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2237 Beilage zu No. 17L -er Bautzener Nachrichten. Freitag, den 2N. Juli 187V. Vom Kriegsschauplätze. Aus Frankfurt a. M. wird unterm 24. Juli berichtet: „Gestern Morgens versuchte eine feindliche Truppe in der Stärke eines Bataillons die Saarbrücke bei Wehrden zu nehmen, wurde aber durch die Besatzung von Saarlouis zurückgeschlagen. Gleichzeitig suchten auch die Franzosen, welche Gersweiler besetzt haben, die Eisenbahn brücke am Schanzenberge zu nehmen, wurden jedoch gleichfalls zurück geschlagen." Wehrden ist ein kleines Dorf mit 400 Einwohnern im Regierungsbezirk Trier am linken Ufer der Saar und zwar an jenem Punkte, wo sich das kleine Nebenflüßchen Rossel in die Saar ergießt, beiläufig in der Mitte des Weges zwischen Saarlouis und Saarbrücken. Gersweiler ist ebenfalls ein preußisches Dorf im Regierungsbezirke Trier mit 720 Einwohnern, ganz nahe bei Saarbrücken. — Einem Schreiben aus Zweibrücken vom 23. Juli entnimmt der „Nürn berger Correspondent", daß bis dahin eine Grenzüberschreitung durch die Franzosen nicht stattgefundcn hatte; man wußte nur, daß eine große Truppenmasse entlang der pfälzischen Grenze sich ausgestellt hatte, aber sonst war von den im Gange befindlichen Kriegsoperationen weder von deutscher, noch von französischer Seite etwas bekannt. Heidelberg, 22. Juli. Auf der Verbindungsbahn, die an der hiesigen Kopfstation vorüber leitet und einen kürzern Weg zwischen Mannheim und Karlsruhe herstellt, standen heute Nacht geladene Bahn wagen, des Weiterfahrens harrend, darunter 2 Wagen mit Patronen. Davon gerieth der eine plötzlich unter starker Detonation in Flammen und brannte ganz, der daneben befindliche zur Hälfte nieder. Zwei Mann verloren dabei das Leben. Der eine wurde mit verkohlten Gliedern neben dem Wagen liegend gefunden; die Ueber- reste des Andern fanden sich erst, als der Wagen ganz niedergebrannt war, in den Kohlen. Ulm, 23. Juli. Die Ueberschwemmung des Ulmer Festu n gdgebietes hat begonnen. Die Offiziersfamilicn verlassen Ulm. In Ostfriesland bildet sich ein Freicorps zum Küstenschntze; der Reichstagsabgeordnete Graf Münster, der an der dortigen Küste der größte Besitzer ist, organisirt dasselbe. Von der französischen Grenze sind am 27. d. folgende osficielle Milthcüungen in Berlin eingegangen: Gestern (am 26. d.) fand ein kleines Gefecht an der Brücke von Nh einheim (Dorf im Elsaß, circa 1 Meile von Rastatt) statt. Preußische Ulanen und Piouniere nebst bayerschen Jägern standen französischer Infanterie gegenüber. Letztere wurde zurückgeworfen und ließ einen Todtcn liegen. Dies- seits wurden zwei Piouniere verwundet. Ebenfalls am gestrigen Tage fand durch den wüittembergschen Generalstabsosfizier, Grafen Zeppelin, und 3 badensche Offiziere nebst 4 Dragonern eine Necognosciruug der Gegend um Hagenau (im Elsaß) statt. Der Zweck des Unter nehmens wurde vollständig erreicht, jedoch stieß die Patrouille bei Niederbronn auf ein französisches Husarenregiment, von welchem sie zersprengt wurde. BiS jetzt ist nur der Hauptmann Graf Zeppe lin zurückgekehrt. Nach französischen Nachrichten ist von den begleiten den Offizieren der eine getödtet worden, während die beiden andern zu Gefangenen gemacht worden sein sollen. Eia Rundgaug durch die Bautzener Industrie- und (Sewerbe- Ausstcllung. (Fortsetzung.) Mit der Betrachtung der Gegenstände aus mineralischen Stoffen sind wir noch nicht zu Ende; wir wenden uns daher — die hübscht Sammlung der lausitzer Mineralien (74 Stück, vom Seminar- Oberlehrer Schmidt) nochmals der Besichtigung empfehlend — zu den von Nudolph Wilhelm (Wendische Straße) ausgestellten Sydcrolith- Waarcn und Glasgegenständen, ebenso zu den sehr gut getroffenen Büsten von Göthe, Humbold und Schiller rc., deren billiger Preis ihre Anschaffung als Zimmerzierdcn erleichtert. Bon F. A. Wilhelm (Schul graben) ist ausgestellt: ein Sortiment selbstgeschliffener Trinkgläser und von Adolph Wilhelm lHauptmarkt) ein gläserner, in den mannichfachsten Farben funkelnder Kronleuchter. Von Kunstarbeiten in Typs ist es ein „König David", welcher gleich beim Eintritt in die Halle, umgeben von den Droschütz'schen mannichfachen Blumenpflanzen, unsere Aufmerksamkeit fesselt. Da« halb lebensgroß« Standbild ist eomponirt und auSgeführt von Santo Pafso fun. Der Passo'sche David hat einen schönen, fast schmerzlichen, hei ligen Ernst im Antlitz und fast scheint es uns, als habe dem Künstler die Stimmung des auch für die jetzigen Zeiten so einschlagendcn dritten Psalmen vorgcschwcbt: „Ach Herr, wie sind meiner Feinde so viel und setzen sich so viele