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Adorfer Grenzbotg Amtsblatt für den Stadtrat zu Adorf. Fernsprecher Nr. 14. Verantwortlicher Schriftleiter, Drucker und Verleger: Otto Meyer in Adorf. Tel.-Adr. Grenzbole. 39. N? Dienstag, den 17. Febrnar ZEO Postscheck-Konto Leipzig 87369 Hahrg. A5. Kontrolle der Erwerbslosen Dienstag nachmittag 2 Uhr in -er Sckulturnhalle. Der Stadtrat. Stadt. Freibank. Dienstag, den 17. dr. Mts., vormittag 8—9 Uhr Rindsleischverkauf nur an diejenigen Haushaliungen, die bei dem letzten Verlaus nicht beliesert werden konnten. Adorf, den 16. Februar 1920. Der Stadtrat. Deutsche Kriegsnnterstntznng Dienstag, den 17. Februar 1920, vormittags 11—12 Uhr Ndvis, drn 16. Februar 1920. Der Stadtrat. Wir mach n hierdurch daraus aufmerksam, daß die Frist zur Bezahlung des «. Termras Staats- und städtischer Grundsteuer bereits abgelauseu ist und tn den nächsten Tagen die Mahnzettel zum Austrag gelangen. Adorf i. V., am 15. Februar 1920. Der Stadtrat. Holzabgabe — soweit Vorrat reicht Dienstag, den 17. Februar, nachm. von 2—3 Uhr im Lebensmittel amt, erstens an Kriegsbeschädigte mit über 50 Proz. Rente und unter 400V Mark Einkommen mit eigenem Haushalt, zweitens an Kriegerwitwen mit 2 und mehr Kindern. Ein Meter Rollholz kostet 21 Mark, ein Meter Asthol, kostet 15 Mark. Die Anweisttug der Hölzer erfolgt Mittwoch früh 8 Uhr von Herms» grünerweg — Tanntgthügel — aus. Die übrigen Kriegerwilwen und Kriegsbeschädigten werden später bedacht. , Adorf, den 16. Februar 1920. Stöbt. Lebensmittelamt. Die für die hiesigen Kuhhaller bestimmte Kleie wird am Dienstag, den 17. d!s. Mts., von nachm. 2—5 Uhr in der städtischen Verkaufsstelle — Riedelsches Haus — ausgegcben. Das Pfund kostet 22 Psg, Säcke oder sonstige Gefäße sind mitzubfingen. Adorf, den 16. Febr. 1920. Städt. Lebensmittelamt. Dienstag, den 17. -ss. Mts, Mm NM IM MMW nur an Haushaltungen, die überhaupt keine Kohlen mehr haben, gegen Kohlenmarken. Bezugsscheine: im städt Lebenrmittelamt. Kohlen: am Güterbahnhof. Adorf, den 16. Februar 1920. Städt. Lebensmittelamt. Frankreichs neues Oberhaupt. Mit dem 17. Februar endet die Amtstätigkeit des tivauzülischen Kriegspräsidenten Raymond Poincare, und Irin Nachfolger Paul Deschanel, der am 13. Februar »4 Jahre alt geworden ist, tritt an die Spitze dec fran«- hösischen Republik. Er ist äußerlich der Typus des »leganten Franzosen, was ihm den Scherznamen des »schönen" Paul eingebracht hat, als Politiker aber, abgesehen von seirrvr Tätigkeit als Präsident dec De- Luttertenkammer, die er mit Geschick und überlegener Kühe geleitet hat, weniger hervorgetreten. Im we sentlichen ist er» bisher ein Mann der Repräsentation gewesen, der der in Frankreich herrschenden nationa rtstisch-chauvinistischen Strömung gefolgt ist. Er ist ein Ausgesprochener Gegner Deutschlands, ohne aber bis her Gelegenheit gehabt zu haben, seinen Standpunkt praktisch zu betonen. Clemenceau war der unversöhu- Wiche Hasser, von dem scheidenden Präsidenten Poin- «are ist soeben noch bekairnt geworden, daß er Frank reichs Grenzen bis an den Rhein hat verschieben wvl- Den. Was der neue Präsident im Sinne führt, kann «erst die Zukunft lehren. Für diese bevorstehende Erfahrungen wird sehr tvesentlich ins Gewicht fallen, ob das neue französi- kche Staatsoberhaupt im Nahmen seiner bisherigen, we sentlich repräsentativen Stellung seines Stintes walten, oder ob er die bedeutende Vergrößerung seiner Rechte «rieben wird, die Clemenceau' plante, weil er selbst »um Präsidenten gewählt zu werden erwartete. Danach sollte das französische