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iE!» Schlachtfelde angekommen sein, unsere dritte steht im Begriff adzu- marschrren. Man versichert, daß die Marseiller sich ebenfalls bald in Marsch setzen werden. Don Vcsoul sind preußische Truppen zur Ver stärkung der Belagerungsarmee vor Belfort abgegangen. Dole ist noch immer nicht von den Deutschen besetzt worden." Aus der Pfalz, 8. December. Dem „Fr. I." wird ge schrieben : „Die preußische Armee-Verwaltung trifft die umfangreichsten Vorkehrungen, um in der Verproviantirung der im Süden operirenden Truppen keine Stockung emtreten zu lassen. In den nächsten Tagen schon rückt ein Fuhrpark von 400 Wagen nach Nan- teuil oder Orleans, um die Weiterbeförderung des Proviants zu be wirken. Die Bildung des Fuhrparks wird mit außerordentlicher Schnelligkeit betrieben, wobei Geld nicht gespart wird. Der Fuhr mann erhält für den Tag 8 Fl. und Beköstigung in Frankreich, 9z Fl. in Deutschland, aber ohne Beköstigung." Straßburg, 9. Decbr. (K. Z.) Von der geheimen Post verbindung im Elsaß hatte man unlängst das hiesige Haupt der selben, so wie einige thätige Mitglieder glücklich gefaßt. Gleichwohl besteht dieselbe allem Anschein nach noch in bedeutendem Umfange fort. Während nämlich alle Gerichte ihre Thätigkeit für die Straf sachen wieder ausgenommen hatten, während es dem hiesigen Ver treter unseres Justizministeriums nach langen Kämpfen gelungen war, auch den Appellations-Gerichtshof zu Colmar zur Wiederaufnahme seiner Function zu bewegen, hat der Präsident des letzteren vorgestern erklärt, er müsse in Folge Anweisung seiner Regierung zu Tours so fort mit seinem ganzen Gerichtshöfe Strike machen, und gestern sind auch die übrigen elsässischen Gerichtshöfe diesem Beispiele gefolgt und die Justiz sitzt wieder auf dem Trockenen. Wenn die Herren auf gefordert wurden, ihre Thätigkeit wieder zu beginnen, so geschah das lediglich im Interesse ihrer eigenen Provinz und ihrer Mitbürger; wir Deutschen könnten auch ohne ihre Hilfe gegen böswillige oder uns schädliche Subjecte fertig werden, wir sind eben im Kriege. Aber unser Streben, dem Elsaß den Krieg so wenig wie möglich fühlbar zu machen, trotz des Krieges den Elsässern eine gesicherte Rechtspflege zu gewähren — auf Grund der hergebrachten französischen Gesetze und Gewohnheiten — dieses Streben wurde von den Herren Richtern nicht anerkannt. A Zur Geschichte der Hoheuzoller». Die Wiederherstellung des deutschen Reiches und die Uebertragung des Kaisertitels an den König von Preußen, als das Oberhaupt des neuen deutschen Bundes, fordert von selbst zu einer Betrachtung der Geschichte dieses Königsgeschlechtes auf, welches nun den Gipfel seiner Macht erreicht hat. Die Weltgeschichte besteht ja zumeist aus lauter Capiteln, welche von dem Auf- und Niedergang herrschender Personen oder Geschlechter handeln; und was namentlich die deutsche Kaiser geschichte betrifft, so ist sie weniger eine Geschichte der deutschen Nation, als die besonderer Geschlechter, denen von ihres Gleichen, den Fürsten, Titel und Rang übertragen wurde, dessen Bedeutung mehr Schein als wirkliche Macht, und der zuletzt überhaupt nur noch Schein war. So folgten den Carolingern die deutschen Kaiser aus dem Hause Sachsen, dann die fränkischen, dann die hohenstaufischen Kaiser, bis nach einer bunten Reihe derselben aus verschiedenen deutschen Fürstengeschlechtern die Habsburger thatsächlich die sich folgenden Erben der Krone Carls des Großen wurden. Der letzte von ihnen legte 1800 diese Krone nieder und vollzog damit die Auflösung des fast tausendjährigen deut schen Reiches — eine That, die allerdings, wie man auch die damaligen Verhältnisse auffassen mag, weder mit der feierlich übernommenen Pflicht des Kaisers vereinbar war, noch von einem nationalen Interesse des kaiserlichen Geschlechts zeugte, obwohl es seit Jahrhunderten die Krone trug. Das Haus Habsburg-Lothringen erfüllte damit nur die tradi- nonell gewordene Aufgabe, sein dynastisches Interesse auf Kosten des Reiches sicher zu stellen, ein Umstand, der die meiste Schuld an dem Verfall Deutschlands seit Carl V. trägt. Es treten oft auffällige Parallelen geschichtlicher Ereignisse hervor, die immerhin als ein Beweismittel dienen, daß die Geschichte doch nicht aus einer Reihe willkürlich bewirkter Ereignisse besteht, sondern aus einer in natürlicher Entwickelung stattfindenden Folge derselben. Fast genau vor 600 Jahren endete das unglückselige Herren- und rechtlose Zwischenreich von 1256 bis 1273 durch die Wahl Rudolphs von Habs burg zum deutschen Kaiser, und ein kleiner Burggraf von Hohenzollern war es, der damals seinen bedeutenden Antheil