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-232-^- C. L. wieder nach Ruhland und schliehlich find wir wieder auf den v«noüst«ten Schlachtfeldern Frankreichs gelandet. W. war immer ein» heitere Natur, Er nahm das Leben nicht so tragisch und seinem goldenen Witz verdanken wir manch« köstliche Stunde in verschneiten Gräben und dunklen Unter ständen, auf langen Märschen und im schönsten Trommel feuer. Trotzdem war er die Vorsicht selber. Er ging von dem Gesichtspunkte aus, sich zu bücken, ehe die Kugel ab- geschossen wurde und nicht erst, wenn sie im Fliegen war. Kurzündgut: Wir hatten uns mit ihm so eingelebt, daher uns wertvoll war. Und zählten wir nach den letzten, schweren Kämpen gegen die wildgewordenen Engländer die Häupter unserer Lieben, so sahen wir auch stets genau hin, ob unser lieber W. sich unter uns befand. Er war sozusagen die Seele unseres Zuges, der Mittelpunkt, um den sich alles drehte. Es kam aber der Tag, da er ein anderer wurde. Wir führten das mit Recht auf den Brief zurück, der ihn mit der letzten Post erreicht hatte. Da sah er und grübelt«, rechnete und wischte sich perlende Tropfen von der Stirn und schnallt« Mr zagend sein Seitengewehr um, als die Zeit d«r Ablösung gekommen war. Im Augenblick hatte er dann wahrscheinlich alles wieder vergessen, aber (uns Hel es auf) plötzlich blieb er mit «mein Ruck stehen, fühlte nach seiner Brusttasche und nickte vor sich hin. Hierbei hatte er den Kopf wohl etwas hochgehoben. Wir hatten das nicht bemerkt, sahen ober, datz er, gerade als er weiterschreiten wollte, hinfie^ von einer Kugel getroffen, am Kopfe blutete und wie leblos uns den Weg versperrte. Zwei Mann nahmen ihn und trugen ihn nach hinten. Sie kamen wieder und berichteten uns im stärksten Gewehrfeuer, bah er bereits gestorben sei. Da ballte sich manch« Faust; gegen wen wuhten wir nicht, jedenfalls gegen den, der die Schuld an dem Tode unseres treuen Kameraden trug. And später hörten wir (eine Bestätigung unserer Ver mutung), dah den Engländern weniger Schuld beizumessen war, als dem Brief, den W. von seiner Frau erhalten hatte. Der Brief war bei ihm in der Brusttasche gefunden worden und der Leutnant hatte ihn pflichtgemäß gelesen. Er rief «ns zusammen und hielt folgende Rede: „Da haben wir's, unser W., der uns allen lieb und wert war, hat sterben müssen, weil ihm so ein Weibsbild allen Kleinkram von Hause vorgejammert hat. Sie sei in. der Bezugsscheinstell« von dem Beamten angeschnauzt worden, müsse sich das Essen selbst in der Kriegsküche holen, müsse sich die Köhlen nach langem Warten selbst nach Hause Meppen und sie sei gar nicht mehr wieder zu erkennen, so «lend sei sie geworden. Das Geschäft habe sie geschlöfsen, weil sie nichts mehr heranbekommrn habe, na und so fort. Das hat unserem W. wehe getan, ist doch menschlich ver ständlich, das hat ihn aufgeregt und ihm die Ruh« genommen. Dieser Brief mit den Klagen brannte ihm auf der Brust und nach ihm tastend vergaß er, der Vorsichtig«, jede Vorsicht. Latte, «s ist eine Schande, solche Weiber zu hoben, die ihren in tausend Gefahren lebenden Männern mit solchen Sachen kommen, und ich bitte euch, schreibt Mesen Fall nach Hause, schreibt, wie leicht solche Jammerbriefe zum Mörder werden können!" Unser Leutnant hatte mit Eifer und voll Wärme ge sprochen. Trotz seiner jungen Jahre galt er uns viel und jetzt schätzten wir ihn noch mehr. Er war groß geworden in unserer Achtung und dankbar sagten wir ihm unsere Meb Mng, daß er uns allen aus der Seele gesprochen hatte. Am selben Tage schrieben wir alle nach Hause und verbaten uns Zammerbriefe, welcher Art sie auch sein möchten. Wir wollten nicht durch sie in Gefahr kommen und eines Tages enden wie unser W. C. T. Vie MiMrae Man schreibt uns: Die Milliarden fliegen Mr so von Mund zu Mund. Der Krieg verschlingt sie und das Volk bringt sie in Anleihen auf. Man müßte nun annrhmen, daß auch jeder weiß, was eine Milliarde in Wirklichkeit vorstellt. Die Zahl ist jedoch so groß, daß sie Mr von wenigen in ihrer Unendlichkeit erfaßt wird. Mir fiel das dieser Tage Ms, als ich selbst eine Milliarden-Rechnung zu erledigen hatte. Da sah ich nun und dachte nach. Ein« Milliarde sind so und soviel Millionen. Ich kam in Zweifel und fragte meine