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katholischen Geistlichen zu, die keine konservative Gesin- nung l>aben. insbesondere bei Pfarrer Grandinger. Bei einer Polemik gegen eine katholische Tarne, die im „Bayr. Kur." obige These vertreten hatte, zog Herr Pfarrer Gran- Länger die unbefleckte Empfängnis der Muttergottes in die Debatte, und ztvar in einer Form, die im katholischen Volke tiefes Aergernis erregen muß. Selbst die liberale Presse kann einen leisen Tadel nicht unterdrücken. So schreiben die „M. N. N." in Nr. 812 von einer „Entgleisung", Pfar rer Graiidinger habe sich „im Ton vergriffen". Die „Allg. Beitg." nennt in Nr. 807 den Brief Grandingers „sehr offen — so kräftig geschrieben, daß eine zartbesaitete Dame sich verletzt fühlen konnte" und läßt es dahingestellt sein, ob der Ton des Brieses sehr glücklich gewählt ist. Am be- sclximeiidsten für Herrn Pfarrer Grandinger aber ist, daß der protestantische „Volsfreund" in Nr. 15,2 schreibt: „Hoffentlich sehen jetzt weite Kreise ein, wie ungerecht es uxir. daß der „Volksfreund" sogar von (protestantischen) Plärrern deswegen angegriffen wurde, weil er Bedenken dagegen äußerte, daß ein solcher Mann von den Evangeli schen besonders freudig begrüßt wurde." Tie Mitglieder des Dekanats Her.zogenaurach haben auf ihrer ersten Pasto- ralkonserenz einstimmig Protest eingelegt gegen die bei einem katholischen Geistlichen besonders uushöne Art und Weise, wie Pfarrer Grandinger die unbefleckte Empfäng nis in eine Preßpoleinik zog. Ter Fall zeigt aufs deut lichste, was von liberalen Geistlichen zu halten ist. — Eine fciue Ironie der Frcisrinrgcr, von Eugen Richter. Die Geichichte ist die beite Lehrmeisteriu, ober auch eine kluge Richterin. Vor 28 Jahren bereits hat Eugen Richter seine Parteifreunde von 1907 verurteilt: es war bei der Beratung des Neichsmilitärgesetzes am II. April >874. Damals tobte auch der von den National- liberalen entfachte Streit zwischen national und anti- nat'vnol und Engen Richter meinte zu demselben: „Wenn man heute außerhalb diescs Saales soviel hört von Ver einigung der Reichstreuen, wenn inan das Nationale und Anltnalwnale in Deutschland zuin Stichwort der politischen Gruppierung macht, so erinnert mich das an diejenigen Gestalten anfangs der fünfziger Jahre, die in den Preußen- nnd TreubnndSvereinen zum Vorschein kamen und deren politische Individualität in nichts gipfelte, als in einer liorceartigen schwarz-weißen Kokarde, die un übrigen war, wenn die Zeiten kritisch wurden, sich dem fügten, der das Heft in die Hand bekam." — AnSgezeicm-.et! Heine läuft der gesamte Freisinn in der Livree herum und folgt dein Fürsten Bülviv, „der ans Hist in d.r Hand" hot. Eine schärfere Geißelung der Freisinn gen ist kaum denkbar. — Die neue Arra der Sozialpolitik scheint sich schon anznkündigen. Der Zeutralverband deutscher Industrieller hat eine Eingabe an den Reichskanzler gerichtet uns irr dieser das Ersuchen ausgesprochen: „Dahin wirken zu wollen, daß seitens der Reichs- und Staatsbehörden und aller sonstigen amtlichen St-llen. auch der Ko:nmm:al- behörden, im Gegensatz zu dem bisher eingehallenen Ver fahren, bei der Vergebung von Druckachen eme Bevor zugung der Mitglieder des „Vereins" der B nach rüder j,i k. iner Weise slaltfinden möge." Von dem Scharfmacher- verband, der bei den letzten Waich u so viele Genier sammelte, wundert > ns dieser Schritt nicht. „Ab r be- merkenswert isr es, daß die Pet'twn an den Reichskanzler in der „Nords. All. Ztg." publiziert wird. Das osfigose Blatt hat f iiher dre TanfgemLruscho.it'n empfohlen; jetzt schlägt der Wind nur. Der neue Tarifvertrag ist ganz ordnungsgemäß ebgeschlosscn worden, er beseitigt die al:nr Abmochrmgen. Und nun sucht man gegen ihn