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Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 21.06.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-06-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512382794-188406212
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512382794-18840621
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512382794-18840621
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote
-
Jahr
1884
-
Monat
1884-06
- Tag 1884-06-21
-
Monat
1884-06
-
Jahr
1884
- Titel
- Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 21.06.1884
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Chemnitz«« Mnzeiger «nb Stadtbote. Nr. 148. Sonnabend, 21. Juni 1884. Gelte 2. der Antrag Barth auf Hlnzufügung eines Absatzes, durch welchen da» Deckungsverfahren tingeführt werden soll, in namentlicher Ab> stinimung mit 166 gegen 76 Stimmen. Für den Antrag stimmten die Freisinnigen, die BolkSpartei, die Sozialdemokraten und von den Nationalliberalen die Abgg- Schneider und Weber. Schließlich wurde 8 10 unverändert gegen die Deutschfreifinnigen, die Volkspartei und die Sozialdemokraten angenommen. — Weiterhin wurden auch 8 11, welcher von der Ermittelung der Versicherungspflichtigen Be- mebe, 88 12—1< welche von der freiwilligen Bildung der BerufS genossenschasten, 8 -b, der von der Bildung der BerufSgenossenschasten durch den Bundesrath, die 88 16 und 17, welche vom Statut der BerufSgenossenschasten Handel«, ohne Debatte angenommen. 8 handelt von dev Bildung des Reservefonds und lautet in der von der Kommission vorgrschläarnen Fassung: Die Berufsgeuoffenschaften haben «inen Reservefonds anzusmnmeln. An Zuschlägen zur Bildung derselben sind bei der erstmaligen Umlegung der LutschädigunaSbetrSge dreihundert Prozent, bei der zweiten zweihundert, bei der dritten elnhundertundsünszig, bei der vier.«» einhundert, bei der sünsien achtzig, beider sechsten sechzig und von da an bis zur elften Umlegung jedes mal zehn Prozent weniger als Zuschlag zu den Entschädigungsbeträgen zu erheben- Die Zinsen de- Reservefonds sind dem letzteren so lange zuzuschlagen, bis dieser den doppelten JahreSbedars erreicht hat- Ist das letztere der Fall, j» können die Zinsen insoweit, als der Bestand deS Reservefonds den laufen- den doppelten JahreSbedars übersteigt, zur Deckung der Genoffenschaftslasten verwendet werden In dringenden Fällen kann die Genossenschaft mit Ge nehmigung des ReichS-BersicherungSamteS schon vorher die Zinsen und erfor- derlichenfallS auch den Kapitalbestan» des Reservefonds angreisen. Die lviederergänzung erfolgt alsdann nach näherer Anordnung des ReichS-Ver- pcherung-amte». Hierzu beantragen die Abgg. vr. Buhl, Oechelhäuser, vr. Böttcher, vr. Marquards en, folgende zweite Alinea hin- . zuzufügen: Auf Antrag des GenoffeuschastSvorfiandSamtS kann die Genossenschafts- Versammlung jederzeit weitere Zuschläge zum Reservefonds beschließen, sowie bestimmen, daß derselbe über den doppelten JahreSbedars erhSht werde, und zwar bedürfen derartige Beschlüsse der Genehmigung des Reichs-Versicherung» «nie». Bei der Abstimmung wurde dieser Antrag und mit demselben 8 18 angenommen. Dasselbe ist mit den 88 19 bis inkl. 40 der . Fall, und zwar 19—30 ohne Debatte, während zu 8 31. der von der Abänderung des Bestandes der BerufSgenossenschaften, welche mit