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— 520 — ihn zum Meisterwerfer gemacht. (Z) L B«ant»oMch«r Sirdaüsa: Ernst Roßberg in Fraickenberg i-S. — Druck und B-rlag von E. S. Roßk era in Fr«ck«iders t.S k Vie vierklrlcbe alr hsnOgrsnate Aus Flandern wird uns. geschrieben: Musketier I. lag auf Vorposten. Er hatte in einem Granaltrichter im Walde einen ziemlich sicheren Unterschlupf und machte es sich recht bequem. Das Gewehr lag neben ihm und vor ihm ausgebreitet ein Frühstück, das durch eine Masche Bier gekrönt wurde. Ehe er sich ganz dem Frühstück widmete, horchte er noch umher, spähte durch die Waldlichtung und stellte zu seiner Befriedigung fest, daß die Luft rein war. So konnte er also ruhig seine Flasche entkorken und während er die Flasche Branchen wir einen Säuglings- nnb Kleinkinderschutz Krieg führen heißt Raubbau treiben. Ein Blick in das Leben aller kriegführenden Staaten beweist uns dies. Leider erstreckt sich dieser Raubbau nicht nur auf die wirtschaftlichen Bestände, sondern auch aus die Dolkskvast. Die Verluste des Schlachtfeldes sind nicht nur ein Quell bitteren Leides für die Familien, sondern auch schwerster Besorgnisse für den Staat. Keine Zeit mahnt so eindringlich wie die Gegenwart, das; in der Erhaltung und Kräftigung unseres Nachwuchses das vornehmste Mittel gegeben ist, unserem Vaterlande einen dauernden Bestand in den Stürmen der Zukunft zu gewähr leisten. Darum ward aus den Nöten des Weltkrieges heraus der Gedanke geboren, daß es für unser deutsches Volk ein Gebot der Selbsterhaltung sei, das bisher arg vernachlässigte Feld der Säuglings- und Kleinkinder-Fürforge nunmehr kraftvoll und planmäßig zu bestellen. - Wieviel es hierbei zu tun gibt, lehrt die Rerchsstatistik in wahrhaft erschreckenden Zahlen, die Säugling« bilden etwa den vierzigsten Teil der Gesamtbevölkerung, unter den Toten aber mehr als den vierzigsten Teil. Ihre Sterblichkeit ist demnach zehnmal so groß als die Sterblichkeit der Erwachsenen. Bisher glaubte man sich damit trösten zu dürfen, daß die Sterblichkeit der jungen Menschenkinder eine natürliche Aus lese zur Verbesserung des Menschengeschlechts darstelle; ein Grundsatz, der lebhaft an das grausame Sparta erinnert, das nur die Gesunden und Kräftigen am Leben erhielt, die an deren aber zu einem sofortigen Tode verurteilte. Diese Aus sicht war aber falsch Wäre das Gesetz der natürlichen Auslese richtig gewesen, so hätten die Gegenden mit größter Säug lingssterblichkeit, also größter Auslese, besonders kräftige und gesunde Erwachsene ausweisen müssen. Die Wirklichkeit zeigt an Hand der Militärtauglichkeit das genaue Gegenteil. Da gegen hat die Statistik einwandfrei etwas ganz anderes nach gewiesen: daß der Würgengel vor allem Flaschenkinder heim sucht, während Brustkinder sich gesund und kräftig entwickelten. Die Kinder werden fast ausnahmslos gesund geboren. Ihr frühes ^Sterben ist auf durchaus vermeidbare Fehler in der Ernährung und der Pfleg« zurückzuführen. Unsere Aerzte haben im Verein mit Sozialpolitikern die Erundzüge für eine erfolgversprechende Säuglings- und Klein- linder-Fürsorge seit langem schon festgestellt. Krieg dem Tode unserer Jüngsten! So lautet der Wahlspruch den uns die Not unseres Volles ans Herz legt. Aber auch zu dieser Kriegs führung gehört Geld, Geld und abermals Geld. In dieser Tatsache ist die große Bedeutung der Landessammlung begrün det, die am 16., 17. und 18. November überall in unserem Sachsenlande erfolgen soll. Möge dies« Erkenntnis die Herzen öffnen und mit den Herzen die Händel wenigstens am 'Tage vor Gewehrgranaten, welche aus einem «nglischen Sappenkopf kamen, sicher zu sein. Am Vormittag des 14. Juli wurde es ruhiger. Die Flieger kreuzten wieder geschwaderweise über unserer gehaltenen Stellung, um die Wirkung der nächtlichen Beschießung zu berichten. Kein Ka merad von uns konnte sich sehen lassen. Sobald ein Posten mal über den Trichterrand schaute, machte einer von den Fliegern eine. Schwenkung, und schon prasselten salvenweise die Granaten und Schrapnells herüber. Die Engländer schießen bekanntlich auf jeden einzelnen Makm mit Granatsalven. Das game Hintergelände.war bis zur Bereitschaftsstellung nur noch ein graues Chaos. Die englischen Flieger wurden sogar fv dreist, daß sie aus 56 Meter herunterkamen und noch eboa sichtbare