauschende Melodienstrom, welcher in seinen ungekünstelten Motiven um so herzerwärmender wirkt, ist hierbei der wesentliche Theil. Das Libretto, frei nach Kotzebue bearbeitet, erscheint in seiner stofflichen Anordnung, welche der Wahrscheinlichkeit gegenüber »llzuviele Frage zeichen erfordert, weniger geeignet, dem Geschmacks der Jetztzeit Rech nung zu tragen. Bezüglich der einzelnen Partien der Oper ist wohl die deS BaculuS als Mittelpunkt und Träger des Ganzen zu be wachten und der Darsteller dieser Partie hat das Gelingen in seiner Hand Herr Schweckendiek war nun allerdings diejenige Kraft, welche ein solches Gelingen zu verbürgen im Stande ist. In diesem schätzbaren Künstler vereinigen sich alle Erfordernisse hierzu Gl nete Stimmmittel, wohlberechnete Verwendung derselben, Prächtige, mit drastisch-natürlichem Humor gewürzte Darstellungsgabe, welche noch durch allerlei wohlangebrachte schalkhafte Stegreif-Mätzchen erhöht wird, so wußte Herr Schweckendiek auch seinen BaculuS im „Wild schütz" bestens durchzuführen und dem Ganzen das erforderliche Lebenselement zu sichern. Frisch und anmuthig wirkte neben ihm auch Frl. Hellwig als Gleichen. Als selbstredend darf vorausge setzt werden, daß Frl. Mandern auch in Vertretung der Rolle „Baronin Freimann" gesanglich wie darstellerisch eine vorzügliche Leistung bot, während nicht minder Frl. Trousil dem weniger dankbaren Part der Gräfin Eberbach ein geeignetes Gepräge zu geben verstand und ihre Schwärmerei für die alten Griechen sowohl, als auch die berechtigte Eifersucht gegen den flatterhaften Gemahl verstäub nißvoll ausklingen ließ. In der Darstellung letztgenannter Partie, des Grafen Eberbach, war Herr Heck mit sichtlicher Hingabe und in gesanglicher Beziehung auch mit gutem Erfolge bemüht. Hervorragen des zu bieten. Das Letztere gelang auch Herrn Kellerer in der Wiedergabe des Baron Kronthal, während dessen Spiel hier und da den Ausdruck wärmerer HerzenStöne vermissen ließ. Dem Pankratius gab Herr Ziesen iß mit bekannter Routine wirksame Gestaltung. Anerkennend sei auch der Leitung des Herrn Kapellmeisters Winkel mann und der präzisen Haltung des Orchesters gedacht. Eine von Elfterem komponirte, durch Herrn Kellerer zum Vortrag gebrachte Einlage, „Scheiden und Meiden", fand lebhaften Beifall. — Thalia-Theater. Roderich Benedix'sprächtiges Lustspiel: „Die relegirten Studenten", welches am Freitag bereits im Stadttheater zur Aufführung gelangte, fand am Sonntag vor sehr gut besuchtem Hause in Thaliens Hallen günstigste Aufnahme. Wie sollte dies auch anders sein? Das Stück bietet so viele innige Beziehun gen zum wirklichen Leben, die Charaktere sind so naturwahr gezeich net, die Situationen und das in ihnen waltende komische Element so wirksam und zündend, daß Sinn und Gemüth des Zuschauers in gleicher Weise angenehme Anregung finden. Dazu kommt auch, daß derbem Stücke innewohnende moralische Kern diezu schätzende Anerkennung bekommt. Findet eine derartige dramatische Darbietung die fast durchweg aus gezeichnet zu nennende Wiedergabe, wie sie demselben von unserem als vorzüglich bekannten Lustspielpersonal zu Theil wurde, dann darf es erst recht nicht Wunder nehmen, wenn da» Publikum mit solch hoher Befriedigung das Theater verläßt, wie eS gestern der Fall war. — Morgen Dienstag den 12. Februar findet im Kasinosaale noch ein zweites