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Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 22.07.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-07-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512382794-188407220
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512382794-18840722
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512382794-18840722
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote
-
Jahr
1884
-
Monat
1884-07
- Tag 1884-07-22
-
Monat
1884-07
-
Jahr
1884
- Titel
- Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 22.07.1884
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.. LtzQr^.-^'.«iS «hemNitzer ««zeiger «ud «t»dtt»te. Rr. 1V0. Dienstag, 22. Juli 1884. Seite 2. M/ M Ml ei», große Anzahl von SehmSwürdigkeit« eingekoff«. Unter de» bemerkenSwettheren nennen wir znerst die anatomische AuS- stellung von I. Winkler. Diese« Museum, welche» die Inschrift de» Tempel« zu Delphi, .Mensch, erkenne dich selbst", zum Motto Tempel« zu Delphi, hat, ist wirklich sehenSwerth und aufgestellten Präparate find durch ihre Naturtreue außerordentlich belehrend. Unter den Präparaten besonder« diejenigen der Zahn-, Augen« und Ohrerkrankungen, Ivane oiejenigen für die Entwickelung de« Menschen da» lebhafteste M M'r ..!« aller Besucher. An einer ln 50 Theile zerlegbaren Figur .Ein anatomischer Herkules" wurden die Funktionen der einzelnen menschlichen Glieder erläutert. Der Besuch dieser Ausstellung kann allen erwachsenen Personen nur empfohlen werden. Nach dem erstge« nannten wird Friedrich Heidemann S mechanische- Panop« tikum dem Besucher unseres Jahrmarkts da» meiste Interesse abzu- gewinnen vermögen. Die plastischen Darstellungen sind von einer außergewöhnlichen Schönheit und Harmonie, so daß da» Auge im Einzelnen wie im Gesäumten befriedigt wird. Die Gruppen, wie die Darstellung de, Schlacht bei Eßlingen, die schlafende Schönheit im Wald«, belauscht von Amor, das Märchen vom Storch, de» Schusterjungen SonntagSfreude re. find als Meisterwerke zu betrachten. Ein, Schauder ergreift den Besucher beim Anblick der leben», großen eleganten Figur de» MädchenmörderS Hugo Schenk, der neuesten Errungenschaft des Museum». HeidemannS Panoptikum dürfte sich Während de» hiesigen Jahrmarkt» sicher noch eine» außerordentlichen Besuche« zu ersten«, haben. Neben unserm großen, liebenswürdigen Zauberkünstler, Herrn Mellini, besten Vorstellungen selbstverständlich Während de» Jahrmarktes vom Publikum ganz außerordentlich besucht find, ist noch ein anderer Zauberer, Herr Mellichini, zum Jahr markt« anwesend. Die bei letzterem vorgeführten Produktionen au hem Drahtseil, die PiLcen deS Jongleur» und der von Hm. Mellichin selbst gezeigte Kopf deS Jbykn«, der fogar raucht, finden den Beifall der Zuschauer. Die Amerik. Ausstellung von Johann Paty und der Salon der Zwergfamilie Künzel, sowie überhaupt stmmtliche zur Ausstellung gelangten Seltenheiten, unter denen die Rieseudamen, der Schrecken de» Orinoko, da» kabinet .Klein, aber Fetal" «. s. w. wie gewöhnlich vertreten sind, erstellten sich am -estrigen Sonntag ebenfalls eine» sehr regen Besuchs. Die KarroustelS mW Schaukeln waren gestern hauptsächlich von der jüngeren Generation stequeptixt. Daß auch in