dem Beginn emeS neuen Rechnungsjahres unter bestimmten Voraus setzungen zuläsfig sein soll, sowie zu 8 33, welcher die Auflösung der BerufSgenossenschasten auf Antrag bei Reichs-Versicherungsamtes durch den BundeSrath zulassen will, verschiedene unwesentliche Anträge gestellt wurden, die jedoch keine Berücksichtigung fanden. — In der Budgetkommission des Reichstags berieth «an am Mittwoch Abend über die ihr überwiesene Vorlage, betr. die Subvention der Dampferlinien nach Ostasten und Australien, wobei, wie die „Nat.-Ztg." hört, vorgeschlagen wurde, den Entwurf nach vier Richtungen hin einer Erörterung zu unterwerfen: nach der finanziellen, maritimen, postalischen und kommerziellen Seite hin. Auf Anregung de» Sbg. Richter (Hagen) theilte Staatssekretär v. Burchard so dann den Abschluß der Rechnung des ReichshauShaltS-EtatS pro 1883/84 mit, nach welchem sich gegen den Voranschlag ein Defizit von 1,860,000 Mark ergiebt, hauptsächlich infolge deS Ausfalles bei der. Rübensteuer, welcher 6,700,000 Mark beträgt. Auch die Tabak steuer zeigt eine Mindereinnahme von 6,000,000 Mark, welche die Einzelstaaten weniger erhalten. Der Abg. Richter wies darauf nach, daß infolge dieser Zahlen das Ergebniß für da» Jahr 1884/85 sich für die Einzrlstaaten um 22 Millionen ungünstiger Herausstellen Würde al» im Vorjahre. Die Fortsetzung der Debatte wurde bis Montag vertagt. — UebrigenS find die Aussichten deS Zustande kommens der DampfersubventiouS-Vorlage für diese Session äußerst gering. Die Schuld hierfür trifft vorzugsweise das Zentrum, welche» ersichtlich bemüht ist, in der Kommission die Verhandlungen zu ver schleppen, um sich nicht der Möglichkeit auSzusetzen, im Plenum gegen da» Gesetz zu stimmen. Der Vorsitzende der Budgetkommisston hat den Abg. Meier (Bremen) zum Referenten und den Abg. Barth zum Korreferenten über die eingelaufenen Petitionen bezüglich der Frage bestellt, welche von Seiten der betheiligteu Industriellen bereit- recht zahlreich eingegangen sind.ä — Die „Nordd. Allgem. Ztg." dementirt nochmals die vom »Berl Tgbl." gebrachten sensationellen Mittheilungen über ein auf den Kaiser angeblich geplantes Dynamit-Verbrechen, indem sie sagt: »Wir können übrigens auf das Bestimmteste versichern, daß namentlich alle in diesem Artikel enthaltenen Mittheilungen, welche sich auf die Allerhöchste Person und deren Entschließungen beziehen, vollkommen au» der Lust gegriffen sind." DaS »Berl. Tgbl." erwiedert in der gestrigen Abendnummer hierauf : „Wer offiziöse Dementis zu lesen versteht, wird nun wissen, daß die vorliegende Erklärung sich lediglich gegen die Hereinziehung der Person Er. Majestät in diese Afsaire richtet, während die von uns veröffentlichten Einzelheiten über die Altentatspläne nicht beanstandet werden. Dies wird auch rückhaltSloS bestätigt von der in Bremen erscheinenden „Weser-Zeitung", welche gestern noch, und zwar auf Grund der ihr von der dortigen Polizei behörde ertheilten Auskunft, in der Reihe der Dementirenden stand, und uns heute in nachstehend reproduzirter Notiz volle Genugthuung giebt: Bremen, 18. Juni. In der Angelegenheit deS „geplanten Attentats auf den Kaiser" haben wir sowohl das negative Resultat unserer hiesigen Erkundigungen wie da- Dementi der „Nordd. Allg. Ztg." mitgetheilt. In zwischen erfahren wir doch von zuverlässiger Seite, daß vor vier