Senkrah-Konzert vom Stadtmusikchor unter Leitung des Herrn Musikdirektor Scheel statt. Der Billetvorverkauf befindet sich auch diesmal in Klemm's Musikalien-Handlung. — Unserem in der Sonntagsnummer enthaltenen Referate über den III. DiSkussionSabend des hiesigen Handwerkerver- inS ist noch Folgendes nachzutragen: Am Schluffe seine» hochinter essanten BortragS betonte der Herr Redner, daß für den Handwerker Fachschulen von außerordentlicher Wichtigkeit wären und daß auch derartige Schulen bereits gute Erfolge erzielt hätten. — An diesen hochinteressanten Vortrag knüpfte sich eine lebhafte Debatte, welche zu verschiedemem Meinungsaustausch Gelegenheit gab; daß der Hand- werkerverein durch die Einführung dieser DiSkussionSabende Etwa» geschaffen hat, das gar nicht hoch genug geschätzt werden kann, wird gewiß Jeder gerne zugestehen, der einmal einem derartigen Abend beigewohnt hat. Leider ist es zu beklagen, daß diese Abende nicht zahlreicher besucht werden, obgleich doch der Handwerkerverein dm Zutritt Jedermann in der freundlichsten Weise gestattet. Mögen >aher in Zukunft Lchrherrn und Meister und Alle, welchen da» Wohl ihrer Söhne am Herzen liegt, den Besuch der BereinSabende nicht versäumen. — Die technische Deputation des Handwerkerver eins hält nächsten Freitag Abend im Saale des Vereinshauses für hre Mitglieder und deren Damen einen DereinSabend ab. Da diese Deputation, deren Streben nur im Arrangement von belehrendm Borträgen und Besprechungen sowie entsprechender Exkursionen in technische Anstalten und Etablissements besteht, seit einer langen Reihe von Jahren ein Vergnügen nicht geboten hat, so wird diese Abwechslung gewiß mit Freuden begrüßt werden. Neben einem ge- müthlichen gemeinschaftlichen Abendessen, für welches Herr Wirth Rejall bestens bemüht sein wird, ist sowohl für Tafelmusik und Ge sang, als auch für Humor gesorgt, in letzter Hinsicht durch einen Vortrag des Herrn Professor Langarm über die sämmtlichen Erfin dungen der Technik vom 1. bis zum 20. Jahrhundert. — Hierauf folgt ein Tänzchen. w.— Der deutsche Privatbeamten-Verein hielt am Sonntag Vormittag im Mosellasaal eine sehr zahlreich besuchte Ver sammlung ab. Nach Eröffnung derselben durch den Vorsitzenden deS Zweigvereins zu Chemnitz Herrn vr. E. Zimmer, welcher den Versammelten für ihr zahlreiches Erscheinen den Dank des Verein- aussprach, erhielt das Wort zum Referate über die Bestrebungen des Vereins Herr A. Ballcwski, Vorsitzender des deutschen Privat- beamten-Vereins zu Magdeburg. Redner klagte darüber, daß der Beamtenstand sich bezüglich der Gründung von Unterstützungskaffen habe überholen lassen. Leider habe aber gerade der Beamtenstand eine Unterstützung am nothwendjgsten, denn nicht selten komme es vor, daß der Privat-Beamte durch andauernde Krankheit erwerbsun fähig sei und ohne genügende Existenzmittel sich und seine Familie in die größte Noth versetzt sehe. Um diese Gefahr zu beseitigen, habe sich der deutsche Privatbeamten-Verein konstituirt, der seine Ausgabe durch folgende Hauptpunkte zu lösen hoffe: 1. hat der Verein eine eigene Pensionskaffe errichtet und will nebenbei noch Lebens- und Begräbnißgeld - Versicherungen vermitteln, 2. ist es die Absicht des Vereins, einen Fond zu gründen, um unverschuldet stellen los gewordene oder durch Krankheit heimgesuchte Mitglieder unter- tützen und für