den Restaurationen sich eine stärkere Frequenz wie gewöhnlich bemerkbar machte, ist leicht erklärlich, umsomehr, als < ja auch zu diesem Jahrmärkte die allbekannten Jahrmarktsgäste, wie Singspielgesellschaften, Nachahmer von Thierstimmen u. s. w, in bei mch« überreicher Anzahl wieder eingetroffen sind. Hoffentlich hält die gegenwärtig eingetretene Witterung, die sich im Laufe des gestrigen Tage» aufllärte, an, so daß alle JahrmarktSbesucher, Käufer wie Verkäufer, sich mit voller Befriedigung über den Geschäftsgang auSzu- sprecheu vermögen. R. — Im JahrmarktSgewühle zeigte eS sich gestern wieder ein- mal, wie sehr «S sich empfiehlt, Regenschirme in der richtigen Weise zu tragen, d. h. dieselben nicht wagerecht unter den Arm zu nehmen und sie hierdurch in eine gefährliche Stoß- und Stichwaffe zu ver wandeln. Infolge dieser, gelinde gesagt, Rücksichtslosigkeit gegen die übrigen Straßenpaflanten war eS mitunter äußerst schwer, unbeschädigt durch da» Gewühl hindurchzukommen und die das Gesicht bezw. die Augen bedrohenden Stöße zu parsten. Ja, ein daherkommender Mann war sogar so liebenswürdig und aufmerksam gegen seine Mitmenschen, daß er mitten im Gedränge, als e» zu regnen begann, seinen Schirm in aller BemüthSruhe ausspannte und damit eine Dame förmlich ins Gesicht schlug. Mso immer und immer wieder: Regenschirme und Stöcke nicht unter den Arm, sondern hübsch, wie es sich gehört, in dl« Hand! —6. In dem argen Gedränge, welche» gestern Nachmittag vor de« Schaubuden auf dem Neustädter Markte herrschte und welches mitunter so arg wurde, daß der Einzelne wie eingekeilt dastand und sich weder nach vorwärts noch nach rückwärts bewegen konnte, zog ein junger Mensch unkluger Weise sein Portemonnaie auS der Tasche, höchstwahrscheinlich um den zum Eintritt in eine Schaubude nöthigen Eintrittspreis zu entnehmen. Hierbei erhielt er jedoch plötzlich einen gewaltigen Stoß, infolgedessen die verschiedenen, das Vermögen deS Betreffenden auSmachenden Nickel- und Silbermünzen dem Geldtäsch chen entfielen und von der .vielbeinigen" Menge unbarmherzig in den Schmutz getreten wurden. Der Berlustträger tonnte bei seinem „Eingekeiltsein" nur einen höchst unbedeutenden Theil seines Schatze» retten und wird für die Zukunft die gute Lehre mit hinweggenommen haben, in so argem Gedränge niemals da» Portemonnaie au» der Tasche zu ziehen. —K— Von den in einer Bude aus dem Neustädter Markt aus- gelegten Fischwaaren eignete sich ein kleiner Langfinger einen Fisch an und suchte mit demselben eiligst da» Weite. Der Händler, auf de» Diebstahl aufmerksam gemacht, packte einen andern, vor der Bude stehenden Jungen und schüttelte denselben in der Meinung, den Dieb vor sich zu haben, gehörig ab. Als ihm nun plausibel gemacht worden war, daß er den Unrichtigen erwischt hätte, gab er dem infolge des gehabt« Schrecken« Weinend« einen großen Fisch und sagte ihm, er solle nun rasch dem klein« Dieb Nachlauf« und demselben die Prügel übermitteln, die er soeben empfang« habe'; somit glich sich der Keine Zwischenfall, welcher den Unwillen der umstehenden Menge erregt hatte, zur Zufriedenheit der Betheiligten aus. —o. In den späteren Abendstunden vergangenen Sonntags hatte ein junger Mann da» Malheur, auf dem vom Regen