Staatsoberhaupt vor allem die Befugnis erhalten, die Minister berufen und entlassen Hu können, ohne an das Votum der zrammer gebunden Ku sein. Der heutige Ministerpräsident Millerand ist plr diese Erweiterung der Rechte des Präsidenten. Wehält ihn also Deschanel, so kann man annehmen, daß der letztere sich eine Aktion vorgenommen hat, vei der auch das Deutsche Reich nicht gut davon kvm- tnen würde. Freilich gibt auch ein baldiger Rücktritt Ustillerands für das Umsichgreifen einer milderen Auf- lassnng in Paris keine Gewähr. Von der Festigkeit Des neuen Präsidenten wird cs jedenfalls abhängen, vb die Sehnsucht ehrgeiziger Abgeordneter nach einem Wlinisterposten, die sich lange Zeit bescheiden müssen, »bieder häufigere parlamentarische und ministerielle Kri- -en Hervorrufen wird. Damit würde auch der Chanvinis- krus wachsen, und dieser arbeitet stets nur auf Kosten Deutschlands. Daß die französisch-englischen Beziehungen sich «Mter dem neuen Präsidenten bedenklich trüben kvnn- 4en, ist nicht arrzunchmen, aber es ist die Frage, ob Lich alle Meinungsverschiedenheiten, die unzweifelhaft bestehen, so glatt erledigen lassen werden, wie es zu klemenceaus Zeiten geschehen ist. England will nach -en Zubußen der langen KriegSjahrc wieder verdienen vnd will darin nicht durch Älufwallungcn des heißen ^anzSsischen Blutes gehindert sein. Daß Deutschland Hm nicht mehr politisch und militärisch schaden kann, tveiß England, seine Bemühungen laufen darauf hin aus, auch einen neuen industriellen Wettbewerb der Deutschen aus dem Weltmarkt auszuschalten. Ist es auch darüber beruhigt, zeigt es uns wohl einige Kulanz. Wenn Präsident Deschanel sich darin Großbritannien auschlösse, könnte man erwarten, auch weiter zu gelan gen. Biel wird dafür darauf ankommen, wie sich Frank reich im Innern gestaltet. Auf Rosen gebettet wird vor der Hand keine Negierung fein, trotz aller großen Worte. Die französischen Sympathien für die Engländer uls Volk sind keineswegs enthusiastisch, und die Besten haben die Franzosen auch nicht in ihr Herz geschlos sen. Aber geradezu enttäuscht ist man in Paris von den Amerikanern, deren kühles Rechnen der Franzose nicht versteht. Die nordamerikanische Union sollte in militärischer Beziehung Rußland 'für Frankreich er setzen und zugleich es aus dem finanziellen Tebacle, in dem es sich befindet, Herauszishan. Beide Erwartmd» gen haben enttäuscht. Die Amerikaner wollen kein französisches militärisches Bündnis und sie mahnen ihre europäischen Freunde sehr ungeniert um pünktliche Zin- senzahlung für die gemachten Vorschüsse. Ob Präsi dent Deschanel hierin etwas ändern kann, mutz sich zeigen. Wir werden iw den nächsten Tagen tönende Worte aus Paris hören, aber Worte sind Schall, der verklingt. Es kommt darauf an, was den Reden folgt, die bis zur Weichsel, bis zur Themse und bis zum Tiber widerklingen werden. Mm. Prozeß Erzberger-Helfferich. Erzbergers Lvrengstoffgeschäfie. — Berlin, 13. Februar 1920. Zn der heutigen Sitzung des Erzberger-Prozesse» wurde der „Fall Kowastsch" angeschnitten. Es han delt sich dabei um ein Verfahren, bei dem aus flüssi ger Luft ein Sprengmittel für den Bergbau hergestellt wird. Nach der Darstellung Dr. Helffe richs hat Erzberger sich an diesem Unternehmen finanziell beteiligt und dann unter Verschweigung dieses Umstandes den Sprengstoff mit allen Mitteln bei den Behörden zu fördern gesucht und ein Konkurrenz- Sprengmittel Marsit bekämpft. Als später die Marsit- Znteressentew gleichfalls Erzberger finanziell beteilig ten und sich mit der Kowastsch-Gruppe verschmolzen hatten, setzte