Volltext Seite (XML)
2046 worden, nehmen noch Platz seine Brüder Johann, Andreas und Peter, dann Wilh/ Knebel aus Dresden wegen Begünstigung, Mich. Schoffka aus Räckelwitz, die verehel. Schoffka aus Ralbitz, Marie und Agnes Schoffka aus Dürrwicknitz wegen gewerbmäßiger Hehlerei, bez. einfacher Partirerei. Die Anklage vertritt Hr. Staatsanwalt Roßtäuscher, als Vertheidiger sind anwesend die Herren Adv. Kuntzsch, Lederer, Gruner, Fränzel, Schanz und vr. Schaffrath. Wegen der viertägigen Dauer der Verhandlung werden zwei Ergäuzungsgeschworene zugezogen. Auf dem Gerichtstischc liegen ungemein viele Sachen, aus den verschiedenen Diebstählen herrührend. Ein großer Schmiedehammer fällt unter Andern: besonders in die Augen. Nach Ablehnung zweier eingelegter Nichtigkeitsbeschwerden erfolgte durch den Gerichtshof die Vernehmung über die persönlichen Verhältnisse. Michael Heinrich ist aus Schwein- erden bei Marienstern gebürtig, 29 Jahre alt, beim Militair wiederholt bestraft, und ebenso bei hiesigem Bezirksgerichte mit 6 Jahren 3 Mo». Zuchthaus, deren Verbüßung er durch Flucht unterbrochen hat, und die er seit dem 9. Sept. vor. Js. fortsetzt. Seine Vorgesetzten beim Militair haben demselben keine guten Zeugnisse ausgestellt, in einer solchen Charakteristik wird er ein verdorbener, gefährlicher Mensch, verwegen, schlau und unverschämt genannt, er sehe die Leute mit so kecken Augen an, daß Derjenige, der ihn nicht kenne, versucht sei, ihn für die Unschuld selbst zu halten, dabei lüge er, wie gedruckt, was nicht niet- und nagelfest sei, wäre vor ihm nicht sicher; ein Zusammen leben mit ihm sei eine Strafe u. s. w. Von seinen Brüdern ist An dreas der jüngste, Peter der älteste, criminell wegen Eigenthums verbrechen keiner bestraft. Knebel, 24 Jahre alt, Strohhutwäscher, die Eheleute Schoffka und deren Kinder Marie und Agnes, 19 u. 17 Jahre alt, sind ebenfalls unbestraft. Der Ehefrau Schoffka wegen ist ein Dolmetscher der wendischen Sprache zugezogen worden. 13 Dieb stähle und eine Widersetzlichkeit fallen Michael, 2 fallen Andreas und l fällt Johann zur Last. Hinsichtlich derjenigen Diebstähle, wo Nichts vorgefunden worden ist, leugnet Michael entschieden. Das Verhör dauerte den ganzen Tag. Gestern begannen die Zeugenverhört, die zwei Tage in Anspruch nehmen werden. (An dem gestrigen zweiten Ver handlungstage erstreckte sich das Verhör mit Mich. Heinrich zuvörderst auf sein Thun und Treiben im Allgemeinen während seiner Freiheit nach dem Entweichen aus dem Zuchthause zu Waldheim, und sodann auf die zahlreichen, in Gemeinschaft mit seinen Complicen verübten verwegenen Einbruchsdiebstähle. Der Verhandlung wohnte ein noch zahlreicheres Publicum bei als am ersten Tage.) In Pirna geriethen zwei Lehrlinge in der Werkstatt ihres Meisters dergestalt in Streit, daß derselbe in Thätlichkeiten überging und damit endete, daß der Eine den Anderen mit einem ergriffenen Messer in den Unterleib stieß. Leipzig, 6. Juli. (L. Z.) Se. Majestät der König wird in der nächsten Zeit (am 11. Juli) eine Reise durch einen Theil des Leipziger und Zwickauer Regierungs-Bezirks antreten. Leipzig, 6. Juli. (L. N.) Vorgestern Abends wurde auf Ver anlassung des Stadtraths zu Meißen ein Nagelschmiedemeister von dort, welcher im Begriffe stand, mit seinen beiden Kindern nach Amerika auszuwandern, und welcher beschuldigt wurde, seine Vor- räthe zum Nachtheile seiner Gläubiger verschleudert, auch sich sonst betrügerischer Weise Credit verschafft zu haben, hier, als er eben im Begriff stand, weiter nach Bremen zu reisen, aufgegriffen und nach Meißen zurück dirigirt. — Ueber das Befinden der beiden Schwestern Clara und Elise Werner, welche bekanntlich vor nun mehr vier Wochen von ihrem raubmörderischen Bruder mit einem Beile so entsetzlich verwundet wurden, erfahren wir aus zuverlässiger Quelle, daß deren Zustand nach den Verhältnissen ein gänzlich zufrieden stellender ist, und, wenn nicht unerwartete Einflüsse hinzutreten, sie ain Leben bleiben werden. Die neunjährige Elise erinnert sich genau aller Einzelheiten der brüderlichen Schandthat, und hat deshalb auch einige Male vor einer Gerichtsdeputation umfassende Aussagen über das Verbrechen thun können. Die ältere Schwester verläßt schon bis weilen das Bett, doch hat sie jede Erinnerung au die ihr wider fahrene Mißhandlung vollständig verloren und ist noch immer in dem Wahne, sie habe sich die Kopfwunden durch einen Sturz von der Treppe zugezogen. Bei beiden Schwestern bat eine Eiterung der Wunden nicht stattgefunden, und soll dies für die völlige Heilung kein günstiges Zeichen sein. — Auf dem Bau des Johannishospitals ereignete sich