schlüpfrig ge wordenen Trottoir am Schillerplatze auSzugleitm und .zu fallen" Aber sein „Fall" war insofern rin ganz .besonderer", als der Be- dauernSwerthe in die bi» knapp an das Trottoir heranreichenden Topf-, Asch-, Schüssel- und Teller-Pyramiden zu liegen kam und hierbei natürlich nicht verhindern konnte, daß er eine kleine Ver wüstung unter Töpfers Kinde« anrichtete. Als Beweis seiner Nie derlage aber trug der junge Mann außer einigen Schnittwunden an der rechten Hand auch noch nicht ganz unbedenkliche Defekte an Zylinder und Ueb erzieh« davon. Die Mahnung also, in dortiger .topfreicher" Gegend alle Vorsicht auf sich selbst anzuwenden, dürfte daher gewiß am Platze sein. 8.— Zu einer der auf dem Neustädter Markte gelegentlich deS Jahrmarktes aufgestellten Elektrisirmaschinen traten gestern auch einige junge Burschen, um die Wirkung de» elektrischen Stromes auch ein mal zu probst«. Der Eine von ihnen, welcher vorgab, an Zahnweh zu leiden, und auf die Heilkraft der Maschine großes Gewicht legte, hatte ein Taschentuch fest in der Hand, in welchem sich allem An scheine nach ein lebendes Wesen befinden mochte. Diese» Tuch legte er auch während der Prozedur de» ElektrisirenS nicht au» der Hand Bl« der Betreffende nunmehr seinen Betrag hierfür entrichtet hatte und weitergehen wollte, sah er vorsichtig nach dem Inhalte seine» Tuche», doch, o Schreck, der in demselben befindliche Kanarienvogel war — todt, und zwar wahrscheinlich infolge des elektrischen Schlages, der auch ihn getroffen hatte und dem das zarte Thierchen nicht ge- wachsen gewesen war. —pt'. In der Nacht vom Sonnabend zum Sonntag bemerkte ein etwas verspätet nach Hause zurückkehrender in der Färberstraße wohn hafter Ehemann zu seinem nicht geringen Schrecken, daß er den Hau» schlüffel nicht mitgenommen hatte und sah sich daher veranlaßt, so lange den Namen seiner schöneren Hälfte zu «fen, bis diese endlich schlaftrunken das Fenster öffnete. Als sie den begehrten Schlüffel soeben hinabspediren wollte, ries ihr der Herr Gemahl die Warnung zu, die vor dem Hause anläßlich de» Marktes aufgestapelten Topf- waaren zu bedenken. Doch, — schon war das Unabänderliche ge schehen, der Schlüffel sauste durch die Luft und mitten in die Topf, waaren hinein, welche ihren Unwillen über diese nächtliche Ruhestörung durch ein bedenkliches Klirren zu erkennen gaben. „Siste Miene!" rief der Ehemann ärgerlich und begann sodann rasch die Suche nach dem Schlüffel, um sich hierauf eiligst zu entfemen und sich so etwai gen weiteren Eventualitäten zu entziehen. 8—, Am vergangenen Sonnabend rutschte auf der Zwickauerstraße beim Abladen von Frachtgütern einem Arbeiter ein Faß mit Back- Werk auS den Händen und schlug dergestalt auf das Pflaster auf, daß eS zersprang und einiges Backwerk herausfiel, welches für die Kinder ein willkommener Fund war. Der Empfänger des FaffeS verlangte nunmehr Ersatz vom Fuhrmann und wollte daher dem Arbeiter den Lohn nicht auszahlen; eS kam zum Streit, welcher je doch infolge vernünftiger Darlegung eines Dritten, noch gütlich bei gelegt wurde. —k. In der gestrigen zweiten Nachtstunde fanden Paffanten, die um jene Zeit wahrscheinlich in der Nähe .beschäftigt" gewesen waren, auf der Zwickauerstraße einen — neuen Topf mittlerer