Wochen, als der Dampfer „Neckar" von New-Fork ankam, hier und in Bremerhaven ein Kommissar und ein Wachtmeister der politischen Polizei aus Berlin mehrere Tage anwesend waren und eifrig auf ein mit jenem Dampfer er wartetes Frauenzimmer und dessen Gepäck fahndeten. Der Polizei mer und in Bremerhaven scheint das nicht bekannt geworden zu sein. Die Nach forschung soll jedoch nur ein negatives Resultat ergeben haben, die in Elber feld verhaftete Person vielmehr tn Holland gelandet sein, und zwar mit einem Dampfer, der gleichzeitig mit dem „Neckar" New-Uork verlassen hat. Die Nachricht deS „Berl. Tgbl." scheint demnach doch nicht auS der Luft gegriffen zu sein. Unser Gewährsmann, der uns übrigens auch andeutete, daß die bezüg liche Ueberwachung und Verhaftung von Berliner Beamten bewirkt worden sei, hat als» nur darin geirrt, daß er die Entschließung unseres Kaisers, in diesem Jahre nicht nach Wiesbaden zu gehen, auf die Attentats-Affaire zurück- gesührt hat. Und diesen Jrrthum wollen wir gern konstatiren." Oesterreich-Ungarn. Die Wahlen zum ungarischen Reichs tage erreichen am kommenden Sonntag ihr Ende. Trotzdem läßt sich schon jetzt ein ziemlich erschöpfende» Tableau der Wahlergebnisse Herstellen; denn bis Mittwoch Abend waren 392 Wahlen bekannt und die noch ausstehenden 22 Wahlen können da» Gesammtresultat nicht mehr wesentlich alteriren. Von 392 Abgeordneten gehören 224 der liberalen Partei an und in die übrigen 168 Mandate theilen sich die gemäßigten Oppositionellen, die Radikalen, die Anti semiten, die Nationalisten und die „Wilden". Das Ministerium TiSza wird sich also auch im neuen Reichstage auf eine sichere Ma- jorität stützen können und angesichts der terroristischen Agitation, welche die Gegner der Regierung, zumal Radikale und Antisemiten, entfalteten, kann Herr Tisza mit diesem Resultate vollauf zufrieden sein. Dennoch haben aber die Wahlen gezeigt, daß die liberale Partei in Ungarn keiner großen Expansion mehr fähig ist, während namentlich die Antisemiten, diese rührigsten Gegner Tiszas und seines System», entschieden bedeutenden Zuwachs erfahren haben und beides eröffnet der Regierung de» Herr TiSza trotz ihres Wahlsieges keine allzugünstigen Aussichten. Belgien. Der klerikale Wahlsieg in Belgien äußert sich, ab gesehen von dem KabinetSwechsel, jetzt auch in weiteren Zugeständnissen an die siegreiche klerikale Partei seiten» des Königs. Die Gouver neure von Luxemburg und der Provinz Hennegau, die Anhänger der liberalen Sache sind, haben ihre Demission eingereicht und laut Kgl. Dekret- ist der Senat aufgelöst worden, zu dem die Neuwahlen am 8. Juli c. stattfinden Unter dem Einflüsse deS KabinetS Malou wird sich bei den Neuwahlen wahrscheinlich auch die liberale Majo rität deS belgischen Senats in eine klerikal gesinnte verwandeln. Die Kammern sind auf den 22. Juli einberufen. Rußland. Die Ausbreitung deS Nihilismus in der russischen Armee soll eine Kommission untersuchen, die demnächst zusammenbe rufen werden wird. Diese Absicht ist als ein neuer Beweis für die überaus große Ausdehnung der nihilistischen Ideen innerhalb des russischen Heere- anzusehen. Auch die neuerdings zahlreichen Verhaf- tungen von Offizieren sprechen hierfür. Ob unter solchen Umständen die Kommission viel nützen wird, ist sehr fraglich. Weit mehr Er- folg verspricht man sich von den