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3340 Staatsregierung baldthunlichst eine Gesetzesvorlage cinbringe, durch welche für diejenigen Städte, in denen eine königliche Polizei verwaltung künftig bestehen bleibt, der Antheil der Städte und des Staates an den Kosten der Polizeiverwaltung, sowie die Mit wirkung der Stadt bei der Feststellung der ihr zur Last fallenden Ausgaben angemessen regulirt wird. — Hierauf ward die Budget- berathung abgebrochen und die in Nr. 272 d. Bl. vollständig abgedruckte Interpellation der Abgg. Miquel u. Gen. (das Celler Denkmal betr.) verlesen. — Nachdem der Abg. Miquel die In terpellation begründet und namentlich auf die Stimmung in Hannover hingewiesen, welche der Assimilirung mit den übrigen Provinzen Preußens nur Hindernisse zu bereiten geeignet sei, nahm das Wort der Kriegsminister v. Noon: Was ich die Ehre gehabt habe, dem hohen Hause schon früher vorzutragen, bin ich in der angenehmen Lage heute Wort für Wort bestätigen zu kön nen; ich habe nicht zu viel gesagt und nichts zurückzunehmen. Ich schloß damals meinen Bortrag mit der Versicherung, daß die königliche Staatsregierung das Recht bei jeder Gelegenheit Jeder mann gegenüber wahrzunehmen wissen werde. Ich füge dem hinzu, es ist Grundsatz der Staatsregierung: gleiches Recht für Alle. Wenn daher die beiden preußischen Offiziere straffällig vom Gerichte befunden werden, so werden sie bestraft werden. Der Abg. Miquel hat hervorgehoben, es drehe sich um die Frage, war der General Schwartzkoppen im Stande, den Befehl zurück zunehmen, oder war er es nicht. Die Frage ist keineswegs so leicht zu beantworten. Der Richter wird darüber nach den Thnt- fachen befinden. Man hat früher gesagt, die Frage nach dem Eigenthum sei gleichgiltig. Ich muß indeß, um der billigen Be- urtheilung Bahn zu brechen, auf diese Verhältnisse näher ein gehen und habe ich mich deshalb informirt. (Der Minister geht nun auf diese Frage sehr speciett ein, indem er aus den ihm vorliegenden Schriftstücken das Eigenthumsrecht des Militairfiscus auf den sogenannten Kanonenplatz nachzuweisen sucht ) Die Garnison-Verwaltung in Celle befand sich daher im unzweifel haften Rechte, als sie sich jenes Platzes bemächtigte. Was die Bewilligung zu jenem Denkmal anlangt, so wiederhole ich, daß, wenn dieselbe nachgesucht worden wäre zu diesem Zwecke, sie mit größter Bereitwilligkeit gegeben worden wäre und ich bin fest überzeugt, daß sich die Garnison-Verwaltung an demselben gewiß betheiligt haben würde. Statt dessen hat man vorgczogcn, die Sache auf eine heimliche Weise so zu betreiben, daß die Gar nison damit überrascht wurde. Nach dem Frieden, der in Deutsch land geschlossen worden ist, wird derselbe fortgesetzt gestört von den Parteien, welche die bestehenden Zustände nicht anerkennen wollen. In Celle selbst wird auch dieser kleine Krieg unter der Decke fortgesetzt und es giebt dort Leute, welche sich ein Gewerbe daraus machen, den königlichen Behörden ein Aergerniß in den Weg zu legen. Ich gebe zu, daß man großartig darüber denken und es ignoriren kann; es ist aber ein wenig viel von der menschlichen Natur verlangt, wenn tägliche Reizungen dieser Art auf den Menschen einstürmen. Ich glaube also genügend nach gewiesen zu haben, daß die Militairverwaltung in gutem Glauben handelte, als sie ihr Hausrecht ausübte. Ich glaube dargethan zu haben, daß diese Anreizung gegeben worden ist durch die Ver hältnisse, welche dem Vorgänge vorausgingen. Ich bitte Sie, zu berücksichtigen, wie Alles geschehen ist. Es ist von einer offenen Erbauung des Denkmals, die acht Tage lang gedauert haben soll, die Rede. Allerdings ist auf dem genannten Platze ein mit Leinwand verhülltes Gerüst erblickt worden; auf die Frage, was man dort mache, wurde erwiedert, es werde ein Brunnen gemacht, und am 3. des Mor gens steht ein Denkmal da. Auf wessen Kosten geschah das? Geschah es nicht zur Belustigung einer Partei, welche fort und fort sich Preußen feindlich gegenüberstellt? Es waren dies Per sonen, welche als Welfenfreunde bekannt. Es ist ferner gesagt worden, man habe absichtlich hannoversche Soldaten in der