Lebewesen mit Maschinengewehren beschossen. Wir hockten noch wenige an der Zahl, in diesem Loche und harrteü der Dinge, die noch kommen sollten. Gegen Nach mittag begann der Artilleriefeuer mit der gleichen Stärke, wie in der vorhergehenden Nacht. Doch diesmal ohne Unter brechung noch Tage und Nächte läng. Alle Zugangswege waren zerschossen. Ein braver Kamerad, welcher mich mit seinen zwei tapferen Ordonnanzen ablösen wollte, wurde durch eine Granate zerrissen. So war ich mit meinem Häuflein auf mich selbst angewiesen. Einer wie der andere hatte schon mit dem Leben abgeschlossen. Doch unser Vertrauen auf Gott stärkte «rs. Manche Nacht schauten wir zu den Sternen empor und dachten an die liebe Heimat. Kein liebes Herz daheim ahnte, daß wir verzweifelt kämpften und daß der Tod tausendfach um Uns herumsauste. Es war Sonntag heute, doch der heim tückische Feind achtete ihn nicht. Im Gegenteil, der Tommy verkümmelt uns Sonn- und Festtage erst recht. Das ist englische Zivilisation, vor der die Welt Achtung haben soll. . Pfui den Anstiftern des männermordenden Krieges. Als nun unser Los auf diesem Brennpunkte nicht mehr lange ausbleiben konnte, krochey wir einzeln auf dem Bauche nach rechts, wo wir wenigstens vor den kürbisgroßen Minen sicher waren. Mancher Erdhaufen mußte im Liegen mit den Händen unter- graben werden, um ungesehen vorwärts zu kommen. Doch bald ließ auch die Kraft nach. Die englischen Flieg«! moch te« dies gemerkt haben, denn schon legten sie das Eranatseuer auf die Stelle, wo wir hin wollten. Ein Vor und Zurück g«ch «s nicht mehr. Wir waren eingekeilt und harrten nun auf den letzten Augenblick. Ein Zischen und ein Schlag aus Kopf und Schulter und ich hatte die Besinnung verloren. Mir war es, als ob die Welt verschwindet. Kein Geschützdonner «ar zu hören. Es war still. Nach langer Zeit kam ich wieder M mir. Ein Schmerz am linken Köpftest und Oberarm- »luttriefend rutschte ich, wie «ine Schnecke auf der linkest ' Seite kriechend, fort. Aus wunderbare Weise gelangte ich zu einem Sanitätsunterstand, wo ich durch einen Frankenberger Kameraden verbunden wurde. Aus großem Umwege und mit großer Mühe brachte mich ein Kamerad nach dem weit rück wärts liegenden Hauptverbandplatz. Bis dahin haben wir miteinander das rückwärts liegende- Sperrfeuer durchschreiten müssen und mancher Trichter in der Bereitschaftsstellung mußte uns noch Schutz vor Splittern und Schrapnellkugeln bieten. . Glücklich war ich aus dieser Hölle herausgekommen. Nach glücklicher war ich allerdings, Äs man uns in einen bereit stehenden Lazarettzug verlud, der in die deutsche Heimat fuhr. So waren die Tag« der Flandernschlacht vor Lange- märk im Jahre 1917. Ein« Erlösung für alle, als die Artillerieschlacht aufhörte und die Jnfanterieangrifs« der Engländer begannen, wo man ches Tausend von Tommys in unserem Feuer vernichtet wurde. All« Achtung vor den Kämpfern der Schlacht in Flan dern! - , Sergeant Gläser. an den Mund führte und bedächtig zu trinken begann, ver schluckte er sich; denn wie aus der Erde gewachsen stand «in Engländer vor seinem-Loch. Dieser sah ihn, legte kurz ent schlossen auf den Ueberraschten an. Dessen erster Gedanke war sein Gewehr. Es lag neben ihm. Aber ehe er es hätte ergreifen kömme, wäre er sicher eine Leiche gewesen. Und kurz ent schlossen, im Bruchteil einer Sekunde, hatte er denn auch einen Verteidigungsentschluß. Ehe der Engländer noch dazu kam, sein Gewehr abzudrücken, flog ihm die volle Bierflasche an den Kopf. Musketier I. hatte sich im Leben noch niemals auf diese Art verteidigt und wunderte sich selbst, wie gut der Wurf gesessen hatte. Der Engländer sank lautlos zu Boden- An seiner Stirn klaffte eine blutende Wunde. Schnell war der Ueberraschte nun bei ihm, schleifte ihn in s«in Loch und machte den Betäubten gefangen. Freilich: mit dem gemüt lichen Frühstück war es jetzt vorbei, aber die zertrümmerte Flasche barg er sorgsam, sie sollte seinen Kameraden beweisen, was sie geleistet. Und als er mit seinem Gefangenen eintraf, und sein Erlebnis meldete, fand er allseitige Bewunderer. Auf diese Weise hatte noch niemand einen Gefangenen gemacht und Musketier I mußte gestehen, daß er es nicht noch einmal wagen würde, einem zielenden Gegner mit einer Flasch« Bier gegenüberzutreten. Nur der verzweifelte Augeichlick hatte