daran hatte, dem Ersten aus jenem elsäßisch-schweizerischen Geschlecht die Krone des Reiches zu verschaffen. Jetzt hat ein zweites Zwischenreich, welches von 1806 an datirt, sein Ende gefunden, und ein Hohenzoller ist cs, der nun der erste deutsche Kaiser wird. Die Rolle Habsburgs hat ausgespielt^ die der Hohenzollern beginnt. Fünstehalb Hundert Jahre sind es her, daß dies aus Schwaben stammende Geschlecht im uncultivirten Norden Deutschlands seine politische Thätigkeit begann. Die hohenzollern'schen Markgrafen von Brandenburg haben sich mit dem Schwert den sterilen Boden der Mark erobern müssen, nachdem er ihnen von, Kaiser verliehen worden. Und was daraus binnen einem Jahrhundert zu einem ganz stattlichen Staate sich entwickelte, verdanken sie in der That ihrer Tapferkeit und ihrer geschickten Staatskunst. Es kam ihnen allerdings zu Statten, daß sie an der Grenze des Reiches im slavischen Osten ungestörte Kriege führen und erobern konnten, ohne daß die Ruhe Deutschlands dadurch beeinträchtigt wurde, oder ein Rival sich fand, der den Hohen zollern die Vermehrung ihrer Macht nach Süden, Norden und Osten hin mißgönnte. Im Gegentheile, das deutsche Reich wurde damit vergrößert, das Slaventhum von der Oder immer weiter zurückgedrängt und der hohenzollern'sche Staat außer einem wachsenden deutschen Reichstheil eine besondere, in sich abgeschlossene Macht. Zudem ist es selten, daß ein Geschlechr eine Reihe so tüchtiger Männer auszuweisen hat, die alle einer bestimmten politischen Idee nachgingen, nämlich den Staat zu vergrößern und die Macht, die sie hatten, straff zusammen zu fassen. Dor zweihundert Jahren war mit dem großen Kurfürsten der erste Abschnitt der Geschichte des Hauses Hohenzollern glanzvoll abgeschlossen. Es hatte einen großen, festgefügten Staat und seine Macht in glücklichen Kriegen auch dem deutschen Reiche zu dessen Dor theil bewiesen. Don diesem Zeitpunkte an richtete sich die Politik der Hohen zollern schärfer dem Reiche zu, als nach dem von ihnen dem Germa nismus geöffneten Osten. Sie fühlten ihre Macht und wollten sie in Sachen Deutschlands zur Geltung bringen. Ein aufstrebender, junger Staat, wie Preußen im Anfang des vorigen Jahrhunderts war, mußte nothwendig mit dem kaiserlichen Vertreter des Reichs in Gegensatz gerathen, der sich mehr um seine eigene Hausmacht küm merte, als um die Größe des deutschen Reiches. Der Unterschied der Religion kam hinzu, den Gegensatz zwischen Preußen und Oesterreich zu schärfen. Nicht um die Kaiserkrone konnte damals schon der Kampf zwischen ihnen ausbrechen, dazu war die Bedeutung dieser Krone zu gering geworden, sondern um ihre Macht gegenseitig zu messen — Oesterreich, nm sich zu behaupten, Preußen, um sich nach Gebühr geltend zu machen. Die Kriege Friedrichs des Großen stellten Preußen dem Staate Oesterreich als ebenbürtige Macht entgegen; sie führten es zugleich in die große europäische Politik ein und damit steckte sich die preußische Dynastie naturgemäß auch höhere Ziele. Diese Ziele konnien nur die Oberherrschaft in Deutschland, die Er neuerung der germanischen Macht und des kläglich hinsiechenden Reiches durch preußische Thatkraft sein. Man kann nicht sagen, daß dies blos Pläne des Ehrgeizes waren; sie drängten sich von selbst auf, um schöpferisch weiter zu arbeiten, wie ein aufblühendes Geschäft sich naturgemäß vergrößert und seinem Inhaber immer bedeutendere Unternehmungen nahe legt. Es ist dies die Gravitation der Staaten, die noch in der Entwickelung sind, während abblühende Staaten, gleich alten Geschäftshäusern, ihre Politik mehr auf Erhaltung des Erworbenen und behaglichen Genuß desselben richten. Offenbar hätte es unter allen Umständen schon in diesem Jahrhundert einen Kampf Preußens mit Oesterreich um die Herrschaft in Deutsch land gegeben, wenn nicht das große Ereigniß der französischen Revo- lution alle Verhältnisse auch in Deutschland umgestürzt und ihm eine Gefahr vom Auslande bereitet hätte. Napoleon I., dieser Sohn der Revolution, besiegte Oesterreich und zertrümmerte das deutsche Reich, von dem er einen großen Theil als Eroberer sich tributpflichtig machte. Es war klar, daß derjenige Staat unter den Deutschen, welcher diese Abhängigkeit Deutschlands von dem französischen Eroberer aufhob, auch die Wiederherstellung des Reiches bewirken konnte und pflicht mäßig bewirken mußte. Preußen wie Oesterreich versuchten es 1806 und 1809 zu ihrem Schaden jeder auf eigene Hand; dann unter nahmen sie es gemeinsam 1813, und die damit erworbenen gleichen Ansprüche stellten nur ihre größere Nebenbuhlerschaft her, ohne daß Einer dem Andern den Preis der deutschen Oberherrschaft gönnen