gestern Nachmittag das Unglück, daß beim Ausrichten eines Gerüstes von zweiter zu dritter Etage infolge Durchbruchs einer Pfoste zwei Hand arbeiter, Wange und Zerner, Beide aus Neuschönefeld, von einer auf die Pfoste aufgestellten Leiter bis auf die Erde herabstürzten. Beide wurden schwer verletzt aufgehoben und ins Jakobshospital gebracht. Noch auf dem Wege dahin starb Wange an den erlittenen Verletzungen. — Ein gleicher Unglücksfall kam um dieselbe Zeit am Umbau der 5. Bürgerschule am Schletterplatze vor. Dort löste sich ein großes Stück Steingesims los und durchschlug drei Etagengerüste, wodurch zwei darauf beschäftigt.: Maurer, Silber aus Taucha und Sieste aus Connewitz, mit herabgerissen wurden. Beide stürzten in eine Kalkbucht und mußten ebenfalls wegen der dabei erlittenen schweren Verletzungen ins Jakobshospital gebracht werden. — 7. Juli. (L. N.) In der gestern Abend, der öffentlichen Sitzung folgenden geheimen Sitzung der Stadtverordneten ist gegen 5 Stimmen beschlossen worden, den Beschluß des Raths: Herrn Bernd al die beiden städtischen Theater gegen einen jährlichen Pacht von 10,000 Thlr. zu übergeben, zu genehmigen. P r e u tz e n. 66 Berlin, 6. Juli. Nach den vorläufigen Bestimmungen über die Badecur des Königs verbleibt Se. Maj. noch bis zum 18. oder 20. d. in Ems und nimmt nachher noch kurzen Aufenthalt in Homburg und Wiesbaden, so daß er in den Tagen vom 28. bis 30. d. in Berlin zurückerwartet wird. Etwa zur gleichen Zeit wird auch die Königin Augusta Coblenz verlassen, nach Berlin kommen und von hier aus die Reise nach der Provinz Preußen zum Besuche der unter ihrem Schutze stehenden Wohlthätigkeitsanstalten antrcten. — Das Verlangen nach Einführung einer allgemeinen Bundes-Gewerbesteuer an Stelle der in den einzelnen Bundesstaaten bestehenden ungleichmäßigen Gewerbesteuern soll während der kommenden Session des Reichstages seine Befriedigung finden. — Die „Provinzial -C orre spondenz" cchauffirt sich immer noch wegen des Herrenhauses. In einer Polemik gegen die Einwendungen, welche gegen ihren ersten Artikel über diese Körperschaft erhoben sind, widerlegt sie diese Ausführungen in lang- athmiger Weise, ohne jedoch zur Sache selbst etwas Neues oder Inter essantes anzuführen. In Betreff des Breslauer Schulstreites, wel chen die „Prov.-Corr." jetzt für thatsächlich erledigt hält, schließt das ofsiciöseBlatt ihren Artikel mit folgender Bemerkung : „Bei dem dringen den Interesse aller Betheiligten an der endlichen Beseitigung des lang jährigen Streites ist zu hoffen, daß der jetzige Schritt der Schulver waltung so ausgefaßt werde, wie er gemeint ist, nämlich als eine Be- thätigung des aufrichtigen Wunsches der Regierung, daß die Verschie denheit der theoretischen und politischen Auffassungen ihre Ausgleichung auf dem Boden der Thatsachen und der gleichmäßigen Fürsorge für das Wohl und Gedeihen der Schulen finden möge." — Herr Streichenberg hat, wie der „Elbf. Ztg." von hier geschrieben wird, am Sonnabend auch den noch restirenden Kaufpreis für sein Grundstück vom Marineministerium im Betrage von 200,000 Thlr. baar ausgezahlt erhalten. (Der Reichstag hat bekannt lich die nachgesuchte nachträgliche Genehmigung dieses Kauf-Abschlusses verweigert.) — In der hiesigen russischen Colonie werden seit der Anwesenheit des Czaren in Deutschland mit ziemlicher Rücksichtslosigkeit die Pläne Rußlands bezüglich des Orients besprochen. In wie weit die Zusammenkünfte des Herrschers aller Reußen mit den Fürsten Deutsch lands auf die orientalische Politik des Petersburger Cabinets einzu wirken hätten, darüber wird von jenen Herren ein kluges Schweigen beobachtet; sie deuten nur an, daß der Conflict zwischen der Pforte und Rußland aus den wahrscheinlich einiretenden Ereignissen in Ru mänien hcrvorgehen werde, ohne jedoch diese Ereignisse zu präcisiren. Unumwunden wird zugestanden, daß die Wiedererlangung des Protec- torats über die Donaufürstenthümer, welches Rußland bekanntlich im Orientkricge verlor und an die Westmächte abtreten mußte, das Ziel der nächsten Action des Czaren sein würde. Nach verläßlichen Mit- theilungen aus Rumänien steht die Conspiration der russisch gesinnten Bojaren mit Petersburg wieder in voller Blüthe. Denselben steht, abgesehen von russischem Golde, eine National-Armee von 60- bis 80,000 Mann zu Gebote, welche Fürst Carl nach preußischem Muster herangebildet hat. Letzterm ist die türkische Suzerainität bekanntlich sehr unbequem; eine Abweisung derselben würde indeß schon wegen des großen Einflusses der rochen Partei (Bratiano) nicht ohne Mit hilfe einer auswärtigen Macht durchzuführen sein. Dieselben Privat-