dieselben vorschußweise die Versicherungsprämien zahlen zu können. Um die disponibeln Mittel nicht in Gefahr zu bringen, hat der Verein von der Gründung einer eigenen LebenSversicherungS- Anstalt abgesehen und ist auch in seinen Versprechungen den Mit gliedern gegenüber äußerst vorsichtig gewesen, von dem Grundsätze ausgehend, daß es bester ist, wenig zu versprechen und möglichst viel zu leisten. Die Privatbeamten - Pensivnskafse soll den Unterschied zwischen Staats- und Privatstellung ausgleichen und den Privatbe amten im Falle einer frühzeitigen Invalidität vor Noth schützen und nach Ablauf des 6s.' Lebensjahres dem Alter einen ruhigen Lebens abend bereiten. Je früher nun Jemand dieser Peysionskaffe beitrete, desto höher müsse die dereinstige Pension für ihn ausfallen, da die von der Generalversammlung auf Grund des Gutachtens eines sach kundigen Mathematikers festgesetzte Pcnsionsquote mit der Zahl der Mitgliedsjahre und der etwa eingekauftcn Quotenzahl die Höhe der erworbenen Pension bestimmt. Um ein Beispiel anzuführen, bemerkt der Vortragende, wenn Jemand 30 Jahre Mitglied der Kaffe sei und drei Quoten für sich eingekauft habe, so würde, wenn die General versammlung die JahreSquote auf 10 Mk. festsetze, die Pension Brandstifters Dore. Eine hessische Dorsgeschichte von E. Mentzel. ' (Fortsetzung.) Da, wo der Weg nach seinem Heimathsorte Bergheim abbog, hatte der Mappenkasper kaum ein paar Minuten mit dem Heiner gestanden und das sichtliche Steigen des Wassers beobachtet, als der Grenzbauer kie Begegnung unt der Dore hatte. Es war keine Schadenfreude, die er, wie der Knecht, während derselben empfand, eS war auch kein Staunen über die hartherzige Art des reichen Bauern und den herzfesten Stolz der armen Dirne, welches sich seiner bemächtigte; ein tiefes Gefühl des Mitleids kam über ihn, und er dachte darüber nach, wie eS Wohl dem lieben Herrgott zu Muth sein müffe, wenn er sähe, daß ihm die trotzigen eigenmächtigen Menschen so gar jämmerlich in sein Amt pfuschen und mit kecklichem Thun die zarten Keimlein vernichten wollten, die er doch selbst von Lieb', Glück und Treu' in verwandte Herzen eingcsäet habe. Er sprach dies auch leise dem Heiner gegenüber aus und bückte sich mit diesem fast ängstlich hinter da- Gebüsch, damit sie weder von dem Ba§», noch von der Dore bemerkt werden konnten. „So wirst Du noch Manches auf Deinen vielen Gäng' mitanschau'n und nach her tief in Dich hinein verscharren müssen!- sagte der Mappenkaspec, als der Grenzbauer die Höhe hinaufgeschritten und an seiner Chaise angekommen war. — „Glaub'S wohl!- gab der Hein» zurück. „Werd's auch allzeit machen wie Ihr und fremde heilige Sach' nimmer für was Gespräch- liches') halten. Er trat einige Schritte hinter dem Buschwerk her vor, um die den Hügel hinabschreitende Dore bester sehen zu können, dann blickte er den Kasper bittend an und fügte noch hinzu: „Thät' Ihr mir's wohl zu Gefallen, Vetter, und gingt die paar Schritt wieder seitwärts mit mir die Höh' 'nunter?) — Am Kanzelst«« muß sie vorbei kommen, ich möcht' doch gar zu gern einmal ihr Antlitz erschau'«- — „Hab Dir viel zu viel Rühmen» davon gemacht, als daß ich jetzo, wo Du einen Blick in ihre herzhafte Art 'than hast, Deinem Wunsch zuwider sein könnt!