Sturm za l ui'eu. Das offiziöse Blatt gibt von dem ersten An.niife schon, fürsorglich Kennt-,:"'-. Dieses Spiel isr zu beobachte". N-itirnellibernleu und neue Steuern. Von p nla meniansch r Se'-le wi.d der „Nat. 2>b. .,l'n eipond. ns" nutgeteilt, daß die Vermutung, als ob die National- liberalen für die Band r>.l wiener eint '.ten, der Begrün dung entbehrt. Die jetzige nationale Reichstagssraknon se>. noch woilig r geneigt, eure B-iteiloclng der Mgarrcn- fabrikatwii und lnS Iigarrenkousmns beizußimmen. als es d e Neichstagsfrattwn der vei stoffenen Legisiatnrperwde war. E-.nc deraitige Vo-lage der verbündeten Regirrungen wäre ebenso aussichtslos wie eine Inseraten- n>>d Reklanie- sieuer falls eine >o!cl: ' >.n kein Kopfe eines Finanzininiste'S ipricken sollte. „Im übrigen iv.rd es rohtig sein, di' Frage einer 2. Reichsfinanzresoim rn der konmienden ReickisN.gstagnng nb.rhanpt nicht ,.n b band-ln. sondern zunächst eine weitere Kiürrmg über die Ergebnisse der l. R.'ichssürmzreform abzuwrrlen; urutlerm.-ste hoben die Parteien Veranlassung nud Feit sich itr-ost'-sts daniit zu ln fassen, ivie der Finanznot oes R'erches obzuvelsen ist." Diese'- Ictzle Raiswlag der offiziösen noi:on>,ilibeealei: Korrespoiioenz ist iiberroscstend. Tie Bundesstaaten werde» sich mit einer solchen Vert'östuug nicht absvenen lassen, zumal wenn die Erböhnng der Becuntenciehö.ltec hinzu tritt. Sovi'l üeht auch schon heute fest, daß das Defizit so grvß ist. das; es durch mne Eiunakm-.egnellen lnseuigt werden muß Die Schwenkung der Nationallibeniten ist darauf ziirückznsnhren. daß sie ron einer Stenerrefoim die Sprengung des Block b-stürcchn und d-.shalb soll erstere verschob-» werden. „Giornale d'Italie" verösfentlicht eilte noch nicht im Druck lieransgegebene Stelle ans deir Mcmvircu des Grafen Nigra. Die Stelle enthält einen Bericht über die Unterredung, die Nigra am 10. Juni 1870 zu Eins mit Kaiser Wilhelm l. hatte. In dieser Unterredung machte .Kaiser Wilhelm dem Grasen Nigra Mitteilung über die Zusammenkunft, die er am 18. Juli 1870 mit dem franzö sischen Botscli-aster in Eins batte und welche die Ursackfe des dentsch-ftan,zwischen Krieges U'ar. Kaiser Wilhelm be endigte seinen Bericht mit folgenden Worten: „Am Abend benachrichtigte ich Bismarck von dem, was in Ems vorge fallen nxir. nämlich von der von dem französischen Botschaf ter gestellten Forderung, von mir die Versicherung zu er halten, daß die Kandidatur des Hauses Hohenzollern fin den svanischen Tbron zurückgezogen und niemals wieder ausgestellt werde, sowie von meiner Weigerung, dem fran zösischen Botscl>aster eine zweite Audienz im Laufe des Tages zu bewilligen. Ich ermächtigte Bismarck, meine Vertreter an den deutschen Höfen und im Auslande davon zu benach richtigen, wenn er es für gut befände. Auf grund dieser Mitteilung sandte Bismarck an die Botschafter und die Ge sandtschaften Preußens im Auslande ein Telegramm, wel ches das Wesentliche der Mitteilung enthielt, die er von mir erhalten hatte, jedoch geändert in der Form. Dieses Tele gramm kam nachts in Paris an. Die französische Regie rung glaubte sich befugt, in der Art, in der die Depesche die Verweigerung der Audienz angekündigt hatte, eine an die Adresse Frankreichs gerichtete Beleidigung zu sehen, und ohne weitere Erklärungen abznivarten, erklärte mir Kaiser Napoleon den Krieg." Gras Nigra bemerkt dazu, er habe den Eindruck gehabt, daß Kaiser Wilhelm, als er diese Tat sache sechs Jahre, nachdem sie sich ereignet hatte, ausein- andersetzte, sicher im Gedächtnis zu haben schien, er habe keinen Augenblick irgendwelche Unsicherheit gezeigt oder in der Erzählung gestockt. Belgien. — Rep'.Ssentantenkammer. In Beantwortung einer Frage erklärte der Ministerpräsident, die