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I 80 hatte so sehnsüchtig gesagt: „Wenn'» doch mal wieder zu Ostern so'nen richtig schönen, zarten «chinkdn gäbe, wie wir sie früher hatten! Man weiß ja schon kaum noch, wie so etwa» köstliche» schmeckt!" Zum ersten Mal seit seiner schweren Verwundung und nachfolgenden langen Rekonvaleszenz äußerte er einen solchen Wunsch, der al» Zeichen der Gesundung gelten konnte — wie sollte da die kleine Frau widerstehen! Der Schinken mußte beschafft werden, koste «» wa» e» wolle! Wie. davon machte sich Meta freilich noch kein rechte» Bild. Im Ort selbst gab e» kaum da» Fleisch, woraus man auf die Karlen ein Anrecht besaß, aber Meta brachte in Er» fahrung, daß in einem nicht sehr weit entfernten Grenz dorf ab und zu allerlei kulinarische Kostbarkeiten, allerdings recht teuer, zu haben waren, nur sei eS nicht ganz einfach, sich in den Besitz derselben zu setzen, weil man mit den Schmugglern selbst unterhandeln mußte. Liebe überwindet alle Fährlichkeiten und Hindernisse! Die schüchterne, sonst so unselbständige kleine Frau brachte eS fertig, ganz heimlich die Reise in da» Schmugglerdors zu unternehmen und dort die „richtigen Quellen" aufzu spüren. Mit leibhaftigem „Paschern" sprach die kleine Frau, innerlich bebend vor Aufregung. Dabei wunderte sie sich aber im stillen, daß die» Menschen waren, die sich in nicht» von ehrlichen Bauersleuten unterschieden. Nur sehr gut rechnen konnten sie. so gut, wie sie'S den einfachen Leuten gar nicht zugetraut hätte! Denn als sie endlich einen ganz prachtvollen, fetten, schweren Schinken selig im Arm hielt, da mußte sie blutenden Herzens weit über hundert Mark in die schwielige Rechte de» Manne» legen, den er ihr unter anschaulich geschilderten schweren Gefahren und Mühen ver schafft hatte. WaS «» da alles zu überwinden gab an Abenteuern! Meta wur!^ eS ganz gruselig zu Mut. richtig wie alte Räubergeschichten klang dar alles! Und wo man Überall „schmieren und bestechen" mußte! Daß so viele Anstrengungen natürlich bezahlt werden mußten, dies leuch tete Meta schließlich ein. und so wanderte ihr ganzer Spar pfennig eben zu dem Schinkenlieferanten. Aber nun war noch nicht alles getan, nun galt eS. den Schinken zu räuchern, denn nur richtig geräuchert mochte ihr Mann ihn gern. Selbst konnte sie das nicht. In dem kleinen Schmuggeldorf aber gab es keinen Fleischer, dem sie ihren Schatz hätte anvertrauen können. Blieb also nur der Meister Hellmut daheim — und mit dem stand Meta sich recht mäßig. Meta als tüchtige Hausfrau war nicht immer einer Meinung des auf seinen Vorteil sehr bedachten Fleischer» und wollte sich nicht immer mit dem zufrieden geben, was er als gut und frisch empfahl. Sie liebten sich also durchaus nicht, die kleine Frau Meta und der Meister Hellmut. Wenn sie ihm nun den schönen Schinken zum räuchern brachte, würde er sich doch wundern, woher sie den hatte, würde am Ende gar fordern, daß sie ihre Fleischkarten abliefere — und gerade daS wollte sie vermeiden. Denn der Schinken sollte doch eine unbeschränkte Osterfreude für Fritz werden, dis er unrationiert nach Herzenslust genießen konnte sie hatte schwere Sorgen, die kleine Frau! Aber die Zeit drängte; ein anderer Fleischer war nicht aufzutreiben — so blieb ihr nichts «ndere» übrig, als den schweren Gang zu Meister Hellmut anzutreten. Stammelnd, krebsrot und innerlich zerknirscht wie eine ertappte Sünderiu trug sie ihr Begehr vor. als sie im Laden des dicken Fleischer» stand. Der sah seine sonst so rebellische Kundin erst an, dann den duftigen, rosigen Schinken, den sie ihm hinhielt und schüttelte verwundert den Kops: „Go — den soll ich