Größe, mutterseelenallein auf dem Trottoir stehen und dürste die Ber- muthung nahe liegen, daß derselbe sich verlaufen hatte. Höchstwahr- cheinlich zum Jahrmarkt nach hier gekommen, hatte derselbe — zweifel los vom Neustädter Markt weg — einen kleinen Spaziergang unter nommen, war vermuthlich zu weit gerathen und dann nicht im Stande gewesen, den Rückweg wieder zu finden, weil er .als Fremder" ch etwas schwer hatte verständlich mach« können, wenn sein Idiom überhaupt verstanden worden war. Da der Topf indeß heute früh cht mehr an der beregten Stelle vorgefunden worden ist, so ist dennoch anzunehmen, daß der .Vergangene" den Rückweg zu seinem Stamme auf dem Neustädter Markte gefunden Hab« wird. d— Unter den Kindern eine» tschechischen Ehepaare», welches, m Begriffe auSzuwandem, hier durchreist«, um eine Tochter, die auf einem Bau arbeitete, mit nach Amerika zu nehmen, befand sich auch ein reizender, etwa 2 Jahre alter Knabe. Hier wohnende kin derlose Leute waren von dem Kleinen so entzückt, daß sie sich erboten, denselben an Kindesstatt anzunehmen und den Eltern hierfür — 50 Thaler zu zahlen. Die Mutter de» Kindes war damit auch Vater durchaus nicht zu beweg«, seine Einwilligung zu geben, nnd" auch noch dann, al» die Leute da» Gebot bedeutend erhöht«. Schließlich zankten sich die Eltern in tschechischer Mundart, doch blieb der Mann auf seinem Entschlüsse beharren. chließlich zufrieden, in der Hoffnung, daß es dem Kleinen dann recht gut gehen würde. Sonderbarer Weise war aber in diesem Falle der Sächfifch-s. — Ein deutsches nationales Fest, da» Vllk. deutsch« Bunde »schießen, hat mit dem 19. Juli seinen Anfang in Leipzigs Mauern genommen. Von allen Seilen und in unabsehbaren Zügm sind die Theilnehmer an dem friedlichen Wettkampfe in der prächtig geschmückten Feststadt eingetroffen, von der Bevölkerung mit Herzlichkeit empfangen. Vom Baierlande, aus Schwaben, von d« Ufern des Rheins, von den grünen Bergen de» Thüringerlandes, vom Nord- und Ostseestrande, von der sandigen Mark, von dm Schweizer- und Tirolerbergen, kurz, aus allen Richtungen der Wind, rose sind die Schützen in Sachsens Handels-Emporium zusammenge strömt, um sich hier wieder einmal die Bruderhand zu reichen, nach dem dies das letzte Mal vor vier Jahren in der Metropole am Jsarstrande geschehen. In diesen Tagen müssen alle Betrachtungen, ob eS noch an der Zeit sei, derartige nationale Feste zu feie«,, schweigen, diese Tage, sie gehören nur dem geselligen Zusammensein der Tausende, die aus allen deutschen Gauen in der freundlichen Lindenstadt zusammengekommen sind, und ihrem fröhlichen Wettkampfe mit dem Stutzen und Gewehre, und die Anstrengungen, welche Leip zigs Bewohner gemacht haben, ihren Gästen die Tage de» Feste» so angenehm wie möglich zu gestalten, werden hoffentlich mit dazu bei tragen, den Theilnehmern am VIII. deutschen Bunderschießen nur das Gefühl froher Erinnerungen wieder in die Heimath mit zurück nehmen zu lasten. — Am Mittwoch Abend hat in Niederlichtenau der plötz lich aufgetretene Sturmwind eine schöne Zierde genannten Dorfe» arg' geschädigt. Die aus zwei gewaltigen Theil« bestehende hohe Linde neben der Schäferei, unter der die Wagen mit Heu und Getreide oft vor dem Regen Schus fanden und die