Frau. ,^00 Millionen", sagt« sie. Mein Zweifel wuchs und ihre Sicherheit schwand, als ich einwarf: „Wirklich: 100 Mil lionen?" „Ich weiß nicht genau!" Ich ging zu meinem Nachbar und wagte bescheiden die Anfrage, ob er ganz sicher sei, wieviel Millionen ein« Milliarde habe. Er stockte, b«sann sich lange: „10 Millionen!" „Nein, mein Lieber, Sie müssen sich irren." Und er holte seine Frau herbei. „Genau kann ich es nicht sagen", erklärte s« ehrlich. Ich hatte «inen eiligen Weg zu besorgen und alle Bekannte, denen wir begegneten, mußten sich die Frage gefallen lassen, wieviel Millionen ein« Milliarde habe. Bon stnf gaben zwei «im übereinstimmende Antwort, aber auch sie schwankten, als ich ihr« Antwort nicht ohne weiteres als richtig anerkennen wollte. Inzwischen hatte ich mich klar gemacht, was eine Milliarde bedeutet. Das heißt, ich sagte mir, wenn sie Mr 10 Millionen Hütte, wäre unsere Kriegsanleihe sicherlich größer gewesen, auch wenn sie 100 Millionen umfaßt«, hätten wir, da so viel Millionen-Zeich- nungen vorliegen, mehr aufgebracht. So befestigte ich meine Ansicht auf 1000 Millionen. Und, Bücher, die ich trotzdem noch nachschlug, gaben mir rocht. Aber aus diesem Vorfall hatte ich gelernt. Es kam der nächst« Stammtischabend. Wir saßen bei Dünnbier und tauschten unserx Ansicht über die Kriegslage und di« Kriegszkele aus. Di« Milliarden flogen nur so über den Tisch hinweg. Zum Stammtische zählten Mr hochge bildete Leute: alles Akademiker, unter ihnen zwei höher« Lehrer, und sie alle wurden von mir in peinliche Verlegen heit gebracht, als ich die Kriegs- und Friedensdebatte durch meins Frage nach der Größe einer Milliarde unterbrach. Da gabs «staunte Gesichter. „Eine Milliarde sind , . „Eine Milliarde, ja . . ." „Eine Milliarde ... .?" Eine schlags«tig« Antwort blieb aus, und als nach längerem Nach denken über die ersten Worte hinaus eine Fortsetzung der Antworten folgte, da hatte ich di« alte Erfahrung: auch diese Herren hatten sich noch keinen rechten Begriff von dem Um fang einer Milliarde gemacht. Don vierzehn Antworten waren vier richtig, und diese richtigen Antworten wurden nicht verteidigt, als ich meine Erfahrung mitteitte, daß bisher noch niemand mir mit voll« Sicherheit hatte sagen können, wieviel nun in Wahrheit eine Milliarde sei. Der Wirt ! mußte, da sich schließlich sogar eine heftige Debatte entspann, : die viel nachhaltiger geführt wurde als di« Friedensziek- s Auseinandersetzung, «in Lexikon hubeischaffen und dasMich- ' tetr den Streit. Da stand es: Die MMarde hat 1000 s Millionen." , , j Später sprach ich wieder mit meinen Stammtischfrrunden. s Sie hatten die Frage nach dem W«rt einer Milliarde in s Bekanntenkreisen weiter gestellt und genau die gleiche Ev- i fahrung gemacht, wie ich: D«r Begriff einer Milliarde ist ! im Volke so verschwommen, daß es einmal not tut, didse ' ungeheuerliche Zahl mit den neun Nullen öffentlich zu be handeln. F.-K. lkmikcdter * Verbot d« Konservierung von Kaninchen Krähest! Wie von unterrichteter Seite gemeldet wird, dürste in du nächsten Zeit ein Verbot der Konservierung von Krähen, Kamnchen und SperMgen erfolgen. Die vorbereitenden Ar beiten sind bereits im Gange und stehen dicht vor dem Abschluß. Es bat sich herausgestellt, daß gewerdliche Inter essenten versuchen, übermäßige Gewinne aus der Konser vierung zu ziehen, während «in Bedürfnis für die Konser vierung nicht vorfiegt. Das Verbot soll verhindern, daß der Preis für das notwendigere Frischfleisch zu stark steigt. * Wiederaufleben «losch«« Derfichrrnnge« fiir Kriegs teilnehmer. Der Hauptausschuß d«s Reichstages hat mit Zustimmung des Staatssekretärs des Innern eine von fort schrittlich« Sette beantragte Entschließung angenommen, das Auflichtsamt für Privatversicherungen soll« ermächtigt werden, das Wiederaufleben erloschener Versicherungen von Kriegsteilnehmern und anderen infolge des Krieges in Schwie rigkeiten geratenen Versicherungen herbeizuführen. Wer Gelreise liefert, hilft uusfkgeu Landwirte, die Kraft der Feinde «lahmt! An Euch P's, den Sieg zu vollenden: Li«ert Getreide Ä», sofort und trotz Bestellzeit. Wir brauchen es dringend! Verantwortlicher Redakteur: Ernst Roßberg in Frankenberg i-S. — Druck und Verlag von L. G. Rotzt rrg in Frankenberg i-S