Negierung habe den Kongostaat davon benachrichtigt, daß sie beabsichtige, den Kammern seine Annektierung vorzuschlagen. Der Kongostaat habe mit dem Ersuchen nach sofortiger Ein- leltung von Verhandlung-m geantwortet. Frankreich. — Der Allgemeine Arbeiterverband bereitet einen allgemeinen Ansstand vor, in den er die Eisenbahner und den Poftdienst mitzuieißen hofft. Der Plan macht der Negienmg Sorgen, denn er soll nach Entlassung des Jahr ganges 1903 verwirklicht werden, und dann ist der Truppen- bestand so schwach, daß es schwierig sein wird, überall die nötige militärische Macht zur Anfrechterhaltung der Ordnung anfzubringen. Doch null die Regierung im Bedarfsfälle nicht zögern, die vorzeitig entlassenen Mannschaften wieder einzuberufen, wozu sie sich ausdrücklich das Recht Vorbe halten hat. Damit scheinen die wenig umsichtigen Macher des Allgemeinen ArbeiterverbcmdeS nicht zu rechnen. — Im Pariser Gemcindcrat drohen die Nationalisten mit Obstruktion, wenn die Mehrheit darauf bestehen sollte, dem Zola-Denkmal einen Platz auf dein Boulevard Hauß- mann zu gewähren, dessen Bewohner in der großen Mehr- zahl nationalistisch stimmen. Niederlande. — Am 9. d. Mts. wurde vom Musizipalrat im Scheveninger Kursaal für die Delegierten der Friedens konferenz eine glänzende Festlichkeit gegeben, der auch hohe Staatsbeamte, Vertreter von Wissenschaft, Kunst, Literatur und Presse beiwohnten. Das Bankett endete um ^/»2 Uhr morgens. — Nach Berichten aus dein Haag wurde dort zwar ganz unverbindlich von der Möglichkeit der Einberufung eines Schiedsgerichts in der kalifornischen Frage gesprochen, jedoch gleich hmzugefügt. daß Roosevelt und der japanische ' Ministerpräsident Hayaschi nach ihrer ganzen Charakter- anlage einem solchen Plane widerstreben. Weit größere Aussicht habe, so versichert man, ein Vertrag, durch den die Vereinigten Staaten und Japan einander den Status- guo im Süllen Ozean garantieren. — Die englischen Katholiken sind unstreitig fast alle Demokraten und fortlchrittlich gesinnte Leute. Sie haben deshalb auch die Liberalen bis in die letzte Zeit gegen die Konservativen unterstützt, welche in England den Inbegriff aller Rückständigkeit darstellen. Ihr festes Bollwerk ist das Oberhaus gegen das die liberale Regitzxung jetzt Sturm läuft. Es ist interessant zu sehen, wie sich die Katholiken bei diesem Riesenzweikampfe benehmen. Ihr bestes Organ, die „Eatbolic Times" schreiben bezeichnender weise: Keine große demokratische Macht könne eine auf Erbrecht veruhcude privilegierte Kammer dulden, die zu dem noch gegen jede Reform sich sträube und gegen jedes Gesetz eine schroffe Opposition zeige. Der Krach habe kommen müssen, denn so lange ein Konservativer die Macht, die er ini Unterhaus verloren hat, im Oberhaus wieder finden könne, sei an ein konstitutionelles Regime nicht zu denken. — Man sieht also, daß die englffchen Katholiken in der Frage des Oberhauses trotz des in der letzten Zeit schroff und schroffer gewordenen Gegensatzes zwischen den Liberalen mit diesen gehen. Das gleiche Blatt schreibt, um seine Stellungnahtue noch mehr zu prä zisieren: Das Hans der Lords habe eine sehr schlimme Geschichte. Es sei immer auf der Seite der Bedrückung und der Ungerechtigkeit gewesen. Jeglicher sozialer Fort entwicklung habe es Schranken gesetzt. Es habe alles getan, um das Volk arm, unwissend und überlastet zu halten. — Wenn man bedenkt, daß das Oberhaus die einzige Schutzmauec gegen die kulturkämpferischeu Gesetze der Liberalen ist. erscheint dieses Verhalten der englischen Katholiken für manche Politiker geradezu merkwürdig. Wer aber der Sache näher zusieht, merkt sofort, daß die eng lischen Katholiken zwar alles tun, um ihren Glauben zu schützen, daß sie aber diesen Schutz