er sich mit demseGen Eifer für das Marsit- Verfahren ein. Rechtsanwalt Friedländer, der Vertreter Erz- Vergers, erklärt hierzu, daß die Darstellung Helffe richs falsch sei, denn Erzberger habe die Förderung der ganzen Sache aus vaterländischen und allgemeinen Interessen betrieben und nicht aus Eigennutz. Zeuge Ministerialdirektor Neuhaus bestätig? Helfferichs Angaben über das Marsitverfahren und sagt weiter, daß die Bergbau-Interessenten sich gegen ow Einführung des erwähnten Verfahrens aus tech nischen und finanziellen Gründen gervchrt hätten. Ins besondere habe es sich dabei um die manglelnbc Schlag? Wettersicherheit für Bergleute gehandelt. Neichsfiuauzminister Erzberger gibt an, im Jayre 1910 habe sich Kowastsch,der Erfinder des Ver fahren-, an ihn gewandt. Er, Erzberger, habe sich in Anbetracht der Wichngkeii dieser NnLelegenheit so fort sehr dafür interessiert, und da der" Erfinder arm war, selbst einen Betrag gezeichnet und auch eiaen seiner Freunde zur Hergabe eurer Summe veranlaßt. Er hat sich dann an das Handelsministerium gewandt und dieses ebenfalls dafür zu interessieren versucht, wobei er nach seiner Angabe aber von vornherein erklärte, daß er selbst die Sache finanziell unterstütze. Es haben dann Versuche iu Rüdersdorf mit dem Spreng mittel stattgesunden. Erzberger betont, daß ihn dabet keineswegs die Aussicht auf geschäftliche Vorteile ge leitet habe. Er hätte nur das allgemeine Jrnereff«, insbesondere den Schutz der Bergarbeiter gegen Schlag wetterexplosionen im Auge gehabt. Denn das Vev- sahreu sollte weit sicherer sein, als die anderen b«lü» gebräuchlichen Sprengmittel. Helfferich stellt hierbei zahlreiche Zwischenfra? gen und konstatiert dabei, da Erzberger sich oft nahD mehr entsinnen kann, daß Ler Zeuge ein außerordent liches schwaches Gedächtnis habe. Hierüber kommt es z« einem sehr erregten Zwischenfall. Im weiteren Verlauf wird feftgestellt, daß cncch ^Thyssen an dem Kowastschschew Verfahren beteiligt >v«e und zwar, wie Helfferich behauptet, schon seit 1914. Helfferich beantragt, hierzu Thyssen noch einmal zu vernehmen uwd begründet dies folgendermaßen: Bei der Verhandlung des Falles Thyssen haben wir von dem Herrn Nebenkläger gehört, daß seine Beziehungen zu Thyssen vor seinem Eintritt in dessen Aufsichtscat rein Platonischer Natur gewesen sind. Wenn ich setzt feststelle, daß diese Erklärungen unrichtig gewesen sind, so ist das für die Aussage des Herrn Erzberger in den ganzen Verhandlungen van ausschlaggebender Be deutung. Im Laufe der Verhandlung wird Weiler festos- stellt, daß Erzberger 'für die Verwertung des Ko wastsch-Verfahrens von den Bergbehörden und den Bergwerken eine Lizerrzgebühr von 1 Pfg. pro Tonne, das wären 5 Millionen Mark jährlich, verlangt hatte. Das wurde zurückgewiesen. Erzberger schied nachH« aus der Kowastsch-Gruppe aus und verkaufte seine« Anteil, der 2000 Mark gekostet hatte, für 30 000 PL Al« Staatssekretär hat er später eine Blanko-Voltz' macht zum Verkauf des Patentes ans Ausland auS^ stellt. Helfferich sagt, er müsse jedem als Vaterland*- feind bezeichnen, der während des Krieges eine solch« Erfindung an das Ausland verkauft. Auf ins einzelne gehende Anfragen vecsaat Er* bergers Gedächtnis. Er weiß sich an nichts niehr z« erinnern. Leder^eschäslc und AnsGirdsvccckänfe. In der Nachmittags-Sitzung wird n-vch General direktor Berkemeyer als Zeuge varnommen, Ler bekundet, daß die Marsit-Jntei-essenten sich mir der Komastsch-Gesellschaft zu dem Ziveck verbunden Hütten, Erzberger für sich zu kapern. Helfferich rollt dann einen neuen Fall auf..