räuchern? Na ja, können ioir j« machen — aber — wo haben sie bloß den Schinken her, Frau Doktor?" „Ach den — den hat mir meine Schwiegermutter au» München geschickt als Ostergeschenk für meinen Mann, weil er jetzt gut genährt werden soll und man sowas hier doch nicht bekommt!" sagte Meta hastig und bedrückt. Sie taugte nicht zur Lüge, ihr fiel jede kleine Lurrede schon schwer — und wenn e» nicht Fritz zu Liebe wäre, würde sie dem eklige» H«llm»t nicht so um den Bart gehen! „So — — von der Schwiegermutter! Ja, ja. die haben't bester al» wir! Misten Sie denn aber auch, Frau Doktor, daß Sie jetzt die Fleischkarlen abliefer» müssen!" Aha! Meta zuckte schmerzhaft zus«mmen. „Ach — Meister Hellmut " „Ja, ja, da» müssen Gis. ich werd' mal gleich de» Schinken abwiegen und berechnen." Schon wollte er mit dem Schinken zur Wage, da packte ihn Meta bittend am Arm: „Liebster, bester Meister, lasten Sie mir doch meine Fleischkarten! Mein Mann ist so herunter — der Schinken soll doch gerade «in Ostergeschenk sein " Der dicke Schlächter sah blinzelnd auf die kleine Fra» mit den flammenden Backen: „Misten Ei«, auch, daß Sie mich da zu etwa» nicht Gesetzmäßigem verleiten wollen? Wer Fleisch hat. verliert laut Vorschrift da» Anrecht auf die Fleischkarden — und so'n Riesenschinken — der reicht ja bald für einen ganzen Monat!" „Lieber Herr Hebmut, «» weiß doch keiner davon —" „Tut nicht», Gesetz ist Gesetz — na aber —- «eil Sie'» sind, Frau Doktor, und weil doch dor Herr Gemahl da» Eiserne hat " „Und so schwer verwundet war. Meister!" „Freilich, freilich — schwer verwundet war er auch! Na, ist gut, Frau Doktor, ich will mal die Augon zudrücken und Ihnen helfen! Aber halten Sie bloß hübsch den Mund, sonst rutschen wir beide böse hinein. Sie und ich, da» sage ich Ihnen!" Ob sie reinen Mund hielt, die Reine Frau! Sie kam sich ja ganz schlecht vor, daß sie mit dem ekligen Fleischer paktierte — aber was sollte sie machen! Wer > sagt, muß eben B sagen! Seufzend dachte sie an die zu künftigen schlechten Stücke Fleisch, die Hellmut ihr an- hängen und die sie wortlos würde nehmen müssen denn nun war sie in seiner Hand! Aber Fritz bekam seinen Schinken, da» war jetzt die Hauptsache! Am Eharsamstag in alle» Frühe schon stand sie er wartungsvoll vor dem dicken Schlächtermeister: „Meinen Schinken, Meister!" Der Dicke verschwind, kam wieder — und legte vor di« erregte Meta ein schwtrzliche», verschrumpeltes Etwa». daS sie entgeistert anstarrte: „Das — das soll mei» Schinken sein?" Der Meister nickte behäbig: „Ja. Frau Doktor — da» ist er — das heißt — da» ist eben so mit geschenkte» Sachen! Aeußerlich — da meint man Gott weiß, wa» man nun hat und innen " - „Innen?" „Ja richtig madig war er!" „Madig — mein schöner Schinken?" „Wenn ich Ihnen sage — am Knochen völlig madig! Nur so gekrabbelt hat da»! Na und da dachte ich mir. wir sind a« Ende nicht so mällich und genau wie Sie — damit Sie sehen, wie gut ich S meine — mit so einem Rekonvaleszenten muß man ja auch vorsichtig sein — — wir nahmen uns eben den schlechten Schinken und hier — dar ist der unsere, damit der Herr Doktor doch nicht um seine Freude kommt!" WaS sollte Meta machen? Ausbrausen, den Man» einen Vrtrüger nennen? Hatte sie Beweise? Und war sie nicht wehrlos in seiner Gewalt! DaS kam davon, wenn man gegen die Gesetze verstößt! Tiestraurig zog sie mit dem fchwärzlichbraunen Ding ad. daS so ganz und gar nicht nach einem Festdraten auSsah! „Na, Mau« — dein« Absicht war ja sicher gut, aber dieses magere, zähe, gesalzene Zeug hättest du schon lieber nicht kaufen sollen! Ist schade um da» Geld, da» du da für ausgegeben hast!" sagte Doktor Fritz Haffner, al» sie