Preuß. Armee ausgesucht, um das Denkmal zu demoliren. (Widerspruch. Nein, das ist nicht gesagt.) Wenn dies nicht der Fall ist, dann rectificire ich mich. Es ist gesagt worden, daß der commandirendc Offizier ein Hannoveraner gewesen ist, dessen Brnder bei Langen salza gefallen ist. Der Offizier, der aber allein dabei gegenwärtig gewesen ist, ist der Major Blum, ein Pommer; der einzige Of fizier der ehemaligen hannoverschen Armee, der in dem Regiment dient, war nicht anwesend, er hatte zufällig Garnisondienst. Die das Denkmal abgerissen, haben sich freiwillig dazu ge meldet; freiwillig hat sich sogar ein Sergeant gemeldet, welcher geborener Hannoveraner ist. So verhält es sich mit den An gaben, die gemacht worden sind; man sucht die Wahrheit absicht lich zu verdunkeln. Ich habe hier nicht für die handelnde Mili- tairbehörde zu intervenircn; allein mir liegt an der guten Mein ung des Hauses für die Militairverwaltung sehr viel. Dies war der Grund, weshalb ich ausführlich meine Wissenschaft im Wesent lichen mitgctheilt habe. Ich bitte, beurtheilen Sie die Dinge, wie sie sind, und nicht, wie sie von gewisser Seite verschrieen werden. Die Windmühlen sind keine Riesen, sondern bloße Wind mühlen. — Abg. Windthorst (Meppen): Der Herr Minister hat zunächst geglaubt, gewisse Thatsachen, die ich angeführt, als unrichtig bezeichnen zu müssen. Ich habe meinerseits aus meiner Wissenschaft keine Thatsachen angeführt, die mir aus Celle ge schrieben sind. Das nur habe ich gesagt, daß ein Lieutenant dabei gewesen, dessen Bruder bei Langensalza gefallen.^ Vor der Majestät des Rechts sollten sich auch sämmtliche Stan darten und Fahnen der Armee beugen. (Bravo links.) — Justizminister Leonhardt: Der Abg. Schulze hat unter lebhaf tem Beifall des Hauses beklagt, daß ich bei der ersten Verhand lung nicht im Hause anwesend gewesen. Wenn derselbe meine Anwesenheit vermißt, so hoffe ich, daß derselbe eben nur den Justizministcr vermißt hat. Demgemäß kommt nichts aus meine persönlichen Gefühle an, sondern ich habe mich lediglich auf den Rechtsstandpunkt zu stellen und in dieser Beziehung kommt zweierlei in Betracht: die Autorität und die Unabhängigkeit des Richters. Es kommt hier nur darauf an, welches Urtheil die Richter fällen werden, dem sich die Parteien zu fügen haben. Hr. Windthorst weiß sehr gut, welchen Glauben die Mittheilungcn aus Celle verdienen und hätte daher mit mehr Vorsicht handeln müssen, als er diese Nachrichten hier mittheilte. Ich sage Ihnen, hören Sie die Gerichte, die unabhängigen Organe des Rechts, und dann urtheilen Sie. — Abgeordneter Graf Bethusy-Huc erklärt, daß ihm die Auslassungen nicht ganz entsprochen und schließt sich den Ausführungen der liberalen Seite des Hauses an. — Abg. Miquel ist ebenfalls durch die Erklärungen der Minister nicht beruhigt. Er begreife nicht, wie der Justizministcr eine solche Erklärung habe abgeben können. Ob Urtheil oder richter licher Befehl, sei ganz gleichgiltig, hier handele es sich ja ganz besonders daruin, die Gemüther zu beruhigen, nicht aber sie auf zuregen. — Abg. Lasker spricht sein Bedauern darüber aus, daß der Justizminister heute anwesend sei. Man möge sagen, was man wolle, die Rechtsverletzung werde immer bleiben. — Abg. Graf Schwerin 'rügt ebenfalls das Verfahren der Militair-Verwaltung und glaubt, daß die Erklärungen der Mi nister nicht znr Beruhigung dienen können. — Kriegsm. v. Roon: Erlauben Sie, daß ich das von den Herren Abgg. Windthorst und Graf Schwerin Gesagte ignorire. Es ist sehr leicht, unter dem Beifall des Hauses zu sprechen, wenn man Schlagworte dabei zu verwenden versteht (Unruhe), welche auf die Menge ihren Eindruck nie verfehlen (große Unruhe links, Ruf: „zur Ord nung"). — Präs. v. Forckenbeck: Ich bedauere, dem Herrn Kriegsminister gegenüber bemerken zu müssen, daß ich die Be zeichnung des Hauses durch „Menge" durchaus nicht mit der Würde des Hauses für vereinbar halte. — Kriegsminister: Ich erlaube mir dem Herrn Präsidenten freundlichst zu bemerken, daß ich keineswegs die Absicht gehabt habe, das Haus mit der vulgairenMengezu vergleichen, das war ein laxsus linguae,