- — Der MappenkaSper bog nach diesen Worten in einen zwischen jungen Tannen hinführenden Pfad ein und hob dann wieder an: „Laß un» aber fein behutsam gehn, damit sie durch unseren Tritt nit erschreckt und gar kundig wird, daß wir zum Lauschen gezwun- gen war'«. — Die Dore ist ein kreuzbrav, aber verschüchtert', herz verschnürt Wesen, dem man zum Brast um die Große! und zum bittem Liebe-leid nit noch ein schamvoll Gefühl aufbürden darf!- — VH. Gerade als die Beiden schnell zwischen den Tannen hinab und auf einem buschigen Vorsprung der Höhe über der tiefer liegenden Landstraße zuschritte», stieg der Grenzbauer, nachdem er sich die Hellen Schweißtropfen von der Stirn gewischt, zu seiner Frau in die Chaise ein. Als er den Schlag kaum hinter sich zugeworfen hatte, sagte diese mit bebender Stimme. „Mann, das sind böse Zeichen! — Laß uns noch jetzt wieder umkehren, ein paar Thal» schließen unter'm Gesind' alle Mäuler schnell zu.- „Sakramcntl- gab Höf» zornig zurück, „nun geschieht'- erst recht nit und wenn mir der Deuwel^) selbst noch (ii den Weg kommt Ich Han mein Kopf d'rauf gesetzt und dabei bleibt'?! — Basta!- — Die Bäuerin schwieg, sie wußte, daß keine Menschenmacht den Willen ihres Mannes umstimmen konnte, wenn er mit solchem Trotz aus demselben bestand ES kam auf der ganzen Fahrt keine Silbe mehr über ihre Lippen, aber sie dachte desto mehr. Besonders be schäftigte sie sich viel mit der Dore, deren letztes Wort: „Mein gut Große! könnt das ja noch im Tod an mir hasten!- ihr schwer au die Seele gefallen war. Was mochte die Dirne ein Recht zu so seltsamem Ausspruch, zu solchem Verhalten geben und warum wies sie, die doch blutarm war und ihre Großmutter kaum bestatten lasten konnte, ein so bedeutendes Geldgeschenk mit trotzigem Stolz von sich? — Sie fand keine Antwort auf diese Fragen, obgleich sie sich flüchtig an die Liebschaft ihres Schwagers mit der schönen Annagreth er innerte. Der Hansjörg war nach ihr» Ansicht ein Bruder Lüder lich gewesen, er hatte die Dirne ohne fremden Einspruch verlassen und durch seinen frühen Tod klar bezeugt, daß er dem Trunk mehr anhing wie seinem armen Schatz. — Die Familie, welche freilich einst eine Verwandtschaft wie die Schisserdore nicht willkommen heißen konnte, traf also keine Schuld. Der offenbar aufgecrbte Haß der Dore mußte demnach einer andern Quelle entspringen, welche sie schon entdecken wollte und wenn sie selbst — was sie nie für möglich ge halten — die verpönte Schwelle eines von allen bessern Leuten im Kirchspiel gemiedenen HauseS überschreiten sollte. Als diese Gedanken durch ihren Kopf gingen und der letzte Ent schluß in ihr fest wurde, mochte die Grenzbäuerin Wohl mit recht ernster Miene vor sich hin geblickt haben, denn der Alte stieß sie Plötzlich an und sagte barsch: „Es ist endlich Zeit, dem Griesgram Valet zu geben und wieder ein manierlich Gesicht auszusetzen!-) Bei dieser Aufforderung fuhr sie heftig zusammen und bemerkte erst jetzt, vaß sie bereits aus dem Tannenwalde heraus gefahren und schon an dem Punkt angelangt waren, von welchem man den Kloster grund mit den auf einer Erdwelle gelegenen Ruinen der verfallenen Benediktiner-Abtei uvd dem einsam gelegenen Gehöfte ganz über schauen konnte. Friedlich, vom Morgensonnenschein überstrahlt, lag dasselbe am Fuße einer bewaldeten Anhöhe. Es war ein idyllisches Bild, zu welchem die furchtbaren Kämpfe wenig paßten, welche ein armes, um seine höchsten Hoffnungen betrogenes