wieder mich — Viele sagen von meiner Seele: Sie hat keine Hilfe bei Gott. Aber Du, Herr, bist der Schild für mich und der mich zu Ehren setzet und mein Haupt aufrichtet. Ich rufe an mit meiner Stimme den Herrn, so erhöret er mich von Seinem heiligen Berg. Ich liege und schlafe und erwache, denn der Herr hält mich. Ich fürchte mich nicht vor viel Hunderttauscndcn, die sich umher wider mich legen. Auf, Herr, und hilf mir, mein Gott! denn Du schlägst alle meine Feinde auf den Backen und zerschmetterst der Gottlosen Zähne. Bei dem Herrn findet man Hilfe und Deinen Segen über Dein Volk." Wer das edle Antlitz und die reine Hal tung spccieller betrachtet, wird vielleicht derselben Meinung werden. — Künstlerisch ausgeführte Arbeiten finden wir an Waarcn von gebranntem Thon von Fuchs ö> Co. (Margarethcnhüttc), deren, neben der Maschinen- Halle, ausgestellte Vasen rc. ein besonders wohlgefälliges Aussehen haben. Dasselbe Etablissement hat ferner noch ausgestellt: Geländer-, Oesscn-, Mauer-, Dach-Ziegel rc., Fußbodcnplattcn, allerhand Röhren und Schlotten, Garten beet-Umzäunungen u. s. w. von bekannter Güte. Auf der anderen Seite der Maschincn-Hallc erblicken wir ein nettes Häuschen, zusammengesetzt aus den Produkten der Ziegelei von B. K C. Möschler (Kronförstchen), und um stellt mit Proben von Backofen-Platten, russ. Ocsscn-Zicgeln, Brunncnziegcln, Färberküpen, Chamottcn und porösen Mauerziegeln. Besonders interessant ist der Inhalt des Häuschens: eine gcognostische Zusammenstellung des Ucbcrganges aus unserem Granit zum Ackerboden in verschiedenen Stadien; die verschiedenen lausitzer Thon- und Sandsorten, sowie selbstgcfertigte Wetz steine und Polirmehl, welches dreimal billiger ist (der Ctr. 3 Thlr.), als das Wiener' Putzpulver. Gcn.-Depot von diesem Polirmehl bei G. A. Dietrich in Bautzen. Wir verschreiten nvn zu dem Ueberblick über gemischte Erzeugnisse. Von Buchbinderarbciten hat C. Forner (Rcichcnstraße) Mehreres ausgestellt. Wie wir cinesthcils dem Prachtcinband eines großen Gebetbuches Beifall zollen müssen, so kann andcrnthcils sich Jedermann von der Güte der Arbeit überzeugen, wenn man die ausgestellten Bände der Werke von Schiller, Georges, Brockhaus, Schnorr v. Carolsfeld rc. zur Hand nimmt und aufschlägt; die einzelnen Blätter liegen ruhig zu beiden Seiten auf, so daß man nicht — wie so häufig — erst nothig hat, die beiden Hälften auseinander zu biegen, um die Blätter zum Glattliegen zu bringen. Von Nadclarbciten zeichnen sich aus: diverse feine Herren-Anzüge von den bekannten Firmen I. G. Bock und F. H. Jentsch; diverse Stickereien in reicher Auswahl von Frau E- Kirsch; eine Stickerei aus einer Zeitungsmappe von Frau Zettler, sowie eine weiße von Fr. Amalie Schultze gehäkelte Tischdecke von ca. 16 lDFuß. Hierher gehörig ist auch eine Partie seiner Wäsche von Ed. Hartmann. Die Fabrikation künstlicher Blumen ist durch die täuschend nachgcahmtcn Astern, Rosen, Tulpen, Lilien, Stiefmütterchen rc. vertreten, wie sie von Fr. P. Feige ausgestellt sind. Parfümerien finden wir von allen Arten an den Plätzen von Peschcck, Menzner und Seifensieder Lehmann (Rcichenstraße), welch'Letzterer damit die diversen Scifcnblöcke, eigenen Fabricatcs, geschmack voll garnirt hat. Von M. Weiser sind als Handelsartikel die netten Holz- mosaikarbciten ausgestellt, welche wir als Tische, Kästchen, Notizbücher rc. vorfinden. Mechaniker-Arbeiten sind durch ein Zeigerbaromctcr (mit Ther mometer) von J.M. Schulze und ein Barometer nebst Thermometer (eignes Erzcugniß) von Ad. Wagner (Wendische Straße) vertreten; Chirurgisches durch Kuppert, Wahrmann u. A. m. Auch an Musikinstrumenten eignen Erzeugnisses fehlt es nicht. F. W. Schubert und I. A. Drache haben Jeder ein Pianino ausgestellt; F. C. Gerber ein größeres Harmonicordion; der Eschcnbachschen Blasinstrumente ist bereits gedacht und das Gcrbcr'sche Instrument ist von Sachkennern bereits im Obcrlausitzer Gcwerbcblatt hcr- vorgehoben worden. Außer den landwirthschaftlichen Maschinen von GoetjeS ist sodann noch eines sorgfältig gearbeiteten Pfluges vom Schmicdcmcister E. Richter in Teichnitz «Mitglied des Gewerbe-Vereins) zu erwähnen. Zum Schluß dieser Abtheilung haben wir noch der Chemikalien rc. zu gedenken und hiervon finden wir eine schon durch ihre Mannichfaltigkeit interessante Zusammenstellung vom Apotheker Menzner. Dem Benzin, Pctrolcumäther, I Glycerin rc., so rein wie Wasser, reihen sich an: Proben von Hausenblase, l Gelatine, Milchzucker, Äollodium, Provenzeröl, Vanille; ferner verschiedene 'ätherische Oel«, wie: Sitton-, Spanisch-Bitter-, Reseden-, Gewürz-, Pfeffev-