gegenwärtig umschwärmt war von einer unzählbaren Menge von Bienen, ist zur Hälft«-niederge- worfen worden. Dabei hat der Pachter der Pfarrwiesen, Reichest aus Ehemnitz, einen nicht unbedeutenden Schaden erlitten, da sein unter der Linde stehender Wagen vollständig zertrümmert worden ist. Aber ein größere» Unglück ist noch gnädig abgewendet worden. Der gräfliche Waldwärter Röber, Vorstand des Militärvereins, der in Angelegenheit der nächsten Sonntag stattfindenden Fahnenweihe mit einigen Freunden zu verhandeln hatte, wäre beinahe erschlagen wor den. Durch den plötzlichen Krach deS losgeriffenen Baumes aufge-' schreckt, hat er noch durch eilige Flucht einen kleinen Borsprung von einigen Schritten von dem fallenden Baume erreichen können. — Wie das Turnen bis ins hohe Alter frisch erhält, veran schaulichte am Sonntag ein beinahe VOjähriger Schieferdeckermeister, aus Stollberg gelegentlich deS in Gablenz an genanntem Tage abgehaltenen Turnfestes des Gaue» Chemnitzer Umgebung. Der alte« Turner produzirte sich auf dem Dach eines 3stückigen Hauses, indem er an dem Blitzableiter zweimal die Fahne ausführte. Nach diesem noch den Vollbesitz der ManneSkraft zeigenden Kunststücke stellte der treue Jünger JahnS sich auf das äußerste Giebelende des HauseS und rief den Turnern ein .Gut Heil" zu. — Vom Schwurgerichte Freib erg wurde vorige Woche der vormalige dortige Stadtsteuereinnahmeexpedient Claußnitzer weg« in 393 Fäll« begangener Unterschlagungen im Amte mit 3'/, Jahr« Gefängniß und 5 Jahr« Ehrenrechtsverlust bestraft. Dem Ange klagten waren mildernde Umstände zugebilligt worden, weil er von Gläubigern hart bedrängt, vom eigenen jetzt nicht mehr unter dm Lebenden weilenden Vater beständig um Geld angegangen und von seinem Vorgesetzten, dem Stadtfieuereinnehmer S., der, wie seiner Zeit gemeldet, sich deswegen entleibte» ungenügend kontrollirt wor den war. Vermischtes. — Die Feier des französischen Nationalfestes kostet der Stadt Paris nahe an 700,000 Francs. Diese Summe vertheilt ich wie folgt: Armenunterstützung in Pari» und im Departement 120,000 Fr., Erleuchtung der städtischen und Departementsgebäude 108,OM Fr., Zuschuß zu den unentgeltlichen Vorstellungen 15,OM Fr., Zuschuß an die Polizei-Präfektur für Ausschmückung ihrer Gebäude 15,000 Fr., Feste im Zirku» und Hippodrom für die Jung« der Schülerbataillone 19,OM Fr., Ausschmückung des Platze» der Re publik 34,650 Fr., des BastillenplatzeS, der Place de la Nation und des Trocadero 32000 Fr., Zuschuß an die Festkomitees der ver schiedenen Arrondissement» 40,340 Fr, offizielles Fest 136,OM Fr.» Feuerwerk 5l,0M Fr. rc. — ES kamen mehrere Unglücksfälle vor. — AuS Baiern wird der .Frkf. Ztg." geschrieben: Mehrere Blätter bringen auS einer, angeblich von einem bairischen Bezirksamt erlassenen, die Cholera betreffend« Bekanntmachung folgend« kaum Im Jrrenhause. Roman von Ewald August König. (Fortsetzung.) (Nachdruck verboten.) Doktor Janin nahm zwei bereits gefüllte Arzneiflasch« aus dem Schranke und stellte sie auf den Tisch, dann schloß er das Schränk ch« sehr vorsichtig wieder zu. .Für den alten Werner wird auch nicht mehr gezahlt", sagte er mit gedämpfter Stimme, „und entlassen darf ich ihn nicht, er hat mir Rache geschworen, und e» ist