nicht um den Preis des Rückschritts zu nehmen gewillt sind. Sie sagen denn auch in ihrem großen Organ: „Wir müssen unsere Schule verteidigen, und uuseru Glauben schützen, aber das Oberhaus muß fort, auch wenn eS bisher uns in diesem Schuh unterstützt hat. Wir müssen uns auch ohne das Oberhaus schützen können." — Zu diesem Zwecke schlägt das Blatt vor. für die Wahlen, die sicherlich näher stünden als man crwarte. eine besser organisierte Wahlmasse in den Wählerversannnlnngeu vorzuführen und dadurch die liberalen Kandidaten, die noch ein Maß von Toleranz sich bewahrt haben, zu stützen. 40 oder 50 Sitze in Eng land seien direkt von den Stimmen der Katholiken ab hängig. Keine Partei sei vor den vor den Wahlen im stande, diese 40 Sitze leichtsinnig zu verscherzen. Wenn die Liberalen sie haben wollten, müßten sie Zu geständnisse der Toleranz machen; dann würden sie die Hilfe der Katholiken im Kampf gegen die Rückständigkeit im Oberhaus finden. Rußland. — Vei dem am 0. d. Mts. in Molkau erfolgten Ueberfall auf den Kassierer der Moskau—Kasan-Bahn, der. wie die Banditen wußten, 400 000 Rubel bei sich führte, fielen über 100 Schüsse. Die Polizei hatte Wind von dem Plane der Banditen bekommen und verteilte eine An zahl verkleideter Mannschaften in den Räumen der Ver- Wallung. Auf diese Weise kamen sie den Banditen zuvor; vier wurden sogleich verhaftet, zwei wurden auf der Flucht in dem sich enispinnenden Straßenkampf niedergeschossen, zwei schwer verwundet. — Da nach den vorliegenden Berichten in 17 Gou vernements auch in diesem Jahre starke Mißernte zu er warten ist, richtete das Ministerium des Innern schon jetzt ein Rundschreiben an ^lie betreffenden Gouverneure, in welchem diese aufgefordcrt werden, vor allen: dafür zu sorgen, daß der Bedarf der Bauern an Getreide zur Ver pflegung nicht zu hoch angegeben wird. Amerika. — Nach einen: Telegramm aus Tokio wird das Blatt Hotschi Schund:::: am 11. d. MtS. seine Veröffentlichung über die Unterredung mit dem japanischen Admiral Saka- moto in der dieser sich ubfällig über die amerikanische Flotte geäußert haben sollte, widerrufen und gleichzeitig eine Unterredung mit einen: nichtgenannten japanischen Flottensachverständigen veröffentlichen, in der dieser sich höchst anerkennend über die Leistungsfähigkeit der amerika nischen Marine und dis große Tüchtigkeit ihrer Artillerie ausspricht. Die amerikanische Regierung nimmt die Meldung, daß der japanische Admiral Sakamoto sich ver ächtlich über die Flotte der Vereinigten Staaten geäußert habe, mit sehr erheblichen Zweifeln auf. Sie hofft aber, daß der Botschafter Vicomte Aoki auf jeden Fall est.e Unte:suchung in der Angelegenheit veranlassen und wenn der Aomiral tatsächlich derartig gesprochen, einen Widerruf herbeijühreu wird. — Die Äbsenduug der Schiffe nach dem Stiller: Ozean wird mit Beschleunigung betrieben; es ist Befehl erteilt worden, die Herstellung der Kessel auf den noch nicht fert'ggcstellten Kriegsschiffen so eilig wie möglich dnrchzuführen. Es ist beschlösse,: worüen, die neuesten Schiffe nach dem Pacific zu entsenden, und dis jüngster: Kapitäne mit dem Befehl über dieselben zu betrauen. Arw Stadt und Lanv. cMitteiUliiqen aus unserem Leserkreise mit Namcnsferttguiik für diese Rubrik find der Rednktwu allezeit willkommen. Der Rauie des EunsuSerS dlcibi. Hehennm« der Redaktion. Anonyme Zuschrtslen müssen unbeeücksichiillt blvidcn., Dresden, den 1l Juli 1.007. TageSkalender für den 12. Juli. 1874 -j- Fritz Reuter in Eiiermch, der hervorragendste ptat'deuffche Dichter neuerer Zeit. — 1870. Pru-.z Leopold von Hohenzoüern eulsagt der spanischen Krone -- :80s. Bildung des Rheinbundes. — 1/89. Aufstand in Paris. Beginn der französischen Revolution. —* Wetterprognose oeö König:. Sa cui. inerer,,.