militärischen Reformen, die anläß lich der Großjährigkeit-erklärung deS Thronfolgers begonnen wurden. Durch sie wird mit dem hundertjährigen, durchaus veralteten Avance- mentSsystem gebrochen, Wonach die Kapitaine nur innerhalb de» Re gimentes, dem sie angehörten, avanciren konnten, während jetzt ganz Rußland in 3 Rayon» eingetheilt ist, innerhalb deren das Aufrücken nur nach der Anziennität stattfindet. Eine fernere, vielleicht noch wichtigere Maßregel ist die Gleichstellung der Offiziere der Linie mit denen der Garde in Bezug auf Gehalt und Pensionen. Wenn etwas geeignet erscheint, den Fortschritten revolutionärer Ideen in dem Heere Einhalt zu thun, so ist es die mit diesen Maßregeln im Zu- sammenhang stehende Aufbesserung der materiellen Lage der Offiziere. ein blutiges Handgemenge, in welchem eine Person getödtet und mehrere verwundet wurden. — Von der Pforte liegt eine immerhin bemerkenswerthe Kund gebung über die egyptische Frage vor. Sie hat eine Zirkularnote an die Mächte gerichtet, in welcher sie darauf hinweist, daß die An wesenheit der englischen Truppen in Egypten nicht mehr nothwendig sei, da die Ordnung wieder hergestellt sei. Sollten die Großmächte aber trotzdem den Verbleib einer fremden Militärmacht in Egypten für nöthig erachten, so wolle die Türkei dieselbe stellen, event. in Verbindung mit Frankreich, England, Spanien und Italien. Oft-Afien. In Angelegenheit des an der unter nieder ländischer Oberhoheit stehenden Insel Sumatra gestrandeten eng lischen Dampfers „Nisero" wird der „Pol. Korr." au» Siugapore geschrieben: „Die Afsaire de» an der Westküste von Atschin gescheiterten englischen Dampfers „Nisero" erhält die hiesige Bevölkerung in fort währender Spannung, da der Rajah von Tenom, welcher die Be mannung de» genannten Dampfers gefangen hält und nur gegm ein hohes Löscgeld freigeben will, trotz der versuchten Vermittlung Hol land» und Englands hartnäckig bei seiner Forderung beharrt und außerdem noch als Preis seine vollständige Unabhängigkeit von Holland und einen Hafen an der Westküste von Sumatra innerhalb deS Ge biete« von Tenom beansprucht. Unter der gefangen gehaltenen Be mannung des Dampfers befindet sich auch ein deutscher, ein schwe discher und ein italienischer Staatsangehöriger, letzterer soll in der Gefangenschaft gestorben sein. Am 1. Mai ging die englische Kor vette „Pegasus" nach Tenom ab, um der Bemannung des „Nisero" frische Lebensrnittel, an denen dieselbe Mangel leiden soll, zu über bringen." Nachrichten au- Chemnitz «nv Umgegend. Skandinavien. Vom schwedischen Königshofe wird ein freudiges Familien-Ereigniß gemeldet. Kronprinzeß Viktoria ist, wie schon gestern telegraphisch mitgetheilt, von einem Sohne entbunden worden und da die Kronprinzessin bekanntlich die Tochter deS Groß- Herzogs von Baden und somit die Enkelin deS deutschen Kaiser» ist, so wird dieses Ereigniß auch an den Höfen von Karlsruhe und Berlin frohe Theilnahme Hervorrufen. Balkanhalbinsel. Mitten während de» noch nicht beendigten bulgarisch-serbischen Konfliktes haben in Bulgarien die Neuwahlen zur Skupschtina stattgesunden. Bisher wurden 45 Liberale (Regier ungspartei) 1l Konservative, 20 Radikale, 22 Türken und 50 Ab geordnete gewählt, deren Parteirichtung noch gar nicht bekannt ist. Der Wahlakt war an vielen Orten von ernsten Ruhestörungen begleite«, in Wratza