mir klar geworden, daß er den Schwur erfüllen wird, sobald er eine Gelegenheit dazu findet." .Auch er soll sterben?" fragte Tom entsetzt. „Sterben?" wiederholte der Doktor spöttisch. „Der Arzt ver sucht alle Mittel, seinen Patienten die Gesundheit wiederzugeben; wmn ihm da» nicht gelingt, so kann man ihm keine Schuld auf- dürden. Ich würde meine Pflicht vernachlässigen, wenn ich meine Kunst nicht an meinen Patienten erprobte; die Verantwortung für die Folgen übernehme ich. Du wirst diese Arznei den Beiden — .verschonen Sie mich damit!" sagte Tom barsch. „Du willst nicht?" „Nein. Den Mord mögen Sie allein auf sich nehmen!" Jäh blitzte e» in den Augen Janin'S auf, er machte eine Be wegung, al» ob er sich auf den Wärter stürzen wolle, aber noch ein mal bezwang er sein« Groll. „ES ist dabei nichts weiter zu beobachten, als daß den Patienten dreimal täglich ein Eßlöffel voll in da» Getränk, welche» sie erhalten, gegossen wird", sagte er. „Sollte die Kur nicht den gewünschten Er folg haben, so werden die Kranken an einer Lungenlähmung sanft hinüberschlummern." „Wenn dieses Hinüberschlummern so sehr in Ihren Wünschen liegt, so übernehmen Sie eS, den Patienten da» Gift zu geben", erwiederte Tom, und in dem Blick, den er dabei de« kleinen Henn zuschleuderte, spiegelte sich eine Fülle von Abscheu und Verachtung. „Ich will mein Gewissen von solcher Schuld rein halt«. Ein Wuthschrei entfuhr den Lippen des Doktor». „Erbärmliche Kreatur!" rief er. „Feiger Berrätherl Die Früchte möchtest Du emten, aber an der Aussaat willst Du Dich nicht be theilig«! Du hast mir stet» «tgegengewirkt, Du — —" .Wenn ml Du hast nur stet» entgegengewlM, Lu Weshalb «reifem Sie sich so sehr?" fiel Tom ihm inS Wort, l, Sie die beiden Patient« beseitigen wollen, so thu« Sie «S selbst; daß ich Ihn« dabei keine hilfreiche Hand leist« will, können Sie mir nicht übel nehmen. Ein Jeder hat darüber seine eigenen Ansichten ; ich kann Ihnen nur wiederhol«, daß ich entschlossen bin, Sie auf der Bahn des Verbrechens nicht weiter zu begleiten Was ortan in diesem Hause geschieht, dafür mögen Sie allein die Ver antwortung übernehmen, ich kümmere mich nicht mehr darum." „Du kündigst mir den Gehorsam?" fuhr der hagere Herr in maßloser Wuth auf. „Keineswegs! Die Pflichten meine» Amte- werde ich erfüllen." „Gegen mein Interesse!" „Im Interesse der Menschlichkeit." „Damit ist genug gesagt!" schrie Doktor Janin, der sich nicht mehr bezwingen konnte. „Hinaus, Schuft!" Tom hatte sich erhoben; in drohender Haltung stand er dem Doktor gegenüber, der vor Wuth zitterte. „Wenn Sie mich aus Ihrer Anstalt entfernen wollen, so müssen Sie Gewalt anwenden," sagte er, „freiwillig gehe ich nicht, es sei denn, daß Sie mir die Summe auszahlen, die Eie mir versprochen haben, eine Summe, welche hinreicht, mir eine sorgenfreie Zukunft zu sichern." „Fällt mir nicht ein!" „So lange Ihnen da» nicht einfällt, bleibe ich!" erwiederte Tom, und ohne eine Antwort abzuwarten, verließ er da» Kabinet. Ueber die Folgen dieser heftigen Szene mit seinem Vorgesetzten hegte er durchaus keine Besorgnisse; er hatte schon sehr oft mit dem jähzornigen, rasch aufbrausenden Manne solche Austritte gehabt, und eS waren keine weiteren Folgen daraus «Island«. Freilich verkannte