-- logischen Inuitn:» zu Dresden für den 12. Juli: Meist trocken, aber ziemlich t,üve, schwache Lufibewegung, küyt. —* Se. Majestät der König traf heule vormittag im Nesidenzschlosse e:n, nahm daselbst militärische Meldungen entgegen und hörte die Vorrräge der Herren Staats minister und des stellvertretenden Kubinetrssclretürs. — Mittags 1 Uhr empfing Se. Majestät den neuerrrannten grotzbritannischen Minislerresidenten Mr. Hautzseldt de Car- donnel Medley znc Ueberreichrmg seines Beglaubigungs schreibens. Im Anschluß an die Audienz fand bei Sr. Majestät dem König Früystückstafel statt. Morgen abend wird sich Se. Majestät der Köniz nach den: Königl. Jagd- Hause Rehefeld begeben, um von dorr am Sonnabend eme Landesreise durch einen Teil der Amlsyanprmannschaslen Dippoldiswalde und Freiberg zir unternehmen. —* Rehabilitierte Heilige. Unter diesem Titel stand ii: einigen sächsischen Zeitungen zu lesen: Ter Papst habe eine Verfügung erlassen, wonach die Statue der heiligei: Philomena, die selbst nach dem Urteile des Direktors vom Vatikamnusemn, Professor Marucchi, nie mals gelebt habe, wieder in die Kirche ausgenommen sei, und dort verehrt werde. Auch der sagenhafte St. Expedi- tns, der nur durch den Irrtum einer des Lateins unkun digen Aebtissin entstanden sei, solle wieder zu Ehren kom men. Diese Notiz brachte ursprünglich die „Berl. Volks- zeitg.". Zunächst ist die „Verfügung" des Papstes eine glatte Erfindung, da bis jetzt noch niemand die Existenz der heiligei: Philomena geleugnet hat. Auch Professor Marucchi hat das nicht getan. Seine Behauptung geht da- hin: „Es ist nicht sicher, daß das Grab der Heiligen, mit den drei Tontafeln verschlossen, wirklich das Grab der heiligen Philomena ist. Ferner ist nicht bewiesen, daß die heilig,' Philomena eine Märtyrerin war." Das erregt begreif licherweise Aufsehen und Widerspruch. Der Korrespondent der „Bert. Volkszeitg." ist übrigens ein scheinbar sehr guter Lateiner, er dürste die Untersekunda hinter sich haben. Denn es ist unglaublich, daß er „Tridnum" mit Sühne gottesdienst und „erpedit" mit „es eilt" übersetzt. Daß der heilige Erpeditns also durch ein Mißverständnis entstanden sei, ist ein Heller Blödsinn. In dem ältesten Märtyrologinm (Märthrerverzeichnis) ist bereits die Rede von zwei Sol daten mit den: Namen Expeditns. Auf jeden: Fall ist der geringe Streit über diese Fälle gegenüber der Liturgie und Andacht des Volkes ohne Belang. Daß nun die Statue des heilige:: Erpeditns tatsächlich aus den Kirchen Noms entfernt wurde, geschah deshalb, weil die Gläubigen dem Heiligei: übertriebene Verehrung erwiesen. Die Kiste mit den Gebeinen des heiligei: Erpeditns, die eine Aebtissin nach Nom gesandt habe mit der Aufschrift „expedit", woraus dann der Name Erpeditns entstanden sei, ist lediglich ein Roman des phantasiereichen Korrespondenten von der „Ber liner Volkszcitung". —* Die „Kölnische Volkszeitung" erhebt den berechtigten Ruf nach größerer politischer Bedeutung der Zentrumswählcr, dis in öfteren jährlichen Versamm lungen über Wesen und Wirken ihrer Partei aufgeklärt werden müßten. — Der „Leipziger Volkszeitung" ist bei dieser Nachricht der Hochmutsteufel in die Seele gefahren. Sie zupft ihre rote Weste zurecht und deklamiert im tiefsten Bah: „Sie lernen von un«! Und das will etwas heißen, denn von allen bürgerlicken Parteien ist das Zentrum die jenige, die die schlagfertigsten Bataillone auf die Beine bringt". — * Die amMontag geschlosseneBäckerei-AuSsteltung hat zwar einen vollen moralischen Erfolg gebracht, das finanzielle Ergebnis dürfte aber wobl hinter den Erwartungen Zurückbleiben, da an einigen Ausstellungstagen Regenwetter herrschte und infolgedessen der Besuch zu wünschen übrig