und Widdin konnte er wegen der erbitterten Haltung der Parteien nicht einmal beendigt werden. In Wratza entstand sogar Der spanische Mantel. Historische Erzählung von Jenny Hirsch. (Fortsetzung.) Nachdruck verboten. Der König, der die Sache anfänglich halb und halb wie einen für da» Tabakskollegium zu verwendeten Scherz betrachtet hatte, tvard, je mehr er hörte, immer finsterer und zorniger. Endlich sprang er auf und schlug mit der Hand auf den Tisch, daß die Bierkrüge tanzten. „Geht es so zu in nnsern Landen!" schrie er. „Verfährt so ein Mann, der Ordnung schaffen und Recht sprechen soll? Bringt fahrende« Volk in die Stadt, treibt Spuk und Unfug, macht sich aus seine alten Tage zum Schalksnarren und malträtirt ein armes Weib, weil'» ein Erbstück von der Großmutter in Ehren hält; macht meine Gesetz«, die ich zum Nutzen und Frommen des Landes gegeben habe, zu einer Geißel, mit der er sein Müthchen kühlt! Warte!" Er schüttelte die Hand so drohend, als stünde der Uebelthäter leibhaft vor ihm und fuhr dann wieder auf den alten Koch ein: „Wehe Dir, wenn Du gelogen hast!" Wieder versicherte Koch, daß er die lautere Wahrheit geredet, der Fürst von Dessau, der sich unter den Gästen in Wusterhausen befand, rief aber: „Nehmen Ew. Majestät den Kerl da doch mit «ach Berlin sammt seinem spanischen Mantel und lasset den schurkischen Amtmann aufheben und auch dahm bringen, dann wird man ja klar sehen, wie die Sache sich eigentlich verhält." „Der Vorschlag Ew. Liebden ist gut," versetzte der König zu stimmend, Koch wurde abgeführt und die Unterhaltung wandte sich anderen Dingen zu. Am anderen Tage brach der König nach Berlin auf, in seinem Gefolge waren der alte Koch und dessen Sohn. Gleichzeitig war an den Amtmann in Zossen der Befehl ergangen, sich unverzüglich nach der Hauptstadt zu begeben und auch Frau Koch ward dahin beschieden. Die arme Frau hatte Todesangst um ihren Mann ausgestanden und nicht ander» geglaubt, er habe in seiner Verzweiflung über die ihm angethane Schmach die schwere Sünde auf sich geladen und seinem Leben ein Ende gemacht. Der Amtmann hatte sich einge- dischlossen gehalten, während er dem Manne den spanischen Mantel —-liegen ließ und ihn verurtheilte, einen halben Tag damit auf dem fe umherzugehen. Chemnitz, den 20. Juni 1884. — Eine allgemeine Kirchenkollekte zum Zwecke der Erbauung einer evangelischen Kirche in Jerusalem ist von unserem evangelisch lutherischen Landeskonsistorium unter Genehmigung der in Lvanxsliei» beauftragten Herren Staatsminister für Sonntag den 17. August ausgeschrieben worden. Bis jetzt hält die deutsche Gemeinde in Je rusalem ihren Gottesdienst in der auf Zion gelegenen englischen ChristuSkirche ab, doch steht dieselbe ihnen nur alle 14 Tage in der heißesten Jahreszeit zur Verfügung. In Preußen sind bereit» 372,011.67 Ma^ gesammelt worden. — Herrn Predigtamtskandidaten und Gymnafial-Oberlehrer WeiSflog in Chemnitz ist seitens de» Landeskonsistoriums wegen einer von demselben für den hier bestehenden Kandidatenverein im Jahre 1882 gelieferten Predigt, welche dem Herrn Verfasser die Zensur I eingetragen hat, eine Prämie von 90 Mark zuerkannt worden. —t. Seit einigen Tagen treibt sich in der Stadt ein Mann herum, der namentlich in Gasthöfen sich Zimmer miethet, um am anderen Morgen unter Mitnahme von Wäsche und Betten, und natür lich