er auch nicht, daß dieser Szene, m der Doktor Janin erkannt hatte, wie sein Vertrauen mißbraucht worden war, der Bruch folgen konnte; aber er selbst war ja zun» Bruch entschlossen, er suchte nur noch einen Weg, auf dem derselbe ohne Gefahr für ihn selbst ermöglicht werden konnte. UeberdieS wollte er bei dem Bruch so viel gewinnen, daß er, wie er selbst sagte, nach so langen Jahren der Arbeit das Leben genießen konnte, und dazu bot sich ihm jetzt die Möglichkeit. Aber er mußte dabei außerordentlich vorsichtig zu Werke geh«; denn die Veröffentlichung der Geheimnisse dieser Anstalt konnte auch ihn ins Zuchthau« bring«. Er trat in die Zelle des alten ManneS, den kurz vorher der Doctor besucht hatte. „Sie find au» der Rolle gefallen", sagte er rauh. „Sie haben sich selbst und mich dazu verrathen." „Sagen Sie mir nur eins," bat der alte Mann in fieberhafte* Erregung, „er sprach von meinem Sohne; — wo ist er? was ist geschehen? Geb« Sie mir Gewißheit!" Tom hatte hinter sich die Thüre geschloffen, er warf einen forschenden Blick durch das vergitterte Fensterchen und wandte sich dann wieder zu dem Patienten „Wissen Sie, daß Sie ein« Sohn haben?" fragte er „Nein, nein! wie kann ich e» wissen? An jenem Tage, an welchem ich in diese» Hau» gelockt wurde, um eS nicht wieder zu verlassen, hatte ich noch keine Ahnung davon." Der Wärter warf abermals einen scheu« Blick auf die Thür und horchte, aber kein Geräusch ließ sich draußen vernehmen. „Sie wissen, daß ich Ihnen gegenüber stets menschlich gehan delt habe", sagte er. „Sie können das nicht leugnen. Wenn ich die Befehle auSgeführt hätte, die mir Janin in Bezug auf Sie gegeben hat, so lägen Sie längst unter dem Rasen oder Sie wären irrsinnig, wie es in diesem Hause so Mancher geworden ist. Und Sie wissen auch, weshalb ich menschlich war, ich habe eS Ihnen oft genug ge- sagt. Ich wollte mir in Ihnen ein« glaubwürdigen Zeugen sichern für den Fall, wmn Janin seine mir gegebenen Versprechungen nicht erfüllte." „Und daneben hofften Sie auf eine reiche Belohnung," warf der alte Mann ein. „Auch da»; weshalb soll ich eS leugnen? Ich habe schon seit Jahren darüber nachgedacht, wie ich es anfangm sollte, Ihnen die Freiheit und mir den Lohn zu verschaffen, ich fand keinen geeigneten Weg. Sie machten mir allerdings glänzende Versprechungen, aber welchen Werth hatten sie für mich? Sie selbst besitz« nicht», Jahre konnten darüber hingehen, bis e» Ihnen gelungen war, Ihrem Vetter das erschlichene Erbe zu entreißen, und was konnte in diesem Zeit räume nicht Vorfall«? Sie konnten sterben; «S war auch möglich, daß Sie in diese Anstalt zurückgebracht wurden, kurz, ich sah für meine Person keine Möglichkeit, die Summe zu erhalten, die ich Hab« mußte, wenn ich nach Amerika auswandern wollte. Und diese Aus wanderung, das werden Sie einsehen und begreifen, ist eine Noth- wendigkeit, ehe hier Alle» zusammenbricht. Wenn ich mich auch damit rechtfettigen wollte, ich sei nur ein Diener Janin'S, so ist doch Man che» hier vorgefallen, wa» ich dem Gericht hätte anzeigen müssen, und der Doktor wird mich, wenn ein Prozeß gegen ihn angestrengt wird, gewiß nicht schonen. Verstehen Sie da» alle»?* (Fortsetzung folgt.)
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