Menschenkind gerade jetzt unter seinem Dache bestehen mußte. ^ UnterhaltungSgegenstanb. Hinunter. H Teufel. Eine freundliche Miene anzunehmen. Lenetraud, die schöne Dorskokette, hatte wieder mit einem Herzen gespielt und den jungen Lehrer aus dem nahen Wambach so weit gebracht, daß er eben mit frohem Muth als Frei» zu ihrem Vater gekommen war, um sich von dem stolzen Bauer und ihr selbst eine schnöde Abweisung zu holen. Aus kluger Berechnung hatte sie den Dorsschulmeister an sich gefesselt; denn da sich Alles gleich im Kirch spiel herumsprach, gedachte sie sich dadurch dem reichen Hanjust vom Grenzhofe recht begehrlich und ihre Wahl scheinbar von aufrichtiger Neigung abhängig zu machen. Dies gefährliche, schon in ihrem heimlichen, nunmehr wieder ge lösten Verhältnisse mit dem Unterförster getriebene Spiel sollte dies mal jedoch für die blonde Lenetraud verhängnißvoll werden. Der junge Lehrer war in Verzweiflung, er ließ sich nicht so leicht abwei sen und überhäufte sie mit leidenschaftlichen heftigen Borwürfen. Zu dieser peinlichen Szene kam nun der Grenzbauer und seine Frau, welche man im Klosterhofe heute durch das Hochwasser glück licherweise vom Kommen zurückgehalten glaubte. Es folgte nun eine Stunde der Verwirrung, wie sie die beiden Angrkowmencn in ihrem ganzen Leben noch nicht durchgemacht hatten. Als dem jungen Lehrer der Grund ihres heutigen Besuchs klar geworden war, begann er im Beisein des Klosterbauern und der schönen Dorskokette die beiden Eltern mit ergreifender Beredsamkeit vor einer Werbung zu warnen, deren Folgen ihrem Sohn niemals ein dauerndes Glück bringen könne. Er berührte auch die Geschichte mit dem Waldschützen, die er bis heute für eine müsst'ge Fabel ge halten, aber jetzt in ihrer ganzen Wahrheit durchschaut hatte und ließ sich nicht einschüchtern, als der wie gelähmt aus seinem Stuhl sitzende Klosterbauer die Drohung aussprach, ihn wie einen Wahnwitzigen knebeln und inS nächste Narrenhaus bringen zu lasten. Obgleich auch die Lenetraud manch' kühnen Ausspruch zu ihrer Vertheidiguna wagte, so war doch die Freier« für Höf» eine voll ständig abgethane Sache. Er gedachte der am zweiten Pfingsttage getroffenen Vereinbarung mit keinem Worte und wär gerne ohne weitere Umstände sofort mit seiner Frau wieder abgefahren, wenn sich nicht die tiefschwarzen Wolkenschichten am Himmel plötzlich unter Blitz und Donner mit einer ungeheuren Wucht entladen hätten. Während der Dauer einer halben Stunde schwoll der nahe a« Gehöfte vorbeifließende Klosterbach hoch an, die Wiesen verwandelten sich in einen See, das kleine Waldwaffer wuchs zur tobenden Fluth. An ein Abfahren konnte in den nächsten Stunden nicht gedacht werden; denn die Landstraße war überschwemmt und der Fahrweg üb.r die Höhe grundlos geworden. Als nun der Regen in Strömen herniedergoß, erlitt der Grenz bauer für seinen Starrsinn innerlich die heftigsten Folterqualen. Unbeweglich, wie ein Steinbild, saß er am Fenster und ließ sich weder in ein Gespräch mit seinem alten Jugendfreunde, noch mit seiner Frau ein Diese konnte sich äußerlich weniger Gewalt anthun als ihr Mann. Die Todesangst um den Hanjust, das Peinliche ihr» jetzigen Lage versetzten sie in einen fiebernden Zustand und ließen sie mehrmals in ein Kampfhaftes Weinen auSbrechen. (Fortsetzung folgt.)
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