ohne die Zeche zu berichtigen, zu verschwinden Die Polizei fahndet bereit» nach ihm. Der Manu ist zirka 38—40 Jahre alt, trägt kurz geschorenen, schwarzen Bart und geht ziemlich anständig gekleidet. Da derselbe diese- Manöver jedenfalls auch bei Privaten auSzuführen ge denkt, so ist immerhin Vorsicht beim Vermiethen möblirter Zimmer angezeigt. — Herr Hermann Seidel, früher Kasernenstraße 8» hat neuerding» da» an der Feldstraße Nr. 1 belegene Restaurant käuflich erworben und den Anforderungen der Neuzeit entsprechend neu Her richten lassen. Mit demselben ist gleichzeitig ein Theater-. und Ge sellschaftssaal verbunden, welcher sich zur Benutzung bei Veranstaltung von Bällen oder sonstigen Gesellschaft-Vergnügen vortrefflich eignet. Da Küche und Keller gleich vorzüglich zu nennen sind, und überdies auch für aufmerksamste Bedienung gesorgt ist, so ist dem strebsamen Besitzer deS Restaurants stets ein recht zahlreicher Besuch zu wünsche». — Am Mittwoch, den 2. Juli, wird der erste auf dem Schüffner'schen Grundstück an der Schloßstraße befindliche öffentliche Kinder-Spielplatz vom Verein für Errichtung öffentlicher Spielplätze seiner Bestimmung übergeben werden. — Die hiesige Naturwissenschaftliche Gesellschaft (II. Sektion) wird bei günstiger Witterung nächsten Sonntag eine Exkursion nach Mittweida und Neudörschen unternehmen. — Nächsten Dienstag, den 24. Juni, hält der Sächs.-Thür. BezirkSverein im Deutschen Fleischerverbande in Themnitz einen Bezirkstag ab, an welchem jeder selbständige Fleischer theilzunehmen berechtigt ist. — Der nächsten Sonntag in Annaberg abzuhaltende Sänger- tag de» erzgebirgischen Sängerbundes dürfte jedenfalls zahlreich be sucht werden; denn am Festzuge betheiligen sich 10 Vereine au» Annaberg, 1 aus Altendorf, 1 aus Bernsdorf bei Chemnitz und 1 au» Bernsdors bei Lichtenstein, 1 aus Burgstädt, 18 au» Chemnitz, Die Leute hatten zuerst gegafft uud gekichert, dann hatten sie da» Schauspiel satt bekommen, Koch hatte ihnen auch wohl leid gethan und so mochte eS geschehen sein, daß er sich unbeachtet hatte au» einem Seitenpförtchen drücken können. Ob ihm nicht einer oder der andere von den Hofleuten dabei Vorschub geleistet, blieb unaufgeklärt, Thatsache war nur, daß die zu seiner Ergreifung ausgesandten Knechte mit der Meldung zurückkehrten, sie hätten weder vom alten Koch noch vom spanischen Mantel irgendwo eine Spur zu entdecken ver mocht. Die Vermuthungen de» Amtmanns über den Verbleib deS Verwalters mochten mit denen der jammernden Frau zusammen treffe«. Ob er sich dadurch abhalten ließ, an ihr die angedrohte Pranger- firaf« vollziehen zu lassen oder ob es ihm damit so ernstlich nicht gewesen war, muß ebenso dahingestellt bleiben, jedenfalls hatte Frau Koch sie noch nicht erlitten, als die Ladung nach Berlin kam, welche Lagemann mit den schwärzesten Befürchtungen erfüllte, während Frau Koch zwischen Bangen und Hoffen schwebte. Der König hatte eine Kommission eingesetzt, welche die Unter suchung führte und von der ihm nach jeder Sitzung Bericht erstattet werden mußte. Kein Wunder, daß die Sache ein sehr beschleunigtes Tempo erhielt. Nach Verlauf einer Woche war die Unschuld de alten Koch und die Schuld des Amtmann- sonnenklar bewiesen. Der König selbst hatte sich Vorbehalten, ihm die Strafe zu diktiren. VIII. Ein grauer, naßkalter Novembermorgen lag über Berlin und Kölln an der Spree. Der Nebel rieselte fein, fast unmerklich und doch bi» ins Mark erkältend herab; wer vermöge seines Stande- da» Recht besaß, einen Mantel zu tragen, der wickelte sich gewiß fester hinein, wer einen Gang über die Straße zu machen hatte, der beschleunigte seine Schritte, um bald wieder ins warme Zimmer zu kommen. Trotz de» unfreundlichen Wetters und obgleich der KöniginBerlinwar, und trotzdem Jeder, der nicht absolut mußte, zu solchen Zeiten sich nicht auf den Straßen und besonders nicht auf dem Schloßplatze sehen ließ, ging cs an diesem Morgen gerade dort außergewöhnlich lebhaft zu. Die Kaufleutc, welche unter der Stechbahn ihre Maaren feil boten, erfreuten sich eines besonderen Zuspruches, ja selbst der Wvchen- gottesdienst in der zwischen der Breiten- und der Brüderstraße be> legenen alten Domkirche schien eine größere Schaar Andächtige herbei- gezogen zu haben, als dies im gewöhnlichen Laufe der Dinge der Fall war. Man ging auf dem Schloßplatze hi» und her, man sprach, winkte, deutete bald nach dem Schlosse, bald in die Richtung, wo der Thurm der Marienkirche zum Vorschein kam, hin und wieder zog auch ein Herr auS der Tasche seiner langschößigen Weste eine plump gearbeitete Uhr hervor und belehrte seine fragend zu ihm aufblickende Begleiterin, wie weit e» noch bis zehn Uhr sei. Obgleich da» Zeitungswesen in Berlin noch kaum in der Kindheit lag und es ein öffentliches Leben daselbst nicht gab, hatte sich doch durch die ganze Stadt die Mär verbreitet, der König habe einen Amtmann, der sich gröblich vergangen, verurtheilt, den spanischen Mantel, der sonst nur Hofdienern zuerkann« wurde, hier auf dem Schloßplatze heute drei Stunden lang vor aller Welt zu tragen Die Berliner unter der Regierung Friedrich Wilhelms I. ließen sich ebensowenig ein seltsames Schauspiel entgehen, wie die der heutigen Zeit und so hatte sich denn schon vor der zum Beginn der Exekution angesetzten Stunde ein zahlreiches Publikum eingefunden. Endlich schlug die Glocke de- Domes die zehnte Stunde und fast in demselben Augenblick kam von der Brücke her zwischen zwei Bütteln, die ihm in seiner Herberge in der Spandauerstraße den entehrenden Schmuck angelegt hatten und ihn durch die Königstraße nach dem Schloßplatze führten, der unglückliche Lagemann, über de« der König den grausamen aber gerechten UrtheilSspruch gefällt. Er trug den spanischen Mantel, di« Füße, die darunter hervor sahen, waren aber mit Schuhen und weißen Strümpfen bekleidet. Auf dem gepuderten, hinten zu einem Zopf zusammengeschlagenen Haar saß der dreieckige Hut, die aus dem hölzernen Mantel hervor sehenden Arme waren mit Aermeln von blauem Tuche mit großen, bei den Ellbogen anfangenden Aufschlägen bekleidet, auS welchen sehr feine, weiße, mit Kanten verzierte Manschetten blickten. Die mit Ringen geschmückte Hand hielt einen Stock mit goldenem Knopfe. Alle diese Einzelheiten waren vom König vorgeschrieben worden, Friedrich Wilhelm wollte auch durch Kleidung kennzeichnen, daß e» ein Mann vornehmen Standes sei, der auf sein Gebot gestraft wurd^ ganz in der Weise, wie er gesündigt hatte, und er überzeugte sich durch einen Blick aus dem Fenster seines Schlosses auf den Delin quenten, daß seine Befehle pünktlich ausgeführt waren. (Schluß folgt )
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